Strafverteidigerkosten als Werbungskosten abziehbar?

Strafverteidigerkosten als Werbungskosten abziehbar?

Kernproblem

Nach der Legaldefinition sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Wird man dem Vorwurf einer Steuerhinterziehung ausgesetzt und fallen für eine Gegenwehr Strafverteidigungskosten an, dann sollte nach der o. g. Definition angenommen werden, dass die Voraussetzung zum steuerlichen Abzug vorliegt. Das gilt erst recht, wenn das Verfahren eingestellt wird. Man muss jedoch „um die Ecke denken“.

Sachverhalt

Ein niederländischer Pilot einer deutschen Fluggesellschaft erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Pilot gab an, in Deutschland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt innezuhaben und beantragte bei dem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt Bescheinigungen für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die er auch erhielt. Hiernach richtete sich der Arbeitgeber und unterwarf nur die Inlandsbestandteile des Arbeitslohns dem Lohnsteuerabzug. Die Finanzverwaltung vermutete einen deutschen Wohnsitz und leitete ein Steuerstrafverfahren ein. Nachdem der Pilot die ordnungsgemäße Versteuerung seines Arbeitslohnes in den Niederlanden nachgewiesen hatte, wurde das Verfahren eingestellt. Das an seinen Rechtsanwalt gezahlte Honorar wollte er im Jahr der Zahlung im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung zur beschränkten Steuerpflicht als Werbungskosten geltend machen. Das Finanzamt lehnte ab, obwohl der Pilot, um seine Zulassung nicht zu verlieren, auch aus arbeitsrechtlichen Gründen Konsequenzen vorbeugen musste.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter des Finanzgerichts (FG) Hamburg können Strafverteidigungskosten zwar durchaus Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit sein. Voraussetzung sei aber, dass der Tatvorwurf in einem ausschließlichen und unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehe. Eine nur bei Gelegenheit der Berufsausübung begangene Tat reiche für den erforderlichen Veranlassungszusammenhang nicht aus. Folglich habe die vorgeworfene Tat der Steuerhinterziehung keinen unmittelbaren Bezug zu der Berufstätigkeit als Pilot, sondern beträfe den Privatbereich. Auch die in den Ring geworfene arbeitsrechtliche Problematik vermochte die Richter nicht umzustimmen. Denn das „auslösende Moment“ der Aufwendungen bliebe die vorgeworfene Steuerhinterziehung als Privattat.

Konsequenz

Das Urteil ist rechtskräftig und liegt auf einer Linie mit einer Entscheidung des BFH aus dem Jahr 2007 (Vorwurf der Untreue eines Geschäftsführers). Damals wurde auch ein Abzug außergewöhnlicher Belastungen verneint.

Erststudium-Kosten sind keine Werbungskosten, außer …

Erststudium-Kosten sind keine Werbungskosten, außer …

Kernproblem

Die Behandlung der Kosten eines Erststudiums beschäftigt seit geraumer Zeit die Gerichte. Nach einer Entscheidung im Jahr 2002 unterscheidet der Bundesfinanzhof (BFH) nicht mehr zwischen Aus- und Fortbildung, sondern stellt auf den Veranlassungszusammenhang ab. So konnten bis zum Jahr 2003 auch Kosten des Erststudiums als Werbungskosten abzugsfähig sein oder Verluste als Verlustvorträge festgestellt werden. Mit einer Änderung des EStG hat der Gesetzgeber dann dafür gesorgt, dass Kosten des Erststudiums als „nicht abzugsfähige Ausgaben“ eingestuft wurden, deren Förderung als Sonderausgaben auf 4.000 EUR eingeschränkt ist (damit auch Wegfall eines Verlustausgleichs für negative „Einkünfte“). Etwas anderes gilt nach dem Gesetz nur für die im Zusammenhang mit einem Ausbildungs-Dienstverhältnis anfallenden Aufwendungen (z. B. Beamten-Anwärter, Referendare), die weiterhin unbeschränkt als Werbungskosten abzugsfähig sind. Zu der Streitfrage ergehen immer noch Entscheidungen der Finanzgerichte; auch beim BFH sind mehrere Verfahren anhängig.

Weitere Entscheidung des FG Münster

Auch hier ging es um die Kosten für ein nach dem Abitur aufgenommenes Erststudium an einer Fachhochschule für BWL. Während des Studiums erhielt die Studentin zwar eine geringe Vergütung für Pflichtpraktika. Dies vermochte das FG Münster aber nicht als Dienstverhältnis anzusehen. Ferner sei die einen Abzug begünstigende Rechtsprechung des BFH für Kosten im Zusammenhang mit einem Studium nach abgeschlossener Berufsausbildung auf das nach dem Abitur aufgenommene Erststudium nicht übertragbar. Auch einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz konnte das FG Münster nicht erkennen, denn der Gesetzgeber habe sich innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums bewegt.

Konsequenz

Nicht nur für diese Entscheidung wurde die Revision zugelassen, sondern in gleicher Streitfrage sind solche schon längst beim BFH anhängig. Hierauf sollte man sich in gleichgelagerten Fällen berufen und das Verfahren zum Ruhen bringen. Bei der noch offenen Streitfrage des Erststudiums nach der Schule geht es insbesondere um die zu prüfende Ungleichbehandlung mit den Fällen, für die der BFH den Abzug zulässt. Das betrifft Studenten mit vorangegangener abgeschlossener Berufsausbildung (entschieden wurden z. B. nachher Studium/ vorher Ausbildung: Lehramt/Buchhändlerin oder Tourismusmanagement/ Hotelfachfrau oder Betriebswirt/ Bürokaufmann oder Hotelmanagement/ Koch).

Keine private Nutzung von Firmenkredit- und -tankkarten

Keine private Nutzung von Firmenkredit- und -tankkarten

Rechtslage

Im Rahmen der privaten Nutzung von dienstlichen Telekommunikationseinrichtungen gilt der Grundsatz, dass der Arbeitnehmer zu deren privater Nutzung (jedenfalls in angemessenem Umfang) berechtigt ist, wenn die private Nutzung nicht ausdrücklich untersagt ist und die Nutzung nicht zu Lasten der Arbeitszeit erfolgt. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte nun darüber zu entscheiden, ob der Grundsatz der zulässigen privaten Nutzung bei nicht ausdrücklichem Verbot auch für betriebliche Kredit- und Tankkarten gilt.

Sachverhalt

Der beklagte Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer im Rahmen seiner Tätigkeit eine Vollmacht für das Firmenkonto erteilt und eine Kreditkarte sowie eine Tankkarte überlassen. Über das Arbeitgeberkonto kaufte der Kläger privat genutzte Gegenstände ein. Außerdem erwarb er hierüber ein privates Flugticket. Mit der Tankkarte betankte er Fahrzeuge mit 5 verschiedenen Kraftstoffarten im Wert von mehr als 2.000 EUR. Als dies beim Arbeitgeber auffiel, stellte er die Lohnzahlungen ein. Im Anschluss wurde das Arbeitsverhältnis beendet und die getätigten Privatausgaben verrechnet. Gegen diese Verrechnung wehrte sich der Arbeitnehmer mit der Behauptung, er habe über die Konten frei verfügen können, unterlag jedoch vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung

Der Arbeitgeber durfte die Lohnansprüche des Arbeitnehmers mit Schadensersatzansprüchen wegen missbräuchlicher Verwendung der Kredit- und Tankkarten verrechnen. Die einem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellten Bank- und/oder Tankkarten sind regelmäßig auf den dienstlichen Einsatz beschränkt, auch wenn nichts Weiteres besprochen worden ist. Sollte der private Einsatz ausnahmsweise erlaubt gewesen sein, ist der Arbeitnehmer beweispflichtig.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zutreffend. Insbesondere kann es nicht Aufgabe des Arbeitgebers sein, darzulegen, dass die private Nutzung von Tank- und/oder Kreditkarten ausdrücklich untersagt worden ist. Im Ergebnis liegt das Verhalten des Arbeitnehmers zumindest an der Grenze zu einer strafbaren Handlung.

Freigrenze von 110,00 EUR bei Firmenjubiläum

Der 16. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf hat in drei Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass die Freigrenze für Betriebsveranstaltungen von 110,00 EUR je Arbeitnehmer überschritten gewesen sei und die Zuwendungen des Arbeitgebers der (pauschalen) Lohnsteuer unterlägen. Es handelte sich um eine Betriebsveranstaltung anlässlich eines Firmenjubiläums einer Aktiengesellschaft. An dieser nahmen Arbeitnehmer der AG sowie der Tochtergesellschaften teil. In der Folge kam es anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung zu einem Streit darüber, ob die Freigrenze von 110,00 EUR überschritten gewesen sei. Der 16. Senat ging davon aus, dass die Freigrenze ungeachtet des besonderen Anlasses der Betriebsveranstaltung (Geschäftsjubiläum) und der Größe sowie der Bedeutung der Firmengruppe maßgebend sei. In die Berechnung der Freigrenze einzubeziehen seien die Kosten des Programms, des äußeren Rahmens der Veranstaltung und auch die Reisekosten.

Die vollständigen Entscheidungstexte können in neutralisierter Form unter den folgenden Links in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE abgerufen werden:

Urteil 1

Urteil 2

Urteil 3

Weiterhin keine Familienversicherung für Besserverdienende (BVerfG)

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT – 1 BvR 429/11 –

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

1. der Frau M…,
2. der Frau M…,
3. der Minderjährigen M…,
vertreten durch die Eltern M…,
4. der Minderjährigen M…,
vertreten durch die Eltern M…,
5. des Minderjährigen M…,
vertreten durch die Eltern M…,
– Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Ropohl & Partner,
Roscherstraße 13, 30161 Hannover –
1. unmittelbar gegen
a) den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 6. Januar 2011 – B 12 KR 50/10 B -,
b) das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Mai 2010 – L 1 KR 420/09 -,
c) das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 16. Oktober 2009 – S 10 KR 317/07 -,
2. mittelbar gegen
§ 10 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V –

hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch

den Vizepräsidenten Kirchhof,
den Richter Schluckebier
und die Richterin Baer

gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 14. Juni 2011 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung.

I.
2

Die Beschwerdeführerin zu 1) ist in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Sie ist mit einem selbständigen Rechtsanwalt, der privat krankenversichert ist, verheiratet. Die vier gemeinsamen Kinder, die Beschwerdeführer zu 2) bis 5), sind ebenso wie der Vater privat krankenversichert.

3

Die Beschwerdeführer begehrten die Feststellung, dass die Beschwerdeführer zu 2) bis 5) im Wege der Familienversicherung nach § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – SGB V – (und damit nach § 3 Satz 3 SGB V beitragsfrei) in der gesetzlichen Krankenversicherung über ihre Mutter mitversichert seien. Die Krankenkasse lehnte dies mit Bescheiden vom Juni 2007 ab. Das Begehren hatte auch im Widerspruchs- und im sozialgerichtlichen Klageverfahren keinen Erfolg.

4

Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie von Art. 6 Abs. 1 GG.

II.
5

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

6

1. Entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführer hat sich an der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Frage, ob § 10 Abs. 3 SGB V gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, soweit er Ehen und eheähnliche Lebensgemeinschaften in Bezug auf den Ausschluss von Kindern aus der Familienversicherung unterschiedlich, nämlich Ehen schlechter behandelt (vgl. hierzu BVerfGE 107, 205), durch das am 1. April 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG -) vom 26. März 2007 nichts geändert.

7

Bei § 10 Abs. 3 SGB V handelt es sich um einen Ausschlusstatbestand von der familienpolitischen Leistung der beitragsfreien Familienversicherung von Kindern bis zu den in § 10 Abs. 2 SGB V geregelten Altersgrenzen (vgl. BVerfGE 123, 186 <229>). Die Regelung stellt, soweit ihre Voraussetzungen erfüllt sind, Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, die mit dem anderen Elternteil der gemeinsamen Kinder verheiratet sind, durch Ausschluss der Kinder von der Familienversicherung bei Vorliegen der einkommensbezogenen Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 SGB V schlechter als unverheiratete Mitglieder, bei denen ein solcher Ausschluss nicht erfolgt. Übersteigt in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft das Gesamteinkommen des Elternteils, das nicht Mitglied der Krankenkasse ist, die Einkommensgrenze des § 10 Abs. 3 SGB V, so steht dies – im Unterschied zu verheirateten Eltern – einer Mitversicherung des Kindes beim gesetzlich versicherten Elternteil nicht entgegen (vgl. BVerfGE 107, 205, <214, 216>).

8

Nach Auffassung der Beschwerdeführer verstößt die in § 10 Abs. 3 SGB V geregelte Differenzierung zwischen den in der gesetzlichen Krankenversicherung und der privaten Krankenversicherung versicherten Kindern gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip, weil sich aus der Gesetzesbegründung des GKV-WSG ergebe, dass die Mittel des Bundes zur anteiligen Finanzierung der nach § 10 SGB V beitragsfreien Mitversicherung von Kindern verwandt werden sollten. Der Bundeszuschuss decke die Kosten der Familienversicherung nunmehr fast vollständig ab.

9

§ 221 Abs. 1 und 2 SGB V in der Fassung des GKV-WSG, gültig vom 1. April 2007 bis 30. Juni 2008, lautet:

10

Beteiligung des Bundes an Aufwendungen

11

(1) Der Bund leistet zur pauschalen Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für versicherungsfremde Leistungen für das Jahr 2007 und das Jahr 2008 jeweils 2,5 Milliarden Euro in halbjährlich zum 1. Mai und zum 1. November zu überweisenden Teilbeträgen über das Bundesversicherungsamt an die Krankenkassen. Die Leistungen des Bundes erhöhen sich in den Folgejahren um jährlich 1,5 Milliarden Euro bis zu einer jährlichen Gesamtsumme von 14 Milliarden Euro. Die Spitzenverbände der Krankenkassen bestimmen gemeinsam und einheitlich eine Krankenkasse oder einen Verband als zentrale Stelle für die Abrechnung mit dem Bundesversicherungsamt. Das Bundesversicherungsamt zahlt die Beteiligung des Bundes an die zentrale Stelle zur Weiterleitung an die berechtigten Krankenkassen. Ab dem Jahr 2009 erfolgen die Leistungen des Bundes in monatlich zum ersten Bankarbeitstag zu überweisenden Teilbeträgen an den Gesundheitsfonds.

12

(2) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Verteilung nach Absatz 1 zu bestimmen. Maßstab für die Verteilung sind die Ausgaben für versicherungsfremde Leistungen.

13

Durch § 221 Abs. 1 SGB V wird der Bund verpflichtet, den gesetzlichen Krankenkassen als Abgeltung für versicherungsfremde Leistungen die im Gesetz genannten Geldleistungen zur Verfügung zu stellen. Eine Verwendung des Geldes für spezielle Personengruppen oder besondere Zwecke sieht das Gesetz nicht vor; es fließt in den allgemeinen Haushalt der Krankenkassen. Die Geldleistungen des Bundes führen deshalb – ungeachtet einer Gesetzesbegründung, die von „dem Einstieg in eine teilweise Finanzierung von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben (beitragsfreie Mitversicherung von Kindern) aus dem Bundeshaushalt“ spricht (vgl. BTDrucks 16/3100, S. 212), im Ergebnis zu einer alle Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen gleichmäßig begünstigenden Ermäßigung der Beitragssätze (§§ 241 ff. SGB V; vgl. BVerfGE 123, 186 <229>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. April 2010 – 1 BvR 810/08 -, juris). Es trifft also nicht zu, dass der Bundeszuschuss gezielt zur Finanzierung der Familienversicherung verwendet würde. Richtig ist nur, dass über der Jahresarbeitsentgeltgrenze verdienende Personen wie der Ehemann der Beschwerdeführerin zu 1) als Steuerzahler zur Finanzierung dieses Bundeszuschusses beitragen, obwohl sie als Privatversicherte selbst keine Vorteile aus der gesetzlichen Krankenversicherung haben. Aus dem eigenen Steuerbeitrag folgt aber grundsätzlich kein Anspruch auf Teilhabe an vom Gesetzgeber gewährten familienpolitischen Leistungen wie der Familienversicherung der Kinder nach § 10 SGB V.

14

2. Eine Änderung der Rechtslage gegenüber der Senatsentscheidung vom 12. Februar 2003 (vgl. BVerfGE 107, 205) ergibt sich auch nicht aus der von den Beschwerdeführern herangezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen der Kinder (vgl. BVerfGE 120, 125). Dort wird festgestellt, dass es dem Gesetzgeber verwehrt sei, die von ihm durch das sozialhilferechtlich garantierte Versorgungsniveau selbst statuierte Sachgesetzlichkeit dadurch zu durchbrechen, dass er bei der Berücksichtigung entsprechender Versicherungsbeiträge der Steuerpflichtigen Grenzen ziehe, die durch vernünftige Typisierungserwägungen nicht mehr zu begründen seien. Dabei sei zu beachten, dass typisierende Regelungen im Bereich des Existenzminimums in möglichst allen Fällen den entsprechenden Bedarf abdeckten (vgl. BVerfGE 82, 60 <91>; 87, 153 <172>). Diese Grenzen seien hinsichtlich der Beiträge zur privaten Krankenversicherung der Kinder offensichtlich überschritten, wenn unter Berufung auf die Beitragsfreiheit von ca. 90 % aller Kinder aufgrund der Familienversicherung nach § 10 SGB V alle privat krankenversicherten Kinder vollständig „hinwegtypisiert“ werden (vgl. BVerfGE 120, 125 <166>).

15

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verlangt daher die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge für die ca. 10 % privat versicherten Kinder, trifft aber keine Aussage dazu, ob Kinder auch dann im System der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei versichert werden müssen, wenn ein Elternteil mit einem Verdienst oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze, der das Einkommen des pflichtversicherten Ehegatten überschreitet, nicht pflichtversichert ist. Im Gegenteil setzt die Entscheidung gerade voraus, dass es Kinder gibt, die privat und damit für die Eltern nicht beitragsfrei versichert sind.

16

3. Das Bundesverfassungsgericht hält an seiner Rechtsprechung fest, dass verheiratete Elternteile durch Ausschluss der Kinder von der Familienversicherung bei Vorliegen der einkommensbezogenen Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 SGB V gegenüber unverheirateten Elternteilen zwar schlechter gestellt werden, diese Ungleichbehandlung aber nicht gegen Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG verstößt.

17

Verfassungsrechtlicher Maßstab für die Ungleichbehandlung von Ehen und eheähnlichen Lebensgemeinschaften durch die Regelung des § 10 Abs. 3 SGB V ist Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 67, 186 <195>). Es geht um die Frage einer Benachteiligung der Ehe gegenüber eheähnlichen Lebensgemeinschaften im Hinblick auf die Familienversicherung der Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung, für deren Leistungen die Versichertengemeinschaft aufzukommen hat. Bei dieser Gleichheitsprüfung ist zu berücksichtigen, dass Art. 6 Abs. 1 GG der Freiheit des Gesetzgebers, welche Sachverhalte er gleich und welche er ungleich behandelt, Grenzen setzt (vgl. BVerfGE 103, 242 <258>). Es ist dem Gesetzgeber untersagt, die Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften zu diskriminieren (vgl. BVerfGE 69, 188 <205 f.>; 75, 382 <393>), insbesondere Verheiratete gegenüber Nichtverheirateten bei der Gewährung rechtlicher Vorteile zu benachteiligen (vgl. BVerfGE 67, 186 <195 f.>; 75, 382 <393>). Eine punktuelle gesetzliche Benachteiligung ist allerdings hinzunehmen, wenn die allgemeine Tendenz des Gesetzes auf Ausgleich familiärer Belastungen abzielt, dabei Eheleute teilweise begünstigt und teilweise benachteiligt, die gesetzliche Regelung im Ganzen betrachtet aber keine Schlechterstellung von Eheleuten bewirkt (vgl. BVerfGE 107, 205 <215 f.>).

18

Die Kammer lässt es dahin gestellt, ob die Überlegungen des Senats zur unterhaltsrechtlichen Situation eheähnlicher Familien eine Schlechterstellung der Kinder verheirateter Eltern noch in gleicher Weise tragen, nachdem der Betreuungsunterhaltsanspruch nach § 1615l BGB für den Elternteil eines nichtehelich geborenen Kindes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 2007 (vgl. BVerfGE 118, 45) dem Anspruch nach § 1570 BGB für den geschiedenen Ehegatten angepasst wurde.

19

Die Ungleichbehandlung von Ehen mit Kind und eheähnlichen Gemeinschaften mit Kind in § 10 Abs. 3 SGB V findet ihre Rechtfertigung jedenfalls weiterhin in der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, generalisierende, typisierende und pauschalierende und auch pauschaliert quantifizierende Regelungen zu treffen (stRspr; vgl. BVerfGE 99, 280 <290>; 100, 138 <174>; 103, 392 <397>; 105, 73 <127>; 113, 167 <236>).

20

Eine Ausschlussregelung in § 10 Abs. 3 SGB V, die auch dann greift, wenn in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ein Partner nicht gesetzlich versichert ist, mehr verdient als der gesetzlich versicherte Partner und ein Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze erzielt, wäre für die Krankenkasse nicht handhabbar.

21

Zwar knüpft das Sozialrecht in Einzelfällen durchaus Folgen an das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft an. Während es aber in der Regelung im Opferentschädigungsgesetz, die Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 2004 (BVerfGE 112, 50) war, um den Einzelfall ging, dass der eine Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft an den Schädigungsfolgen einer Gewalttat verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt, ist der Familienversicherungstatbestand des § 10 SGB V ein Problem der Massenverwaltung. Kinder sind bis zu 25 Jahre familienversichert. Wollte man die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 3 SGB V jedoch auch beim Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft greifen lassen, hätte das einen langen Beobachtungszeitraum für die Verwaltung zur Folge. Da die eheähnliche Lebensgemeinschaft ohne formale Hürden und Dokumentation jederzeit aufgelöst werden kann, würde es eine für die Krankenkassen faktisch nicht zu leistende Aufgabe darstellen, kontinuierlich zu prüfen, ob eine solche Lebensgemeinschaft besteht, immer noch besteht oder wieder besteht. Das Versicherungsrecht des SGB V, in das die Familienleistung der beitragsfreien Versicherung der Kinder integriert ist, ist darauf angewiesen, dass die Versicherungstatbestände und die Ausschlusstatbestände klar rechtlich definiert sind. Die Ehe ist ein solcher rechtlich klar definierter und leicht nachweisbarer Tatbestand, das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft ist es nicht. Die Krankenkassen wären überfordert, müssten sie Ermittlungen zum Verfestigungsgrad tatsächlich bestehender, wie auch immer rechtlich zu fassender eheähnlicher Lebensgemeinschaften anstellen.

22

4. Eine punktuelle gesetzliche Benachteiligung, wie sie verheiratete Elternteile durch Ausschluss der Kinder von der Familienversicherung bei Vorliegen der einkommensbezogenen Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 SGB V gegenüber unverheirateten Elternteilen trifft, ist hinzunehmen, wenn die allgemeine Tendenz des Gesetzes auf den Ausgleich familiärer Belastungen abzielt, dabei Eheleute teilweise begünstigt und teilweise benachteiligt, die gesetzliche Regelung im Ganzen betrachtet aber keine Schlechterstellung von Eheleuten bewirkt (vgl. BVerfGE 107, 205 <215 f.>).

23

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 12. Februar 2003 ausdrücklich festgestellt, dass durch die unterschiedliche Behandlung bei einer Gesamtbetrachtung Eheleute nicht schlechter gestellt seien (vgl. BVerfGE 107, 205 <216>). So sähen die Regelungen über die Familienversicherung in § 10 SGB V rechtliche Vorteile vor, die nur zur Geltung kämen, wenn eine Ehe vorliege. So könne nach § 10 Abs. 1 SGB V der Ehepartner, der Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung sei, dem anderen Ehepartner, der nicht selbst Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung sei, beitragsfreien Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung vermitteln. Eine solche Möglichkeit sei Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nicht eröffnet.

24

Zwar kommt der Vorteil der beitragsfreien Mitversicherung des Ehegatten nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V den oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze gutverdienenden Ehegatten nie zugute. Die beitragsfreie Mitversicherung des Ehegatten ist nach dieser Bestimmung sogar schon ausgeschlossen, wenn dieser ein Siebtel der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV verdient. Die über den Ausschluss der beitragsfreien Mitversicherung der Kinder nach § 10 Abs. 3 SGB V schlechter gestellte Gruppe (Ehegatten mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze) kommt somit niemals selbst in den Genuss der beitragsfreien Mitversicherung. Sie gehört zu der Gruppe grundsätzlich von der beitragsfreien Mitversicherung ausgeschlossener Ehegatten mit einem Gesamteinkommen oberhalb der Grenze des § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Ein Ausgleich der Schlechterstellung hinsichtlich der Kinderversicherung findet für die von § 10 Abs. 3 SGB V erfasste Gruppe somit nicht im Krankenversicherungsrecht statt. Jedoch wird der Ausschluss der Familienversicherung der Kinder nach § 10 Abs. 3 SGB V über die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen der Kinder jedenfalls teilweise ausgeglichen (vgl. BVerfGE 120, 125 <142>). Diese Kompensation genügt, um die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen.

25

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

26

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Abgrenzung selbstständiger von nichtselbstständiger Tätigkeit eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers

Abgrenzung selbstständiger von nichtselbstständiger Tätigkeit eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers

Kernfrage

Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Tätigkeit selbstständig oder nichtselbstständig ausübt, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Für eine nichtselbstständige Tätigkeit können insbesondere persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit, feste Arbeitszeiten und Bezüge, Anspruch auf Urlaub und auf sonstige Sozialleistungen, Überstundenvergütung sowie Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall und Eingliederung in den Betrieb sprechen. Für persönliche Selbstständigkeit hingegen sprechen Selbstständigkeit in der Organisation und der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sowie Handeln auf eigene Rechnung und Eigenverantwortung.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, hatte einen Beratungsvertrag mit seiner GmbH abgeschlossen. Dieser sah vor, dass der Kläger die Finanztechnik beratend begleitet. Der Vertrag enthielt keine Bestimmungen zu etwaigen Urlaubsansprüchen, Ansprüchen auf Sozialleistungen, Vergütung von Überstunden oder anderweitigen Ansprüche oder Pflichten. Das beklagte Finanzamt sah in der klägerischen Tätigkeit eine gewerbliche. Das Finanzgericht gab der Klage gegen diese Festsetzung mit der Begründung statt, die Tätigkeit sei nichtselbstständig.

Entscheidung

Auf die Revision des Finanzamts hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurück. Der abgeschlossene Beratungsvertrag ist nicht als Arbeits- oder Anstellungsvertrag zu werten. Es fehlt u. a. eine Weisungsgebundenheit, die Honorarabsprache ist ebenfalls unüblich für ein Anstellungsverhältnis.

Ausblick

Es bleibt abzuwarten, wie das Finanzgericht die Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers einordnet. Eine unselbstständige Tätigkeit wird es offensichtlich nicht sein. In Anwendung eines Urteils aus 1991 auf die vereinbarte Tätigkeit ist davon auszugehen, dass es sich bei der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers um eine selbstständige Tätigkeit und nicht um einen Gewerbebetrieb handelt, da er i. R. des Beratungsvertrags die eigentliche Geschäftsführertätigkeit nicht selbst ausübt, sondern nur unterstützend tätig ist.

Amt des Datenschutzbeauftragten kann nicht ohne Weiteres an Externe vergeben werden

Amt des Datenschutzbeauftragten kann nicht ohne Weiteres an Externe vergeben werden

Kernaussage

Grundsätzlich kann die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz in entsprechender Anwendung der gesetzlichen Vorschriften (§ 626 BGB, § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG) aus wichtigem Grund widerrufen werden. Allerdings stellen weder die Entscheidung des Arbeitgebers, zukünftig die Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen, noch die Mitgliedschaft im Betriebsrat, einen wichtigen Grund für den Widerruf dar.

Sachverhalt

Die Klägerin ist seit 1981 bei den Beklagten, einem Mutterunternehmen und deren Tochtergesellschaft, beschäftigt. 1992 wurde sie zu deren Datenschutzbeauftragten berufen. Seit 1994 ist die Klägerin auch Mitglied des Betriebsrates des beklagten Mutterunternehmens. 2008 beschlossen die Beklagten, die Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz zukünftig konzernweit einheitlich durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen und widerriefen die Bestellung der Klägerin. Das beklagte Mutterunternehmen sprach zudem gegenüber der Klägerin eine Teilkündigung dieser Aufgabe aus. Gegen diese Maßnahmen richtete sich die Klage. Die Klägerin war zuletzt auch vor dem Bundesarbeitsgericht erfolgreich.

Entscheidung

Die Bestellung der Klägerin zur Datenschutzbeauftragten war nicht wirksam widerrufen worden. Die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes in Verbindung mit den zivilrechtlichen Bestimmungen (§ 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG; § 626 BGB) gewähren dem Beauftragten einen besonderen Abberufungsschutz. Damit sollen dessen Unabhängigkeit und die weisungsfreie Ausübung des Amtes gestärkt werden. Eine Abberufung ist nur aus wichtigem Grund möglich, wenn eine Fortsetzung des Rechtsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Zwar ist der Arbeitgeber bei der erstmaligen Bestellung frei, ob er einen internen oder externen Beauftragten für den Datenschutz bestellt. Hat er aber einen Internen bestellt, kann er dessen Bestellung nicht allein mit der Begründung widerrufen, er wolle nunmehr einen Externen konzernweit mit der Aufgabe betrauen. Allein in einer solchen Organisationsentscheidung liegt kein wichtiger Grund. Auch die Mitgliedschaft im Betriebsrat rechtfertigt es nicht, die Zuverlässigkeit eines Datenschutzbeauftragten in Frage zu stellen, wenn nicht zusätzliche konkrete Pflichtverstöße geltend gemacht werden.

Konsequenz

Die Entscheidung eines Arbeitgebers hinsichtlich einer konzernweiten einheitlichen Fremdvergabe des Amtes des Datenschutzbeauftragten stellt keinen wichtigen Grund für die Abberufung des mit dem Amt betrauten Mitarbeiters dar. Hinzutreten müssen weitere wichtige Gründe wie z. B. verhaltens- oder tätigkeitsbezogene Pflichtverstöße.

Haftung von Treugebern einer Kommanditgesellschaft

Haftung von Treugebern einer Kommanditgesellschaft

Kernaussage

Der Insolvenzverwalter verschiedener insolventer Falk-Fonds kann die Treugeberkommanditisten aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen in Anspruch nehmen, soweit die gezahlten Einlagen den Anlegern zurückgezahlt wurden. Zwar trifft die gesetzliche Haftung des Kommanditisten für Schulden der Gesellschaft in Höhe seiner Einlage unmittelbar nur die Treuhänderin. Diese kann von den Anlegern jedoch verlangen, von der Haftung freigestellt zu werden.

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter mehrerer Fonds der Immobilienfondsgruppe Falk in der Form einer Kommanditgesellschaft. Die Beklagten der 8 Parallelverfahren waren über eine von der Treuhandkommanditistin zu verwaltende Einlage wirtschaftlich an der KG beteiligt. Gemäß dem Treuhandvertrag hatten die Treugeber die Treuhänderin entsprechend ihrem Anteil an der Kommanditbeteiligung von einer persönlichen Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft freizustellen. Die Beklagten erhielten jährliche Ausschüttungen von 5 % ihrer über die Treuhänderin geleisteten Einlagen, obwohl die Fonds teilweise von Anfang an Verluste erwirtschafteten bzw. größtenteils nicht durch Gewinne gedeckt waren. Der Kläger nimmt die Beklagten aus abgetretenem Recht unter dem Gesichtspunkt der Kommanditistenhaftung (§§ 171, 172 Abs. 4 HGB) auf Rückzahlung der Ausschüttungen in Anspruch.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab den Klagen (überwiegend) statt. Der BGH hat zwar seine Ansicht bestätigt, dass die gesetzliche Haftung des Kommanditisten für Schulden der Gesellschaft in Höhe der Einlage unmittelbar nur die Treuhänderin trifft. Diese kann jedoch verlangen, dass die Anleger sie von der Haftung freistellen. Mit der Abtretung wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, so dass die beklagten Anleger dem Kläger die Ausschüttungen zurückzuzahlen haben, bis die Rückgewähr ihrer Kommanditeinlagen wieder ausgeglichen ist. Eine solche Abtretung verstößt weder gegen ein gesetzliches noch vertragliches Abtretungsverbot.

Konsequenz

Anleger können sich nicht mit dem Argument vor der Inanspruchnahme schützen, dass alle Zahlungen über eine Treuhandkommanditistin gelaufen sind und sie nur zu dieser in einem unmittelbaren Rechtsverhältnis stehen. Der Freistellungsanspruch begründet nämlich die Haftung der Anleger. Die mit diesen Urteilen geklärten Rechtsfragen können generelle Auswirkungen auf die zukünftige Gestaltung von Immobilienfonds haben.

Ausschließung eines Gesellschafters aus einer oHG oder KG

Ausschließung eines Gesellschafters aus einer oHG oder KG

Rechtslage

Verstehen sich die Gesellschafter untereinander nicht mehr, stellt sich schnell die Frage nach möglichen Trennungsalternativen: wie kann ein missliebiger Gesellschafter aus einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) oder Kommanditgesellschaft (KG) ausgeschlossen werden, ohne gleich die Gesellschaft auszulösen?

Ausschließungsklage

Wird ein Gesellschafter durch Beschluss aus der Gesellschaft ausgeschlossen (§ 131 Abs. 3 Nr. 6 HGB), scheidet er aus der Gesellschaft aus. Ist der Betroffene mit dem Ausschluss nicht einverstanden, bleibt den übrigen Gesellschaftern nur die Möglichkeit, eine Ausschließungsklage zu erheben (§ 140 HGB). Dies setzt einen wichtigen Grund in der Person des auszuschließenden Gesellschafters voraus, d. h. den anderen Gesellschaftern muss die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem betroffenen Gesellschafter unzumutbar sein. Hier ist eine Prognose der zukünftigen Entwicklung erforderlich; es muss Wiederholungsgefahr bestehen. Nach dem Gesetz (§ 133 HGB) ist ein solcher Grund insbesondere vorhanden, wenn der Gesellschafter eine ihm obliegende wesentliche Pflicht vorsätzlich oder groß fahrlässig verletzt oder aber ihm die Erfüllung einer solchen unmöglich wird. Ein wichtiger Grund kann z. B. vorliegen, wenn der Gesellschafter gegen das Wettbewerbsverbot verstößt, Gelder veruntreut, unberechtigt Forderungen der Gesellschaft eingezogen oder deren Ruf gegenüber der Hausbank geschädigt hat. Ein Verschulden ist hierbei nicht notwendig.

Regelung des Ausschlusses im Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag kann das gesetzlich vorgesehene Ausschließungsverfahren abändern und z. B. durch ein Beschlussverfahren ersetzen. Auch das Merkmal des wichtigen Grundes kann abweichend festgelegt werden. Die gesellschaftsvertragliche Regelung muss jedoch tatsächliche Gründe nennen; eine willkürliche Ausschlussmöglichkeit wäre wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Vor der Beschlussfassung ist dem Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren; wegen des Grundsatzes des Verbots des Richters in eigener Sache steht ihm kein Stimmrecht zu. Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses kann der ausgeschlossene Gesellschafter nur durch Feststellungsklage überprüfen lassen.

Folgen des Ausschlusses

Der Ausschluss eines Gesellschafters kommt nur in Betracht, wenn weniger einschneidende Mittel (wie z. B. Stimmrechtsentzug, Einsetzen eines Treuhänders) keinen Erfolg versprechen. Die Folge des Ausschlusses besteht darin, dass die Gesellschaft – im Unterschied zur GbR – im Übrigen fortbesteht. Bei einer 2-Personen-Gesellschaft erlischt diese zwar beim Ausscheiden eines Gesellschafters. Das Handelsgeschäft übernimmt jedoch der Verbleibende und führt es fort.

Bürgermeister muss Beiratsvergütung von Privatunternehmen abliefern

Bürgermeister muss Beiratsvergütung von Privatunternehmen abliefern

Kernaussage

Das Bundesverwaltungsgericht entschied aktuell, dass ein Bürgermeister, der im Regionalbeirat eine Aktiengesellschaft seine Gemeinde als Aktionärin vertritt, seine gesonderte Vergütung für die Beiratstätigkeit abführen muss. Er erfüllt nämlich mit der Vertretung eine dienstliche Aufgabe seines Hauptamtes.

Sachverhalt

Der Kläger ist hauptamtlicher Bürgermeister der Beklagten, einer Stadt in Nordrhein-Westfalen. Diese ist an der RWE AG zu 0,01 % beteiligt. 2001 wurde der Kläger durch den Vorstand eines Tochterunternehmens der RWE AG in einen Regionalbeirat berufen. Die Regionalbeiräte dienen dem Dialog zwischen der RWE AG, ihren Geschäftspartnern und Aktionären. In diese Beiräte werden Bürgermeister berufen, deren Kommunen Aktionäre der RWE und Mitglieder im Verband kommunaler RWE-Aktionäre sind. In der Folgezeit forderte die beklagte Stadt den Kläger mittels zweier Leistungsbescheide über je 6.650 EUR auf, die für seine Beiratstätigkeit in den Jahren 2004-2005 erhaltene Vergütung an sie abzuführen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb schließlich erfolglos.

Entscheidung

Anders als noch vom Berufungsgericht angenommen, folgt die Pflicht zur Ablieferung der Beiratsvergütung nicht aus der Nebentätigkeitsverordnung, weil die Tätigkeit im Beirat eines privaten Unternehmens nicht einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst gleichzustellen ist. Dies ist nur dann zulässig, wenn das Unternehmen von der öffentlichen Hand zumindest faktisch beherrscht wird und Vergütungen für Beiratsmitglieder mittelbar aus öffentlichen Kassen gezahlt werden. Dies war hier nicht der Fall.

Konsequenz

Ein Beamter ist zur Ablieferung einer Vergütung für eine Tätigkeit verpflichtet, die zu seinen dienstlichen Aufgaben im Hauptamt zählt. Wird ein Beamter daher nur in seiner Funktion als Bürgermeister in einen Beirat berufen, ist er dort nicht als Privatperson tätig. Mit der Übernahme der Beiratsmitgliedschaft macht er vielmehr von seiner Befugnis Gebrauch, die Gemeinde in diesem Gremium zu vertreten. Für ein Behaltendürfen der Vergütung ist dann kein Raum.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin