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Gemischt genutzte Pkw – Umsatzbesteuerung bei steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätzen

Die Umsatzbesteuerung bei unternehmerisch und nichtunternehmerisch genutzten Fahrzeugen ist im BMF-Schreiben vom 27.8.2004 geregelt (IV B 7 – S 7300 – 70/04, BStBl I 04, 864). Führt ein Unternehmer sowohl steuerpflichtige Umsätze als auch steuerfreie Umsätze aus, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ergeben sich daraus Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug, nicht jedoch auf die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung des Fahrzeugs (OFD Niedersachsen 8.10.12, S 109 – 22 – St 171).

Beispiel: Ein Unternehmer führt zu 80 % steuerfreie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende und zu 20 % steuerpflichtige Umsätze aus. Er erwirbt ein Fahrzeug für 40.000 EUR + 7.600 EUR Umsatzsteuer. Die laufenden Kosten betragen im Jahr 2.000 EUR + 380 EUR Umsatzsteuer. 60 % der im Jahr gefahrenen Kilometer sind durch Fahrten für unternehmerische und 40 % für private Zwecke veranlasst. Der Umfang der Nutzung für die verschiedenen Zwecke hat der Unternehmer durch eine sachgerechte Schätzung ermittelt.

Lösung: Der Unternehmer ist grundsätzlich nur im Umfang der beabsichtigten Verwendung für seine unternehmerische Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Im Beispiel ist er darüber hinaus auch hinsichtlich der Verwendung des Fahrzeugs für nichtunternehmerische Zwecke zum Vorsteuerabzug berechtigt, da eine Nutzungsentnahme für private Zwecke i.S.v. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG besteht (BFH 3.3.11, V R 23/10, BStBl II 12, 74, Abschn. 15.2 Abs. 15a UStAE). Für unternehmerische Zwecke nutzt er das Fahrzeug zu mehr als 10 %, sodass er es in vollem Umfang seinem Unternehmen zuordnen kann und zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das gilt nicht nur für die Anschaffungskosten, sondern aus Vereinfachungsgründen auch für die laufenden Kosten (Tz. 5 BMF 27.8.04, a.a.O.). Der Vorsteuerabzug ist wegen der steuerfreien Umsätze nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen (Abschn. 15.2 Abs. 21. Nr. 2a, Beispiel 2 UStAE).

80 % von 60 % der gefahrenen km führen zu steuerfreien Umsätzen und zu keinem Vorsteuerabzug

20 % von 60 % führen zu steuerpflichtigen Umsätzen und zum Vorsteuerabzug von 12 %

100 % von 40 % führen zu steuerpflichtigen Umsätzen und zu einem Vorsteuerabzug von 40 %

Dem Unternehmer steht ein Vorsteuerabzug in Höhe von 52 % und damit von 4.149,60 EUR zu (7.600,00 + 380,00 = 7.980 × 52 %).

Die private Verwendung unterliegt als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung. Bemessungsgrundlage sind die Kosten, die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG). Zur Ermittlung der Kosten hat der Unternehmer die Wahl zwischen der 1 %-Regelung, dem ordnungsgemäßes Fahrtenbuch und der Schätzung (Tz. 5 BMF 27.8.04, a.a.O.). Die Einschränkung des Vorsteuerabzugs führt nicht zu einer Herabsetzung der Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe, weder bei der 1 %-Regelung noch bei der Schätzung. Denn in Bezug auf die private Nutzung des Fahrzeugs hat der Unternehmer den Vorsteuerabzug in vollem Umfang erhalten.

 

Umsatzsteuer; Vorsteuerabzug und Umsatzbesteuerung bei unternehmerisch genutzten Fahrzeugen ab 1. April 1999

Durch Art. 5 Nr. 19 Buchst. c des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (Steueränderungsgesetz 2003 – StÄndG 2003 ), BGBl 2003 I S. 2645 , BStBl 2003 I S. 710, wurde § 15 Abs. 1b UStG zum 1. Januar 2004 aufgehoben. Die Ermächtigung des Rates der Europäischen Union vom 28. Februar 2000 (2000/186/EG, ABl EG 2000 Nr. L 59/12), auf die die Einschränkung des Vorsteuerabzugs ab 1. April 1999 gestützt worden ist, ist zum 31. Dezember 2002 ausgelaufen. Für die Zeit ab 1. Januar 2003 kann sich der Unternehmer daher unmittelbar auf das für ihn günstigere Recht des Art. 17 der 6. EG-Richtlinie berufen. Mit Urteil vom 29. April 2004 hat der EuGH in der Rechtssache C-17/01 (BStBl 2004 II S. 806 ) entschieden, dass Artikel 3 der Entscheidung des Rates insoweit unwirksam ist, als er regelt, dass die Ratsentscheidung rückwirkend ab 1. April 1999 gilt. Das bedeutet, dass die Ratsermächtigung für den Zeitraum vom 1. April 1999 bis zum 4. März 2000 (Tag der Veröffentlichung der Ratsermächtigung im Amtsblatt der EG ) ungültig ist und § 15 Abs. 1b i. V. m. § 27 Abs. 5 UStG insoweit keine EG -rechtliche Grundlage hat. In allen anderen Punkten hat der EuGH die Gültigkeit und damit die Wirksamkeit der Ratsermächtigung ausdrücklich bestätigt.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Frage des Vorsteuerabzuges und der Umsatzbesteuerung bei unternehmerisch genutzten Fahrzeugen ab 1. Januar 2004 Folgendes:

 1. Vorsteuerabzug für ein dem Unternehmen zugeordnetes Fahrzeug

Ein angeschafftes, eingeführtes oder innergemeinschaftlich erworbenes Fahrzeug, welches von dem Unternehmer (insbesondere von einem Einzelunternehmer oder einem Personengesellschafter) sowohl unternehmerisch als auch für nichtunternehmerische (private) Zwecke genutzt wird (sog. gemischt genutztes Fahrzeug), kann – unabhängig von der ertragsteuerlichen Behandlung als Betriebs- oder Privatvermögen – dem Unternehmen zugeordnet werden. Voraussetzung für die Zuordnung zum Unternehmen ist, dass das Fahrzeug zu mindestens 10 % für das Unternehmen genutzt wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG ). Maßgebend ist bei einem Fahrzeug das Verhältnis der Kilometer unternehmerischer Fahrten zu den Jahreskilometern des Fahrzeugs. Wenn danach die 10 %ige Mindestnutzung für unternehmerische Zwecke nicht erreicht wird, kann das Fahrzeug nicht dem Unternehmen zugeordnet werden. In Zweifelsfällen muss der Unternehmer dem Finanzamt die mindestens 10 %ige unternehmerische Nutzung glaubhaft machen, z. B. durch Aufzeichnung der Jahreskilometer des betreffenden Fahrzeugs und der unternehmerischen Fahrten (mit Fahrtziel und gefahrenen Kilometern). Bei sog. Zweit- oder Drittfahrzeugen von Einzelunternehmern oder sog. Alleinfahrzeugen bei einer nebenberuflichen Unternehmertätigkeit ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese Fahrzeuge zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt werden. Das gleiche gilt bei Personengesellschaften, wenn ein Gesellschafter mehr als ein Fahrzeug privat nutzt, für die weiteren privat genutzten Fahrzeuge. Zur Frage der Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen vgl. ansonsten BMF-Schreiben vom 30. März 2004 , BStBl 2004 I S. 451 .

Kann der Unternehmer ein Fahrzeug dem Unternehmen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht zuordnen, weil er es zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, steht ihm aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten kein Vorsteuerabzug zu. Die Zuordnungsbeschränkung des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG erstreckt sich jedoch nicht auf die Leistungen, die der Unternehmer im Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs bezieht. Der Unternehmer kann deshalb unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG z. B. Vorsteuerbeträge aus Benzin- und Wartungskosten im Verhältnis der unternehmerischen zur nichtunternehmerischen Nutzung abziehen. Vorsteuerbeträge, die unmittelbar und ausschließlich auf die unternehmerische Verwendung des Fahrzeugs entfallen, z. B. Vorsteuerbeträge aus Reparaturaufwendungen in Folge eines Unfalls während einer unternehmerisch veranlassten Fahrt, können unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG in voller Höhe abgezogen werden.

Hat der Unternehmer ein erworbenes Fahrzeug, welches sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke genutzt wird, zulässigerweise insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet, kann er die auf die Anschaffungskosten des Fahrzeugs entfallenden Vorsteuerbeträge abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ). Die nichtunternehmerische Nutzung unterliegt unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung.

Wenn ein Unternehmer ein gemischt genutztes Fahrzeug nur teilweise (z. B. zu 60 %) dem Unternehmen zuordnet (vgl. Abschnitt 192 Abs. 18 Buchst. c UStR ), mindert sich der Vorsteuerabzug entsprechend. Der Unternehmer, der auch Umsätze ausführt, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG führen, hat eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen.

Die Veräußerung eines Fahrzeugs, das der Unternehmer dem Unternehmen zugeordnet hat, unterliegt insgesamt der Umsatzsteuer; die Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs unterliegt unter der Voraussetzung des § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG der Besteuerung.

 2. Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs

Die nichtunternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs ist unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen. Als Bemessungsgrundlage sind dabei gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG die Kosten anzusetzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Zur Ermittlung der Kosten vgl. grundsätzlich BMF-Schreiben vom 13. April 2004 , BStBl 2004 I S. 468 .

Zur Ermittlung der Kosten, die auf die nichtunternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs entfallen, hat der Unternehmer die Wahl zwischen drei Methoden:

 2.1 1 %-Regelung

Ermittelt der Unternehmer für Ertragsteuerzwecke den Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG , kann er von diesem Wert aus Vereinfachungsgründen bei der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung ausgehen. Für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten kann er einen pauschalen Abschlag von 20 % vornehmen. Der so ermittelte Betrag ist ein sog. Nettowert, auf den die Umsatzsteuer mit dem allgemeinen Steuersatz aufzuschlagen ist.

 2.2 Fahrtenbuchregelung

Setzt der Unternehmer für Ertragsteuerzwecke die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen an, indem er die für das Fahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachweist (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG ), ist von diesem Wert auch bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung auszugehen.

Aus den Gesamtaufwendungen sind für Umsatzsteuerzwecke die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten in der belegmäßig nachgewiesenen Höhe auszuscheiden.

 2.3 Schätzung des nichtunternehmerischen Nutzungsanteils

Macht der Unternehmer von der 1 %-Regelung keinen Gebrauch oder werden die pauschalen Wertansätze durch die sog. Kostendeckelung auf die nachgewiesenen tatsächlichen Kosten begrenzt (vgl. Randzahl 13 des BMF-Schreibens vom 12. Mai 1997, BStBl 1997 I S. 562 ) und liegen die Voraussetzungen der Fahrtenbuchregelung nicht vor (z. B. weil kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird), ist der private Nutzungsanteil für Umsatzsteuerzwecke anhand geeigneter Unterlagen im Wege einer sachgerechten Schätzung zu ermitteln. Liegen geeignete Unterlagen für eine Schätzung nicht vor, ist der private Nutzungsanteil mit mindestens 50 % zu schätzen, soweit sich aus den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls nichts Gegenteiliges ergibt. Aus den Gesamtaufwendungen sind die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten in der belegmäßig nachgewiesenen Höhe auszuscheiden.

Konnte der Unternehmer bei der Anschaffung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs keinen Vorsteuerabzug vornehmen (z. B. Erwerb von einem Nichtunternehmer), sind nur die vorsteuerbelasteten Unterhaltskosten zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

 3. Fahrten des Unternehmers zwischen Wohnung und Betriebsstätte

Die Fahrten des Unternehmers zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten wegen einer aus betrieblichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung sind der unternehmerischen Nutzung des Fahrzeugs zuzurechen. Es ist auch keine Vorsteuerkürzung nach § 15 Abs. 1a UStG vorzunehmen.

 4. Überlassung von Fahrzeugen an das Personal

 4.1 Vorsteuerabzug aus den Fahrzeugkosten

Überlässt ein Unternehmer (Arbeitgeber) seinem Personal (Arbeitnehmer) ein erworbenes Fahrzeug auch zur privaten Nutzung (Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Familienheimfahrten aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung), ist dies regelmäßig als entgeltliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG (vgl. Tz. 4.2.1.1) anzusehen. Derartige Fahrzeuge werden, wenn sie nicht ausnahmsweise zusätzlich vom Unternehmer nichtunternehmerisch verwendet werden, durch die entgeltliche umsatzsteuerpflichtige Überlassung an das Personal ausschließlich unternehmerisch genutzt. Somit kann der Vorsteuerabzug sowohl aus den Anschaffungskosten als auch aus den Unterhaltskosten der sog. Dienst- oder Firmenwagen in voller Höhe in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch für die Überlassung von Fahrzeugen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH), wenn sie umsatzsteuerlich dem Personal zugeordnet werden. Die spätere Veräußerung und die Entnahme derartiger Fahrzeuge unterliegen insgesamt der Umsatzsteuer.

 4.2 Besteuerung der Fahrzeugüberlassung an das Personal

 4.2.1 Entgeltliche Fahrzeugüberlassung

 4.2.1.1 Merkmale für Entgeltlichkeit

Die Gegenleistung des Arbeitnehmers für die Fahrzeugüberlassung besteht regelmäßig in der anteiligen Arbeitsleistung, die er für die Privatnutzung des gestellten Fahrzeugs erbringt. Die Überlassung des Fahrzeugs ist als Vergütung für geleistete Dienste und damit als entgeltlich anzusehen, wenn sie im Arbeitsvertrag geregelt ist oder auf mündlichen Abreden oder sonstigen Umständen des Arbeitsverhältnisses (z. B. der faktischen betrieblichen Übung) beruht. Von Entgeltlichkeit ist stets auszugehen, wenn das Fahrzeug dem Arbeitnehmer für eine gewisse Dauer und nicht nur gelegentlich zur Privatnutzung überlassen wird.

 4.2.1.2 Besteuerung auf der Grundlage einer Kostenschätzung

Bei einer entgeltlichen Fahrzeugüberlassung zu Privatzwecken des Personals liegt ein tauschähnlicher Umsatz (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG ) vor. Die Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG der Wert der nicht durch den Barlohn abgegoltenen Arbeitsleistung. Es bestehen keine Bedenken, den Wert anhand der Gesamtkosten des Arbeitgebers für die Überlassung des Fahrzeugs zu schätzen. Aus den Gesamtkosten dürfen allerdings keine Kosten ausgeschieden werden, bei denen ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist, weil entgeltliche sonstige Leistungen nicht unter Artikel 6 Abs. 2 Buchstabe a, sondern unter Artikel 6 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie fallen. Der so ermittelte Wert ist ein sog. Nettowert, auf den die Umsatzsteuer mit dem allgemeinen Steuersatz aufzuschlagen ist. Treffen die Parteien Aussagen zum Wert der Arbeitsleistungen, so ist dieser Wert als Bemessungsgrundlage für die Überlassung der Fahrzeuge zugrunde zu legen, wenn er die Kosten für die Fahrzeugüberlassung übersteigt.

 4.2.1.3 Besteuerung auf der Grundlage der sog. 1 %-Regelung

Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn für die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage anstelle der Kosten von den lohnsteuerlichen Werten ausgegangen wird. Diese Werte sind dann als Bruttowerte anzusehen, aus denen die Umsatzsteuer herauszurechnen ist (vgl. Abschnitt 12 Abs. 8 UStR ).

Wird danach der lohnsteuerliche Wert der entgeltlichen Fahrzeugüberlassung für Privatfahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mit dem vom Listenpreis abgeleiteten Pauschalwert angesetzt (vgl. R 31 Abs. 9 Nr. 1 LStR 2002 ), kann von diesem Wert auch bei der Umsatzbesteuerung ausgegangen werden. Der umsatzsteuerliche Wert für Familienheimfahrten kann aus Vereinfachungsgründen für jede Fahrt mit 0,002 % des Listenpreises im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Beschäftigungsort angesetzt werden. Der Umsatzsteuer unterliegen die auf die Familienheimfahrten entfallenden Kosten auch dann, wenn ein lohnsteuerlicher Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG nicht anzusetzen ist. Aus dem so ermittelten Betrag ist die Umsatzsteuer herauszurechnen. Ein pauschaler Abschlag von 20 % für nicht mit Vorsteuern belastete Kosten ist in diesen Fällen unzulässig.

 Beispiel 1:

Ein Arbeitnehmer mit einer am 1. Januar 2003 begründeten doppelten Haushaltsführung nutzt einen sog. Firmenwagen mit einem Listenpreis einschließlich USt von 30 000 Euro im gesamten Kalenderjahr 2004 zu Privatfahrten, zu Fahrten zur 10 km entfernten Arbeitsstätte und zu 20 Familienheimfahrten zum 150 km entfernten Wohnsitz der Familie.

Die Umsatzsteuer für die Firmenwagenüberlassung ist nach den lohnsteuerlichen Werten wie folgt zu ermitteln:

a)           für die allgemeine Privatnutzung 1 % von 30 000 Euro × 12 Monate = 3 600,– Euro

b)           für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 0,03 % von 30 000 Euro × 10 km × 12 Monate = 1 080,– Euro

c)            für Familienheimfahrten 0,002 % von 30 000 Euro × 150 km × 20 Fahrten = 1 800,– Euro

 

Der Bruttowert der sonstigen Leistung an den Arbeitnehmer beträgt damit insgesamt 6 480,– Euro.

Die darin enthaltene USt beträgt  16 /  116 von 6 480 Euro = 893,79 Euro.

 4.2.1.4 Besteuerung auf der Grundlage der sog. Fahrtenbuchregelung

Wird bei einer entgeltlichen Fahrzeugüberlassung der lohnsteuerliche private Nutzungswert mit Hilfe eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs anhand der durch Belege nachgewiesenen Gesamtkosten ermittelt (vgl. R 31 Abs. 9 Nr. 2 LStR 2002 ), ist das aufgrund des Fahrtenbuchs ermittelte Nutzungsverhältnis auch bei der Umsatzsteuer zugrunde zu legen.

Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie die Familienheimfahrten aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung werden umsatzsteuerlich den Privatfahrten des Arbeitnehmers zugerechnet. Aus den Gesamtkosten dürfen keine Kosten ausgeschieden werden, bei denen ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist.

 Beispiel 2:

Ein sog. Firmenwagen mit einer Jahresfahrleistung von 20 000 km wird von einem Arbeitnehmer lt. ordnungsgemäß geführtem Fahrtenbuch an 180 Tagen jährlich für Fahrten zur 10 km entfernten Arbeitsstätte benutzt. Die übrigen Privatfahrten des Arbeitnehmers belaufen sich auf insgesamt 3 400 km. Die gesamten Kraftfahrzeugkosten (Nettoaufwendungen einschließlich der auf den nach § 15a UStG maßgeblichen Berichtigungszeitraum verteilten Anschaffungs- oder Herstellungskosten – zur Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vgl. BMF-Schreiben vom 13. April 2004 , BStBl 2004 I S. 468 ) – betragen 9 000 Euro. Von den Privatfahrten des Arbeitnehmers entfallen 3 600 km auf Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (180 Tage × 20 km) und 3 400 km auf sonstige Fahrten. Dies entspricht einer Privatnutzung von insgesamt 35 % (7 000 km von 20 000 km). Für die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage ist von einem Betrag von 35 % von 9 000 Euro = 3 150 Euro auszugehen. Die Umsatzsteuer beträgt 16 % von 3 150 Euro = 504 Euro.

 4.2.2 Unentgeltliche Fahrzeugüberlassung

 4.2.2.1 Merkmale für Unentgeltlichkeit

Von einer unentgeltlichen Überlassung von Fahrzeugen an das Personal im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (vgl. Abschnitt 12 Abs. 2 UStR ) kann ausnahmsweise ausgegangen werden, wenn die vereinbarte private Nutzung des Fahrzeugs derart gering ist, dass sie für die Gehaltsbemessung keine wirtschaftliche Rolle spielt, und nach den objektiven Gegebenheiten eine weitergehende private Nutzungsmöglichkeit ausscheidet (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 1984, BStBl 1984 II S. 808 ). Danach kann Unentgeltlichkeit nur angenommen werden, wenn dem Arbeitnehmer das Fahrzeug aus besonderem Anlass oder zu einem besonderen Zweck nur gelegentlich (von Fall zu Fall) an nicht mehr als fünf Kalendertagen im Kalendermonat für private Zwecke überlassen wird (vgl. Abschnitt I Nr. 3 Buchst. b des BMF-Schreibens vom 28. Mai 1996, BStBl 1996 I S. 654 ).

 4.2.2.2 Besteuerung auf der Grundlage einer Kostenschätzung

Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Fahrzeugüberlassung für den privaten Bedarf des Personals sind die Kosten, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG ).

Aus der Bemessungsgrundlage sind somit die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten auszuscheiden. Der so ermittelte Wert ist ein sog. Nettowert, auf den die Umsatzsteuer mit dem allgemeinen Steuersatz aufzuschlagen ist.

 4.2.2.3 Besteuerung auf der Grundlage von lohnsteuerlichen Werten

Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn für die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage von den lohnsteuerlichen Werten ausgegangen wird. Diese Werte sind dann als Bruttowerte anzusehen, aus denen die Umsatzsteuer herauszurechnen ist (vgl. Abschnitt 12 Abs. 8 UStR ). Falls in diesen Fällen die Nutzung des Fahrzeugs zu Privatfahrten und zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte je Fahrtkilometer mit 0,001 % des inländischen Listenpreises des Fahrzeugs bewertet wird (vgl. Abschnitt I Nr. 3 Buchst. b des BMF-Schreibens vom 28. Mai 1996, BStBl 1996 I S. 654 ), kann für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten ein Abschlag von 20 % vorgenommen werden.

 5. Miete oder Leasing von Fahrzeugen

Die auf die Miete, Mietsonderzahlung, Leasingraten und Unterhaltskosten eines angemieteten oder geleasten Fahrzeugs entfallenden Vorsteuern, welches der Unternehmer sowohl unternehmerisch als auch für nichtunternehmerische Zwecke verwendet, sind grundsätzlich nach dem Verhältnis von unternehmerischer und nichtunternehmerischer Nutzung in einen abziehbaren und einen nichtabziehbaren Anteil aufzuteilen. In diesem Fall entfällt eine Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung. Aus Vereinfachungsgründen kann der Unternehmer jedoch auch den Vorsteuerabzug aus der Miete bzw. den Leasingraten und den Unterhaltskosten in voller Höhe vornehmen und die nichtunternehmerische Nutzung nach den Regelungen in Tz. 2 besteuern.

 6. Zwischen dem 1. April 1999 und dem 31. Dezember 2003 angeschaffte Fahrzeuge

Für den Vorsteuerabzug und die Versteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe gilt unter Bezug auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder für den Zeitraum vom 1. April 1999 bis zum 4. März 2000 und ab 1. Januar 2003 Folgendes:

 6.1 Zwischen dem 1. April 1999 und dem 4. März 2000 angeschaffte Fahrzeuge

Mit Urteil vom 29. April 2004 hat der EuGH in der Rechtssache C-17/01 entschieden, dass die § 15 Abs. 1b UStG zugrunde liegende Ermächtigung des Rates der Europäischen Union vom 28. Februar 2000 (2000/186/EG , ABl EG 2000 Nr. L 59/12) gültig und damit wirksam ist. Dies gilt jedoch nicht für Artikel 3 der Ratsermächtigung, soweit er regelt, dass die Ratsentscheidung rückwirkend ab 1. April 1999 gilt.

Das bedeutet, dass die Ratsermächtigung für den Zeitraum vom 1. April 1999 bis zum 4. März 2000 (Tag der Veröffentlichung der Ratsermächtigung im Amtsblatt der EG ) ungültig ist und damit § 15 Abs. 1b i. V. m. § 27 Abs. 5 UStG insoweit keine EG -rechtliche Grundlage hat.

Für nach dem 31. März 1999 und vor dem 5. März 2000 angeschaffte oder hergestellte Fahrzeuge kann der Unternehmer daher unter direkter Berufung auf die für ihn günstigere Regelung des Art. 17 der 6. EG-Richtlinie den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten in voller Höhe vornehmen. Dies gilt auch für Kfz-Betriebskosten. Der Unternehmer muss die nichtunternehmerische Verwendung gemäß § 3 Abs. 9a UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterwerfen. § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG greift insoweit nicht. Der Unternehmer muss auch nach dem 4. März 2000 eine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG vornehmen.

Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15a UStG für die Zeit nach dem 4. März 2000 ist in analoger Anwendung des § 27 Abs. 5 UStG nicht vorzunehmen. Durch § 27 Abs. 5 UStG sollten Fahrzeuge, die vor dem 1. April 1999 angeschafft oder hergestellt wurden, u. a. von der zum 1. April 1999 normierten Einschränkung des Vorsteuerabzugsrechts und der daraus folgenden Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15a UStG ausgenommen werden. Durch die Entscheidung des EuGH vom 29. April 2004 , a. a. O., wurde das erstmalige richtlinienkonforme In-Kraft-Treten auf den 5. März 2000 verschoben.

 6.2 Unbeschränkter Vorsteuerabzug ab 1. Januar 2003

Die § 15 Abs. 1b UStG zugrunde liegende Ermächtigung des Rates der Europäischen Union vom 28. Februar 2000 (2000/186/EG , ABl EG 2000 Nr. L 59/12) ist nicht über den 31. Dezember 2002 hinaus verlängert worden. Der Unternehmer kann daher für Fahrzeuge, die er zwischen dem 1. Januar 2003 und dem 31. Dezember 2003 angeschafft, hergestellt, eingeführt, innergemeinschaftlich erworben oder gemietet und dem Unternehmen zugeordnet hat, abweichend von § 15 Abs. 1b UStG den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Dabei sind die vorstehenden Grundsätze (Tz. 1 bis 5) anzuwenden. Die Anschaffungskosten fließen ab 1. Juli 2004 entsprechend den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 13. April 2004, BStBl 2004 I S. 468, in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe ein.

Für nach dem 31. März 1999 und vor dem 1. Januar 2003 angeschaffte Fahrzeuge kann der Unternehmer unter Berufung auf Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie abweichend von § 15 Abs. 1b UStG ab 1. Januar 2003 den unbeschränkten Vorsteuerabzug für die laufenden Kosten in Anspruch nehmen.

Für Fahrzeuge, die zwischen dem 5. März 2000 und dem 31. Dezember 2002 angeschafft worden sind, ist ab 1. Januar 2003 für die auf die Anschaffungskosten des Fahrzeuges entfallenden Vorsteuern nur wegen des nunmehr unbeschränkt möglichen Vorsteuerabzuges keine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG vorzunehmen. Jedoch wird es in diesen Fällen nicht beanstandet, wenn der Unternehmer eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus den Anschaffungskosten wegen Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse durchführt. Die nichtunternehmerische Nutzung hat er dann der Besteuerung zu unterwerfen. Dabei fließen die Anschaffungskosten entsprechend den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 13. April 2004, BStBl 2004 I S. 468, in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe ein.

 Beispiel 3:

U hat am 1. Juli 2001 ein Fahrzeug angeschafft, das er zu 70 % unternehmerisch nutzt. Der Kaufpreis betrug 31 250 Euro zzgl. 5 000 Euro Umsatzsteuer. Entsprechend § 15 Abs. 1b UStG hat U 2 500 Euro als Vorsteuer geltend gemacht. Auch aus den laufenden Kosten hat U in den Jahren 2001 und 2002 jeweils 50 % Vorsteuerabzug geltend gemacht. In den Jahren 2001 und 2002 hat U dementsprechend keine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG versteuert. Ab 1. Januar 2003 nimmt U unter Berufung auf Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie aus den laufenden Kosten den unbeschränkten Vorsteuerabzug vor.

U steht wegen der Berufung auf Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie abweichend von § 15 Abs. 1b UStG ab 1. Januar 2003 der volle Vorsteuerabzug aus den laufenden Kosten zu. Daneben hat er ab dem 1. Januar 2003 für den Rest des Berichtigungszeitraums nach § 15a UStG hinsichtlich der Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus den Anschaffungskosten zwei Möglichkeiten:

  • Er unterlässt eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15a UStG . In die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe sind nur 30 % der laufenden Kosten einzubeziehen.
  • U macht von seinem Wahlrecht Gebrauch und nimmt ab 1. Januar 2003 bis zum Ende des Berichtigungszeitraums am 30. Juni 2006 gemäß § 15a UStG eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vor. Für die Jahre 2003, 2004 und 2005 ergibt sich jeweils ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 500 Euro; für das Jahr 2006 ergibt sich ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 250 Euro. In die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe sind neben 30 % der laufenden Kosten auch 30 % von  1 /  5 der Anschaffungskosten (1 875 Euro jährlich) einzubeziehen.

 6.3 Beschränkter Vorsteuerabzug nach Maßgabe des § 15 Abs. 1b UStG

Hat der Unternehmer für Fahrzeuge, die er nach dem 31. März 1999 und vor dem 1. Januar 2004 angeschafft und dem Unternehmen zugeordnet hat, § 15 Abs. 1b UStG angewendet – das ist zwingend für die zwischen dem 5. März 2000 und dem 31. Dezember 2002 angeschafften Fahrzeuge –, ist ab 1. Januar 2004 für die auf die Anschaffungskosten des Fahrzeuges entfallenden Vorsteuern nur wegen des nunmehr unbeschränkt möglichen Vorsteuerabzuges keine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG vorzunehmen, soweit der Berichtigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist. In die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG fließen ab 1. Januar 2004 nur die laufenden vorsteuerbelasteten Unterhaltskosten ein.

Es wird nicht beanstandet, wenn der Unternehmer hinsichtlich der vor dem 1. Januar 2004 angeschafften Fahrzeuge ab 1. Januar 2004 für die auf die Anschaffungskosten des Fahrzeuges entfallenden Vorsteuern eine Berichtigung nach § 15a UStG des bisher vom Abzug ausgeschlossenen Teils zu seinen Gunsten vornimmt und zum Ausgleich die gesamten auf das Fahrzeug entfallenden Kosten als Bemessungsgrundlage der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe (abweichend von § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG ) unterwirft. Dabei fließen die Anschaffungskosten entsprechend den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 13. April 2004, BStBl 2004 I S. 468, in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe ein.

 Beispiel 4:

U hat am 1. Juli 2001 ein Fahrzeug angeschafft, das er zu 70 % unternehmerisch nutzt. Der Kaufpreis betrug 31 250 Euro zzgl. 5 000 Euro Umsatzsteuer. Entsprechend § 15 Abs. 1b UStG hat U 2 500 Euro als Vorsteuer abgezogen. Auch aus den laufenden Kosten hat U in den Jahren 2001 bis 2003 50 % der Vorsteuer abgezogen. In den Jahren 2001 bis 2003 hat U dementsprechend keine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG versteuert. Ab 1. Januar 2004 nimmt U aus den laufenden Kosten den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch.

U steht ab 2004 aus den laufenden Kosten der volle Vorsteuerabzug zu. U hat hinsichtlich der auf die Anschaffungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten:

  • Er unterlässt eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15a UStG . In die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe sind nur 30 % der laufenden Kosten einzubeziehen.
  • U macht von seinem Wahlrecht Gebrauch und nimmt ab 1. Januar 2004 bis zum Ende des Berichtigungszeitraums am 30. Juni 2006 gemäß § 15a UStG eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vor. Für die Jahre 2004 und 2005 ergibt sich jeweils ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 500 Euro; für das Jahr 2006 ergibt sich ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 250 Euro. In die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe sind neben 30 % der laufenden Kosten auch 30 % von  1 /  5 der Anschaffungskosten (1 875 Euro jährlich) einzubeziehen.

 Beispiel 5:

U hat am 1. Juli 2003 ein Fahrzeug angeschafft, das er zu 30 % unternehmerisch nutzt. Der Kaufpreis betrag 31 250 Euro zzgl. 5 000 Euro Umsatzsteuer. Entsprechend § 15 Abs. 1b UStG hat U aus den Anschaffungskosten einen Vorsteuerabzug von 2 500 Euro geltend gemacht. Auch aus den laufenden Kosten hat U im Jahr 2003 entsprechend § 15 Abs. 1b UStG 50  % der Vorsteuern abgezogen. U hat im Jahr 2003 demzufolge keine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG versteuert. Ab 1. Januar 2004 nimmt U aus den laufenden Kosten den vollen Vorsteuerabzug vor.

U steht ab 2004 aus den laufenden Kosten der volle Vorsteuerabzug zu. U hat hinsichtlich der auf die Anschaffungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge zwei Möglichkeiten:

  • U nimmt keine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15a UStG vor. In die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe sind 70 % der laufenden Kosten einzubeziehen.
  • U nimmt ab 1. Januar 2004 bis zum Ende des Berichtigungszeitraums am 30. Juni 2008 eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vor. Für die Jahre 2004 bis 2007 ergibt sich jeweils ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 500 Euro; für das Jahr 2008 ergibt sich ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 250 Euro. In die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe sind jährlich neben 70 % der laufenden vorsteuerbelasteten Kosten auch 70 % von  1 /  5 der Anschaffungskosten (4 375 Euro jährlich) einzubeziehen.

 

Das BMF-Schreiben vom 29. Mai 2000 (BStBl 2000 I S. 819 ) ist auf gemischt genutzte Fahrzeuge anzuwenden, die nach dem 31. März 1999 und vor dem 1. Januar 2004 angeschafft und dem Unternehmen zugeordnet worden sind, und für die die Einschränkung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1b UStG greift. Das gilt insbesondere für zwischen dem 5. März 2000 und dem 31. Dezember 2002 angeschaffte und dem Unternehmen zugeordnete Fahrzeuge.

Wird eine Abfindung bei Selbstständigen auch ermäßigt besteuert?

Kernproblem
Für so genannte außerordentliche Einkünfte sind Steuervergünstigungen zur Einkommensteuer möglich. Am bekanntesten ist hierbei der ermäßigte Steuersatz für Veräußerungs- oder Aufgabegewinne, der einen Vorteil von 44 % auf den ansonsten anzuwendenden Durchschnittssteuersatz bringt. Eher Arbeitnehmern ist die Besteuerung der Abfindungen des Arbeitgebers für den Verlust des Arbeitsplatzes bekannt. Wenn es mit der Entschädigung zu einer „Zusammenballung von Einkünften“ im Zuflussjahr kommt, sollen Progressionsnachteile durch die so genannte Fünftelregelung abgemildert werden. Vereinfacht ausgedrückt wird hierbei die fiktive Einkommensteuerbelastung von 1/5 der Entschädigung ermittelt, um diese dann anschließend mit 5 zu multiplizieren. Dadurch kommt es zu Progressionsvorteilen, wenn man sich nicht ohnehin im Spitzensteuersatz befindet. Erhält ein Selbstständiger eine Abfindung, kann er sich grundsätzlich nicht auf den Progressionsvorteil berufen, denn bei ihm gehört die Abwicklung von Leistungsstörungen zum „Tagesgeschäft“. Ein Rechtsanwalt versuchte es trotzdem.

Sachverhalt
Der Anwalt schloss mit einer GmbH einen langjährigen Rechtsberatungsvertrag, der ihm neben einer Versorgungszusage ein jährliches Beratungshonorar von netto 0,2 % des Planumsatzes der GmbH einbrachte. Nach vorzeitiger Kündigung durch die Gesellschaft einigte man sich vor Gericht auf eine Abfindung von 1,7 Mio. DM. Das Finanzamt verweigerte jedoch die vom Anwalt beantragte Tarifbegünstigung mit der Begründung, die Kündigung eines Beratungsvertrags und der Abschluss eines Vergleichs seien für einen Rechtsanwalt ein normaler und üblicher Geschäftsvorfall. Zudem habe der Anwalt trotz Wegfalls des Beratungsvertrags keine Einnahmeausfälle erlitten. So sah es auch das Finanzgericht, doch die Revision führte die Beteiligten zum Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung
Der BFH sah in der Entschädigung ein besonderes Ereignis, das unabhängig von der Einkunftsart gleichbehandelt werden müsse und eine Tarifbegünstigung hervorrufen könne. Die Besonderheit begründete der BFH mit der rechtlichen, wirtschaftlichen der tatsächlichen Druckposition des Anwalts, die ihn zum Abschluss des Vergleichs veranlasste. Weiter wurde ausgeführt, dass die Entschädigung zwar nicht für den Verlust der einzigen, jedoch (gemessen an der Gesamttätigkeit) wesentlichen Einkunftsquelle geleistet werden müsse. Zudem verlangen die Richter für eine Gleichbehandlung eine arbeitnehmerähnliche Ausgestaltung des Rechtsberatungsvertrags. Dies muss das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang prüfen.

Konsequenz
Entscheidend sind für den BFH u. a. Kriterien wie feste Vergütung und Laufzeit, Kündigungsschutz, Anspruch auf Urlaub, Sozialleistungen und betriebliche Altersvorsorge, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, das Fehlen von Unternehmerrisiko und -initiative sowie Kapitaleinsatz oder die Eingliederung in den Betrieb.

Steuerbegünstigte Zuschüsse zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn

Kernproblem

Das Lohnsteuerrecht macht es Arbeitnehmern nicht einfach, die eigene Steuerlast zu drücken. Entweder sind die entlastenden Regelungen für eine Vielzahl der Arbeitnehmer nicht anwendbar (wie die Steuerfreiheit für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, Belegschaftsrabatte und Kindergartenbeiträge), oder auf geringe Beträge eingeschränkt (z. B. mtl. 40 EUR für Aufmerksamkeiten oder 44 EUR für Sachbezüge). Versucht dann mal ein Arbeitgeber (auch aus Eigeninteresse zur Verminderung von Sozialabgaben), Steuerbefreiungen oder Pauschalierungsmöglichkeiten zu nutzen, so läuft er bei Beanstandungen von Finanzamt oder Rentenversicherung Gefahr, selbst in Haftung zu geraten. Nichtsdestotrotz gibt es Schlupflöcher für Zusatzleistungen, die zu Steuervorteilen führen können. Aber Vorsicht ist geboten, denn diese müssen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden.

Sachverhalt
Eine Steuerberatungsgesellschaft hatte bei einigen Arbeitnehmern die Gehaltsstruktur geändert und Teilbeträge des vorher geschuldeten Gehalts als steuerfreie oder pauschal zu versteuernde Sachbezüge und Leistungen gewährt. Soweit persönliche oder rechtliche Voraussetzungen für Zusatzleistungen entfallen sollten, hatte der Arbeitgeber wiederum entsprechende Zahlungen zu erbringen. Als Zusatzleistungen standen den Arbeitnehmern u. a. monatlich die Überlassung einer Tankkarte (44 EUR), eine Internetpauschale (50 EUR), Kindergartenzuschüsse (100/102 EUR), Zuschüsse für Telekommunikation/Handy (bis 20 EUR), betriebliche Altersvorsorge (25 EUR) und jährlich bis zu 600 EUR für Krankheitskostenzuschüsse zur Wahl. Das Finanzamt verneinte die Voraussetzungen der Steuerfreiheit oder Pauschalierung für Zuschüsse zum Tanken, Internet, Kindergarten und Krankheitskosten. Vor dem Finanzgericht bekamen die Steuerberater nur die Steuerfreiheit der Tankkarte durch und zogen vor den Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung
Die Steuerberater scheiterten mit ihrer Revision, denn die Zusatzleistungen wurden nicht „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gezahlt. Der lohnsteuerlich ohnehin geschuldete Arbeitslohn ist der arbeitsrechtlich geschuldete Lohn, auf den im Zeitpunkt der Zahlung ein verbindlicher Rechtsanspruch besteht. Damit konnten „zusätzlich“ nur freiwillige Arbeitgeberleistungen erbracht werden. Diesen Anforderungen genügte die Barlohnumwandlung von regulär zu besteuerndem Arbeitslohn in steuerfreie oder pauschalierte Zuschüsse nicht.

Konsequenz
Das Urteil gibt Veranlassung zur Überprüfung der eigenen Arbeitsverträge und Lohnbuchhaltung. Das in allen o. g. Fällen vom Gesetz genannte Tatbestandsmerkmal des „zusätzlich geschuldeten Arbeitslohns“ ist auch als solches zu erfüllen, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

 

Lohnsteuer; Zuschüsse zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn

Nach dem BFH-Urteil vom 19. 9. 2012 ist der „ohnehin geschuldete Arbeitslohn” der arbeitsrechtlich geschuldete. „Zusätzlich” zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i. S. der § 3 Nr. 33, § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG werden nur freiwillige Arbeitgeberleistungen erbracht. Nur solche schuldet der Arbeitgeber nicht ohnehin.

Anmerkung:

Im Streitfall hatte der Arbeitgeber die Möglichkeiten der pauschalierten Besteuerung mit Leistungen zu 289 € pro Monat voll ausgeschöpft, sie aber mit einer Barlohnumwandlung verbunden. Dass dies keine Leistungen zum „ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” sein konnten, lag auf der Hand. Nicht ganz so eindeutig wäre zu entscheiden, wenn Arbeitgeber [1]und Arbeitnehmer auf künftige Lohnsteigerungen zugunsten pauschaliert zu versteuernder Zusatzleistungen verzichteten. Das Argument, freiwillige Leistungen würden über kurz oder lang über das arbeitsrechtliche Institut der betrieblichen Übung auch zu ohnehin geschuldetem Arbeitslohn, überzeugt nicht, wenn man davon ausgeht, dass die Beurteilung im Zeitpunkt der Einführung der Leistungen maßgebend ist.

 

Zuschüsse zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn

 Leitsatz

Der „ohnehin geschuldete Arbeitslohn” ist der arbeitsrechtlich geschuldete. „Zusätzlich” zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i.S. der §§ 3 Nr. 33, 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG werden nur freiwillige Arbeitgeberleistungen erbracht. Nur solche schuldet der Arbeitgeber nicht ohnehin.

 Gesetze

EStG § 3 Nr. 33
EStG § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

 Instanzenzug

Niedersächsisches FG vom 16. Juni 2011 11 K 192/10 (EFG 2012, 536 )BFH VI R 54/11

 Gründe

1  I. Streitig ist, ob auf Grund geänderter Arbeitsverträge vereinbarte Zusatzleistungen des Arbeitgebers „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” erbracht wurden.

2  Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Steuerberatungsunternehmen mit etwa 30 Arbeitnehmern. Sie vereinbarte mit diversen Arbeitnehmern, mit Wirkung ab Mitte 2005 die Gehaltsstruktur zu ändern. Künftig wurden danach Teilbeträge des Gehalts als steuerfreie oder nur pauschal zu besteuernde Sachbezüge und Leistungen gewährt. Dazu wurden in § 4 der jeweils neuen Arbeitsverträge die bisherigen Bruttoarbeitslöhne herabgesetzt und um monatliche Zusatzleistungen ergänzt. § 4 Abs. 4 Satz 1 besagt insoweit, dass der Arbeitnehmer monatliche Zusatzleistungen erhält. Soweit persönliche oder rechtliche Voraussetzungen für Zusatzleistungen entfallen sollten, hatte der Arbeitgeber nach § 4 Abs. 4 Satz 3 entsprechende Zahlungen zu erbringen. Als Zusatzleistungen standen den Arbeitnehmern zur Wahl die Überlassung einer Tankkarte (44 €/Monat), eine Internetpauschale (50 €/Monat), Krankheitskostenzuschüsse (maximal 600 €/Jahr, im Erstjahr 300 €), Kindergartenzuschüsse (100 € bzw. 102 €/Monat), Zuschüsse für Telekommunikation/Handy (bis 20 €/Monat) sowie betriebliche Altersvorsorge (25 €/Monat).

3  Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) beurteilte im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung die Zusatzleistungen (Internetpauschale und Kindergartenzuschüsse) jeweils als nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht und verneinte auch die Voraussetzungen einer Steuerfreiheit für die Krankheitskostenzuschüsse und die Sachzuwendungen (Tankkarten). Das FA nahm dementsprechend die Klägerin als Arbeitgeber durch Haftungs- und Festsetzungsbescheid für die Zeiträume 2005 bis 2007 gemäß § 42d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch.

4  Die Klage war nur teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) hob aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 556 veröffentlichten Gründen den streitigen Haftungs- und Festsetzungsbescheid über Lohnsteuer auf Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden Senats vom 11. November 2010 VI R 26/08 (BFH/NV 2011, 589 ) und VI R 27/09 (BFHE 232, 56 , BStBl II 2011, 386) insoweit auf, als die Zusatzleistungen für die Verwendung von Tankkarten besteuert worden waren. Im Übrigen wies es die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die anderen Zusatzleistungen nicht, wie gesetzlich im Einzelnen vorausgesetzt, zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht worden seien, weil auch auf diese Zusatzleistungen jeweils ein arbeitsvertraglicher Anspruch bestanden habe. Die Voraussetzungen für eine seitens der Finanzverwaltung aus Billigkeitsgründen gewährte Steuerfreiheit der Krankheitskostenzuschüsse hätten ebenfalls nicht vorgelegen.

5  Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

6  Sie beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen FG vom 16. Juni 2011 11 K 192/10 sowie den Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer vom 30. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. April 2010 in der geänderten Fassung vom 21. Juli 2011 ersatzlos aufzuheben.

7  Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8  II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ). Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Haftungstatbestand des § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG hinsichtlich der den Arbeitnehmern der Klägerin gewährten und im Revisionsverfahren noch streitigen Zuschüsse erfüllt ist. Denn danach haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat. Dieser Verpflichtung kam die Klägerin bei den hier noch streitigen Zusatzleistungen nicht nach. Denn die Voraussetzungen einer pauschalierten Besteuerung der Zuschüsse des Arbeitgebers zu Aufwendungen des Arbeitnehmers für den Internetzugang und die Internetnutzung (Internetpauschale) nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG sowie einer Steuerbefreiung der Kindergartenzuschüsse nach § 3 Nr. 33 EStG liegen nicht vor. Weiter hat das FG zutreffend entschieden, dass das FA auch nicht verpflichtet war, aus Billigkeitsgründen die Krankheitskostenzuschüsse steuerfrei zu stellen.

9  1. Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % u.a. für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn unentgeltlich oder verbilligt übereignete Personalcomputer sowie Zubehör und Internetzugang erheben. Entsprechendes gilt für Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Internetnutzung gezahlt werden.

10  a) Der erkennende Senat hatte schon mit Urteil vom 1. Oktober 2009 VI R 41/07 (BFHE 227, 40 , BStBl II 2010, 487, m.w.N.) zu § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG entschieden, dass Fahrtkostenzuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte dann „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” geleistet werden, wenn sie zu den Lohnzahlungen hinzukommen, die entweder durch Vereinbarung oder etwa durch eine dauernde Übung arbeitsrechtlich geschuldet sind. Denn der „ohnehin geschuldete Arbeitslohn” ist der lohnsteuerrechtlich erhebliche Vorteil, der entweder durch Vereinbarung oder etwa durch eine dauernde Übung arbeitsrechtlich geschuldet ist; das ist der Arbeitslohn, auf den zumindest im Zeitpunkt der Zahlung ein verbindlicher Rechtsanspruch besteht (Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— in BFHE 227, 40 , BStBl II 2010, 487, mit Hinweis auf Senatsurteile vom 15. Mai 1998 VI R 127/97 , BFHE 186, 224 , BStBl II 1998, 518, steuerfreier Zinszuschuss; vom 31. Oktober 1986 VI R 52/81, BFHE 148, 54 , BStBl II 1987, 139; vom 12. März 1993 VI R 71/92, BFHE 171, 67 , BStBl II 1993, 521, steuerfreie Jubiläumszuwendung). Wenn davon das Gesetz Leistungen unterscheidet, die „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” erbracht werden, wie etwa in den §§ 3 Nr. 33, § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 oder § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG , können derartige Leistungen dann nur noch freiwillige Arbeitgeberleistungen sein, also solche, auf die der Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen Anspruch hat. Denn nur solche schuldet der Arbeitgeber nicht ohnehin.

11  Anlässlich des Falles einer Barlohnumwandlung in ermäßigt besteuerte Fahrtkostenzuschüsse (Urteil in BFHE 227, 40 , BStBl II 2010, 487) hatte der Senat das in § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG normierte Tatbestandsmerkmal des ohnehin geschuldeten Arbeitslohns dahingehend ausgelegt, dass damit der Gesetzgeber auf anerkannte zivil- und arbeitsrechtliche Grundsätze zurückgreife und so für diesen Lohnbegriff ein hinreichend sicher feststellbares Abgrenzungsmerkmal biete. An dieser nach der arbeitsrechtlichen Anspruchsgrundlage differenzierenden Auslegung hält der erkennende Senat fest. Sie gilt auch für die Unterscheidung zwischen ohnehin geschuldetem Arbeitslohn und zusätzlich dazu erbrachten Leistungen. Auch für diese Zusatzleistungen ist deren tatsächlicher Rechtsgrund entscheidend, nämlich ob der Arbeitgeber diese Leistungen zusätzlich erbringt, ohne dazu verpflichtet zu sein, oder ob er sie auf eine tatsächliche arbeitsrechtliche Verpflichtung hin leistet. Unerheblich bleibt dagegen auch hier der hypothetische Umstand, ob der Arbeitgeber die Leistungen auch ohne eine solche Verpflichtung erbracht hätte (BFH-Urteil in BFHE 227, 40 , BStBl II 2010, 487).

12  b) Der Gesetzgeber verwendet ersichtlich das Tatbestandsmerkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn”, um Steuervergünstigungen und Steuerbefreiungen auf solche Zusatzleistungen zu beschränken, zu denen der Arbeitgeber nicht ohnehin verpflichtet ist.

13  Schon seit der Änderung des § 3 Nr. 33 EStG durch das Standortsicherungsgesetz vom 13. September 1993 (BGBl I 1993, 1569 ) sind die Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen nach § 3 Nr. 33 EStG nur steuerfrei, soweit diese „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” erbracht werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte die Steuerfreiheit eingeschränkt werden und nur für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen gelten, um zu verhindern, dass regulär besteuerter Arbeitslohn in steuerfreie Zuschüsse umgewandelt wird (BTDrucks 12/5016, S. 85).

14  In gleicher Weise verfuhr der Gesetzgeber im Rahmen des Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310 ). Die dort in § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG eingefügte Voraussetzung einer Lohnsteuerpauschalierung für zusätzliche Fahrtkostenzuschüsse des Arbeitgebers wurde ebenfalls auf die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistungen beschränkt, um auch in diesen Fällen die Umwandlung von Arbeitslohn in pauschal besteuerte Leistungen auszuschließen (BTDrucks 12/5764, S. 22).

15  Die seit dem Gesetz vom 21. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1857 ) in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG normierte Voraussetzung der Zusätzlichkeit sollte eine Zuwendung zu dem Arbeitslohn ebenfalls nur begünstigen, wenn sie zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber schuldet, wenn keine Zuwendung erfolgt (BTDrucks 14/4921, S. 50 f.).

16  Angesichts dessen folgt der Senat nicht der Auffassung der Klägerin, dass das Tatbestandsmerkmal des ohnehin geschuldeten Arbeitslohns i.S. der §§ 3 Nr. 33, 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG von vornherein keine Zusatzleistungen erfasse und deshalb arbeitsrechtlich geschuldete Zusatzleistungen nicht einbeziehe. Ein derartiges Verständnis ließe sich weder mit dem Wortlaut der Vorschriften noch deren Ziel vereinbaren. Vielmehr sind ohnehin geschuldete Leistungen, unter welcher Bezeichnung auch immer erbracht, nicht in die Begünstigung einbezogen. Schließlich liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass insoweit lediglich eine sprachliche Ungenauigkeit oder ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers vorliegen und mit dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn etwa nur der reine Barlohn oder Grundlohn gemeint sein könnte. Denn das Tatbestandsmerkmal wurde, wie oben ausgeführt, gerade deshalb normiert, um eine Umwandlung von Barlohn in begünstigte Zusatzleistungen zu verhindern. Im Übrigen unterscheidet das Gesetz durchaus bewusst zwischen Grundlohn und Zuschlägen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 2010 VI R 50/09 , BFHE 230, 150 , BStBl II 2011, 43) sowie zwischen Barlohn und Sachlohn (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG ).

17  Deshalb ändert an diesem Ergebnis auch die grundsätzlich zutreffende Einwendung der Klägerin nichts, dass damit letztlich auch freiwillige Leistungen über das arbeitsrechtliche Institut der betrieblichen Übung zu ohnehin geschuldetem Arbeitslohn werden können und daher der Anwendungsbereich der Pauschalierungs- und Begünstigungsnormen eingeschränkt ist. Hier Änderungen vorzunehmen ist Aufgabe des Gesetzgebers.

18  c) Aus den vorgenannten Gründen sind die nach § 3 Nr. 33 EStG zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen ebenfalls nur steuerfrei, wenn der Arbeitgeber sie erbringt, ohne dass die Arbeitnehmer darauf einen Anspruch haben.

19  2. Nach Maßgabe der vorstehenden Rechtsgrundsätze hat das FG zu Recht die Klage gegen den Haftungsbescheid hinsichtlich der Lohnsteuer für die Internetpauschale, die Kindergartenzuschüsse sowie die Krankheitskostenzuschüsse abgewiesen.

20  a) Die Leistungen der Klägerin in Form der Internetpauschale erfüllen ebenso wenig wie ihre als Kindergartenzuschüsse erbrachten Leistungen die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG sowie des § 3 Nr. 33 EStG . Denn die Arbeitnehmer hatten auf diese Zusatzleistungen einen vertraglichen Anspruch nach § 4 Abs. 4 der mit Wirkung ab 1. Juli 2005 geltenden Arbeitsverträge. Zutreffend hat das FG auch ergänzend § 4 Abs. 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages herangezogen, nach dem bei Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich der Zusatzleistungen der Arbeitgeber jedenfalls eine entsprechende Zahlung zu erbringen hat.

21  b) Das FG hat ebenfalls zutreffend einen Anspruch auf Steuerbefreiung für die von der Klägerin erbrachten Krankheitskostenzuschüsse mit der Begründung verneint, dass eine gesetzliche Steuerbefreiung nicht besteht und die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung aus Billigkeitsgründen nach Maßgabe der Lohnsteuer-Richtlinien —LStR— (R 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LStR 2005 ; jetzt R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LStR 2011 ) mangels einer Überweisung der für die Unterstützungen zur Verfügung gestellten Beträge nicht vorliegen. Dagegen kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass die in den Billigkeitsrichtlinien gewählte Formulierung, die Mittel seien zu überweisen, in einer weiten Auslegung auch ein „Zurverfügungstellen” umfasse. Denn die inhaltliche Ausformung von Billigkeitstatbeständen, die den Bereich der Steuerfreiheit weiter fassen als die gesetzlich normierten Tatbestände, ist grundsätzlich der Finanzverwaltung überlassen. Wenn die Finanzverwaltung daher in R 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LStR 2005 (jetzt R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LStR 2011 ) eine Überweisung in dem von der Klägerin verstandenen Sinne fordert, ist für die Auslegung dieser ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift maßgebend, wie die Verwaltung sie versteht und verstanden wissen will. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich in diesen Fällen darauf, ob die Auslegung durch die Behörde möglich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 V R 35/03 , BFHE 208, 398 , BStBl II 2005, 460).

22  Die Klägerin kann sich auch nicht auf R 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LStR 2005 (jetzt R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LStR 2011 ) berufen, um hieraus einen Anspruch auf Steuerbefreiung für die Krankheitskostenzuschüsse aufgrund der dort enthaltenen Billigkeitsregelung abzuleiten. Denn wenn die Klägerin insoweit mit der Revision vorbringt, dass sie der gewählten Arbeitnehmervertreterin einen Gesamtbetrag in bar übergeben habe, um daraus die Zuschüsse zu gewähren, weist das FA zutreffend darauf hin, dass dies so vom FG nicht festgestellt worden ist.

23  c) Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf die im streitigen Zeitraum anwendbaren Lohnsteuer-Richtlinien berufen, nach denen es unerheblich war, ob die zusätzliche Leistung ihrerseits vom Arbeitgeber geschuldet oder freiwillig gewährt wurde (R 21c Satz 7 LStR 2005 ). Denn auch danach lag keine zusätzliche Leistung vor, wenn eine zweckbestimmte Leistung unter Anrechnung auf den vereinbarten Arbeitslohn oder durch Umwandlung des vereinbarten Arbeitslohns gewährt wurde (R 21c Satz 4 LStR 2005 ). Davon war im Streitfall auszugehen, nachdem die bisherigen Bruttoarbeitslöhne in den Arbeitsverträgen jeweils herabgesetzt und dafür um monatliche Zusatzleistungen ergänzt worden waren. Auf die Frage, ob der Haftungsbescheid ermessensfehlerhaft wäre, wenn er entgegen einer in den Lohnsteuer-Richtlinien geäußerten Rechtsauffassung oder enthaltenen Billigkeitsregelung ergangen wäre, kommt es daher nicht an.

24  Die Klägerin kann sich weiter für ihre Rechtsauffassung auch nicht auf die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit und das dazu ergangene Senatsurteil berufen (Urteil in BFHE 230, 150 , BStBl II 2011, 43). Denn dort sind arbeitsrechtlich geschuldete Zuschläge vom arbeitsrechtlich geschuldeten Grundlohn abzugrenzen; das ist nach § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht. Dem stehen die Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gegenüber, die im Übrigen auch nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte zu diesen Zeiten geleistete Tätigkeit sein dürfen (BFH-Urteil in BFHE 230, 150 , BStBl II 2011, 43).

 

Zuschüsse zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn; Erholungsbeihilfen

 Leitsatz

1. Der „ohnehin geschuldete Arbeitslohn” ist der arbeitsrechtlich geschuldete. „Zusätzlich” zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i.S. des § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG werden nur freiwillig geleistete Fahrtkostenzuschüsse erbracht.

2. Die Sicherstellung der Verwendung von Erholungsbeihilfen des Arbeitgebers durch die Arbeitnehmer zu deren Erholungszwecken nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG setzt jedenfalls voraus, dass der Arbeitgeber über die Verwendung der Mittel Kenntnis hat.

 Gesetze

EStG § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
EStG § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
EStG § 40 Abs. 2 Satz 2
EStG § 3 Nr. 33
EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

 Instanzenzug

Niedersächsisches FG vom 16. Juni 2011 11 K 81/10 (EFG 2012, 213 )BFH VI R 55/11

 Gründe

1  I. Streitig ist, ob auf Grund geänderter Arbeitsverträge vereinbarte Zusatzleistungen des Arbeitgebers „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” erbracht wurden.

2  Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Ingenieurbüro und beschäftigt rund 40 Arbeitnehmer. Sie vereinbarte im April 2006 mit einigen ihrer Arbeitnehmer neue Arbeitsverträge. Danach waren ab Mai 2006 als Arbeitslohn neben der Zahlung eines Bruttogehalts monatliche Zusatzleistungen in § 5 Abs. 1 der jeweils neuen Arbeitsverträge vereinbart; weiter bestimmte deren § 5 Abs. 2, dass bei Wegfall der persönlichen oder gesetzlichen Voraussetzungen der nach § 5 Abs. 1 gewährten Zusatzleistungen der Arbeitgeber eine entsprechende Zusatzleistung zu zahlen hatte, bei der die persönlichen und gesetzlichen Voraussetzungen der Arbeitnehmer erfüllt sind. Sollte auch dies nicht möglich sein, war nach § 5 Abs. 3 die im April 2006 gewährte Vergütung zu zahlen. Letzteres galt nach § 5 Abs. 4 auch dann, wenn die Arbeitnehmer die gewährten Zusatzleistungen des Abs. 1 nicht mehr wünschten. Zusatzleistungen waren eine Internetpauschale von 50 €/Monat sowie Erholungsbeihilfen von 156 €/Jahr für den Arbeitnehmer, 104 €/Jahr für dessen Ehegatten sowie 52 €/Jahr pro Kind des Arbeitnehmers. Bei einigen Arbeitnehmern waren auch Zuschüsse zu deren Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Kindergartenzuschüsse vereinbart. Schließlich hatte die Klägerin auch Sachbezüge in Form von Gutscheins-, Waren- und Dienstleistungen in Höhe von 44 €/Monat zugesagt; hierzu hatten die Arbeitnehmer vor Beginn eines jeden Bezugsjahrs zu bestimmen, welche Art von Sachleistungen sie wünschten, etwa den Bezug von Waren und Dienstleistungen einer bestimmten Tankstelle.

3  Die Klägerin versteuerte die als Zusatzleistung gewährte Internetpauschale nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG ) sowie die Erholungsbeihilfen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG jeweils mit einem Pauschsteuersatz von 25 %; die Fahrtkostenzuschüsse unterwarf sie dem Pauschsteuersatz von 15 % nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG . Die Kindergartenzuschüsse behandelte die Klägerin als nach § 3 Nr. 33 EStG steuerfreien Arbeitslohn und den vereinbarten „Sachbezug” von 44 €/Monat als nicht lohnsteuerpflichtig, weil die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG nicht überschritten war.

4  Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) vertrat im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung dagegen die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Pauschalversteuerung und einer Steuerbefreiung nicht vorlägen und nahm nach § 42d EStG die Klägerin als Arbeitgeberin in Haftung.

5  Die dagegen erhobene Klage war aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 213 veröffentlichten Gründen nur teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) hob den streitigen Haftungsbescheid auf Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden Senats vom 11. November 2010 VI R 26/08 (BFH/NV 2011, 589 ) und VI R 27/09 (BFHE 232, 56 , BStBl II 2011, 386) insoweit auf, als die Zusatzleistungen für die Verwendung von Tankkarten besteuert worden waren. Im Übrigen wies es die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die übrigen Zusatzleistungen nicht, wie von den gesetzlichen Vorschriften im Einzelnen vorausgesetzt, zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht würden, weil auch auf diese Zusatzleistungen jeweils ein arbeitsvertraglicher Anspruch bestanden habe. Die Erholungsbeihilfen habe die Klägerin voraussetzungslos monatlich ausbezahlt, so dass entgegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Verwendung dieser Geldmittel zu Erholungszwecken nicht sichergestellt gewesen sei. Die am Jahresende von den Arbeitnehmern der Klägerin vordruckmäßig jeweils abgegebene Erklärung, die erhaltenen Beihilfen für Erholungszwecke verwendet zu haben, entspreche nicht der durch das Gesetz geforderten Sicherstellung der Verwendung; insbesondere hätten die Arbeitnehmer nicht belegt, zu welchem Zweck die Beträge jeweils verwendet worden seien.

6  Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

7  Sie beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen FG vom 16. Juni 2011 11 K 81/10 dahingehend abzuändern, dass der im Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge vom 6. Mai 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2010 ausgewiesene Haftungsbetrag auf 2.046 € (zuzüglich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) herabgesetzt wird.

8  Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9  II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ). Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Haftungstatbestand des § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG hinsichtlich der den Arbeitnehmern der Klägerin gewährten und im Revisionsverfahren noch streitigen Zuschüsse erfüllt ist. Denn danach haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat. Dieser Verpflichtung kam die Klägerin bei den hier noch streitigen Zusatzleistungen nicht nach. Denn die Voraussetzungen einer pauschalierten Besteuerung der Zuschüsse des Arbeitgebers zu Aufwendungen des Arbeitnehmers für den Internetzugang und die Internetnutzung (Internetpauschale) nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG , für Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Fahrtkostenzuschüsse) nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG und für Erholungsbeihilfen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG sowie die einer Steuerbefreiung der Kindergartenzuschüsse nach § 3 Nr. 33 EStG liegen nicht vor.

10  1. Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % u.a. für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn unentgeltlich oder verbilligt übereignete Personalcomputer sowie Zubehör und Internetzugang erheben. Entsprechendes gilt für Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Internetnutzung gezahlt werden.

11  a) Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Zusatzleistungen sind nur solche, die der Arbeitgeber erbringt, ohne dass darauf der Arbeitnehmer einen Anspruch hat; zur weiteren Begründung wird insoweit auf das Senatsurteil vom 19. September 2012 VI R 54/11 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) Bezug genommen. Dort hatte der Senat zu den Tatbeständen des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG (Internetpauschale) und § 3 Nr. 33 EStG (Kindergartenzuschüsse) entschieden. Entsprechendes gilt für die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleisteten Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG . Auch für diese Zuschüsse kommt eine Pauschalbesteuerung nur in Betracht, soweit die Zuschüsse freiwillig geleistet werden und nicht schon Teil des ohnehin geschuldeten Arbeitslohns sind.

12  b) Das FG hat nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze zutreffend entschieden, dass die Arbeitnehmer der Klägerin sämtliche hier streitigen Zusatzleistungen nach § 5 des Arbeitsvertrags in der ab 1. Mai 2006 geltenden Fassung beanspruchen konnten, die Zusatzleistungen also Teil des geschuldeten Arbeitslohns waren und mithin nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wurden.

13  c) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die in den Streitjahren anwendbaren Lohnsteuer-Richtlinien (LStR ) berufen, nach denen es unerheblich war, ob die zusätzliche Leistung ihrerseits vom Arbeitgeber geschuldet oder freiwillig gewährt wurde (R 21c Satz 7 LStR 2005 ). Denn auch danach lag keine zusätzliche Leistung vor, wenn eine zweckbestimmte Leistung unter Anrechnung auf den vereinbarten Arbeitslohn oder durch Umwandlung des vereinbarten Arbeitslohns gewährt wurde (R 21c Satz 4 LStR 2005 ). Davon war im Streitfall auszugehen, nachdem die bisherigen Bruttoarbeitslöhne in den Arbeitsverträgen jeweils herabgesetzt und dafür um monatliche Zusatzleistungen ergänzt worden waren. Auf die Frage, ob der Haftungsbescheid ermessensfehlerhaft wäre, wenn er entgegen einer in den Lohnsteuer-Richtlinien geäußerten Rechtsansicht ergangen wäre, kommt es daher nicht an.

14  2. Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, soweit er Erholungsbeihilfen gewährt, wenn diese bestimmte Jahresbeträge nicht übersteigen und der Arbeitgeber sicherstellt, dass die Beihilfen zu Erholungszwecken verwendet werden. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG fordert damit nicht nur einen ganz bestimmten Verwendungszweck der insoweit gewährten Leistungen, nämlich die Mittelverwendung für Zwecke der Erholung, sondern auch eine Überprüfung durch den Arbeitgeber, dass seine Arbeitnehmer diese als Erholungsbeihilfen gewährten Leistungen tatsächlich zu diesem Zweck verwenden.

15  a) Gemessen daran hat das FG aus revisionsrechtlicher Sicht rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Voraussetzungen der Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht vorliegen, weil die Klägerin als Arbeitgeberin nicht sichergestellt hatte, dass die Beihilfen tatsächlich zu Erholungszwecken verwendet wurden.

16  aa) § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG bestimmt nicht ausdrücklich, unter welchen Voraussetzungen der Verwendungszweck der Zuwendungen durch den Arbeitgeber hinreichend sichergestellt ist (so bereits FG Köln, Urteil vom 4. Juni 1996 7 K 4967/93 , EFG 1997, 110 , das die Norm insgesamt als anachronistische Subventionsvorschrift bezeichnete).

17  Wenn allerdings das Gesetz fordert, dass die Arbeitgeberleistungen nicht nur bestimmten Zwecken dienen sollen, sondern der Arbeitgeber auch sicherzustellen hat, dass sie zu Erholungszwecken verwendet werden, dann genügen jedenfalls Vermutungen über die Mittelverwendung nicht. Das tatbestandlich vorausgesetzte „sicherstellen” ist schon nach seinem Wortsinn deutlich enger und stellt strengere Anforderungen als eine bloße Vermutung oder gar ein allein vom Arbeitgeber bestimmter, aber nicht weiter objektivierter Verwendungszweck.

18  bb) Auf Grundlage der hier vom FG getroffenen Feststellungen, nach denen die Leistungen für die Erholungsbeihilfen von der Klägerin als Arbeitgeberin durchlaufend monatlich als pauschale Zahlung erbracht worden waren, kann jedenfalls von einer Sicherstellung des Verwendungszwecks durch den Arbeitgeber nicht ausgegangen werden. Unzureichend ist, wenn die Arbeitnehmer, wie im Streitfall, den jeweiligen Zweck, zu dem sie die erhaltenen Beträge verwendet haben, nicht angeben. Denn damit ist ein Mindestmaß an Vergewisserung über den Verwendungszweck nicht in der Weise gewährleistet, dass der Arbeitgeber selbst auf Grund der Erklärungen der Arbeitnehmer entscheiden kann, ob die Mittel tatsächlich zu Erholungszwecken verwendet worden waren. Deshalb genügt auch entgegen der Auffassung der Klägerin jedenfalls keine —wenn auch plausible— Vermutung, wonach die zugewendeten Geldbeträge typischerweise die für Freizeitveranstaltungen und Urlaube jährlich getätigten Ausgaben nicht überschreiten. Denn sichergestellt ist die Mittelverwendung damit nicht.

19  b) Angesichts dessen kann der Senat im hier vorliegenden Streitfall auch dahinstehen lassen, inwieweit die von der Finanzverwaltung zu Grunde gelegten Vereinfachungsregelungen, die etwa von einer hinreichenden Sicherstellung von Beihilfezahlungen für Erholungszwecke ausgehen, wenn die Zahlungen in zeitlicher Nähe zur Urlaubszeit erfolgen, den gesetzlichen Anforderungen genügen.

Übergang Einnahme-Überschussrechnung zum Bestandsvergleich

Gewinnermittlung: Übergang Einnahme-Überschussrechnung zum Bestandsvergleich

Leitsatz

Rechtsgrundlage der Gewinnkorrekturen beim Übergang zum Bestandsvergleich ist der Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 EStG , der es erfordert, den Steuerpflichtigen so zu stellen, als hätte er von Anfang an bilanziert.

Gesetze

AO § 141 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 1

Tatbestand:

Es ist zu entscheiden, ob die Verteilung des Gewinns, der bei dem Übergang von der Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ) zu der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) wegen Überschreitens der Gewinngrenze des § 141 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) entstanden ist, auf drei Jahre aufzuheben ist, wenn der Einzelunternehmer seinen Betrieb in eine neugegründete Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) zu Buchwerten einbringt (§ 24 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) ).

Der Kläger (Kl.) betrieb bis zum 31.12. des Streitjahres 2004 ein Einzelunternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von Nahrungsergänzungsfuttermitteln, insbesondere für Schweine. Zum 01.01.2005 brachte er sein Unternehmen zu Buchwerten in die N GbR ein. Er hielt einen Anteil i. H. v. 95 v. H. und seine Ehefrau einen unentgeltlich erlangten Anteil i. H. v. 5 v. H. an der Gesellschaft.

Wegen Überschreitens der Gewinngrenze nach § 141 Abs. 1 AO ermittelte er ab dem 01.01. des Streitjahres 2004 seinen gewerblichen Gewinn nicht mehr durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) sondern durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) . In seinen Einkommensteuer- (ESt.) und Gewerbesteuer- (GewSt.) Erklärungen für 2004 errechnete er einen Übergangsgewinn i. H. v. 41.377,75 EUR, den er beantragte, zu 1/3, d. h. i. H. v. 13.792 EUR, seinem laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen. Der Beklagte (Bekl.) – das Finanzamt (FA) – berücksichtigte den Gewinn des Kl. aus Gewerbebetrieb i. H. v. 63.227 EUR erklärungsgemäß in dem ESt-Bescheid für 2004 vom 20.04.2006 und in dem GewSt-Messbescheid für 2004. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) .

Im Rahmen einer Betriebsprüfung (Bp) bei dem Kl. für die Jahre 2002 bis 2004 vertrat der Prüfer die Ansicht, dass der Übergangsgewinn über den Zeitpunkt der Betriebsbeendigung zum 31.12.2004 bzw. der Einbringung zum 01.01.2005 hinaus nicht verteilt werden könne (BFH, Urteil vom 13.09.2001 – IV R 13/01 – BStBl. II 2002, 287 ). Die Bp ermittelte einen Übergangsgewinn i. H. v. 39.892,45 EUR und erfasste ihn in voller Höhe im Streitjahr (wegen der Einzelheiten s. Textziffer 2.4 des Bp-Berichts vom 16.10.2006).

Der Bekl. folgte der Ansicht der Bp. Er erfasste in den jeweils nach § 164 Abs. 2 AO geänderten ESt- und GewSt-Messbescheiden für 2004 jeweils vom 30.10.2006 den Übergangsgewinn des Kl. in voller Höhe. Der Bekl. hob jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Die Einsprüche blieben erfolglos.

Im Klageverfahren verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Er ist der Ansicht, dass im Streitfall – anders als im Fall des BFH, in BStBl. II 2002, 287 – die Gewinnballung aufgrund des Überschreitens der Gewinngrenze des § 141 Abs. 1 AO zum 01.01.2004 ohne seinen Willen geschehen sei. Deshalb sei eine Billigkeitsmaßnahme, d. h. die Verteilung des Übergangsgewinns i. H. v. 39.892 EUR auf drei Jahre, geboten (BFH, Urteil vom 07.12.1971 – VIII R 22/67 – BStBl. II 1972, 338 ; Schmidt/Heinicke, EStG , 26. Auflage 2007 § 4 Rdz. 669).

Der Kl. beantragt,

unter Aufhebung der ESt- und GewSt-Messbescheide für 2004 jeweils vom 30.10.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung (EE) vom 14.02.2007 seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb um 26.595 EUR, d. h. 2/3 des Übergangsgewinns, auf 59.122 EUR herabzusetzen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass bei der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft zu Buchwerten der Übergangsgewinn nicht verteilt werden könne (BFH, in BStBl. II 2002, 287 ).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Steuerakte verwiesen.

Der Berichterstatter hat die Sache am 12.11.2007 erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Bekl. hat es zu Unrecht abgelehnt, den Gewinn des Kl. aus Gewerbebetrieb um 2/3 seines Gewinns aus dem Übergang von der Einnahmen-Überschussrechnung zum Bestandsvergleich wegen Überschreitens der Gewinngrenze nach § 141 Abs. 1 AO zum 01.01.2004 i. H. v. 26.595 EUR (= 2/3 von 39.892,45 EUR) in den angefochtenen ESt- und GewSt-Messbescheiden für 2004 zu mindern.

Geht ein Steuerpflichtiger von der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG über, so erfordert der Wechsel vom Zu- und Abflussprinzip zum Realisationsprinzip die Vornahme von Zu- und Abrechnungen, damit sich Geschäftsvorfälle nicht doppelt oder (andererseits) überhaupt nicht auswirken (stdg. Rspr.; u. a. BFH in BStBl. II 2002, 287 , 288 m. w. N.).

Rechtsgrundlage der Gewinnkorrekturen beim Übergang zum Bestandsvergleich ist der Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 EStG , der es erfordert, den Steuerpflichtigen so zu stellen, als hätte er von Anfang an bilanziert. Der Übergang zum Bestandsvergleich dient daher nicht nur der Ermittlung eines Veräußerungs- oder Einbringungsgewinns, sondern bezweckt auch eine dem Gewinnbegriff des EStG entsprechende Erfassung des laufenden Gewinns. Die sich daraus ergebenden Gewinnerhöhungen entsprechend dem Gesetzesplan, der Billigkeitsregelungen allenfalls rechtfertigen kann, wenn ein solcher Wechsel der Gewinnermittlungsart zwingend, d. h. aufgrund gesetzlicher Vorschriften, wie etwa des Eintritts in die Buchführungspflicht, vorzunehmen ist. R 4.6 Abs. 1 Satz 4 Einkommensteuerhandbuch (EStH ) 2005 geht insoweit darüber hinaus, als sie eine Billigkeitsverteilung der Gewinnhinzurechnungen auf zwei oder drei Jahre auch für den Fall eines freiwilligen Übergangs zum Bestandsvergleich zulässt, für den weder eine sachliche noch eine persönliche Härte zu bejahen ist (BFH, in BStBl. II 2002, 287 , 288).

Im Streitfall bedurfte es – anders als in dem dem BFH-Urteil in BStBl. II 2002, 287 zugrunde liegenden Sachverhalt – eines Übergangs zum Bestandsvergleich zum 01.01.2004, weil der Gewinn des Kl. aus Gewerbebetrieb die Grenze des § 141 Abs. 1 AO überschritten hatte. Zwar ist die mitunternehmerisch tätige GbR als Personengesellschaft ein eigenständiges Subjekt der Gewinnerzielung, der Gewinnermittlung und der Einkunftsart, die von dem einzelnen Gesellschafter als Subjekt der ESt. nach § 1 EStG zu unterscheiden ist (stdg. Rspr.; u. a. BFH Urteil vom 07.03.1996 – IV R 2/92 – BStBl. II 1996, 369 ), und ist die GbR persönlich (subjektiv) gewerbesteuerpflichtig (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Gewerbesteuergesetz (GewStG) ), so dass die Billigkeitsmaßnahme im Streitfall, in dem der Kl. sein Einzelunternehmen zum 01.01.2005 zu Buchwerten in die N GbR eingebracht hatte, ab dem 01.01.2005 nicht gerechtfertigt wäre, weil die infolge des Wechsels der Gewinnermittlungsart veranlasste Gewinnkorrektur die Existenz eines fortbestehenden Betriebs nicht gefährdet (vgl. BFH, in BStBl. II 2002, 287 , 288). Diese Betrachtung übersieht aber im Fall der Einbringung zu Buchwerten, dass in der ESt. die einzelnen Gesellschafter, nicht aber die GbR Unternehmer sind (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) , (stdg. Rspr.; BFH, Beschluss vom 12.06.1996 – IV B 133/95 – BStBl. II 1997, 82 ) und dass in der GewSt. ebenfalls die einzelnen Gesellschafter als (Mit)Unternehmer der GbR sachlich (objektiv) gewerbesteuerpflichtig sind. Durch die Verweisung in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auf § 15 EStG hat die GewSt. die Wertung der ESt. übernommen (stdg. Rspr.; BFH, in BStBl. II 1997, 82 ).

Die sich hieraus ergebenden Änderungen der angefochtenen Bescheide werden dem Bekl. übertragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO ).

FG Münster  v. 28.11.2007 – 12 K 1084/07

Freiberufler/ Gewerbetreibende: EDV-Organisators

Freiberufler/Gewerbetreibende: Gewerblichkeit der Tätigkeit eines bilanzierenden, selbständigen „EDV-Organisators”

Leitsatz

1) Ein EDV-Organisator, der faktisch über die Kenntnisse eines Diplom-Wirtschaftsinformatikers (FH) verfügt, hat keine einem Diplom-Informatiker vergleichbare Ausbildung und damit keine Ausbildung eines Ingenieurs. Er erfüllt nicht die Voraussetzungen der Ausbildung als Freiberufler im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG .

2) Wer im Bereich der Installation des Standard-Software-Programms SAP R/3 im Bereich der Personalwirtschaft ältere Systeme in Unternehmen ablösen hilft und Mitarbeiter schult, übt keine der Tätigkeit eines Ingenieurs vergleichbare Tätigkeit aus.

Gesetze

EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
GewStG § 2
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2

Gründe:

Streitig ist, ob die Tätigkeit des Klägers (Kl.) als gewerblich zu beurteilen ist.

Der Kl. erbrachte in den Streitjahren 1999 und 2000 als Einzelunternehmer Dienstleistungen für andere Unternehmen auf dem Gebiet der EDV. Er hatte im Jahr 1981 die erste Staatsprüfung und im Jahr 1983 die zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II in den Fächern Mathematik (2. Fach) und Sozialwissenschaften (1. Fach) mit Erfolg abgelegt. Danach betrieb er bis 1990 eine Gaststätte. Vom 01.10.1984 – 24.10.1985 nahm er an einem Lehrgang „Umschulung zum EDV-Organisator” mit Erfolg teil. Neben seiner Tätigkeit als Gastwirt war der Kl. in der Folgezeit zusätzlich als EDV-Organisator und Programmierer nichtselbständig tätig.

Im Jahr 1992 meldete er bei der Stadt M einen Gewerbebetrieb „EDV-Organisator” an, den er zum 30.09.2000 wieder abgemeldet hat. Er hat danach seinen Betrieb in eine GmbH eingebracht, an der er beteiligt ist (GmbH). Er erzielt seitdem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen aus der GmbH-Beteiligung.

Seine Tätigkeit war in den Streitjahren wie folgt ausgestaltet:

Großunternehmen – z.B. Drogeriekette „Ihr Platz”, Babcock Borsig AG, CompuNet, Harzwasserwerke, Renault AG, Benteler AG, Metro AG –, die sich eines EDV-Systems zur betriebswirtschaftlichen Anwendung bedient hatten, erwarben das neuere System SAP R/3. Meist war vorher das System SAP R/2 genutzt worden. Das neue System bestand aus mehreren Modulen, u.a. Finanzbuchhaltung (F I), Controlling (CO), Finanzmanagement (TR) und Personalmanagement (HR). Mit der Einführung des Systems SAP R/3 wurden von den Großunternehmen bestimmte Firmen beauftragt, die beispielhaft in einer Projektübersicht 1999/2000 (vgl. Ordner I) bezeichnet sind (z.B. Nowis (Nordwestdeutsche Informationssysteme GmbH), SAP-Consulting, UMC (Uzuner Management Consulting, RWP). Diese wiederum bedienten sich zur Durchführung der erteilten Aufträge anderer Personen – u.a. des Kl.. Dabei wurde von dem Kl. nur das Modul Personal- und Zeitwirtschaft (HR) bearbeitet (vgl. Bl. 11 ff in Hefter Auszug aus Prüferhandakte „Projektverträge”).

Zunächst war eine Analyse zu erstellen, in welcher Weise und aufgrund welchen Systems die Personalwirtschaft vorher betrieben worden war (Systemanalyse). Sodann musste festgestellt werden, ob und in welcher Weise die Migration der Daten auf das System SAP R/3 bewerkstelligt werden konnte. Dabei war das neu zu installierende System in Teilbereichen zu variieren. Bei international tätigen Unternehmen war beispielsweise darauf zu achten, dass das neue System weltweit einzusetzen war. Die unterschiedlichen nationalen Lösungen mussten kompatibel gemacht werden. U.a. hierfür war die Programmierung von Hilfsprogrammen erforderlich (Geschäftsprozessanalyse und Konzeptentwicklung). Auf dieser Basis war das neue System SAP R/3 konkret einzurichten (Steuerung des Customizing).

Im Übrigen war bei verschiedenen Unternehmen für einen Releasewechsel zu sorgen. Die vorhandene Software von SAP war auf den neueren Entwicklungsstand umzusetzen, z.B. SAP R/3 HR auf 4.0 bei B AG.

Schließlich waren die vor Ort tätigen Mitarbeiter der Großunternehmen im Hinblick auf das neue System zu schulen. In Einzelfällen war dem Erwerb des Systems SAP R/3 auch eine Beratung durch den Kl. vorausgegangen.

Abgerechnet wurde dann über Dreieck in der Weise, dass die Großunternehmen Zahlungen an die von ihnen eingeschalteten Firmen leisteten, denen gegenüber dann der Kl. die von ihm erbrachten Leistungen in Rechnung stellte.

Neben dem Kl. waren bei der Installierung des Moduls Personalmanagement (HR) in gleicher Weise auch andere Personen bei den Endkunden – Unternehmen tätig, die – ebenso wie der Kl. – eine Ausbildung bei SAP absolviert hatten, u.a. Herr D (Diplom in Physik), Frau H (Hochschuldiplom) und Herr N (Kaufmann). Bezahlt wurden diese für ihre Tätigkeiten vom Kl., der deren Leistungen nach außen auch entsprechend abrechnete und hierfür die Verantwortung trug.

Lediglich in einem Fall war der Kl. unmittelbar für ein Großunternehmen (MobilNet GmbH) beratend und gutachterlich tätig. Die Einnahmen betrugen im Jahr 2000 (netto) 1.800 DM zuzüglich 1.987,20 DM, d.h. 3.782 DM.

Die Gewinne aus seiner Tätigkeit ermittelte der Kl. gem. § 5 Einkommensteuergesetz (EStG) durch Bilanzierung. Nach seinen Erklärungen erzielte er in den Streitjahren folgende Umsätze und Gewinne:

 

1999 2000
Umsätze 1.315.766 DM 1.295.800 DM
Gewinne 547.782 DM 341.551 DM

 

Aufwendungen für Personal bzw. Fremdleistungen waren in folgender Höhe angefallen:

 

1999 2000
Fremdleistungen 201.350 DM 264.582 DM
Löhne 270.640 DM 384.764 DM
Soziale Abgaben 119.960 DM 125.917 DM

 

Die Gewinne erklärte der Kl. – wie für die Vorjahre – als Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG . Das Finanzamt (FA) veranlagte ihn zunächst erklärungsgemäß zur Einkommensteuer (ESt).

Im Jahr 2002 wurde bei dem Kl. eine Betriebsprüfung (Bp) durchgeführt, die sich u. a. auf die ESt und Gewerbesteuer (GewSt) der Streitjahre 1999 und 2000 erstreckte. Nach Auffassung des Prüfers waren die Gewinne aus anderen Gründen für 1999 um 14.196 DM und für 2000 um 17.716 DM zu korrigieren. Hierüber besteht kein Streit.

Darüber hinaus vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Tätigkeit des Kl. als gewerblich zu beurteilen sei. Nach seinen Feststellungen war er in einem eigenständigen Beruf als EDV-Berater tätig, der im Katalog des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht aufgeführt ist. Als der Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts ähnlich war seiner Meinung nach die Arbeit des Kl. nicht anzusehen. Er hatte nicht festzustellen vermocht, dass der Kl. eine vergleichbare Ausbildung absolviert hatte.

Insbesondere war nach Auffassung des Prüfers der Kl. nicht auf mindestens einem Hauptgebiet der Betriebswirtschaftslehre beratend tätig. Nach seinen Feststellungen umfasste eine beratende Tätigkeit nicht das gesamte Gebiet des Personalwesens, sondern war lediglich auf die EDV-technische Umsetzung begrenzt.

Auch eine ingenieurähnliche Tätigkeit lag nach Auffassung des Prüfers nicht vor. Nach seinen Feststellungen war der Kl. nicht allein im Bereich der Systemsoftware tätig. Daneben fehlte es an einer Ausbildung, die der eines Ingenieurs vergleichbar ist.

Nach Auffassung des Prüfers begründete die Tätigkeit des Kl. einen Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) . Nach seiner Meinung konnte offen bleiben, ob er angesichts der Einschaltung von Mitarbeitern (u.a. Herr D, Frau H und Herr N) überhaupt noch leitend und eigenverantwortlich tätig war, weil bereits die ausgeübte Tätigkeit der Art nach als gewerblich zu qualifizieren war. Aus diesem Grund waren für die Streitjahre GewSt-Messbeträge festzusetzen, für die allein die gewerblichen Erträge maßgebend waren. Unter Berücksichtigung der nicht streitigen Gewinnkorrekturen sowie unter Abzug von GewSt-Rückstellungen betrugen sie für die Streitjahre

 

1999

2000

19.560,00 DM

11.065,00 DM

(10.000,87 EUR)

(5.657,44 EUR)

 

Das FA folgte dem Vorschlag des Prüfers und setzte mit den Bescheiden jeweils vom 23.01.2003 entsprechende GewSt-Messbeträge fest.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kl. Klage erhoben. Er macht geltend, dass seine Tätigkeit als freiberuflich im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu beurteilen sei.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) werde hierfür lediglich ein Nachweis von Kenntnissen verlangt, die den Schluss rechtfertigten, dass diese in Breite und Tiefe denjenigen des an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule ausgebildeten Dipl.-Informatikers entsprächen. Dieser Begriff sei allerdings zu global und sollte besser durch die Bezeichnungen Diplom-Wirtschaftsinformatiker (FH), Diplom-Betriebswirt (FH) „Studienrichtung Wirtschaftsinformatiker”, Diplom-Informatiker (FH) „Technische Informatik” oder Diplom-Informatiker (FH) ersetzt werden. Diese Begriffe stünden für die von Fachhochschulen vergebenen Studienabschlüsse. Er, der Kl., weise zumindest einem Diplom-Wirtschaftsinformatiker (FH) vergleichbare Kenntnisse auf. Die dieses Studium betreffenden Fächer seien von der Gesellschaft für Informatik (GI) im einzelnen aufgeführt (vgl. Anlagen A 2 und A 3 zum Schriftsatz vom 27.12.2005 – Bl. 43 und 44 d. GA ). Die danach vorausgesetzten Kenntnisse – so behauptet der Kl. – habe er sich durch sein Studium und die beiden abgelegten Staatsexamen, die Ausbildung zum EDV-Organisator und weitere Ausbildungen zum Organisationsprogrammierer sowie während seines gesamten über 20 Jahre währenden Ausbildungs- und Berufslebens kontinuierlich erworben „Training-on-the-job”). Er beantragt die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Frage, ob er über die Kenntnisse eines Diplom-Informatikers verfügt.

Zumindest sei die von ihm ausgeübte Tätigkeit wegen der Nähe zu der Tätigkeit eines Diplom-Wirtschaftsinformatikers (FH) dem Beruf eines Ingenieurs ähnlich. In diesem Zusammenhang behauptet der Kl., dass er überwiegend auf dem Gebiet der System-Software tätig sei. Er habe zwar auch Anwendungssoftware erstellt. Deren Anteil sei aber geringer als der der Systemsoftware. Zu beachten sei zusätzlich, dass der BFH die Differenzierung zwischen Anwender- und Systemsoftware als Voraussetzung für die Anerkennung als Freiberufler aufgegeben habe (vgl. BFH-Urteil vom 04.05.2004 XI R 9/03 , BStBl. II 2004, 989 ). Hinsichtlich des Umfangs seiner Tätigkeit auf dem Gebiet der Systemsoftware-Entwicklung verweist der Kl. auf die Anlagen zu seinem Schriftsatz vom 27.12.2005 „Projekt-/Tätigkeitsbeschreibung” (Bl. 30 – 42 d. GA ). Danach habe seine Tätigkeit auch in der Programmierung von Hilfs- und Dienstprogrammen sowie in dem Test der Programme bestanden. Außerdem ergebe sich aus dem mit Schriftsatz vom 14.04.2008 (Bl. 91 d. GA ) vorgelegten Ordner, dass er einem Ingenieur vergleichbar vorgehe.

Soweit das FA darauf abgestellt habe, dass er, der Kl., lediglich auf dem Gebiet der Überwachung und Ausführung von technischen Werken tätig gewesen sei, sei darauf hinzuweisen, dass ein Ingenieur nicht alle die Tätigkeiten tatsächlich ausüben müsse, um als Ingenieur anerkannt zu werden, nämlich auf der Grundlage natur- und technik-wissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 04.05.2004 XI R 9/03 , a.a.O.). Ingenieure seien – wie dies auch in anderen Berufen üblich sei – häufig nur in bestimmten Bereichen tätig. Niemand könne die kompletten Prozessaktivitäten von der ersten Idee bis zur Realisierung und Qualitätssicherung selbst erbringen. Es reiche aus, wenn er, der Kl., in einem für einen Ingenieur typischen Bereich tätig werde.

Insbesondere könne auch eine Beratungstätigkeit allein als freiberuflich zu qualifizieren sein (Hinweis auf BFH-Urteil vom 09.02.2006 IV R 27/05 , Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2006, 1270). Einer beratenden Tätigkeit sei ein konstruierendes Element nicht von Natur aus wesenseigen. In diesem Zusammenhang beantragt er die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Frage, ob er in den Streitjahren eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit ausgeübt hat.

Soweit vom FA herausgestellt worden sei, dass er, der Kl., angesichts des Einsatzes von Mitarbeitern nicht eigenverantwortlich tätig gewesen sei, so seien deren Tätigkeiten von ihm nicht nur verantwortet, sondern auch überwacht und geleitet worden. Sollten hieran Zweifel bestehen, sei hierüber Beweis zu erheben. Er beantragt die Vernehmung der Herren D und N sowie Frau H als Zeugen hinsichtlich der Frage, ob in seiner Person eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit anzunehmen ist.

Der Kl. beantragt,

die Bescheide betreffend die Festsetzungen von GewSt-Messbeträgen der Jahre 1999 und 2000 jeweils vom 23.01.2003 und die Einspruchsentscheidung (EE) vom 10.06.2005 aufzuheben,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Hinweis auf die Ausführungen in der EE macht es geltend, dass die Tätigkeit des Kl. als gewerblich zu beurteilen sei. Er habe keine ingenieurähnliche Tätigkeit ausgeübt. Ob seine Tätigkeit mehr dem Bereich der Systemsoftware oder dem Bereich der Anwendersoftware zuzurechnen sei, könne dahingestellt bleiben. Seine Tätigkeit habe nämlich nicht eine ingenieurmäßige Beschäftigung und Entwicklung mit Software zum Gegenstand gehabt. Ein Softwareentwickler erbringe grundsätzlich ingenieurmäßige Leistungen, nämlich die Planung, die Konstruktion und die Überwachung von Software-Programmen. Der Kl. aber habe sich im Wesentlichen nur im dritten Bereich der Ingenieurtätigkeit bewegt, nämlich der Überwachung der Fertigung. Hierbei würden die Kenntnisse eines Ingenieurstudiums bzw. der Wirtschaftsinformatik nicht vorausgesetzt.

Im übrigen habe die Beratung von Unternehmen nur den Einsatz von SAP-Programmen und -komponenten, der Optimierung des Einsatzes und die Schulung der jeweiligen Anwender umfasst. Eigene Programme habe der Kl. weder erstellt noch verkauft. Da bereits die Tätigkeit des Kl. nicht der eines Ingenieurs vergleichbar sei, brauche die Frage, ob auch die Ausbildung mit der eines Ingenieurs vergleichbar sei, nicht weiter vertieft zu werden.

Außerdem sei der Kl. wegen des Einsatzes von Angestellten, die teilweise eine bessere Ausbildung absolviert hätten, bei der Durchführung der Aufträge nicht mehr leitend und eigenverantwortlich tätig geworden. Nur in einfachen Fällen genüge eine fachliche Überprüfung der Arbeitsleistung des Mitarbeiters. Davon könne im Streitfall angesichts der Komplexität der Aufträge keine Rede sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten FA-Akten einschließlich der Prüfer-Handakten sowie auf die vom Kl. vorgelegten Ordner I und II mit diversen Unterlagen verwiesen.

Am 21.02.2008 hat vor dem Berichterstatter des Senats ein Erörterungstermin stattgefunden. Der Senat hat am 22.08.2008 mündlich verhandelt. Auf beide Niederschriften wird Bezug genommen.

Die Klage ist unbegründet.

Das FA hat für die Streitjahre 1999 und 2000 zu Recht GewSt-Messbeträge festgesetzt. In der Tätigkeit des Kl. ist ein Gewerbebetrieb zu sehen (§ 2 Abs. 1 GewStG ).

Nach § 15 Abs. 2 EStG ist ein Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung einen freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Im Streitfall war der Kl. selbständig tätig. Dass er nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat, liegt auf der Hand. Der Kl. hat auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. Er hatte seine Leistungen, die bei Endkunden – Unternehmen auszuführen waren, gleich mehreren Unternehmen gegenüber erbracht und in Rechnung gestellt. Darüber, dass die vorgenannten Merkmale eines Gewerbebetriebs erfüllt sind, besteht auch kein Streit.

Bei der Tätigkeit des Kl. hat es sich auch nicht um eine Ausübung eines freien Berufs oder eine andere selbständige Arbeit gehandelt. Ob die hierfür geforderten Voraussetzungen vorliegen, richtet sich danach, ob die Tätigkeit die Merkmale des § 18 EStG (selbständige Arbeit) erfüllt. Hierfür trägt ein Steuerpflichtiger die objektive Beweislast (Feststellungslast).

Nach den Regeln zur Feststellungslast hat derjenige Beteiligte die Nachteile einer Nichterweislichkeit zu tragen, der sich auf eine für ihn günstige Norm beruft. Grundsätzlich trägt damit das FA die Feststellungslast für die steuerbegründenden und der Steuerpflichtige die Feststellungslast für die steuerbefreienden oder – mindernden Tatsachen. Da auch der freie Beruf grundsätzlich die Merkmale eines Gewerbebetriebs (Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht, Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr) erfüllt und er der Gewerbesteuerpflicht nur dann nicht unterliegt, wenn er die Merkmale des § 18 EStG aufweist, trägt die Feststellungslast für das Vorliegen eines freien Berufs der Steuerpflichtige (vgl. BFH-Urteile vom 30.03.1994 I R 54/93 , BStBl II 1994, 864 , und vom 04.11.2004 IV R 63/02 BStBl II 2005, 362 unter 5 b m.w.N).

Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gehören hierzu u.a. die selbständige Berufstätigkeit der Ingenieure bzw. ähnlicher Berufe.

Der Kl. ist kein Ingenieur. „Ingenieur” ist nur derjenige, der wegen der Prägung des Berufsbildes des Ingenieurs durch die Ingenieurgesetze der Bundesländer aufgrund eines Studiums an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule, einer Ingenieurschule oder eines Betriebsführerlehrgangs an einer Bergschule befugt ist, die Berufsbezeichnung „Ingenieur” zu führen (vgl. BFH-Urteil vom 18.04.2007 XI R 29/06 BStBl. II 2007, 781 unter 1 m.w.N.). Der Kl. erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Die vom Kl. ausgeübte Tätigkeit ist der eines Ingenieurs auch nicht ähnlich. Ein Beruf ist einem Katalogberuf ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit diesem verglichen werden kann. Dazu gehört die Vergleichbarkeit der Ausbildung und die Vergleichbarkeit der beruflichen Tätigkeit (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteile vom 04.05.2004 XI R 9/03 , a.a.O., und vom 31.08.2005 XI R 62/04, BFH/NV 2006, 505 ).

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein selbständiger Diplom-Informatiker eine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ausüben kann (BFH-Urteile vom 04.05.2004 XI R 9/03 , a.a.O., und vom 18.04.2007 XI R 29/06, a.a.O.). Denn das Studium der Informatik an einer (Fach-) Hochschule ist dem der traditionellen Ingenieurwissenschaften gleichwertig, auch wenn das Ingenieurstudium im Grundsatz allgemeiner sein kann (vgl. BFH-Urteil vom 18.04.2007 XI R 29/06 a.a.O. unter 2 a) aa) m.w.N.).

Der Kl. hat aber kein derartiges Studium absolviert. Er hat zwar ein Lehramtsstudium für die Sekundarstufe II mit Schwerpunkt berufsbildende Schulen mit dem zweiten Fach Mathematik erfolgreich beendet. Ein derartiges Studium schließt aber nicht automatisch ein Informatikstudium mit dem Abschluss „Diplom-Informatiker” ein.

Die Frage, ob der Kl. hinsichtlich seiner Ausbildung über die bei einem Ingenieur/Diplom-Informatiker oder – was der Kl. als ausreichend ansieht – bei einem Diplom-Wirtschaftsinformatiker (FH) vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten nach Breite und Tiefe verfügt, kann offen bleiben. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Denn die vom Kl. tatsächlich ausgeübte Tätigkeit ist mit der eines Ingenieurs/Informatikers nicht vergleichbar. Da es aus diesem Grund für die Streitentscheidung nicht darauf ankommt, welchen Ausbildungsstand der Kl. hat, ist hierüber auch kein Beweis zu erheben. Das vom Kl. in der mündlichen Verhandlung beantragte Sachverständigengutachten über die Frage, ob er über die Kenntnisse eines Diplom-Informatikers verfügt, war daher nicht einzuholen (vgl. zur Entscheidungserheblichkeit einer Wissensprüfung im Falle einer einem beratenden Betriebswirt ähnlichen Tätigkeit BFH-Urteil vom 18.04.2007 XI R 34/06 , BFH/NV 2007, 1495 ).

Der Senat vermag nämlich nicht zu sehen, dass die vom Kl. ausgeübte Tätigkeit der eines Ingenieurs ähnlich ist. Dazu gehört – abgesehen von der Vergleichbarkeit der Ausbildung – die Vergleichbarkeit der beruflichen Tätigkeit (BFH-Urteile vom 04.05.2004 XI R 9/03 , a.a.O. und vom 31.08.2005 XI R 62/04, a.a.O.).

Aufgabe eines Ingenieurs ist es, auf der Grundlage natur- und technikwissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen (vgl. BFH-Urteile vom 05.06.2003 IV R 34/01 , BStBl. II 2003, 761 , und vom 04.05.2004 XI R 9/03, a.a.O.). Dabei umfasst eine ingenieurähnliche Tätigkeit auch die beratende Tätigkeit, soweit die beratende Tätigkeit nicht auf bloße Absatzförderung gerichtet ist (vgl. BFH-Urteile vom 09.02.2006 IV R 27/05 , a.a.O., und vom 18.04.2007 XI R 57/05, BFH/NV 2007, 1854 ). Im Streitfall entspricht die zu beurteilende Tätigkeit des Kl. nicht diesen Voraussetzungen:

Seine Tätigkeit bestand ihrem Schwerpunkt nach in der Mitarbeit lediglich bei der Einrichtung des Software-Systems SAP R/3, das bei Großunternehmen zur betriebswirtschaftlichen Anwendung eingesetzt werden sollte (vgl. hierzu Wikipedia, Stichwort: SAP R/3). Hierbei war es im Rahmen einer Arbeitsteilung seine Aufgabe, für die Installierung speziell des Moduls Personalwirtschaft mit den Komponenten HR (Human Ressources – Personalmanagement) und Organisationsmanagement mit Personaladministration, Personalzeitwirtschaft, Personalabrechnung zu sorgen. Das ergibt sich aus den im Rahmen der Bp. vorgelegten Verträgen (vgl. Bl. 11 ff. im Hefter Auszug der Prüferhandakte „Projektverträge” sowie aus dem Ordner I).

Bei W AG hatte der Kl. Beratung und Unterstützung bei Release SAP R/3 HR zu leisten (Bestellung vom 21.05.1999).

Von UMC war der Kl. mit Vertrag vom 21./24.10.1998 mit der Aufgabe beauftragt: Unterstützung bei der Einführung von SAP R/3 – HR unter besonderer Berücksichtigung der BAT-Abrechnung in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der UMC und deren Kunden. Dabei war die HR-Einführung ein Teilprojekt des Gesamtprojektes SAP R/3 Einführung. Nach einem unter demselben Datum abgeschlossenen Rahmenvertrag hatte der Kl. für UMC Projekte im Bereich der Beratung, Schulung, der Konzeption und der Realisierung von DV-Verfahren zu übernehmen.

Für N-GmbH waren bei dem Drogeriefilialisten „…” Beratungsleistungen zu erbringen. Bereits vorher war mit dem Vertrag vom 25.06./03.07.1997 N von dieser Drogeriemarktkette beauftragt worden, die SAP R/3 Module … HR einzuführen.

Bei der M-AG war von der Firma … (… Unternehmensberatung GmbH) die Beratung unter anderem bei der Anwendung von Software mit Schulungen und Seminaren zu erbringen. Hierbei war der Kl. mit Vertrag vom 09.05.1994 als Subunternehmer eingeschaltet.

Von der G AG hatte der Kl. mit Vertrag vom 27./31.07.2000 die Aufgabe übernommen, bei der Firma B, Oberhausen, Beratungen im Bereich SAP R/3 HR durchzuführen. Die Zusammenarbeit mit diesem Unternehmen hatte sich auf einen Rahmenvertrag vom 18./24.07.1994 gegründet.

Auf der Grundlage eines Rahmenvertrages vom 18.07.1994 war der Kl. nach den Zusatzvereinbarungen vom 19.03. und 14.06.1998 von der G AG beauftragt, bei der Firma C Computer Distribution GmbH Programmierungs- und Beratungsunterstützung im Bereich SAP HR zu leisten.

Von der D Consulting GmbH waren bei der Deutschen R AG als Vertragsgegenstand „SAP R/3 Konzeption und Realisierung Altersteilzeit” zu erbringen. Hierbei war der Kl. als Unterauftragnehmer tätig. Mit der DV-ORG hatte ein Rahmenvertrag vom 25.02.2000 bestanden.

Die Firma G Gesellschaft für Organisation, Beratung und Informationsverarbeitung mbH führte bei der B AG im Rahmen des Projekts Releasewechsel SAP R/3 HR auf 4.0 D folgende Arbeiten/Dienste durch: Anleitung zum Customizing, begleitende Beratung zum Test der neuen Abläufe. Hierbei war der Kl. auf der Grundlage eines Rahmenvertrages vom 18.05.1999 eingeschaltet.

Die Tätigkeit für die … Mobil-Net als Direktkunden des Kl. kann außer Betracht bleiben. Die im Jahre 2000 erzielten Einnahmen von 3.782 DM fallen bei einem Gesamtumsatz von 1.295.800 DM nicht ins Gewicht.

Dass der Schwerpunkt der Tätigkeit des Kl. im Bereich der Installation des Standard-Software-Programms SAP R/3 im Bereich der Personalwirtschaft (= HR) gewesen ist, wird auch durch die Angaben des Kl. im Erörterungstermin bestätigt. Danach war er damit betraut, ältere Systeme zur betriebswirtschaftlichen Anwendung durch das neuere System SAP R/3 im Bereich des Moduls Personalwirtschaft abzulösen.

Nach den vorgenannten aus den Verträgen ersichtlichen Aufgabenbeschreibungen hatte der Kl. keine einem Ingenieur vergleichbare Tätigkeit ausgeübt.

Hinsichtlich der bei SAP unter der Bezeichnung R/3 in verschiedenen Modulen zur betriebswirtschaftlichen Anwendung kommenden Software selbst hatte er bei der Planung, Konstruktion und Überwachung der Fertigung nicht mitgewirkt. Das dem Grunde nach fertig vorliegende Produkt SAP R/3 war lediglich hinsichtlich des Moduls HR von ihm zu bearbeiten und dabei auf die besonderen betrieblichen Bedürfnisse des künftigen Nutzers einzustellen.

Soweit er bei den Großunternehmen im Hinblick auf die erstmalige Einführung des Softwaresystem SAP R/3 bzw. einen Wechsel von SAP R/2 in SAP R/3 bezogen auf das Gesamtsystem beratend tätig geworden war, war sein Handeln allein darauf gerichtet, ob und wie von dem neuen System SAP R/3 Gebrauch gemacht werden sollte. In dieser Hinsicht ging es um die Förderung des Absatzes der von SAP erstellten Software. Eine beratende Tätigkeit, die auf bloße Absatzförderung gerichtet ist, ist nicht als „ingenieurähnlich” zu beurteilen (vgl. BFH-Urteile vom 09.02.2006 IV R 27/05 , a.a.O., und vom 18.04.2007 XI R 57/05, a.a.O.).

Soweit der Kl. speziell bei der Installation des aus dem Gesamtsystem SAP R/3 stammenden Moduls HR beratend und ausführend mitgewirkt hat, vermag der Senat hierin eine ingenieurähnliche Tätigkeit nicht zu sehen. Sofern die Betätigung im Bereich der EDV darin besteht, dass die Nutzer eines bereits entwickelten Software-Produkts vor, bei und nach dem erstmaligen Einsatz unterstützt werden, liegt hierin keine ingenieurmäßige Entwicklungstätigkeit, sondern eine gewerbliche EDV-Beratung. In solchen Fällen geht es um die Klärung, ob und wie das Software-Produkt optimal eingesetzt werden kann. Dabei sind unter anderem solche Fragen zu beantworten, was das Programm im jeweiligen Anwenderbetrieb leisten soll, welche Informationen aus dem Betrieb für das Programm entnommen werden können, welche weiteren Informationen erforderlich sind, wie die Schnittstellen gestaltet werden sollen und inwieweit die Software den Erfordernissen des Anwenders angepasst werden muss (vgl. BFH-Urteil vom 24.08.1995 IV R 60 – 61/94, BStBl. II 1995, 888 ).

Die Grundsätze dieses Urteils sind bei der Beurteilung der im Streitfall aufgeworfenen Fragen zu beachten. Die Ausführungen des BFH in seinem späteren Urteil vom 04.05.2004 XI R 9/03 (a.a.O.) betreffen lediglich den Punkt, dass es für die Beurteilung einer Tätigkeit als gewerblich oder als einem der Katalogberufe des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ähnlich auf die Unterscheidung, ob Entwicklungssoftware oder Anwendersoftware erstellt wird, nicht mehr ankommt (vgl. auch Urteile des Finanzgerichts München vom 29.03.2006 10 K 117/04, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 1346 . und des Finanzgerichts Berlin – Brandenburg vom 21.08.2007 6 K 1791/05, EFG 2007, 1884 ).

Nach den vorgelegten Verträgen ist es im Wesentlichen um die Implementierung bereits entwickelter Software zur betrieblichen Anwendung im Einzelfall gegangen, wie dies in dem Urteil des BFH vom 24.08.1995 IV R 60 – 61/94, (a.a.O) umschrieben ist. Soweit es hierbei zu einer über die Installation und Konfiguration hinausgehenden Modifizierung der einzusetzenden Software im Bereich HR gekommen ist, war dies nach dem System gerade vorgesehen (vgl. Wikipedia, Stichwort: SAP R/3).

Soweit in diesem Zusammenhang Programmiertätigkeiten angefallen waren, konnte es sich nur um Korrekturen handeln, die im Hinblick auf die Installation und Anwendung des Moduls HR erforderlich waren. Das System war bei den jeweiligen Kunden auf die speziellen betrieblichen Bedürfnisse auf seine Gebrauchsfähigkeit anzupassen (Customizing). Arbeiten dieser Art fallen bei jeder Einführung eines neuen oder modifizierten Software-Systems zur betriebswirtschaftlichen Anwendung an. Solchen Tätigkeiten kann aber nur dienende Funktion im Hinblick auf die Neuausrichtung zukommen. Nach den vorstehend beschriebenen Vertragsgestaltungen waren sie nicht Hauptzweck der Tätigkeit des Kl.

Soweit der Kl. in den Anlagen zu seinem Schriftsatz vom 27.12.2005 Projekt- und Tätigkeitsbeschreibungen gegeben hat, führen diese zu keiner anderen Beurteilung. Danach soll zwar seine Gesamttätigkeit aus Softwareentwicklungen bestanden haben, die sich zu den dort angegebenen Anteilen auf die Entwicklung von Anwendersoftware bzw. Systemsoftware aufgeteilt hat. Nach den vorliegenden Vertragsgestaltungen hat aber die Tätigkeit des Kl. nicht aus Softwareentwicklung bestanden.

Umstände tatsächlicher Art, aus denen sich ergeben soll, dass im Streitfall dennoch die vom Kl. ausgeübte Tätigkeit dem Kernbereich der Ingenieurtätigkeit ähnlich gewesen sein soll, hat der Kl. nicht vorgetragen.

Er hat zwar in der mündlichen Verhandlung die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Frage beantragt, ob er in den Streitjahren eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit ausgeübt hat. Hierauf war aber nicht weiter einzugehen. Nach der Rechtsprechung darf ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag nur unberücksichtigt bleiben, wenn das angebotene Beweismittel für die zu treffende Entscheidung untauglich ist, wenn es auf die Beweistatsache unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Finanzgerichts nicht ankommt oder wenn die Beweistatsache als wahr unterstellt wird (ständige Rechtsprechung, vgl. u. a. BFH-Beschluss vom 30.04.2008 VI B 131/07 , BFH/NV 2008, 1475 ).

In Streitfall handelt es sich aber bei der Beantragung des Sachverständigengutachtens nicht um einen ordnungsgemäß gestellten Beweisantrag. Unsubstantiierten Beweisantragen muss das Finanzgericht nicht nachgehen (vgl. BFH-Beschluss vom 01.02.2007 VI B 124/06 , BFH/NV 2007, 956 ). Insbesondere brauchen Beweisermittlungs- oder -ausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, dem Gericht regelmäßig keine Beweisaufnahme nahe zu legen (vgl. BFH-Beschluss vom 02.08.2006 IX B 58/06 , BFH/NV 2006, 2117 ). Das trifft u. a. auch auf die Frage zu, ob im Rahmen einer Beweisaufnahme ein Sachverständigengutachten einzuholen ist (BFH-Beschluss vom 02.03.2006 XI B 79/05 , BFH/NV 2006, 1132 ).

Der Kl. hat keine Umstände tatsächlicher Art bezeichnet, die einem Sachverständigen zur Begutachtung gegeben werden können, ob die mit ihrer Hilfe beschriebene und vom Kl. tatsächlich ausgeübte Tätigkeit als „ingenieurähnlich” bzw. „informatikerähnlich” zu beurteilen ist. Die Mitteilungen der Gl. über die Richtwerte zum Anteil der Themenblöcke an den Informatikstudiengängen und die Tabelle über die Themenblöcke und Fächer des Informatikstudiums an Fachhochschulen (vgl. Anlagen A2 und A3 zum Schriftsatz vom 27.12.2005 – Bl. 43 und 44 d. GA ) führen nicht weiter. Diese Angaben sind nur allgemeiner Natur. Es fehlt eine Aussage dazu, ob und in welcher Hinsicht die Themenblöcke und Fächer bei der konkreten Tätigkeit des Kl. ausgefüllt waren. Außerdem läuft der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag auf eine Ausforschung der Umstände hinaus, in welcher Hinsicht der Kl. sich konkret in einem Bereich betätigt haben könnte, der einer Tätigkeit eines Ingenieurs/Informatikers vergleichbar sein soll.

Die vorstehend beschriebene Tätigkeit entsprach damit im Wesentlichen der, die im Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 02.07.2003 2 K 464/99 (EFG 2004, 206 ) als gewerblich beurteilt worden ist. In jenem Fall ging es um die Mitwirkung bei der Einführung von Standard-Softwareprogrammen – SAP-RP – bei und nach erstmaligem Einsatz durch Betreuung und Beratung bei der technischen Umsetzung der Software und bei der Umstellung von Standardsoftware im Personalwesen bei Kunden vor Ort.

Soweit im Hinblick auf die vom Kl. zu erbringenden Tätigkeiten bei der Installation des Moduls HR aus dem Software-System SAP R/3 vorher Beratungsleistungen zu erbringen waren, eine Systemanalyse zu erstellen war und zum Abschluss Schulungen von Mitarbeitern in den Unternehmen vor Ort durchzuführen waren, ist eine Aufteilung der vom Kl. erzielten Gewinne hinsichtlich einerseits der Installationstätigkeiten und andererseits der Beratungsleistungen nicht in Betracht gekommen. Die Beratungen und Schulungen waren der Installation des Softwareprogramms mit dem Ziel einer Anwendung insgesamt zugeordnet. Eigenständige Bedeutung kam diesen Tätigkeiten nicht zu.

Die Tätigkeit des Kl. war auch nicht der eines beratenden Betriebswirts ähnlich. Es steht fest, dass er gleich in mehreren Bereichen der Betriebswirtschaft nicht tätig gewesen ist, u.a. im Bereich der Materialwirtschaft, der Finanzierung und des Absatzes. Dass er in dieser Hinsicht eine einem Freiberufler ähnliche Tätigkeit ausgeübt hat, hat er im Übrigen auch selbst nicht geltend gemacht.

War hiernach die im Streitfall zu beurteilende Tätigkeit bereits aus den vorstehenden Gründen als gewerblich anzusehen, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Kl. auch aus dem Grund gewerblich tätig gewesen ist, weil er wegen des Einsatzes von Mitarbeitern in einem eventuell beachtlichen Umfang nicht mehr eigenverantwortlich tätig gewesen ist. Ob im Streitfall entsprechend der Auffassung des FA hiervon auszugehen ist, kann offen bleiben. Eine Vernehmung der Herren D und N sowie der Frau H als Zeugen hatte daher zu unterbleiben.

Hinsichtlich der Höhe der gewerblichen Erträge besteht kein Streit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) .

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 59.501 EUR festgesetzt.

Begründung:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Abgrenzung Gewerbebetrieb und freiberuflicher Tätigkeit

Abgrenzung zwischen Einkünften aus Gewerbebetrieb und solchen aus freiberuflicher Tätigkeit eines EDV-Beraters

Leitsatz

  1. Die Tätigkeit eines EDV-Beraters ist bereits dann nicht als freiberufliche Tätigkeit anzusehen, wenn der Steuerpflichtige nicht über eine dem Ingenieurberuf vergleichbare qualifizierte Ausbildung verfügt.
  2. Das erforderliche Wissen kann sich der Steuerpflichtige durch Teilnahme an Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen, eigenständiges Literaturstudium und durch die gewonnene praktische Erfahrung aneignen.
  3. Das dokumentierte Wissen muss dabei die Themenblöcke des Studiengangs: Allgemeine Informatik abdecken.
  4. Es obliegt dem Steuerpflichtigen dazulegen und nachzuweisen, dass er über entsprechende Kenntnisse verfügt. Die Vorlage vom praktischen Arbeiten aus der keine Rückschlüsse auf die erforderlichen Ausbildungsinhalte gezogen werden kann, reicht dazu nicht aus.

Gesetze

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
GewStG § 2 Abs. 1

Instanzenzug

BFH 21.11.2007 – VIII R 27/07

BFH 16.12.2008 VIII R 27/07

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist aufgehoben

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb oder einen freien Beruf ausgeübt hat.

Der … geborene Kläger hat am … das Abitur abgelegt und anschließend eine Ausbildung zum Datenverarbeitungskaufmann absolviert, die er am … .1985 erfolgreich abgeschlossen hat. Während dieser Zeit und in den nachfolgenden Jahren hat der Kläger den Besuch weiterer Fortbildungsveranstaltungen im Bereich der EDV, insbesondere SAP, durch Teilnahmebestätigungen nachgewiesen.

Beim Magistrat der Stadt A meldete der Kläger am … 1992 eine EDV-Beratung an. Der Ort der Hauptniederlassung wurde zum … 1994 nach B und zum … 1996 nach C verlegt. Zum … 1997 zeigte er der Stadt C die Aufgabe seines Gewerbebetriebs an. Er bezeichnet seitdem seine Tätigkeit als „Systementwicklung” und erklärte Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.

Der Kläger gab im … 1995 eine Gewerbesteuererklärung für das Jahr 1994 ab, in der er einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von … DM erklärte. Gegen den erklärungsgemäß veranlagten Gewerbesteuermessbescheid vom … 1996 und gegen den Zerlegungsbescheid vom … 1997, in dem der Gewerbesteuermessbetrag auf die Gemeinden B und A zerlegt wurde, legte der Kläger Einspruch ein. Er sei nicht gewerbesteuerpflichtig. Aus seinen Ausbildungsunterlagen und seinen Tätigkeitsbeschreibungen ergebe sich, dass seine Tätigkeit derjenigen eines Wirtschafts-Informatikers entspreche und daher freiberuflich sei. Im Februar 1997 gab der Kläger eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewinns 1995 und eine Gewerbesteuererklärung 1995 ab, wies aber darauf hin, dass er freiberuflich tätig sei. Den Feststellungsbescheid 1995 vom 1997, mit dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … DM gesondert festgestellt wurden, focht der Kläger mit dem Einspruch an.

Beginnend in 1998 wurde beim Kläger eine Betriebsprüfung für den Veranlagungszeitraum 1996 durchgeführt. Er legte für den Zeitraum 1994 – 1997 Aufgabenbeschreibungen seiner Tätigkeit für die Firmen U, für V, für W und X sowie div. Teilnahmebestätigungen für Schulungen zum Nachweis seiner Ausbildung vor. Im weiteren Verlauf reichte der Kläger zwei Verträge aus dem Jahr 1996 (Fa. U, Fa. Y), eine Projektspezifikation bzw. -dokumentation sowie Tätigkeitsbeschreibungen durch die Firmen W und U zu den Akten. Der Betriebsprüfer war der Auffassung, die Tätigkeit des Klägers, der Anwendersoftware der Fa. SAP für die Unternehmen seiner Auftraggeber auswähle und diese dort ggf. den betrieblichen Abläufen der Datenverarbeitung anpasse, sei nicht als ingenieurmäßig und damit nicht als freiberufliche Tätigkeit anzuerkennen.

Das Finanzamt folgte den Ausführungen des Prüfers auch für die anderen Veranlagungszeiträume und erließ nach Vorlage des Prüfungsberichts am … .2001 Bescheide, in denen es Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1996 mit … DM, für 1997 mit … DM, für 1998 mit … DM und für 1999 mit … DM gesondert feststellte. Entsprechend ergingen Gewerbesteuermessbescheide für 1995 am … 2001 und für 1996 – 1999 am … .2001. Ferner forderte das Finanzamt den Kläger mit Schreiben vom … .2001 auf, ab dem 01.01.2002 nach § 141 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) Bücher zu führen, da der Gewinn 1999 den Betrag von 48.000 DM übersteige. Die gegen diese Bescheide eingelegten Einsprüche blieben, wie auch die Einsprüche gegen den Gewerbesteuermessbescheid vom … .1996, gegen den Zerlegungsbescheid vom … .1997 und den Feststellungsbescheid 1995 vom … 1997 erfolglos.

Mit seiner dagegen gerichteten Klage trägt der Kläger vor, das Finanzamt beurteile zu Unrecht seine Tätigkeit als eine gewerbliche. Qualität und Tätigkeit als selbständiger Systemberater entspreche der eines Ingenieurs bzw. eines Informatikers. Er betreibe während seines gesamten Ausbildungs- und Berufslebens ein kontinuierliches Selbststudium. Sein Wissen sei mit dem eines an einer Fachhochschule ausgebildeten Wirtschaftsinformatikers vergleichbar. Aus den Projektbeschreibungen gehe hervor, dass er in den Bereichen des Entwurfs, der Auswahl, Bereitstellung Implementierung, Überwachung, Optimierung und Fortentwicklung der eingesetzten Hardware- und Softwarekomponenten sowie in der Beratung und Unterstützung tätig sei, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Systemtechnik gehören. Sofern der Sachverständige davon ausgehe, ihm fehle es an der Tiefe und Breite der erforderlichen Ausbildung, werde Antrag auf Durchführung einer Wissensprüfung gestellt.

Der Kläger beantragt,

die Gewerbesteuermessbescheide 1994-1999, die Bescheide über die Gewerbesteuerzerlegung 1994 und die gesonderte Feststellung des Gewinn 1995 – 1999 sowie die Aufforderung zur Buchführungspflicht ab dem 01.01.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom aufzuheben.

Hilfsweise beantragt er,

die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt ist unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidungen der Auffassung, die Bescheide seien rechtmäßig. Der Kläger sei nicht freiberuflich tätig, weil die vorgelegten Unterlagen nicht erkennen ließen, dass er über eine dem Ingenieurberuf adäquate Ausbildung verfüge. Den Nachweis seiner Tätigkeit lägen nur Auftragsbeschreibungen zu Grunde, konkrete Nachweise über seine Tätigkeitsfelder im Rahmen der jeweiligen Auftragsdurchführung (z.B. Pflichtenhefte, Projektberichte) habe er trotz Aufforderung nicht erbracht.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem Gericht lagen die den Streitfall betreffenden Akten vor.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 15.03.2003, geändert durch Beschluss von 26.10.2004, Beweis erhoben, ob der Kläger eine Tätigkeit ausübt, die in einem für den Beruf des Ingenieurs typischen Bereich liegt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige hat vor Erstattung seines Gutachtens auf seine vorläufige Bewertung hingewiesen und ergänzend weitere Unterlagen angefordert. Auf das danach erstellte Gutachten vom 20.02.2007 wird verwiesen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

1. Die Klage gegen den Zerlegungsbescheid 1994 ist unzulässig.

Gem. § 351 Abs.2 AO können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht aber durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden.

Der einheitliche Gewerbesteuermessbescheid ist Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) im Verhältnis zum Zerlegungsbescheid (BFH, Urteil vom 21. Januar 1988 IV R 100/85 , BStBl II 1988, 456 ). Der Kläger hat zur Begründung des Einspruchs gegen den Zerlegungsbescheid auf die Begründung des Einspruchs wegen des Gewerbesteuermessbescheids verwiesen. Danach wendet er sich nur gegen die Gewerbesteuerpflicht als solche und damit gegen den Grundlagen-, nämlich den Gewerbesteuermessbescheid. Gründe, die das Zerlegungsverfahren betreffen, sind auch im Klageverfahren nicht vorgetragen worden.

2. Die Klage gegen die Gewerbesteuermess- und Feststellungsbescheide ist unbegründet. Mangels einer entsprechenden Ausbildung hat der Kläger keine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit ausgeübt. Er war in den Streitjahren gewerblich tätig.

Die Tätigkeit des Klägers wäre nur dann als eine Freiberufliche anzusehen, wenn sie in ihren wesentlichen Punkten mit einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten Katalogberufe verglichen werden könnte. Dazu ist zum einen erforderlich, dass die Tätigkeit des Steuerpflichtigen in einem für den Katalogberuf typischen Bereich gelegen hat. Zum anderen muss er über eine Ausbildung verfügen, die der für den Katalogberuf Erforderlichen vergleichbar ist (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des BFH vom 04.05.2004 XI R 9/03 , BStBl II 2004, 989 mit weiteren Nachweisen).

a) Aufgrund der Prognose des Sachverständigen ist zu vermuten, dass die von dem Kläger konkret ausgeübte Tätigkeit, soweit sie durch Arbeitsproben für die Jahre 1996 und 1997 nachgewiesen wurde, auch in einem für den Beruf eines Ingenieurs typischen Bereich liegt (vgl. 1.1.5., Seite 3 des Gutachtens – G –; 3.B.III.5, Seite 18 G). Die Klage für die Veranlagungszeiträume 1994 – 1995, 1998 -1999 ist jedoch schon deshalb abzuweisen, weil nicht feststeht, dass (auch) in diesen Jahren seine Tätigkeit typisch ingenieurmäßig war. Der Kläger hat keinen Nachweis seiner konkreten Tätigkeit in diesen Veranlagungszeiträumen erbracht.

b) Eine sachverständige Beurteilung der Tätigkeit des Klägers war jedoch schon deshalb entbehrlich, weil der Kläger nicht über die vergleichbare qualifizierte Ausbildung eines Ingenieurs bzw. Informatikers verfügt.

Da der Ingenieur auf wissenschaftlicher Grundlage tätig ist, setzt ein Beruf, der dem eines Ingenieurs ähnlich sein soll, ebenfalls eine Ausbildung voraus, die mit der Berufsausbildung des Ingenieurs oder der eines Informatikers verglichen werden kann. Aufgabe des Ingenieurs ist es, auf der Grundlage natur- und technikwissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen (vgl. BFH, Urteil vom 5. Juni IV R 34/01, BStBl II 2003, 761 , 764). In all diesen den Beruf eines Ingenieurs prägenden Bereichen müsste der Kläger ein dem Absolventen einer Hochschule oder Fachhochschule vergleichbares Wissen nachweisen. Das Wissen kann der Kläger sich durch Teilnahme an Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen, eigenständiges Literaturstudium und durch die gewonnene praktische Erfahrung angeeignet haben.

Grundlagen aller an (Fach-)Hochschulen angebotenen Ingenieurs- und Informatikstudiengänge sind die Grundlagen der Naturwissenschaften und der Mathematik sowie die Methodik von Untersuchungs- und Problemlösungstechniken. Bei diesen komplexen Lerninhalten eines Studiums müssen die Ausbildungsinhalte inhaltlich aufeinander abgestimmt und aufgebaut sein bzw. sich ergänzen. Entsprechend muss aus dem Ausbildungsgang eines Steuerpflichtigen, der nicht ein Hochschulstudium absolviert hat, erkennbar sein, dass er aufgrund seines Literaturstudiums als Autodidakt, der besuchten Ausbildungs- und Fortbildungskurse und aufgrund des „learning by doing” (Wissenserwerb in der Praxis) entsprechendes breit angelegtes Wissen und nicht nur Einzelausschnitte bestimmter Teilgebiete erworben hat.

Im Streitfall hat der Sachverständige zum Vergleich den Studiengang Allgemeine Informatik an der Fachhochschule Köln herangezogen, weil er der Auffassung war, dieser werde von allen in Betracht kommenden Studiengängen vom Kläger am ehesten erfüllt (3.B.V.4., Seite 26 G). Das Gericht hat aus den vom Sachverständigen genannten Gründen keine Bedenken, diesen Ausbildungsgang als Vergleichsmaßstab zu Grunde zu legen. Auch der Kläger hat keine diesbezüglichen Einwendungen erhoben.

Der Sachverständige hat das durch die vorgelegten Ausbildungs- und Tätigkeitsnachweise dokumentierte Wissen des Klägers mit den Kenntnissen verglichen, die ein Absolvent des Studienganges Allgemeine Informatik nach seinem Studienabschluss haben sollte. Er hat festgestellt, dass aus den vorgelegten Ausbildungsnachweisen nicht ersichtlich war, dass der Kläger die Themenblöcke Theoretische Grundlagen der Informatik (3.B.IV.4 G, Seite 19) und Pflichtwahlfächer (3.B.IV.8 G, Seite 21) sowie nur teilweise die Themenblöcke Mathematik (3.B.IV.2 G, Seite 19), Systemarchitekturen (3.B.IV.7 G, Seite 21), Hardware(3.B.IV.3 G, Seite 19) und Allgemeine (Wahl-) Fächer (3.B.IV.9 G, Seite 22) abgedeckt hat. Der Sachverständige ging jedoch davon aus, dass auch ohne weiteren Nachweis aufgrund der langjährigen Berufspraxis des Klägers Kenntnisse in diesen Themenblöcken vorhanden waren. So attestierte er dem Kläger in Hardware 25 % (3.B.IV.3 G, Seite 19), in Grundlagen der Informatik 50 % (3.B.IV.4 G, Seite 20), in Systemarchitekturen (3.B.IV.7 G, Seite 21) 50 % und in Pflicht-Wahlfächern 100 % (3.B.IV.8 G, Seite 22) der geforderten Semesterstunden. Weder Ausbildung noch Literaturstudium noch die durch wenige Arbeitsproben nachgewiesene Tätigkeit des Klägers ließen jedoch für den Sachverständigen erkennen, dass dessen Kenntnisse in den Fächern Mathematik, Hardware, Grundlagen der Informatik und Systemarchitekturen derjenigen eines Fachhochschulabsolventen entsprachen. Wenn der Sachverständige bei diesem Befund feststellt, dass „die berufliche Tätigkeit auf einem zu schmalen Pfad verläuft, um daraus Kenntnisse unter Beweis zu stellen, die in Breite und Tiefe in ausreichendem Maße anstelle der fehlenden Ausbildungsnachweise gewertet werden könnten”, so schließt sich das Gericht dieser nachvollziehbaren Beurteilung an. Der Kläger ist auf seinem Gebiet ein Fachmann und übertrifft insoweit die geforderten Ausbildungsinhalte erheblich. Andererseits verfügt er nicht über die Breite eines Wissens, wie sie an den (Fach-) Hochschulen in vergleichbaren Studiengängen gelehrt werden. Umfassende theoretische Grundlagen, wie sie in einem Studium erarbeitet werden, hat der Kläger nicht nachweisen können.

c) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist es sachgerecht, für die Beurteilung, ob ein Steuerpflichtiger einen einem Ingenieur ähnlichen Beruf ausübt, auch auf seine Ausbildung abzustellen. Wer über ein gründliches und umfassendes theoretisches Wissen in seinem Beruf verfügt, vermag auch relativ einfach erscheinende Probleme in einem größeren Zusammenhang zu sehen und damit sicherer zu beurteilen als jemand, der dies nur aufgrund einer vorwiegend praktischen Ausbildung sowie seiner praktischen Erfahrungen tut. Im Übrigen ist der Gesetzgeber befugt, Berufsbilder festzulegen und damit auch, wer Angehöriger dieses Berufes ist. Bei der Auslegung des § 18 EStG können diese Berufsbilder zugrunde gelegt werden. Das gilt sowohl für die Beurteilung der Berufstätigkeit eines der sog. Katalogberufe als auch für die Beurteilung der „ähnlichen Berufe” (BFH, Urteil vom 22. Januar 1988 III R 43 – 44/85, BStBl II 1988, 497 , 500). Das Gericht folgt daher nicht der Auffassung des Finanzgerichts Hamburg (Urteil vom 27.04.2006 6 K 120/06, EFG 2006, 1324 ), wonach ein selbstständiger EDV-Berater ohne Hochschulabschluss, der im Bereich der Systemtechnik bzw. der Entwicklung komplexer Anwendersoftware tätig ist, auch dann eine ingenieurähnliche und damit freiberufliche Tätigkeit ausübt, wenn er nicht über ein ingenieurähnliches Grundlagenwissen verfügt.

d) Dem Antrag auf Durchführung einer Wissensprüfung war nicht zu entsprechen.

Das Finanzgericht muss aufgrund seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) zwar grundsätzlich den vom Kläger gestellten Anträgen zur Erhebung von Beweisen, die geeignet erscheinen, den erforderlichen Nachweis der Kenntnisse zu erbringen, entsprechen, wenn diese Tatsachen nicht bereits zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Die Entscheidung über die Einholung eines solchen Gutachtens steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BFH, Beschlüsse vom 22.08.2006 IV B 109/04, BFH/NV 2006, 2288 ; vom 16. Juni 2005 IV B 187/03, BFH/NV 2005, 2015 ; Urteil vom 26. Juni 2002 IV R 56/00, BStBl II 2002, 768 ).

Eine Wissensprüfung ist geeignet, den Nachweis über ein aktuell vorhandenes Wissen zu erbringen. Sie lässt jedoch keinen Rückschluss darauf zu, dass der Kläger bereits im Streitzeitraum die erforderlichen Kenntnisse besaß. Das Gericht ist schon aus diesem Grund der Auffassung, dass angesichts dessen, dass die Streitjahre heute mehr als acht Jahre zurückliegen, eine Wissensprüfung nicht den Nachweis erbringen könnte, dass der Kläger in den Jahren 1994 – 1999 über ausreichende Kenntnisse verfügte.

Außerdem hätte der Kläger dem Gericht konkret vortragen müssen, dass er sich die Kenntnisse angeeignet habe, die ihrer Breite und Tiefe nach denjenigen eines Ingenieurs bzw. Informatikers entsprechen. Der Kläger hat aber (trotz Aufforderung des Sachverständigen) nur praktische Arbeiten der Jahre 1996 und 1997 vorgelegt, aus denen der Sachverständige keine Rückschlüsse auf die von ihm als fehlend attestierten Ausbildungsinhalte ziehen konnte. Dabei hat der Sachverständige allein auf Grund der langjährigen Berufsausübung auch Kenntnisse zu Gunsten des Klägers unterstellt, die nicht durch die vorgelegten Ausbildungs- und Tätigkeitsnachweise bestätigt wurden. Bei dieser Sachlage hätte es nach Erstellung des Gutachtens entsprechender Ausführungen des Klägers bedurft, z.B., warum es ihm nicht möglich war, weitere Arbeitsproben einzureichen bzw. weitere Ausbildungsmaßnahmen darzulegen, aus denen auf die konkret vom Sachverständigen vermissten Kenntnisse hätte geschlossen werden können. Nach Aktenlage lässt sich somit aus den vorgetragenen Tatsachen nicht erkennen, dass der Kläger über hinreichende Kenntnisse verfügen könnte (vgl. BFH, Urteil vom 19. September 2002 IV R 74/00 , BStBl II 2003, 27 und in BStBl II 2002, 768 ).

3. Der Beklagte hat den Kläger auch zu Recht auf die Buchführungspflicht hingewiesen und deren Beginn auf den 1. Januar 2002 festgelegt.

Gem. § 141 Abs. 1 AO ( in der für 2001 geltenden Fassung) sind gewerbliche Unternehmer, die nach den Feststellungen der Finanzbehörde für den einzelnen Betrieb einen Gewinn von mehr als 48.000 DM im Wirtschaftsjahr gehabt haben, auch dann verpflichtet, für diesen Betrieb Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, wenn sich eine Buchführungspflicht nicht aus § 140 AO ergibt. Die §§ 238, 240 bis 242 Abs. 1 und die §§ 243 bis 256 des Handelsgesetzbuches gelten sinngemäß, sofern sich nicht aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt. Die vorgenannte Verpflichtung ist vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn dieser Verpflichtung hingewiesen hat (§ 141 Abs. 2 Satz 1 AO) .

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift waren in den Streitjahren erfüllt. Der Kläger hat gewerbliche Einkünfte erzielt und sein Gewinn überstieg in den Streitjahren 48.000 DM.

Nach § 141 Abs. 2 AO 1977 ist die Buchführungspflicht vom Steuerpflichtigen erst vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung erfolgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn der Buchführungspflicht hingewiesen hat. Diese Mitteilung hat als rechtsgestaltender Verwaltungsakt selbständige Bedeutung (BFH, Urteil vom 2.Dezember 1982 IV R 8/82 , BStBl II 1983, 254 ).

Stellt die Finanzbehörde das Überschreiten eines der in § 141 Abs. 1 genannten Grenzwerte fest, hat sie die Buchführungsaufforderung zu erlassen. § 141 Abs. 2 Satz 1 AO ist insoweit zwingendes Recht (Drüen in Tipke/Kruse, § 141 AO Tz. 24 m.w.N.). Deshalb hat der Beklagte den Kläger zu Recht aufgefordert, zu Beginn der Buchführungspflicht eine Eröffnungsbilanz aufzustellen und diese bis zum 31. Januar 2001 beim Beklagten einzureichen.

4. Da die Klage abzuweisen war, fallen dem Kläger die Kosten des Verfahrens gem. § 135 Abs. 1 FGO zu Last.

5. Die Revision war zuzulassen. Beim BFH ist ein Revisionsverfahren anhängig, in dem es um die im Streitfall erhebliche Rechtsfrage geht, ob ein selbstständiger EDV-Berater ohne Hochschulabschluss, der im Bereich der Systemtechnik bzw. der Entwicklung komplexer Anwendersoftware tätig ist, auch dann eine ingenieurähnliche und damit freiberufliche Tätigkeit ausübt, wenn er nicht über ein ingenieurähnliches Grundlagenwissen verfügt (XI R 29/06). Darüber hinaus sind die Voraussetzungen einer Wissensprüfung nicht hinreichend geklärt. Das Gericht hält eine Wissensprüfung schon deshalb im finanzgerichtlichen Verfahren nicht für angezeigt, weil sich wegen des Zeitablaufs zwischen

Veranlagungszeitraum und gerichtlichem Verfahren die konkret im Streitjahr vorhandenen Kenntnisse nicht werden nachweisen lassen.

Können Rabatte von dritter Seite Arbeitslohn darstellen?

Können Rabatte von dritter Seite Arbeitslohn darstellen?

Kernproblem

Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die im Rahmen des Dienstverhältnisses gewährt werden. Dabei ist gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht oder unter welcher Bezeichnung oder Form sie gewährt werden. Arbeitslohn kann ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie Entgelt des Arbeitnehmers für eine Leistung im Rahmen des Dienstverhältnisses mit seinem Arbeitgeber darstellt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich jüngst mit der Frage des Arbeitslohns von dritter Seite bei Rabattgewährung beschäftigt.

Sachverhalt
Der Lieferant eines Krankenhauses räumte den etwa 750 Krankenhaus-Mitarbeitern Vorteile beim Erwerb von Apothekenartikeln ein. Die Mitarbeiter erhielten bei der Bestellung von ihrem Arbeitsplatz aus einen Nachlass auf den üblichen Apothekenendpreis. Die Bezahlung erfolgte durch die Arbeitnehmer. Weil das Krankenhaus jedoch die Bekanntmachung des Mitarbeiter-Vorteilsprogramms und die Lieferung am Arbeitsplatz duldete, gelangte das Finanzamt anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass Arbeitslohn von dritter Seite vorläge. Die Klage des Krankenhauses gegen den Haftungsbescheid sah das Finanzgericht als begründet an, weil nach dessen Überzeugung das eigene Interesse des Lieferanten an einer Kundengewinnung und Gewinnmaximierung durch Synergieeffekte Anlass der Vorteilsgewährung war. Die Finanzverwaltung zog weiter zum BFH.

Entscheidung
Der BFH wies die Revision zurück. Arbeitslohn liege nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt werde. Hierbei sei das vom Finanzgericht gewürdigte eigene Interesse des Lieferanten naheliegend. Allein der Umstand, dass der Preisnachlass nicht auch Arbeitnehmern anderer (nicht belieferter) Krankenhäuser gewährt werde, könne den Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteilsgewährung und Arbeitsleistung nicht begründen. Davon sei erst auszugehen, wenn der Arbeitgeber z. B. einen ihm zustehenden Vorteil an seine Mitarbeiter weitergebe. Zwar könne die Mitwirkung des Arbeitgebers an der Rabattgewährung für Arbeitslohn sprechen; zwingend sei das jedoch nicht. Allein die Informationsgestellung (Schwarzes Brett) und Duldung der Auslieferung ließe kein aktives Mitwirken erkennen.

Konsequenz
Nach der Verwaltungsauffassung reicht das Mitwirken des Arbeitgebers für Arbeitslohn aus. Hieran kann nach dieser Entscheidung nicht mehr festgehalten werden.

Eigener Hausstand auch bei Mehrgenerationenhaushalt?

Eigener Hausstand auch bei Mehrgenerationenhaushalt?

Kernproblem

Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind Werbungskosten. Das gilt unabhängig vom Familienstand. Wohnen jedoch Alleinstehende im Haus der Eltern, bezweifelt das Finanzamt häufig das Vorliegen eines eigenen Haushalts. Wenn der Finanzbeamte stutzig wird und nach den Kosten im „Hotel Mama“ fragt, fehlen nicht selten die Argumente oder noch besser Belege einer Kostenübernahme. Dabei gibt die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Anlass zur Hoffnung.

Sachverhalt
Der in den Streitjahren 31-jährige nichtselbstständige Sohn unterhielt einen Haushalt im elterlichen Mehrgenerationenhaus. Das Haus verfügte über 5 Wohn- bzw. Schlafzimmer, 2 Badezimmer und eine Küche. Davon waren 2 Zimmer und ein Bad in den über einen separaten Eingang erreichbaren Kellerräumen belegen, in denen der Sohn lebte. In dem im Keller gelegenen Bad befand sich die einzige Waschmaschine des Hauses, die die Eltern mitbenutzten. Dagegen nutzte der Sohn die Küche und den einzigen Telefonanschluss im Reich der Eltern mit. Eine Miete wurde nicht bezahlt. Es war jedoch vereinbart, dass der Sohn neben der Erledigung schwerer körperlicher Arbeiten im Garten die Kosten für Versicherungen, Reparaturen sowie Grundsteuer tragen sollte, während die Eltern alle Betriebskosten (Strom, Heizung, Wasser) übernahmen. Das Finanzamt sah hierin keinen eigenen Haushalt und lehnte den beantragten Werbungskostenabzug – ebenso wie das Finanzgericht – ab.

Entscheidung
Der BFH wies den Fall an das Finanzgericht zurück mit der Begründung, dass ein eigener Hausstand auch im Rahmen eines Mehrgenerationenhaushalts (mit den Eltern) geführt werden könne. Zwar sei die Entgeltlichkeit ein gewichtiges Indiz, aber keine unerlässliche Voraussetzung für das Vorliegen eines eigenen Haushalts. So könne sich der kleinfamilientypische Haushalt der Eltern im Laufe der Zeit zu einem wohngemeinschaftsähnlichen, gemeinsamen und mitbestimmten Mehrgenerationenhaushalt oder gar zum Haushalt des erwachsenen Kindes wandeln, in den die Eltern (z. B. wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit) aufgenommen sind.

Konsequenz
Für die weitere Beurteilung kommt es dem BFH insbesondere auf Größe und Ausstattung der zur Verfügung stehenden Räume mit eigenen Möbeln und Haushaltsgegenständen sowie die Art und Weise der Haushaltsführung im Mehrgenerationenhaushalt an. Dagegen sieht es der BFH als unerheblich an, ob die überlassenen Räume den bewertungsrechtlichen Anforderungen genügen, etwa weil man sich ein Bad oder die Küche teilen muss.

Dacherneuerung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

Dacherneuerung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

Kernproblem

Die Frage, ob vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen als Herstellungskosten oder als (sofort abzugsfähige) Erhaltungsaufwendungen zu behandeln sind, führt häufig zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt. Zu den Herstellungskosten zählen einerseits Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die erstmalige Herstellung eines Vermögensgegenstandes anfallen. Andererseits qualifizieren aber auch Kosten, die aufgrund von Erweiterungen oder für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen, als Herstellungskosten. Ob eine Erweiterung auch angenommen werden kann, wenn der „Mehrraum“ tatsächlich nicht nutzbar ist und lediglich aus praktischen Zwängen verursacht wurde, war Gegenstand eines Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) München.

Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute, deren vermietetes Einfamilienhaus ein undichtes Flachdach hatte. Im Zuge von Sanierungs- und Wärmedämmungsmaßnahmen im Streitjahr 2006 wurde schließlich ein Satteldach installiert. Im diesem Zusammenhang wurde auch ein Kniestock von 1,3 m Höhe errichtet. Das (weder verputzte noch ausgebaute) Dachgeschoss konnte nur durch eine Zugleiter in der Garage erreicht werden, zudem war aufgrund von Sicherheitsbestimmungen die Nutzung als Wohn- und Aufenthaltsraum untersagt. Die Kläger machten die angefallenen Aufwendungen als Erhaltungsaufwendungen bei den Vermietungseinkünften geltend. Im Anschluss an eine Ortsbesichtigung durch das Finanzamt behandelte diese die angefallenen Aufwendungen jedoch als Herstellungskosten. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Richter teilten die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach durch die Baumaßnahme sowohl eine Erweiterung als auch eine wesentliche Verbesserung eingetreten sei. Ausreichend hierfür sei bereits, dass der Dachboden trotz der statischen Unwägbarkeiten zumindest als Abstellraum genutzt werden könne; insoweit sei somit eine Nutzungserweiterung eingetreten. Als irrelevant betrachteten die Richter die Frage, ob für die Nutzung zu Wohnzwecken weitere Baumaßnahmen erforderlich sind.

Konsequenz
Steuerpflichtige sollten beachten, dass für die Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen eine Berücksichtigung von Begleitumständen wie praktische Zwänge nicht in Betracht kommt. Ausschließliches Abgrenzungsmerkmal ist, ob aus der Maßnahme eine Nutzungserweiterung resultiert. Die Nutzungserweiterung muss dabei nicht zwingend die Nutzung zu Wohnzwecken sein.

Keine Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung

Keine Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung

Kernproblem

Die konzerninterne Vergabe zinsloser Darlehen an Tochter- oder Schwestergesellschaften ist nicht nur ein betriebswirtschaftliches Mittel zur Krisenbewältigung, sondern zuweilen auch ein gern genutztes steuerliches Gestaltungsinstrument (z. B. durch „Auftrocknen“ steuerlicher Verlustvorträge). Die steuerbilanzielle Behandlung beim Darlehensnehmer ist unstreitig: Die Verbindlichkeit ist in Abhängigkeit von der Darlehenslaufzeit und mit einem Zinssatz von 5,5 % gewinnerhöhend abzuzinsen. Beim Darlehensgeber besteht hingegen Uneinigkeit: Die Forderung ist zunächst unstreitig zu Anschaffungskosten bzw. zum Nominalwert zu aktivieren. Es stellt sich bei Aufstellung des Jahresabschlusses jedoch die Frage, ob die für eine steuerbilanzielle Abschreibung zwingend notwendige „voraussichtlich dauernde Wertminderung“ aufgrund der Unverzinslichkeit gegeben ist.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die ihrer Tochtergesellschaft (ebenfalls GmbH) im Jahr 2003 Darlehen in Höhe von insgesamt 1,8 Mio. EUR ausreichte. Die Darlehen waren unverzinslich und hatten eine Laufzeit von 9 Jahren. Die Klägerin nahm in der Handels- und Steuerbilanz eine Abschreibung auf 1,1 Mio. EUR vor, die unter Berücksichtigung der Darlehenslaufzeit und einem Zinssatz von 5,5 % dem abgezinsten Wert der Forderung entsprach. Die Finanzverwaltung lehnte eine Abschreibung ab und begründete dies mit der nur vorübergehenden Wertminderung der Forderung. Die Klage gegen die entsprechend geänderten Steuerbescheide blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Die Unverzinslichkeit einer im Anlagevermögen gehaltenen Darlehensforderung alleine rechtfertigt nach Auffassung der Richter keine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung, so dass eine Abschreibung auf den unstreitig niedrigeren Teilwert unzulässig ist. Die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals „voraussichtlich dauernd“ habe unter Berücksichtigung der Eigenart des jeweils in Rede stehenden Wirtschaftsguts zu erfolgen. Im Fall der Darlehensforderung erfolge jedoch spätestens im Fälligkeitszeitpunkt eine Rückzahlung zum Nominalwert, so dass von einer nur vorübergehenden Wertminderung auszugehen sei.

Konsequenz
Wenngleich die Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht frei von Zweifeln ist, überrascht die Entscheidung keineswegs. Sie steht in Einklang mit einer jüngst ergangenen Entscheidung, wonach auch der gesunkene Wechselkurs von festverzinslichen Wertpapieren keine Dauerhaftigkeit der Wertminderung begründet, da am Ende der Laufzeit des Wertpapiers der Inhaber den Nominalwert vergütet bekommt. Ungeachtet dessen ist die zwischenzeitliche Gesetzesänderung zu beachten, wonach Abschreibungen auf im Betriebsvermögen einer GmbH gehaltene Darlehensforderungen gegen andere Konzerngesellschaften regelmäßig steuerlich nicht (mehr) geltend gemacht werden können.