Gewinnerzielungsabsicht eines Rechtsanwalts

Zur Gewinnerzielungsabsicht eines Rechtsanwalts mit Angestellten

FG Münster, Urteil v. 22.8.2012 – 7 K 2000/11 E
Eine einkommensteuerlich relevante Betätigung ist nach der Rechtsprechung des BFH nur gegeben, wenn die Absicht besteht, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen. Das ist dann der Fall, wenn ein betrieblicher Totalgewinn erstrebt wird. Der BFH hat bereits mehrfach klargestellt, dass auch die Tätigkeit eines Steuerberaters, Rechtsanwalts oder Architekten als Liebhaberei zu qualifizieren sein kann, wenn über Jahre hinweg lediglich Erlöse auf geringem Niveau erzielt werden, auf der anderen Seite aber steuerlich Verluste aus der Tätigkeit erklärt werden und diese mit Einkünften aus anderen Quellen verrechnet werden (vgl. u.a. BFH, Urteil v. 31.5.2001 – IV R 81/99, für einen Steuerberater; BFH, Urteil v. 14.11.2004 -XI R 6/02, für einen Rechtsanwalt).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger seine freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt in den Streitjahren 2003 bis 2010 mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt hat. Der Kläger ist seit dem Jahr 1994 Inhaber einer Rechtsanwaltskanzlei. Seit 1996 beschäftigt er eine halbtags tätige Rechtsanwältin und seit dem Jahr 2000 zusätzlich einen Rechtsanwalt in Vollzeit. Die Ehefrau ist in Teilzeit als Bürokraft tätig (400,– EUR-Basis). Bereits seit dem Jahr 1995 verzeichnete der Kläger aus dem Betrieb der Rechtsanwaltskanzlei erhebliche Verluste. Positive Einkünfte erzielte er in den Streitjahren demgegenüber aus Gewerbebetrieb, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung.

Die von den Klägern geltend gemachten negativen Einkünfte sind nicht anzuerkennen, da dem Kläger das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht fehlt. Bei einer Anwaltskanzlei spricht zwar der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Anwalt seine Kanzlei in der Absicht betreibt, Gewinne zu erzielen. Dies kann allerdings nicht in der Weise verstanden werden, dass bei einer Anwaltskanzlei automatisch eine Gewinnerzielungsabsicht unterstellt werden könnte. Als Indiz gegen eine Gewinnerzielungsabsicht spricht im Streitfall, dass der Kläger aus den von ihm erklärten Verlusten steuerliche Vorteile ziehen würde, da seine Verluste mit seinen übrigen positiven Einkünften zu verrechnen wären. Gegen eine Gewinnerzielungsabsicht spricht weiterhin, dass es der Kläger trotz ständiger und nachhaltiger Verluste unterließ, effektive Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität seiner Kanzlei zu ergreifen.