Rückstellungen in der Bilanz + Steuervorteil
Inhalt:
Rückstellungen
Eine Rückstellung ist eine Verpflichtung (Verbindlichkeit), die dem Grunde, der Höhe und dem Zeitpunkt nach noch nicht sicher feststeht. Sie wird in der Bilanz als Passivposten ausgewiesen.
Rückstellungen werden gebildet, um erwartete Aufwendungen abzudecken, die in der aktuellen Periode angefallen sind, deren Höhe und/oder Fälligkeit jedoch noch unbestimmt ist. Beispiele für Rückstellungen sind:
- Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften
- Rückstellung für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltungen
- Rückstellung für Rückforderungen von Kunden
- Rückstellung für Pensionsverpflichtungen
- Rückstellung für Steuern
Die Bildung von Rückstellungen ist eine wichtige Aufgabe der Rechnungslegung. Sie dient der sachgerechten Abbildung des Vermögens und der Schulden eines Unternehmens in der Bilanz.
Rückstellungen dürfen steuerrechtlich nur gebildet werden, wenn mehr Gründe für das Bestehen einer Verpflichtung sprechen, als dagegen (Wahrscheinlichkeit größer 50%).
Eine Rückstellung kann einen Steuervorteil bieten, da sie dazu führt, dass der Gewinn des Unternehmens reduziert wird und somit weniger Steuern gezahlt werden müssen. Eine Rückstellung ist eine Verbindlichkeit, die in der Bilanz eines Unternehmens ausgewiesen wird, um eine zukünftige Verpflichtung abzudecken, von der noch nicht klar ist, wie hoch sie genau sein wird.
Wenn eine Rückstellung gebildet wird, mindert dies den Gewinn des Unternehmens in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), da die Rückstellung als Aufwand gebucht wird. Da der Gewinn die Basis für die Steuerberechnung bildet, führt eine niedrigere Gewinnbasis zu einer geringeren Steuerbelastung.
Allerdings ist zu beachten, dass Rückstellungen nicht unbegrenzt gebildet werden können und es hier bestimmte Vorgaben gibt, die beachtet werden müssen. Rückstellungen dürfen nur für bestimmte zukünftige Verpflichtungen gebildet werden, wie beispielsweise für Gewährleistungen, Urlaubs- und Überstundenrückstellungen oder für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.
Die häufigsten Rückstellungen werden gebildet für:
- Abraumbeseitigung
- Ausgleichs-/ Entschädigungsanspruch
- ausstehende Rechnungen
- Boni
- Bürgschaften
- Ersatzbeschaffungspflicht
- Garantierückstellung
- Gewährleistungen
- Gewerbesteuer
- Gewinnbeteiligung von Mitarbeitern
- Haftungsrisiken
- Instandhaltungsverpflichtungen
- Jahresabschluss-, Prüfungs- und Beratungskosten
- Jubiläumsverpflichtungen
- Körperschaftsteuer
- Löhne und Gehälter
- Körperschaftsteuer
- Mehrsteuern aus Betriebsprüfung
- Patentverletzung
- Pensionsverpflichtungen
- Pfandrückstellung
- Produkthaftung
- Provisionen
- Prozesskosten
- Rekultivierungsverpflichtungen
- Sozialplanverpflichtungen
- Tantiemen
- Umweltschutzverpflichtungen
- unterlassene Instandhaltung
- Urlaub
Es ist auch wichtig, dass Rückstellungen nur in dem Jahr steuerlich geltend gemacht werden können, in dem sie gebildet wurden. Wenn die Verpflichtung, für die die Rückstellung gebildet wurde, nicht eintritt oder niedriger ausfällt als erwartet, muss die Rückstellung aufgelöst werden und der Gewinn im darauffolgenden Jahr entsprechend erhöht werden. Dies führt dann zu einer höheren Steuerbelastung.
Insgesamt kann eine Rückstellung also ein nützliches Instrument sein, um den Gewinn des Unternehmens zu mindern und somit Steuervorteile zu erzielen, allerdings müssen hierbei auch gesetzliche Vorgaben und steuerliche Vorgaben beachtet werden.
Bewertung von Rückstellungen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Bewertung einer Rückstellung in der Steuerbilanz nicht höher sein darf als die Bewertung der Rückstellung in der Handelsbilanz. Hat der Unternehmer jedoch in seiner Handelsbilanz ein sog. Beibehaltungswahlrecht ausgeübt, das es ihm einmalig ermöglicht, von einer teilweisen Auflösung seiner Rückstellung in der Handelsbilanz abzusehen und den höheren Wert beizubehalten, gilt dieser höhere Wert auch als Obergrenze für die Steuerbilanz.
Im konkreten Fall hatte die Klägerin Deponien betrieben und musste diese noch rekultivieren. Sie hatte für diese Nachsorgeverpflichtungen zum 31.12.2009 Nachsorgerückstellungen gebildet. Zum 31.12.2010, dem streitigen Bilanzstichtag, waren diese Rückstellungen aufgrund der Reform des Bilanzrechts in der Handelsbilanz niedriger zu bewerten und teilweise, nämlich in Höhe von fast 3 Mio. €, aufzulösen. Die Klägerin machte allerdings von ihrem Beibehaltungsrecht Gebrauch und behielt die bisherige Höhe der Rückstellungen von ca. 11 Mio. € bei. Das Finanzamt war der Auffassung, dass in der Steuerbilanz nur ein Wert von maximal 8 Mio. € angesetzt werden könne. Den sich hieraus ergebenden Gewinn von ca. 3 Mio. € neutralisierte das Finanzamt in Höhe von 14/15 durch eine Rücklage, die in den folgenden 14 Jahren gewinnerhöhend aufzulösen war.
Der BFH gab der Klage im Grundsatz statt, verwies die Sache aber zur weiteren Ermittlung an das Finanzgericht (FG) zurück:
- Der handelsbilanzielle Wert der Rückstellung bildet die Obergrenze für den steuerlichen Rückstellungswert. Daher darf der Steuerbilanzwert nicht über den handelsbilanziellen Wert hinausgehen.
- Der handelsbilanzielle Wert ist im Streitfall der höhere Wert von 11 Mio. €, weil die Klägerin von ihrem Beibehaltungsrecht Gebrauch gemacht hat und sich gegen eine teilweise Auflösung der handelsbilanziellen Rückstellung entschieden hat.
- Das Beibehaltungswahlrecht ist ein sog. intertemporales Recht, das nur einmalig aufgrund der Reform der Bilanzrechts ausgeübt werden konnte. Es ist daher steuerlich maßgeblich und führt somit zu einem höheren Steuerbilanzwert.
- Allerdings ist es denkbar, dass die Steuerbilanzrückstellung niedriger ist als die handelsbilanzrechtliche Rückstellung, weil im Steuerrecht noch besondere Bewertungsregeln für Rückstellungen gelten. Das FG muss nun überprüfen, ob diese speziellen steuerlichen Regeln anzuwenden sind, so dass sich in der Steuerbilanz ein niedrigerer Wert als der handelsbilanzrechtliche Wert von 11 Mio. € ergibt.
Für die Unternehmer ist das Urteil erfreulich, weil es zu einer höheren Rückstellung in der Steuerbilanz ab dem 31.12.2010 führt, wenn das handelsbilanzrechtliche Beibehaltungswahlrecht ausgeübt wird. Im Übrigen bleibt der BFH bei seiner Auffassung, dass in der Steuerbilanz stets der niedrigere Wert der beiden Rückstellungswerte – Handels- oder Steuerbilanz – anzusetzen ist.
Die Finanzverwaltung hat im Fall der gewinnerhöhenden Minderung von Rückstellungen infolge der Bilanzrechtsreform im Jahr 2009 die Möglichkeit eingeräumt, den sich aus einer Minderung der Rückstellung ergebenden Gewinn durch Bildung einer Rücklage über insgesamt 15 Jahre zu verteilen.
Abzinsung von Rückstellungen
Bei der Abzinsung von Rückstellungen geht es darum, dass zukünftige Verpflichtungen, für die eine Rückstellung gebildet wurde, zu einem niedrigeren Wert angesetzt werden, um den Zeitwert des Geldes zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass zukünftige Zahlungen, die erst in einigen Jahren fällig werden, heute weniger wert sind als dieselbe Summe, die sofort zur Verfügung steht. Dieser Unterschied im Wert des Geldes zwischen heute und der Zukunft wird als Zeitwert des Geldes bezeichnet.
Um den Zeitwert des Geldes bei der Bewertung von Rückstellungen zu berücksichtigen, muss der Rückstellungsbetrag abgezinst werden. Die Abzinsung erfolgt dabei auf Basis eines angenommenen Zinssatzes, der als Diskontierungszinssatz bezeichnet wird. Dieser Zinssatz spiegelt die erwartete Rendite wider, die mit einer Investition in vergleichbare Anlagen erzielt werden könnte.
Tipp: Abzinsungsrechner + weitere Tipps
Je höher der Diskontierungszinssatz ist, desto niedriger wird der abgezinste Wert der Rückstellung sein, da der erwartete Gewinn durch die Investition in vergleichbare Anlagen höher ist. Dies führt dazu, dass der Betrag der Rückstellung in der Bilanz niedriger ausfällt und somit auch der Gewinn des Unternehmens reduziert wird.
Es ist jedoch zu beachten, dass die Abzinsung von Rückstellungen gesetzlich vorgeschrieben ist und bestimmte Vorgaben und Regeln beachtet werden müssen. Die Abzinsung muss beispielsweise auf Grundlage des risikofreien Zinssatzes erfolgen, der von der Bundesbank veröffentlicht wird. Zudem müssen auch andere Faktoren wie die Restlaufzeit und die erwartete Höhe der Zahlungen berücksichtigt werden.
Insgesamt kann die Abzinsung von Rückstellungen somit dazu beitragen, den tatsächlichen Wert der Verpflichtungen des Unternehmens realistischer abzubilden und somit eine bessere Aussagekraft der Bilanz zu gewährleisten.
Übersicht Rückstellungen | |
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§ 249 (1) HGB |
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§ 249 (1) HGB |
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§ 249 (1) HGB |
Abfindungen |
§ 249 (1) HGB |
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§ 249 (1) HGB |
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§ 249 (1) S.2 Nr.1 HGB |
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§ 249 (1) HGB |
Patentrechtsverletzungen |
§ 249 (1) HGB |
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§ 249 (1) HGB |
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§ 249 (1) HGB |
Rechtsberatung |
§ 249 (1) HGB |
Jahresabschlusskosten |
§ 249 (1) HGB |
Prüfungskosten |
§ 249 (1) HGB |
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§ 249 (1) HGB |
Rückbauverpflichtungen |
§ 249 (1) S.2 Nr.1 HGB |
Abraumbeseitigung |
§ 249 (1) S.2 Nr.1 HGB |
unterlassene Instandhaltung |
Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 |
Drohverlust - Steuerrecht: Ansatz verboten |
§ 249 HGB |
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§ 249 HGB |
Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen in Papier- oder digitaler Form |
§ 249 HGB |
Mehrsteuern z.B. aus einer Betriebsprüfung |
Aktuelles + weitere Infos
Mehr Infos zu Rückstellungen im Steuerlexikon:
- Garantie
- Gewährleistungen
- Kulanz
- Mehrsteuern
- Pensionsverpflichtung
- ungewisse Verbindlickeiten
- tatsächliche Inanspruchnahme
Rechtsgrundlagen zum Thema: Rückstellung
EStGEStG § 4d Zuwendungen an Unterstützungskassen
EStG § 4e Beiträge an Pensionsfonds
EStG § 5 Gewinn bei Kaufleuten und bei bestimmten anderen Gewerbetreibenden
EStG § 6 Bewertung
EStG § 6a Pensionsrückstellung
EStR
EStR R 4c. Zuwendungen an Pensionskassen
EStR R 4d. Zuwendungen an Unterstützungskassen
EStR R 5.7 Rückstellungen
EStR R 6.3 Herstellungskosten
EStR R 6.11 Bewertung von Rückstellungen
EStR R 6a. (Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen
EStR Anlage Übersicht über die Berichtigung des Gewinns bei Wechsel der Gewinnermittlungsart
KStG 5 6 20 21 21a 33
GewStR
GewStR R 7.1 Gewerbeertrag
GewStR R 8.1 Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen
GewStR R 8.2 Vergütungen an persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien
GewStR R 8.8 Schulden der in § 19 GewStDV genannten Unternehmen
GewStR R 31.1 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung
KStR 6 8.2 8.7 22
AEAO
AEAO Zu § 251 Insolvenzverfahren:
HGB
§ 249 HGB Rückstellungen
§ 253 HGB Zugangs- und Folgebewertung
§ 266 HGB Gliederung der Bilanz
§ 285 HGB Sonstige Pflichtangaben
§ 301 HGB Kapitalkonsolidierung
§ 303 HGB Schuldenkonsolidierung
§ 314 HGB Sonstige Pflichtangaben
§ 330 HGB Formvorschriften
§ 340c HGB Vorschriften zur Gewinn- und Verlustrechnung und zum Anhang
§ 340f HGB Vorsorge für allgemeine Bankrisiken
§ 341e HGB Allgemeine Bilanzierungsgrundsätze
§ 341f HGB Deckungsrückstellung
§ 341g HGB Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle
§ 341h HGB Schwankungsrückstellung und ähnliche Rückstellungen
EStH 4.2.1 4.2.15 4.8 4.9 4.13 5.7.1 5.7.3 5.7.4 5.7.5 5.7.6 5.7.8 5.7.10 5.7.12 5.7.13 6.7 6.11 6a.1 6a.3 6a.7 6a.8 6a.9 6a.11 6a.15 6a.17 6a.20 6a.23 7.3 16.9 16.10 17.7
GewStH 8.1.1 8.1.4 8.2
KStH 8.5 8.7 8.8 8.9 14.7 20 21 22
LStH 38.2
GrStR 35
StBerG
§ 4 StBerG Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen