Haftung des GmbH-Gesellschafters nach Forderungsabtretung der Bank

Haftung des GmbH-Gesellschafters nach Forderungsabtretung der Bank

Kernaussage

Ein GmbH-Gesellschafter kann regelmäßig bei seinem Ausscheiden aus der GmbH die Befreiung von seinen Sicherungsrechten mit Ausgleichspflicht für Gesellschaftsschulden verlangen. Der Bundesgerichtshof entschied nun in 2 Parallelverfahren, dass sich dieser Freistellungsanspruch gegen die GmbH und grundsätzlich nicht auch gegen die Mitgesellschafter und Gläubiger richtet.

Sachverhalt

Die Kläger sind neben dem Beklagten in dem einen Verfahren, das eine Vollstreckungsabwehrklage betrifft, Gesellschafter einer GmbH, die die Beklagte des Parallelverfahrens ist. Für Finanzierungsdarlehen der GmbH übernahmen die Kläger, die damals mit zusammen 26,6 % an der GmbH beteiligt waren, in Höhe von 1.52 Mio. DM die persönliche Haftung und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen. Eine Reduzierung ihrer Beteiligungsquote an der GmbH auf 0,06 % erfolgte infolge einer Kapitalerhöhung. An den restlichen Anteilen der GmbH ist der Beklagte seitdem unmittelbar und mittelbar beteiligt. Der Beklagte erwarb die Darlehensforderungen gegen die GmbH, nahm die Kläger mit der Behauptung, die Darlehen seien notleidend geworden, aus den Sicherheiten in Anspruch und pfändete deren Geschäftsanteile. Hiergegen haben die Kläger Vollstreckungsabwehrklage erhoben. Nachdem die Pfändung nicht innerhalb von 6 Wochen aufgehoben wurde, wurden die Kläger nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags ausgeschlossen und die Einziehung ihrer Geschäftsanteile beschlossen. Hiergegen richtet sich die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen die beklagte GmbH.

Entscheidung

Die Berufungsgerichte haben die Frage, ob die Kläger von der beklagten GmbH Befreiung von ihrer Haftung gegenüber dem Darlehensgläubiger verlangen und diesen Freistellungsanspruch auch gegenüber dem Mehrheitsgesellschafter geltend machen können, unterschiedlich beantwortet. Während im Anfechtungs- und Nichtigkeitsprozess festgestellt wird, dass die Gleichsetzung von Gesellschafter mit der Gesellschaft nur in vom Bundesgerichtshof (BGH) entwickelten Ausnahmen angenommen werden kann und eine solche nicht einschlägig sei, wird im Verfahren über die Vollstreckungsabwehrklage das Trennungsprinzip unter Berufung auf Treu und Glauben aufgehoben. Der BGH hat einheitlich entschieden, dass ein Befreiungsanspruch der Kläger gegen den vollstreckenden Mitgesellschafter nicht besteht. Die Vollstreckungsabwehrklage war entsprechend abzuweisen. Die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage hatte jedoch aus anderen rechtlichen Aspekten Erfolg, denn bei Beschlussfassung stand bereits fest, dass die an die ausscheidenden Gesellschafter zu zahlenden Abfindungen nicht aus dem Vermögen der Gesellschaft geleistet werden konnten. Da der Ausschließungsbeschluss mit dem Einziehungsbeschluss verbunden wurde, waren beide unwirksam.

Konsequenz

In beiden Rechtsstreiten war die Frage des Freistellungsanspruches entscheidungserheblich. Denn hätte dieser bestanden, wäre die Vollstreckung unzulässig gewesen, was zur Verneinung der Voraussetzungen über die Ausschließung nach der GmbH-Satzung hätte führen können.

Zum Zufluss von Arbeitslohn bei Gehaltsverzicht

Zum Zufluss von Arbeitslohn bei Gehaltsverzicht

Kernproblem

Bei der Zahlung vom Arbeitslohn ist der Arbeitgeber grundsätzlich zum Einbehalt und zur Abführung von Lohnsteuer verpflichtet. Die Verpflichtung besteht jedoch erst in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt. Ein Zufluss liegt unstreitig vor, wenn der Lohn in bar ausgezahlt oder auf ein Konto des Arbeitnehmers überwiesen wird. Besonderheiten bestehen indes beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, bei dem ein Zufluss bereits fingiert wird, wenn er im Zeitpunkt der Fälligkeit über die geschuldete Vergütung verfügen kann. Die genauen Anwendungsvoraussetzungen dieser Fiktion waren nunmehr Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, an der er und seine Ehefrau mit je 50 % beteiligt waren. Gemäß seinem Geschäftsführungsvertrag stand dem Kläger in den Jahren 1998-2001 jeweils Weihnachtsgeld zu, das ihm allerdings tatsächlich nicht ausgezahlt wurde und bei der GmbH auch nicht als (Lohn-)Aufwand passiviert wurde. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass dem Kläger aufgrund seiner beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer-Stellung das vertraglich zugesagte Weihnachtsgeld bei Fälligkeit als zugeflossen gelte. Folglich nahm das Finanzamt die GmbH mit Haftungsbescheid für Lohn- und Kirchensteuer in Anspruch, soweit für das Weihnachtsgeld keine Lohnsteuer einbehalten worden war. Die hiergegen gerichtete Klage war sowohl beim Finanzgericht als auch beim BFH erfolgreich.

Entscheidung des BFH

Nach Auffassung des BFH ist die Zuflussfiktion bei Fälligkeit des Weihnachtsgeldes vorliegend überhaupt nicht anwendbar, da der Kläger kein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer sei. Eine solche Stellung liege regelmäßig nur dann vor, wenn er die Mehrheit der Stimmrechte besitze und deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben könne. Gesellschafter mit weniger als 50 % der Gesellschaftsanteile können zwar einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt werden, wenn er mit anderen, gleichgerichtete materielle (finanzielle) Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirke, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen. Allein der Umstand, dass die Gesellschafter Eheleute sind, könne eine entsprechende Vermutung nach gefestigter Rechtsprechung nicht begründen. Des Weiteren sei durch den Gehaltsverzicht auch keine Zufluss begründende verdeckte Einlage bewirkt, da das streitige Weihnachtsgeld zu keinem Zeitpunkt als Aufwand bei der GmbH berücksichtigt worden war und somit zu keiner Mehrung ihres Vermögens geführt hat.

Konsequenzen

Zwar ist das Urteil für den Steuerpflichtigen vorteilhaft, da die Rechtsprechung den Anschein vermittelt, dass das willentliche Unterlassen der Einbuchung einer Verbindlichkeit den Zufluss von Arbeitslohn verhindern kann. Dennoch ist in der Praxis Vorsicht vor einer solchen „Gestaltung“ zu empfehlen, da die Verbindlichkeit sowohl nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung als auch steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften zwingend hätte eingebucht werden müssen. Hierauf ist der BFH in seinem Urteil nicht eingegangen.

Finanzverwaltung verweigert rückwirkende Rechnungskorrektur

Finanzverwaltung verweigert rückwirkende Rechnungskorrektur

Einführung

Werden im Rahmen von Betriebsprüfungen Rechnungen beanstandet, so steht den Unternehmern der Vorsteuerabzug erst dann zu, wenn sie eine korrigierte Rechnung vorlegen. In der Zwischenzeit verlangt die Finanzverwaltung Zinsen nach § 233a AO, da die Korrektur der Rechnungen bisher insoweit keine Rückwirkung entfaltet.

Rechtslage

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat nun für Aufregung gesorgt, da es einem ungarischen Unternehmer den rückwirkenden Vorsteuerabzug gestattete. In der Fachliteratur wird das Urteil unterschiedlich kommentiert. Mehrheitlich wird es als Hinweis dafür angesehen, dass eine rückwirkende Korrektur von Rechnungen möglich ist, so dass die bisher hiermit verbundene Zinsproblematik entfallen würde. Vertreter der Finanzverwaltung sehen dies natürlich anders. Jüngst ergangene Urteile der Finanzgerichte teilen die Auffassung der Finanzverwaltung. Nun wird sich der Bundesfinanzhof (BFH) hiermit auseinandersetzen.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg hat nun erstmals „offiziell“ zum Urteil des EuGH Stellung bezogen. Es sieht hierin keinen Hinweis für eine rückwirkende Rechnungskorrektur und lehnt diese daher ab. In einem Schreiben an den Deutschen Steuerberaterverband bestätigt das Bundesfinanzministerium (BMF) diese Auffassung.

Konsequenz

Was auch immer die Finanzverwaltung zu diesem Thema von sich gibt, eins dürfte klar sein: Eine Akzeptanz durch die Finanzverwaltung wird erst erfolgen, wenn der EuGH sich noch einmal mit dieser Thematik befasst und ein eindeutiges Urteil fällt. Bis dahin sollten Veranlagungen offen gehalten werden, denen nicht ordnungsgemäße Rechnungen zugrunde liegen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn rechtzeitig korrigierte Rechnungen vorgelegt werden können und die abgerechnete Leistung zweifelsfrei erbracht wurde. Unabhängig hiervon sollten es die Unternehmer erst gar nicht so weit kommen lassen und darauf achten ordnungsgemäße Rechnungen zu erhalten. Nur wenn „das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“, sollte das Urteil des EuGH als Hilfe herangezogen werden.

Europarechtliche Auslegung der Ansässigkeit im UStG

Europarechtliche Auslegung der Ansässigkeit im UStG

Kernproblem

Nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) hat ein Unternehmer, der Leistungsempfänger für Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers ist, die Steuer von der Gegenleistung einzubehalten, anzumelden und an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann er u. U. für die nicht abgeführte Umsatzsteuer in Haftung genommen werden. Besondere Bedeutung kam im Streitfall dabei der Rechtsfrage zu, wie der Begriff der „Ansässigkeit“ im Umsatzsteuerrecht auszulegen ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine in der Baubranche tätige GmbH, die in den Streitjahren 1997 und 1998 Werklieferungen einer polnischen Firma bezog. Die polnische Firma hatte zwar Geschäftsleitung und Sitz in Polen, war in Deutschland aber durch einen Generalbevollmächtigten vertreten und verwendete bei Rechnungsstellung im Briefkopf auch eine inländische Anschrift. Nach Ansicht der Finanzverwaltung lag aufgrund des Vorliegens eines ständigen Vertreters (§ 12 AO) auch eine beschränkte Körperschaftsteuerpflicht vor. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die polnische Firma nahm das Finanzamt die inländische GmbH per Haftungsbescheid in Anspruch, da es sich bei der polnischen Firma um ein „im Ausland ansässiges Unternehmen“ handele. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ebenso erfolglos wie die Klage vorm Finanzgericht (FG). Dessen Entscheidung wurde aber nunmehr vom Bundesfinanzhof (BFH) aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH ist das Finanzgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass für die Prüfung der Ansässigkeit entscheidend darauf abzustellen sei, ob die Errichtung einer Zweigniederlassung im Handelsregister eingetragen war oder sich zumindest ernsthaft um eine Eintragung bemüht wurde. Der Begriff der Ansässigkeit sei vielmehr nach dem Unionsrecht auszulegen. Diese sei zu bejahen, wenn eine feste Niederlassung bestehe, die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweise, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ermögliche. So habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Bereich des Transportwesens zumindest ein Büro verlangt, in dem Verträge abgefasst und die Entscheidungen der täglichen Geschäftsführung getroffen werden können.

Konsequenzen

Das Urteil erging zwar zum UStG in der Fassung des Jahres 1993, ist aber auch für das geltende Umsatzsteuerrecht von Bedeutung, da sich insoweit an dem Haftungsrisiko des Leistungsempfängers sowie dem Tatbestandsmerkmal „Ansässigkeit“ keine Änderungen ergeben haben. Im Ergebnis ist für die Auslegung des Begriffs somit rein auf die Vorgaben des Unionsrechts abzustellen, die Eintragung einer Zweigniederlassung im Handelsregister ist nicht entscheidend. Das Finanzgericht hat nunmehr im zweiten Rechtsgang zu prüfen, ob eine Ansässigkeit i. S. d. Europarechts vorliegt.

Asbestsanierung, Photovoltaikanlage und Vorsteuerabzug

Asbestsanierung, Photovoltaikanlage und Vorsteuerabzug

Einführung

Wer auf seinem Dach eine Photovoltaikanlage installiert, kann hieraus den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, wenn er diese unternehmerisch nutzt. Sofern zwecks Installation der Photovoltaikanlage eine Dachsanierung notwendig ist, verweigert die Finanzverwaltung bisher den Vorsteuerabzug hieraus.

Sachverhalt

Anlässlich der Installation einer Photovoltaikanlage sanierte der Kläger das asbesthaltige Dach. Die Dachsanierung war nach der Gefahrstoffverordnung die Voraussetzung für die Aufbringung der Photovoltaikanlage. Dennoch verweigerte das Finanzamt den entsprechenden Vorsteuerabzug.

Neues Urteil

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gibt dem Kläger Recht. Demnach steht dem Kläger der Vorsteuerabzug aus der Dachsanierung zu, soweit diese den Teil des Daches betrifft, auf dem die Photovoltaikanlage installiert ist.

Konsequenzen

Die Rechtsprechung zu dieser Thematik ist noch nicht gefestigt. Der Bundesfinanzhof (BFH) muss nun hierzu eine Entscheidung treffen. Aufgrund der jüngsten Urteile des BFH zum Vorsteuerabzug ist allerdings zu vermuten, dass die Entscheidung zugunsten der Betreiber erfolgen wird. Bis dahin müssen anders lautende Veranlagungen unter Verweis auf die beim BFH anhängigen Verfahren offen gehalten werden.

Nachträgliche Reduzierung von Darlehenszinsen ist regelmäßig vGA

Nachträgliche Reduzierung von Darlehenszinsen ist regelmäßig vGA

Kernproblem

Zur Vermeidung einer Gewinnkorrektur durch das Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) ist bei der Gewährung eines Darlehens von der GmbH an einen Gesellschafter insbesondere darauf zu achten, dass die vereinbarten Zinssätze marktüblich sind. Nach jahrelanger Rechtsprechung erfolgt eine Bandbreitenbetrachtung, wonach Ober- und Untergrenze die banküblichen Haben- und Sollzinsen sind, wobei regelmäßig von einer Teilung der Spanne zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ausgegangen wird. Unabhängig davon liegt eine vGA auch vor, wenn der Darlehensgewährung keine klare, im Voraus getroffene, zivilrechtlich wirksame und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung zugrunde liegt.

Sachverhalt

Kläger war eine GmbH, an der 2 Gesellschafter zu je 50 % beteiligt waren. Für ihre Geschäftsführertätigkeit erhielten beide ein festes Monatsgehalt, welches in den Streitjahren aber nur unregelmäßig ausgezahlt wurde. Daneben gewährte die Gesellschaft ein Darlehen, welches zunächst mit 6 % zu verzinsen war. Zur „Angleichung an den marktüblichen Zinssatz“ erfolgte später eine Herabsetzung des Zinssatzes auf 2,75 %, obwohl eine Zinsanpassungsklausel nicht vorlag. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung war das beklagte Finanzamt der Auffassung, dass in der Zinsreduktion ebenso eine vGA zu sehen sei wie in der unregelmäßigen Zahlung der Gehälter. Den Antrag des Steuerpflichtigen auf Aussetzung der Vollziehung der geänderten Körperschaftsteuerbescheide lehnte das Finanzamt ab. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Hamburg blieb erfolglos.

Entscheidung

Nach Auffassung des Finanzgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide. In der (freiwilligen) Reduzierung der Darlehenszinsen sei eine vGA zu sehen, da die GmbH gegenüber einem fremden Dritten nicht auf die vertraglich vereinbarten Zinsen verzichtet hätte, da eine Zinsanpassungsklausel nicht vorlag und auch sonst keine plausiblen Gründe genannt werden konnten. Der bloße Hinweis auf die veränderten „wirtschaftlichen Gegebenheiten“ sei jedenfalls nicht ausreichend. Des Weiteren könne auch die unregelmäßige Zahlung der Monatsgehälter eine vGA darstellen, da es an einer tatsächlichen Durchführung der Gehaltsvereinbarungen fehle, wenn fällige Gehaltsansprüche nicht zeitnah erfüllt werden.

Konsequenzen

Das Urteil ist nachvollziehbar. Eine nachträgliche Reduzierung der Darlehenszinsen gegenüber einem beherrschenden Gesellschafter ist regelmäßig gesellschaftsrechtlich bedingt und somit als vGA zu werten. Soll in der Praxis daher eine regelmäßige Anpassung des Zinssatzes erfolgen, ist bereits im Vorhinein eine Zinsanpassungsklausel zu vereinbaren (z. B. EURIBOR plus fixer Risikozuschlag). Ist hingegen ein fester Zinssatz gewünscht, so ist bemerkenswert, dass nunmehr auch das FG Hamburg Zweifel daran äußert, ob der bisher übliche Vergleich mit einem fixen, aus den banküblichen Haben- und Sollzinsen abgeleiteten Mittelwert („Mittelwertmethode“) die zutreffende Sollgröße für einen Drittvergleich darstellt. Nach neueren Urteilen kann der Steuerpflichtige vielmehr (auch) den für ihn günstigsten Wert innerhalb der genannten Bandbreite auswählen. Die weitere Entwicklung bleibt mit Spannung abzuwarten.

Erweiterung der Organschaft auf EU-Kapitalgesellschaften

Erweiterung der Organschaft auf EU-Kapitalgesellschaften

Erfordernis des doppelten Inlandsbezugs

Die ertragsteuerliche Organschaft ist in Konzernen ein beliebtes „Gestaltungsmittel“, um Gewinne und Verluste von rechtlich selbstständigen Gesellschaften miteinander zu verrechnen. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass die Muttergesellschaft (Organträger) die Mehrheit der Stimmrechte bei der Tochterkapitalgesellschaft (Organgesellschaft) innehat und dass zwischen beiden Unternehmen ein Gewinnabführungsvertrag über eine Mindestdauer von 5 Jahren abgeschlossen wird. Weitere Voraussetzung für die Anerkennung der Organschaft ist, dass die Organgesellschaft sowohl ihren Satzungssitz als auch ihre Geschäftsleitung im Inland hat (doppelter Inlandsbezug).

Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission

Im Rahmen eines sogenannten Vertragsverletzungsverfahrens hat die Europäische Kommission entschieden, dass dieser doppelte Inlandsbezug eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt und somit europarechtswidrig sei. Als Begründung führt sie an, dass EU-/EWR-Kapitalgesellschaften, die die Voraussetzung des doppelten Inlandsbezugs nicht erfüllen, gegenüber inländischen Kapitalgesellschaften, die sowohl Sitz als auch Geschäftsleitung im Inland haben, benachteiligt werden. Deutschland war damit aufgefordert, eine vertragskonforme Lösung zu finden.

Schreiben des BMF vom 28.3.2011

Nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) akzeptiert die Finanzverwaltung nunmehr auch im EU/EWR-Ausland gegründete Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung in Deutschland als Organgesellschaften. Diese können zukünftig ihr Einkommen innerhalb einer steuerlichen Organschaft dem Organträger zurechnen, wenn auch die übrigen Voraussetzungen einer steuerlichen Organschaft erfüllt sind.

Konsequenzen

Das BMF-Schreiben ist zu begrüßen, wenn auch zeitnah eine gesetzliche Änderung der Vorschrift wünschenswert wäre. Zu beachten ist, dass zukünftig neben EU/EWR-Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung in Deutschland wohl auch AGs oder GmbHs mit Sitz in Deutschland und Geschäftsleitung im Ausland als Organgesellschaften fungieren können. Die weiteren Voraussetzungen einer Organschaft (insbesondere Gewinnabführungsvertrag über 5 Jahre sowie Stimmrechtsmehrheit) sind selbstverständlich weiterhin zu beachten.

Ortbestimmung für sonstige Leistungen an JPdöR

Ortbestimmung für sonstige Leistungen an JPdöR

Einführung

Seit dem 1.1.2010 werden juristische Personen des öffentlichen Rechts (JPdöR, z. B. Gemeinden, Städte etc.), sofern ihnen eine USt-IDNr. zugeteilt wurde, für Zwecke der Ortsbestimmung von sonstigen Leistungen den Unternehmen gleichgestellt. Hierdurch können sich für die JPdöR Deklarationspflichten ergeben, insbesondere, wenn sie Dienstleistungen aus dem Ausland beziehen. Die Besteuerung hängt dabei von der Art der empfangenen Leistung, von der Verwendung der USt-IDNr. sowie davon ab, ob der Leistungsbezug für den unternehmerischen oder hoheitlichen Bereich erfolgt.

Neue Verwaltungsanweisung

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen hat zu dieser Thematik in 2010 ein ausführliches Merkblatt veröffentlicht. Es betrifft den Bezug von Leistungen durch JPdöR von Unternehmen, die im Ausland ansässig sind. Neben einer Darstellung der seit dem 1.1.2010 geltenden Rechtslage listet das Merkblatt 80 Fallvarianten und deren umsatzsteuerliche Erfassung auf. Nun wurde das Merkblatt inhaltlich überarbeitet und an die Gesetzesänderungen zum 1.1.2011 angepasst.

Konsequenz

JPdöR können das aktualisierte Merkblatt nutzen, um zu prüfen, ob und welche Konsequenzen sich ergeben, wenn sie Dienstleistungen aus dem Ausland beziehen. Allerdings setzt die Nutzung des Merkblattes voraus, dass die Art der beanspruchten Dienstleistung eindeutig bestimmbar ist. Dies klingt einfach, bereitet jedoch in der Praxis häufig erhebliche Probleme. Eine Fehlbeurteilung insoweit birgt Risiken, so dass im Zweifel steuerlicher Rat eingeholt werden sollte.

Berücksichtigung des Geschlechts von Versicherten ist diskriminierend

Berücksichtigung des Geschlechts von Versicherten ist diskriminierend

Kernproblem

Die Anwendung geschlechtsspezifischer Risikofaktoren ist im Bereich des Versicherungswesens weit verbreitet. Deutlich höhere Prämien zahlen Frauen z. B. wegen der höheren Lebenserwartung in der Rentenversicherung und der privaten Krankenversicherung. Dahingegen ist die Kfz-Versicherung für Frauen günstiger, da ihr Unfallrisiko geringer ist. Diese unterschiedliche Behandlung stellt eine Diskriminierung dar und ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Versicherungen müssen daher ab dem 21.12.2012 einheitliche Tarife anbieten.

Sachverhalt

Die Kläger des Ausgangsverfahrens erhoben bei dem belgischen Verfassungsgerichtshof eine Klage auf Nichtigkeitserklärung eines belgischen Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie zur Verwirklichung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (Richtlinie 2004/113/EG). Nach dieser Richtlinie sind Unterschiede bei Versicherungsprämien, die sich aus dem Geschlecht als Risikofaktor ergeben, bis spätestens zum 21.12.2007 abzuschaffen. Allerdings sieht die Richtlinie eine Ausnahme vor, wonach die Mitgliedstaaten ab diesem Datum Ausnahmen von dem Grundsatz geschlechtsneutraler Prämien und Leistungen zulassen dürfen, wenn die zugrundeliegenden Daten verlässlich sind und der Öffentlichkeit zugänglich sind. Mit dem streitgegenständlichen Gesetz wurde von dieser Ausnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht. Da eine Richtlinie der Union betroffen war, setzte der belgische Verfassungsgerichtshof das Verfahren aus und legt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage nach der Vereinbarkeit der Ausnahmeregelung mit dem Gleichheits- und Diskriminierungsgrundsatz vor.

Entscheidung

Der EuGH erklärte die Ausnahme von der Grundregel geschlechtsneutraler Prämien und Leistungen im Versicherungssektor für mit Wirkung zum 21.12.2012 ungültig. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt der Gleichbehandlungsgrundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, sofern eine solche Behandlung objektiv nicht gerechtfertigt ist. Die in der Richtlinie (Art. 5 Abs. 2) vorgesehene Ausnahme von der Gleichberechtigung von Frauen und Männern gestattet den Mitgliedstaaten eine unbefristete Ungleichbehandlung. Die Regelung ist daher mit dem in der Richtlinie verfolgten Ziel der Gleichbehandlung nicht vereinbar.

Konsequenz

Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese Entscheidung auf den deutschen Versicherungsmarkt haben wird; insbesondere, ob Prämienerhöhungen zu erwarten sind. Altverträge sind von diesem Urteil jedoch nicht betroffen.

Renten steigen zum 1.7.2011 um rund 1 %

Renten steigen zum 1.7.2011 um rund 1 %

Rentenanstieg zum 1.7.2011 um knapp 1 %

die gesetzliche Rente ist die zentrale Säule der deutschen Alterssicherung. Für die über 20 Mio. Rentnerinnen und Rentner in Deutschland steigt die Rente zum 1.7.2011 um 0,99 %. In diesem Jahr wird erstmals die durch Schutzklauseln verhinderte Rentenminderung der Vergangenheit nachgeholt.

Einzelheiten und Hintergrund

Grundlage der Rentenanpassung ist die Lohnentwicklung. die Bruttolöhne und -gehälter sind in 2010 mit der wirtschaftlichen Erholung wieder deutlich angestiegen. Die für die Rentenanpassung relevante Lohnsteigerung in 2010 beträgt 3,10 % in den alten und 2,55 % in den neuen Bundesländern. Zunächst waren die Durchschnittsgehälter in der Wirtschaftskrise gesunken; in diesen Jahren hätte grundsätzlich eine Rentenkürzung vorgenommen werden müssen. Eine solche Rentenminderung musste aber aufgrund der bestehenden Rentengarantie, sog. Schutzklausel, unterbleiben. Der so entstandene Ausgleichsbedarf ist in den kommenden Jahren durch eine spezielle Rechenformel abzubauen.

Weitere anpassungsdämpfende Faktoren

Neben der Lohnentwicklung ist auch der Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenanpassungsformel relevant, der die Veränderung des Verhältnisses von Rentenbeziehern zu Beitragszahlern auf die Rentenanpassung überträgt. Der ‚Nachhaltigkeitsfaktor wird in 2011 mit 0,46 % anpassungsdämpfend wirken. Auch der sog. Riesterfaktor wirkt in der Rentenanpassung; er spiegelt die Belastung der Beschäftigten beim Aufbau ihrer Altersvorsorge wider: zum einen die steigenden Aufwendungen für die staatlich geförderte zusätzliche Altersvorsorge, und zum anderen etwaige Veränderungen des Beitragssatzes zur Rentenversicherung. Der Riesterfaktor wirkt sich in 2011 dämpfend mit 0,64 % auf die Rentenanpassung aus. Aus diesen Daten ergäbe sich zwar rechnerisch eine Anpassung der Renten in den alten Bundesländern von 1,99 % und in den neuen Bundesländern von 1,41 %. Beginnend mit der diesjährigen Rentenanpassung wird jedoch der Ausgleichsbedarf abgebaut, der durch die Anwendung der Schutzklausel in den vergangenen Jahren entstanden ist.

Aktueller Rentenwert zum 1.7.2011

Zum 1.7.2011 steigt der aktuelle Rentenwert in den alten Bundesländern von 27,20 EUR um 0,99 % auf 27,47 EUR. In den neuen Bundesländern steigt der Rentenwert von 24,13 EUR auf 24,37 EUR.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin