Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Bundesfinanzministerium: Nichtanwendung der Theorie der finalen Betriebsaufgabe

Bundesfinanzministerium: Nichtanwendung der Theorie der finalen Betriebsaufgabe

Kernproblem

Unter Änderung seiner ständigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof (BFH) in 2008 entschieden, dass die Überführung eines Wirtschaftsguts aus einem inländischen Betrieb in eine ausländische Betriebsstätte keine gewinnrealisierende und damit sofort zu versteuernde Entnahme auslöse (Aufgabe der finalen Entnahmetheorie). Folgerichtig entschied der BFH ein Jahr später, dass auch Verlegung des Betriebs in das Ausland nicht zur Annahme einer (fiktiven) Betriebsaufgabe führe (Aufgabe der finalen Betriebsaufgabetheorie). Nachdem das Finanzamt bereits im Mai 2009 auf die vom BFH aufgegebene finale Entnahmetheorie mit einem Nichtanwendungserlass reagierte, stellt er nun mit Schreiben vom 18.11.2011 klar, dass auch die Aufgabe der finalen Betriebsaufgabetheorie nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist. Dies begründet die Finanzverwaltung insbesondere mit den nachfolgenden Gesetzesänderungen.

Reaktionen des Gesetzgebers

Bereits mit Einführung des SEStEG im Jahr 2006 wurde seitens des Gesetzgebers der Versuch unternehmen, eine gesetzliche Normierung der Entstrickungstatbestände zu erreichen. Als Reaktion auf die oben genannten BFH-Entscheidungen nahm der Gesetzgeber im Rahmen des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 weitere „Verbesserungen“ vor. Hierdurch sollte gewährleistet werden, dass die jahrzehntelange BFH-Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zur finalen Entnahme und zur finalen Betriebsaufgabe gesetzlich festgeschrieben wird. Die Änderungen durch das JStG 2010 sind dabei grundsätzlich auch rückwirkend anzuwenden.

Konsequenzen

Die Reaktion der Finanzverwaltung, nämlich auf ein unliebsames Urteil mit einem Nichtanwendungserlass zu antworten, überrascht nicht. Steuerpflichtige sollten sich hiervon aber nicht entmutigen lassen. So ist im Schrifttum zum einen streitig, ob die im Rahmen des JStG 2010 vollzogenen Gesetzesänderungen die vor der Rechtsprechungsänderung geltende Rechtslage wiederherzustellen vermögen. Zum anderen werden auch europarechtliche Bedenken gegen die sofortige Gewinnbesteuerung bei Auslandsverlagerungen geltend gemacht. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sind viele Entstrickungsfragen weiterhin ungelöst, so dass der Steuerpflichtige stets prüfen sollte, ob entsprechende Fälle im Einzelfall offen zu halten sind.

Land- und Forstwirtschaft: Zuordnung entfernt liegender Grundstücke

Land- und Forstwirtschaft: Zuordnung entfernt liegender Grundstücke

Kernaussage

Inwieweit ein Grundstück, das über 100 km von einer Hofstelle entfernt liegt, noch dem notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen eines aktiv bewirtschafteten oder verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zugeordnet werden kann, entschied kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH).

Sachverhalt

Der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs, der von 1992 bis 2005 als Ganzes verpachtet war, kaufte im Jahr 1996 eine rund 80 km entfernte landwirtschaftlich genutzte Fläche. Zum Zeitpunkt des Flächenkaufs war diese noch bis 2002 an einen dritten Landwirt verpachtet. Der Pachtvertrag wurde bis Ende September 2005 jeweils um ein weiteres Jahr verlängert. Ab Oktober 2005 ließ der Eigentümer sowohl seinen Betrieb als auch die erworbene Fläche durch einen Lohnunternehmer bewirtschaften. Der Kauf der Fläche wurde mittels einer gewinnmindernden, gebildeten, aus Flächenverkäufen resultierenden Rücklage finanziert, die in voller Höhe auf die neue Fläche übertragen wurde. Die neue Fläche wurde in der Bilanz 1996/97 ausgewiesen und die gebildete Rücklage erfolgsneutral aufgelöst. Aus Sicht des Betriebsprüfers war die neue Fläche nicht dem Betriebsvermögen zuzuordnen, da nach dessen Auffassung insbesondere eine Distanz von 80 km einen einheitlichen Betrieb faktisch unmöglich mache. Infolgedessen sei die zuvor gebildete Rücklage nicht auf die Fläche übertragbar und müsse gewinnerhöhend aufgelöst werden. Dagegen klagte der Eigentümer und unterlag schließlich vor dem BFH.

Entscheidung

Nach Ansicht der Richter war eine gewinnneutrale Auflösung der Rücklage nicht möglich. Allerdings sei die Zuordnung einer zusätzlich erworbenen Fläche zum Betriebsvermögen nicht ausschließlich von der räumlichen Distanz sowie dem zwischen dem Kauf und dem Bewirtschaftungsbeginn liegenden Zeitraum abhängig. So sei für eine Zuordnung zum Betriebsvermögen vielmehr entscheidend, ob sich für den Betrieb das Gesamtbild eines einheitlichen Betriebs ergebe. Ein solches besteht allgemein dann, wenn eine hohe Intensität zwischen den einzelnen Betriebsteilen existiert, welche durch das Bestehen eines wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Zusammenhangs gekennzeichnet ist. Hinsichtlich der räumlichen Nähe zum Betrieb zieht der BFH die Grenze bei 100 km; bei größeren Entfernungen ist eine Zuordnung zum Betriebsvermögen nicht mehr gegeben.

Konsequenz

Ist sowohl die Entfernung zwischen den Betriebsteilen als auch der Bewirtschaftungsbeginn in Hinblick auf das Gesamtbild eines einheitlichen Betriebs kritisch zu beurteilen, ist darauf zu achten, bereits zum Zeitpunkt des Kaufs Indizien zu schaffen, die ein solches Gesamtbild stärken. So sind z. B. noch existierende Pachtverträge frühestmöglich zu kündigen. Besteht eine größere Entfernung zwischen den Betriebsteilen, sollte durch eine ausreichende Dokumentation die Verflechtung der Betriebsteile nachgewiesen werden.

Bundesfinanzministerium: Keine Anerkennung der grenzüberschreitenden gewerbesteuerlichen Organschaft

Bundesfinanzministerium: Keine Anerkennung der grenzüberschreitenden gewerbesteuerlichen Organschaft

Grundlagen

Mit Urteil aus Februar 2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine grenzüberschreitende gewerbesteuerliche Organschaft zwischen einer inländischen Untergesellschaft und einer britischen Obergesellschaft für das Streitjahr 1999 anerkannt. Zwar ergebe sich dies nicht aus dem Gesetzeswortlaut, wonach zwingende Voraussetzung für die Anerkennung einer Obergesellschaft als Organträger ist, dass diese ihre Geschäftsleitung im Inland hat. Das Erfordernis einer inländischen Geschäftsleitung verstoße jedoch gegen das im Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Großbritannien vereinbarte Diskriminierungsverbot. Dieses gebiete, dass ein inländisches Unternehmen, welches von im Ausland ansässigen Anteilseignern beherrscht werde, nicht schlechter behandelt werden dürfe als ein inländerbeherrschtes Inlandsunternehmen.

Bedeutung des Urteils

Das Urteil des BFH ist auf aktuelle Sachverhalte nicht unmittelbar übertragbar. Die Anerkennung einer gewerbesteuerlichen Organschaft – wie auch seit jeher die körperschaftsteuerliche Organschaft – erfordert, anders als im Streitjahr 1999, nunmehr auch den Abschluss und die tatsächliche Durchführung eines Ergebnisabführungsvertrags. Enthält das jeweils anzuwendende DBA daher eine Diskriminierungsklausel entsprechend der des OECD-Musterabkommens, wird eine grenzüberschreitende Organschaft nur anerkannt, wenn neben den sonstigen Voraussetzungen auch ein Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen und durchgeführt wird. Ob und inwieweit das Erfordernis eines Ergebnisabführungsvertrags für die Anerkennung eines Organschaftsverhältnisses wiederum den Anforderungen des Europarechts entspricht, ist derzeit noch ungeklärt.

Reaktion der Finanzverwaltung

Mit Schreiben vom 27.12.2011 hat die Finanzverwaltung erwartungsgemäß mit einem Nichtanwendungserlass auf die Entscheidung des BFH reagiert. Demnach ist das Urteil nicht über den entschiedenen Einzelsachverhalt hinaus anzuwenden.

Konsequenz

Die Europatauglichkeit der aktuellen Organschaftsregelungen ist eines der umstrittensten Themen des internationalen Steuerrechts. Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen, wie auch das aktuelle Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission zeigt. In diesem äußert die Kommission europarechtlichen Bedenken gegen das Erfordernis des doppelten Inlandsbezugs von Organgesellschaften, wonach diese sowohl ihren Sitz als auch ihre Geschäftsleitung in Deutschland haben müssen. Fraglich ist, ob diese Bedenken durch ein im März 2011 veröffentlichtes Schreiben des Bundesfinanzministeriums beseitigt sind. Aufgrund der hohen Komplexität der Materie sowie der sich ständig weiterentwickelnden Rechtsgrundsätze sollte in der Praxis in Fällen von grenzüberschreitenden Organschaften stets die Heranziehung eines steuerlichen Beraters erwogen werden.

Behindertendienstfahrten umsatzsteuerfrei?

Behindertendienstfahrten umsatzsteuerfrei?

Kernfrage

Leistungen eines Wohlfahrtsverbandes sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit. So müssen die Leistungen unter anderem unmittelbar dem nach der Satzung begünstigten Personenkreis zugute kommen. Mit der Auslegung des Begriffs der Unmittelbarkeit hatte sich kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH) zu befassen.

Sachverhalt

Ein Wohlfahrtsverband betreibt einen Fahrdienst. Gemäß der Bestimmungen der Verträge, die der Verband mit gemeinnützigen Organisationen, dem Amt für Kindertagesstätten, sowie dem Jugend- und dem Sozialamt abgeschlossenen hat, werden Menschen zu den entsprechenden Einrichtungen befördert. Die meisten der beförderten Menschen sind Personen, die hilfsbedürftig und nach der Satzung des Vereins begünstigt sind. Das Finanzamt jedoch lehnte die Anwendbarkeit der Umsatzsteuerbefreiung ab und unterwarf die Umsätze dem Regelsteuersatz. Dagegen klagte der Verband und bekam Recht.

Entscheidung

Der BFH erkannte die Umsatzsteuerbefreiung an. Die Leistungen kommen dem begünstigten Personenkreis auch dann unmittelbar zugute, wenn das Unternehmen Fahrdienstleistungen ohne Zwischenschaltung Dritter an Menschen mit Behinderung erbringt und dabei aufgrund eines mit einer anderen Person abgeschlossenen Vertrags tätig wird. Die Unmittelbarkeit ist leistungsbezogen auszulegen. Entscheidend ist, dass der Wohlfahrtsverband die Fahrdienstleistungen ohne Zwischenschaltung Dritter tatsächlich an die hilfsbedürftigen Personen selbst erbringt.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zu begrüßen. Die Finanzverwaltung wird ihre gegenläufige Auffassung im Umsatzsteueranwendungserlass anpassen müssen.

Revidiertes Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz in Kraft

Revidiertes Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz in Kraft

Grundlagen

Am 27.10.2010 wurde das revidierte Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz (DBA-Schweiz) unterschrieben. Das unterzeichnete DBA richtete sich dabei nach dem OECD-Standard und änderte das bereits seit 1971 bestehende DBA in wesentlichen Punkten. Der zu seinem Inkrafttreten notwendige Austausch der Ratifikationsurkunden erfolgte jedoch erst am 21.12.2011. Entgegen des ursprünglichen Zeitplans findet somit ein Teil der Neuregelungen erst mit Wirkung ab dem 1.1.2012 Anwendung. Die wesentlichen Änderungen des revidierten DBA lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Quellensteuererleichterungen für Dividenden

Ein Quellensteuerabzug auf Dividenden hat zukünftig bereits zu unterbleiben, wenn die im anderen Land ansässige beteiligte Gesellschaft für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 12 Monaten unmittelbar mindestens 10 % (zuvor: 20 %) der Anteile besitzt. Die Erleichterung gilt für sämtliche Dividenden, die am oder nach dem 1.1.2011 fällig werden.

Schiedsklausel

Beide Staaten haben sich auf die Einführung einer Schiedsklausel als Ergänzung bzw. Erweiterung zum Verständigungsverfahren geeinigt. Das Schiedsverfahren wird unter bestimmten Voraussetzungen durchgeführt, wenn sich die zuständen Behörden im Fall einer abkommenswidrigen Situation nicht im Rahmen eines Verständigungsverfahren einigen konnten.

Große Auskunftsklausel

Wesentliche Änderung des revidierten DBA ist die Vereinbarung einer sogenannten großen Auskunftsklausel. Nach der kleinen Auskunftsklausel können nur Auskünfte erbeten oder übermittelt werden, die zur Durchführung des DBA selbst notwendig sind. Demgegenüber sieht die große Auskunftsklausel die Übermittlung aller Auskünfte vor, die zur Anwendung des DBA oder des innerstaatlichen Rechts eines Vertragsstaats über die unter das Abkommen fallenden Steuern erforderlich sind. Auskünfte können z. B. über die Richtigkeit von Tatsachenbehauptungen oder über Beweismittel, die zur steuerlichen Beurteilung erforderlich sind, angefordert werden. Auskünfte zur Durchführung rein innerstaatlichen Rechts, wie beispielsweise Spontanauskünfte, sind somit ebenfalls zulässig.

Konsequenz

Das nunmehr endgültig in Kraft getretene revidierte DBA ist streng zu trennen vom – auch in der breiten Öffentlichkeit kontrovers diskutierten – Steuerabkommen zur Behandlung von Kapitalanlagen deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz vom 21.9.2011. Dieses befindet sich derzeit noch im Ratifizierungsprozess, wobei es unsicher erscheint, ob der Bundesrat seine Zustimmung erteilen wird. Das Steuerabkommen, das am 1.1.2013 in Kraft treten soll, sieht insbesondere eine Abgeltungsteuer auf zukünftige Erträge sowie eine Pauschalbesteuerung für bislang nicht versteuerte Kapitalanlagen vor.

Nur noch „eine“ Betriebsstätte bei selbstständiger Tätigkeit

Kernproblem

Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Sommer 2011 entschieden, dass ein Arbeitnehmer – wenn überhaupt – nur eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann. Entgegen des bisherigen Rechtsverständnisses sei für die Einordnung als regelmäßige Arbeitsstätte eine zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsstätten erforderlich. Die Frage nach dem Ort der regelmäßigen Arbeitsstätte stellt sich insbesondere, wenn Arbeitnehmer fortdauernd und immer wieder verschiedene Tätigkeitsstätten des Arbeitgebers aufsuchen. Die Festlegung des Orts und der Anzahl der Arbeitsstätten hat neben der Anwendung des Reisekostenrechts auch Auswirkungen auf die Berechnung des geldwerten Vorteils bei der privaten Nutzung eines Firmen-Pkw. Gegenstand eines Gerichtsverfahrens vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg war nunmehr die Frage, ob diese Grundsätze auch analog für den Bereich der selbstständig Tätigen, die begrifflich keine Arbeitsstätten sondern Betriebsstätten unterhalten, gelten.

Sachverhalt
Ein Ehepaar klagte, weil der Ehemann in den Veranlagungsjahren 2001-2003 sowohl als Personalberater als auch als Dozent bzw. Prüfer an verschiedenen Bildungseinrichtungen tätig war. Die Personalberatertätigkeit übte er im Erdgeschoss des eigenen Hauses aus. Für seine Dozenten- und Prüfertätigkeiten musste er hingegen u. a. verschiedene Hochschulen aufsuchen. Das Finanzamt wertete sämtliche Fahrten zu den Hochschulen als begrenzt abzugsfähige Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Hiergegen klagte der Steuerpflichtige, da er diese Fahrten als unbegrenzt abzugsfähige Reisekosten zum Abzug bringen wollte.

Entscheidung

Das Gericht gab der Klage des Steuerpflichtigen statt und ließ die Aufwendungen als Reisekosten in unbegrenztem Umfang zum Abzug zu. In seiner Urteilsbegründung bezieht sich das Gericht maßgeblich auf die o. g. Rechtsprechungsänderung des BFH: Wenn ein Arbeitnehmer nur (maximal) eine Arbeitsstätte haben kann, könne auch ein Selbstständiger nicht mehrere Betriebsstätten haben. Eine andere Auffassung würde der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Selbstständigen entgegenstehen.

Konsequenz

Selbstständig Tätige, die an verschiedenen Orten regelmäßig tätig sind, können ebenfalls (max.) eine regelmäßige Betriebsstätte haben. Dies ist derjenige Standort, an dem sich der ortsgebundene Mittelpunkt der Tätigkeit befindet. Fahrten zwischen der Wohnung und dieser Betriebsstätte sind (weiterhin) nur begrenzt im Rahmen der sog. Pendlerpauschale abzugsfähig. Die Fahrten zu den übrigen Betriebsstätten werden als unbegrenzt abzugsfähige Reisekosten berücksichtigt. Das Finanzamt hat gegen die Entscheidung Revision eingelegt. Es erscheint indes eher unwahrscheinlich, dass der BFH dieser stattgibt.

Zur Ermittlung des Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrags

Zur Ermittlung des Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrags

Kernfrage

Aufgrund der Umstellung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren waren verschiedene Übergangsregelungen seitens des Gesetzgebers erforderlich. So sieht das Körperschaftsteuergesetz (KStG) eine Körperschaftsteuererhöhung vor, wenn im Zeitpunkt der Umstellung ein positiver Endbestand an EK 02 festgestellt wurde. Zum 1.1.2007 wurde eine Neuregelung derart vorgenommen, dass die Ermittlung des Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrags unabhängig vom Ausschüttungsverhalten der Körperschaft erfolgt. Der Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrag beträgt demnach grundsätzlich 3 % des zum 31.12.2006 festgestellten Betrags an EK 02, ist jedoch auf den Betrag beschränkt, der sich ergeben würde, wenn die Körperschaft ihr gesamtes zum 31.12.2006 vorhandenes „Eigenkapital laut Steuerbilanz“ für eine Ausschüttung verwenden würde. Höchstrichterlich entschieden war bislang noch nicht, ob bei der Höchstbetragsberechnung das Eigenkapital um das Nennkapital zu kürzen ist.

Sachverhalt

Streitgegenstand war die Festsetzung des Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrags einer GmbH auf den 31.12.2006. Nach Auffassung des Finanzamts war für die Festsetzung von einem Eigenkapital laut Steuerbilanz i. H. v. 198.937 EUR auszugehen. Dieser Betrag beinhaltete auch das Nennkapital von 103.000 EUR. Die GmbH klagte gegen die Festsetzung, da ihrer Meinung nach das Nennkapital nicht zu berücksichtigen sei. Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte der Auffassung der GmbH.

Entscheidung

Für die Ermittlung des Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrags sei eindeutig auf das Eigenkapital abzüglich des Nennkapitals abzustellen. Dies ergebe sich sowohl aus dem Gesetzestext als auch der Gesetzesbegründung. Für eine derartige Auslegung spräche zudem der Sinn und Zweck der Vorschrift, da auch während des Anrechnungsverfahrens die Rückzahlung von Nennkapital grundsätzlich nicht zur Herstellung einer Ausschüttungsbelastung führe.

Konsequenz

Das für den Steuerpflichtigen günstige Urteil des BFH ist wenig überraschend, war doch schließlich schon zuvor wohl einhellige Auffassung im Schrifttum, dass für die Höchstbetragsermittlung des Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrags auf das um das Nennkapital gekürzte Eigenkapital abzustellen ist. Ungeklärt ist aber weiterhin, ob die Urteilsgrundsätze auch analog für den Bestand der nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen (steuerliches Einlagekonto) angewandt werden können.

Wer hat noch den Durchblick beim ermäßigten Steuersatz?

Wer hat noch den Durchblick beim ermäßigten Steuersatz?

Rechtslage

Der ermäßigte Steuersatz steht nicht nur national, sondern auch auf Ebene der Europäischen Union zur Diskussion. Geändert hat sich allerdings bisher noch nicht viel. Nach wie vor existiert eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen, die in der Praxis kaum zu überblicken ist.

Neue Verwaltungsanweisung

Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen hat kürzlich mit einer aktuellen Verfügung etwas Licht ins Dunkel gebracht. In dem Schreiben werden die Fundstellen der zum ermäßigten Steuersatz ergangenen Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) aufgelistet.

Konsequenz

Die Verfügung eignet sich zur Recherche hinsichtlich der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Die erfassten Schreiben decken nahezu die gesamte Bandbreite dieser Thematik ab. So sind sowohl BMF-Schreiben zu aktuellen Themen erfasst, wie z. B. zu Beherbergungsleistungen, als auch solche zu exotischen Themen, wie z. B. der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für getrocknete Schweineohren.

Bundesfinanzministerium folgt der neuen Systematik des Vorsteuerabzugs

Bundesfinanzministerium folgt der neuen Systematik des Vorsteuerabzugs

Rechtslage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte Ende 2010 sowie in 2011 mehrere Grundsatzurteile zum Vorsteuerabzug gefällt. Diese orientierten sich an den europarechtlichen Vorgaben. Sie wichen zum Teil erheblich von der bisherigen, insbesondere durch die Finanzverwaltung vertretenen, Rechtsauffassung ab.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zu den Urteilen in einem umfangreichen Schreiben Stellung bezogen. Besteht demnach ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der bezogenen Leistung und einem (beabsichtigten) Ausgangsumsatz, so entscheidet allein die umsatzsteuerliche Behandlung dieses Ausgangsumsatzes über den Vorsteuerabzug. Mittelbar verfolgte Zwecke sind ohne Bedeutung. Nur wenn ein direkter Zusammenhang zu einem konkreten Ausgangsumsatz fehlt, kann sich ein Vorsteuerabzug nach der Gesamttätigkeit ergeben. Dies gilt aber nur, wenn die bezogene Leistung Bestandteil des Preises der vom Unternehmer erbrachten Leistungen ist.

Konsequenz

Das BMF folgt weitestgehend der Rechtsprechung des BFH. Die Unternehmen müssen nun die neue Systematik beim Vorsteuerabzug spätestens ab dem 1.4.2012 beachten. Diese schränkt im Vergleich zur bisher gängigen Praxis den Vorsteuerabzug dadurch ein, dass nunmehr mittelbar verfolgte Zwecke unberücksichtigt bleiben. So berechtigen Beratungskosten, die in Verbindung mit dem steuerfreien Verkauf einer Beteiligung angefallen sind, nicht zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch dann, wenn der Verkauf der Beteiligung mittelbar dem gesamten Unternehmen zugute kommt und dies ansonsten nur Umsätze erbringt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Eine Aufteilung z. B. nach dem Umsatzschlüssel, entfällt damit zukünftig, sofern die Eingangsleistung in unmittelbarem Zusammenhang mit nicht den Vorsteuerabzug zulassenden Umsätzen steht. Die neue Rechtsauffassung ist jedoch nicht nur nachteilig. So lässt der BFH gerade aufgrund dieser neuen Betrachtungsweise den Vorsteuerabzug aus Dachsanierungen, die in Verbindung mit der Errichtung von Photovoltaikanlagen stehen, zu, welcher von der Finanzverwaltung bisher bestritten wurde.

Istversteuerung: Umsatzgrenze von 500.000 EUR nun dauerhaft

Istversteuerung: Umsatzgrenze von 500.000 EUR nun dauerhaft

Rechtslage

Die Istversteuerung unterwirft Umsätze im Gegensatz zur Sollversteuerung erst der Umsatzsteuer, wenn die Kunden zahlen. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Vorsteuerabzugs bestehen hingegen keine Unterschiede zwischen Ist- und Sollversteuerung.

Sachverhalt

Unter anderem können Unternehmer mit einem Umsatz bis zur Höhe von 500.000 EUR die Istversteuerung nutzen. Allerdings war die Anwendung dieser Umsatzgrenze bisher bis zum 31.12.2011 begrenzt.

Änderung des Umsatzsteuergesetzes (UStG)

Durch das Dritte Gesetz zur Änderung des UStG wurde die zeitliche Begrenzung der Umsatzgrenze gestrichen; sie gilt nun dauerhaft.

Konsequenzen

Unternehmen, die bisher unter der Grenze lagen und die Istversteuerung angewendet haben, müssen nun nicht mehr befürchten, ab 2012 die Sollversteuerung anwenden zu müssen, weil die Umsatzgrenze verringert wird. Unternehmer, die die Istversteuerung bisher nicht nutzen, aber die Voraussetzungen erfüllen, sollten einen Wechsel zur Istversteuerung prüfen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Liquidität wird gestärkt, da die Umsatzsteuer aus Forderungen nicht vorfinanziert werden muss. Diskussionen mit der Finanzverwaltung, z. B. im Baugewerbe, ob Umsätze fristgemäß der Umsatzsteuer unterworfen wurden, entfallen, da alleine der Geldeingang entscheidend ist. Ebenso muss nicht nachgewiesen werden, dass Forderungen zum richtigen Zeitpunkt ausgebucht wurden, da dies im Rahmen der Istversteuerung unerheblich ist. Wer prüfen möchte, ob die Istversteuerung für ihn in Frage kommt, muss beachten, dass die Umsätze, die bestimmend für die Umsatzgrenze sind, nicht identisch mit den handelsrechtlichen Erlösen und Erträgen sind.