Fragen und Antworten zur Besteuerung von Renten

Warum wurde die Besteuerung der Renten geändert?

Die Änderungen bei der Rentenbesteuerung durch das Alterseinkünftegesetz beruhen auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht hat im Jahre 2002 entschieden, dass die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes unvereinbar ist.

Nach den neuen steuerlichen Bestimmungen liege ich im Jahr 2009 wahrscheinlich mit meinen Einkünften über dem Freibetrag.
Wie soll ich mich verhalten?

Warten Sie bitte nicht ab, bis das Finanzamt Sie auffordert, eine Steuererklärung abzugeben. Um die Erfüllung Ihrer steuerlichen Verpflichtungen kommen Sie ohnehin nicht herum.  erstmals bis zum 31. Mai 2010 müssen Sie für 2009 eine Steuererklärung abgeben. Auf Antrag ist diese Frist verlängerbar.

Ich bin Anfang 2005 in Rente gegangen.
Gibt es eine Faustformel, an der ich mich orientieren kann?

Wer als Alleinstehender nicht mehr als 1.583 Euro an monatlicher Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und keine weiteren Einkünfte etwa aus Vermietung und Verpachtung oder Zinsen über dem Sparerfreibetrag bezogen hat, wird in der Regel keine Steuern zahlen müssen. Bei Verheirateten beträgt die Grenze 3.166 Euro.

Ich gehe erst 2024 in Rente.
Wie wird meine Rente dann versteuert, und was ändert sich jetzt für mich?

Der Besteuerungsanteil der Rente bestimmt sich nach dem Jahr des Rentenbeginns. Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2005 oder früher beträgt der Besteuerungsanteil 50%. Wird erstmals nach dem Jahr 2005 eine Rente gezahlt, steigt der Besteuerungsanteil für Neurentner jährlich um 2% (ab 2021 um 1%). Danach beträgt der Besteuerungsanteil 52 % bei einem Rentenbeginn in 2006, 54 % bei einem Rentenbeginn in 2007 und in der letzten Stufe 100% bei einem Rentenbeginn ab dem Jahr 2040. Im Jahr 2024 gehen somit 84% Ihrer Rente in die steuerliche Berechnung ein; 16% werden in Euro als steuerfreier Anteil lebenslang festgeschrieben. Seit 2005 wird der Arbeitnehmeranteil Ihrer Beiträge für die gesetzliche  Rentenversicherung schrittweise steuerfrei gestellt. Es ist zu empfehlen, das dadurch gesparte Geld für eine private Altersvorsorge zu verwenden. Informieren Sie sich vor allem über geförderte Altersvorsorgeprodukte wie die Riester-Rente, die neue private Leibrente oder eine betriebliche Altersversorgung. Auch die Rentenversicherer, private Anbieter oder Verbraucherzentralen helfen Ihnen dabei weiter.

Ich habe im Jahre 1999 eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen, die 2012 fällig wird.
Wird die Auszahlung versteuert?

Nein, die Kapitalauszahlung ist steuerfrei, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, zum Beispiel, wenn die Versicherung mindestens zwölf Jahre lief und wenigstens fünf Jahre lang Beiträge gezahlt wurden.

Ich beziehe seit Anfang 2008 eine Witwenrente.
Wie erfolgt die Besteuerung, wenn mein verstorbener Ehemann zuvor noch keine Rente erhalten hat?
Werden die Steuern direkt einbehalten?

Die Witwenrente gehört ebenfalls zum steuerpflichtigen Einkommen. Da ihr Ehemann zuvor noch keine Rente bezogen hat, entscheidet das Jahr, in dem sie die Witwenrente erstmalig bekommen, über deren steuerpflichtigen Anteil. Da Sie die Witwenrente erstmals in 2008 bezogen haben, liegt der steuerfreie Anteil bei 44% der Jahresbruttorente. Dieser Anteil wird in Euro festgeschrieben und gilt dann bis zum Ende dieses Rentenbezugs. Die Steuern werden nicht direkt bei Auszahlung der Rente abgezogen, denn es kann ja sein, dass Sie aufgrund von Freibeträgen und persönlichen steuermindernden Tatbeständen überhaupt keine Steuern zahlen müssen.

Werden Beamten- und Werkspensionen seit 2005 vom Staat höher versteuert?

Nein, die Beamten- und Werkspensionen waren bisher schon voll steuerpflichtig, abgesehen vom Versorgungsfreibetrag. Mit den neuen Regelungen werden gesetzliche Renten und Pensionen nach und nach gleichgestellt, und deshalb wird der Versorgungsfreibetrag bis 2040 schrittweise abgeschafft. Wer erstmals in 2008 eine Pension bezogen hat, für den wird ein Versorgungsfreibetrag von maximal 2.640 Euro lebenslang festgeschrieben. Für Pensionäre hat sich ab 2005 die Werbungskostenpauschale von 920 auf 102 Euro verringert. Um Härten auszugleichen, gibt es stattdessen zunächst einen individuellen auf Dauer gleichbleibenden Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag, der 792 Euro in 2008 beträgt.

Ich beziehe bereits eine private Rente.
Wird diese seit dem Jahr 2005 auch höher versteuert?

Nein, im Gegensatz zur gesetzlichen Rente bleibt es hier bei der Ertragsanteilbesteuerung. Wenn Sie die private Rente seit Ihrem 65. Lebensjahr beziehen, dann beträgt ab 2005 der steuerpflichtige Anteil 18%. Woher weiß denn das Finanzamt, wie hoch meine Rente ist, und muss ich tatsächlich eine Steuererklärung bei meinem Finanzamt abgeben? Ab 2006 sind Rentenversicherer, Versorgungswerke und private Versicherer verpflichtet, die Höhe der gezahlten Leistungen an die Zentrale Zulagenstelle der Rentenversicherung Bund zu melden.  Diese wird die Meldung an die Finanzämter weitergeben. Verschweigen können Sie also nichts. Steuerpflichtig ist zunächst jeder Bürger bzw. jede Bürgerin. Ob Sie auch tatsächlich Steuern zahlen müssen, hängt von Ihrem Gesamteinkommen ab.

Was versteht man unter der neuen privaten Leibrente?
Wie wird sie steuerlich behandelt?

Das ist eine Form der privaten Altersvorsorge, die steuerlich der gesetzlichen Rente gleich gestellt wird. Sie darf unter anderem nicht vererbbar, beleihbar, übertragbar und kapitalisierbar sein. Beiträge für die neue Basis-Rente, für die gesetzliche Rente, für berufsständische Versorgungseinrichtungen und landwirtschaftliche Alterskassen können bei Alleinstehenden maximal bis zu einer Summe von 20.000 Euro, im Jahr 2009 höchstens zu 68% = 13.600 Euro steuerlich geltend gemacht werden. Bei Verheirateten sind es 40.000 Euro, in 2009 höchstens 27.200 Euro. Dieser Prozentsatz steigt bis zum Jahre 2025 auf 100%. Die private Basis-Rente kann sowohl von Arbeitnehmern als auch von Selbständigen und Beamten abgeschlossen werden. Genau wie die gesetzliche Rente wird sie bei Auszahlung mit dem neuen Besteuerungsanteil erfasst.

Ich habe eine Direktversicherung in Form einer Rentenversicherung.
Wie erfolgt in diesem Fall die Besteuerung?

Für Direktversicherungen in Form einer Rentenversicherung, die ab 2005 abgeschlossen wurden, gilt: Die Beiträge sind steuerfrei, soweit sie im Kalenderjahr 4% der  Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zuzüglich 1.800 Euro nicht übersteigen. Die Rentenzahlungen müssen bei Inanspruchnahme dieser Steuerfreiheit in der Auszahlungsphase grundsätzlich voll versteuert werden. Für Beiträge in vor dem 01.01.2005 abgeschlossene Direktversicherungen hatte der Arbeitnehmer bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen im Jahr 2005 ein Wahlrecht, weiterhin eine Pauschalversteuerung mit 20% durch den Arbeitgeber vornehmen zu lassen oder die Steuerfreiheit in Anspruch zu nehmen. Die getroffene Entscheidung wirkt für die steuerliche Behandlung der Beiträge fort. Die Besteuerung der Renten in der Auszahlungsphase richtet sich nach der steuerlichen Behandlung der Beiträge in der Einzahlungsphase.

Mir wurde von meinem Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheinigung ausgestellt.
Verliert diese wegen der Einführung der Abgeltungsteuer ab 2009 jetzt ihre Gültigkeit?

Nichtveranlagungsbescheinigungen sind grundsätzlich befristet und in  der Regel drei Jahre gültig. Sollten sich – auch innerhalb der Frist – Ihre Einkommensverhältnisse (z. B. wegen einer Rentenerhöhung) ändern, so dass die steuerlichen Freibeträge überschritten werden, müssen Sie dies dem Finanzamt mitteilen. Die Bescheinigung ist dann zu widerrufen. Durch die Einführung der Abgeltungssteuer ab 2009 ändert sich hinsichtlich der Nichtveranlagungsbescheinigung grundsätzlich nichts. Fallen aufgrund der Höhe Ihres Einkommens  einschließlich der Kapitalerträge) keine Einkommensteuern an, können Sie auch zukünftig unter Offenlegung Ihres Einkommens eine solche Bescheinigung beantragen.

Ich beziehe eine Betriebsrente.
Wie wird diese ab 2005 versteuert?

Hier ist die Rechtslage etwas schwieriger. Entscheidend für die Besteuerung  ist die Form der betrieblichen Altersversorgung und ob die Beiträge überwiegend aus versteuertem oder aus unversteuertem Arbeitsentgelt kamen.

Ich bin Rentnerin, habe mich nie mit Steuerfragen beschäftigt und erst jetzt durch die aktuelle Diskussion gemerkt, dass ich hätte längst Steuern zahlen müssen.
Was soll ich veranlassen?

Suchen Sie bitte Rat bei einem Steuerberater, Lohnsteuerhilfeverein oder Rechtsanwalt. Dort werden dann die für Sie erforderlichen Schritte veranlasst.

Woher weiß ich denn, ob ich Steuern zahlen muss oder nicht?

Sie können sich an das Service-Center Ihres Finanzamtes wenden, das Ihnen in Einzelfragen weiterhilft. Bei einer umfänglichen Beratung ist der Weg zum Steuerberater oder zum Lohnsteuerhilfeverein empfehlenswert.  (Sie können auch unseren kostenlosen Steuerrechner benutzen)

EXIST-Gründerstipendien sind nicht steuerfrei

Stipendien sind nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei, soweit sie zur Förderung der Forschung oder wissenschaftlicher und künstlerischer Aus- oder Fortbildung gewährt werden.

Ein EXIST-Gründerstipendium dient in erster Linie dazu, Existenzgründungsvorhaben auf dem Weg in die Selbstständigkeit zu unterstützen. Das Gründungsklima an Hochschulen und Forschungseinrichtungen soll verbessert werden. Diese Gründerstipendien bezwecken also gerade nicht, Forschung oder wissenschaftliche Ausbildung zu fördern. Vielmehr sind sie darauf gerichtet, den Übergang von der wissenschaftlichen Ausbildung in den Markt zu ermöglichen.

Eine Anwendung der Steuerfreiheit für EXIST-Gründerstipendium kommt daher nach einer Entscheidung auf Bund-/Länderebene nicht in Betracht.

BAYERISCHES LFST 20.5.08, S 2342 – 15 ST 32/ST 33

Mehr Infos zur Steuerfreiheit von Stipendien siehe hier …

Gewerbesteuererklärung 2012

Die Gewerbesteuererklärung und die Zerlegungserklärung sind ab dem Veranlagungszeitraum 2012 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübermittlung zu übermitteln (§ 14a GewStG). Somit ist die Abgabe der vorgenannten Erklärungen nur noch in sog. Härtefällen (§ 150 Abs. 8 AO) in Papierform/auf Papiervordrucken möglich.

Die Gewerbesteuererklärung 2012 können Sie als PDF downloaden. Die Gewerbesteuer-Formulare können lediglich ausgedruckt werden, eine Dateneingabe am PC ist nicht möglich. Steuervordrucke können mit FormsForWeb online ausgefüllt und gespeichert oder als leeres pdf-Dokument heruntergeladen werden. Zum Ausfüllen der Formulare benötigen Sie lediglich Ihren gewohnten Internet Browser (z.B. Internet Explorer oder Firefox). Weitere Papiervordrucke für Ihre Steuererklärung finden Sie im Internet im Formular-Management-System der Bundesfinanzverwaltung: https://www.formulare-bfinv.de/

Formulare zum Ausfüllen am PC
GewSt 1 A
Gewerbesteuererklärung, Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewerbeverlustes und zur gesonderten Feststellung des Zuwendungsvortrags 2012
Inklusive Anleitung

GewSt 1 D
Erklärung für die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags 2012
Inklusive Anleitung

GewSt 1 DE
Ergänzungsblatt zur Erklärung für die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags 2012
Inklusive Anleitung

Anlage ÖHG
Anlage zur Gewerbesteuererklärung – Spartentrennung (2012)

Anlage MU
Anlage zur Gewerbesteuererklärung 2012

Anleitungen
Anleitungen zur Gewerbesteuererklärung/Erklärung zur gesonderten Feststellung 2012

Schutz vor versteckten Steuererhöhungen – Maßnahmen gegen die kalte Progression

Die Bundesregierung hatte bereits am 15.2.12 den Entwurf eines Gesetzes zum Abbau der kalten Progression beschlossen (BT-Drs. 17/8683). Ziel war es, inflationsbedingte und „nicht gewollte Steuerbelastungen“ abzubauen und die Steuerzahler um insgesamt sechs Milliarden EUR zu entlasten. Nach der Blockade im Bundesrat konnte im Vermittlungsausschuss eine „kleine“ Einigung erzielt werden. Danach erhöht sich der Grundfreibetrag in zwei Stufen (2013 auf 8.130 EUR/2014 auf 8.354 EUR). Die prozentuale Anpassung des gesamten Tarifverlaufs war jedoch nicht konsensfähig. Der Bundesrat hat am 1. Februar 2013 den Weg für wichtige Steuerrechtsänderungen frei gemacht. Dazu gehört die Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrages. Die geplante weitergehende Entlastung von Beziehern kleinerer und mittlerer Einkommen durch den Abbau der kalten Progression wurde von der Bundesratsmehrheit weiter blockiert.

 

Der starke wirtschaftliche Aufschwung in den Jahren 2010 und 2011 hat sich bei vielen Menschen auch auf dem Lohnzettel bemerkbar gemacht. Im Schnitt erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Jahr 2012 im Vergleich zu 2010 voraussichtlich 5,9 Prozent mehr Geld. Diese Lohnerhöhungen dienen auch dazu, die Inflation auszugleichen und damit die Kaufkraft zu erhalten. Die Bundesregierung will mit ihrem aktuellen Gesetzentwurf zur Bekämpfung der kalten Progression erreichen, dass die Lohnerhöhungen auch wirklich den Bürgern in vollem Umfang zugutekommen. Der Anteil, der nur die Inflation ausgleicht, soll nicht dem Staat zufallen („heimliche Inflationsgewinne“), sondern bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bleiben. Wenn man hier nicht eingreift, nehmen Bund, Länder und Gemeinden allein durch die Inflation immer mehr ein und der durchschnittliche Arbeitnehmer hat real immer weniger im Portemonnaie. Die Bundesregierung hält es nicht für richtig, dass der Staat solche „Inflationsgewinne“ auf Kosten des Steuerzahlers Ausgleich für die kalte Progression macht, und hat deshalb den Gesetzentwurf zur Bekämpfung der kalten Progression eingebracht.

Gerechte Verteilung

Das Steuersystem in Deutschland ist so aufgebaut, dass Gutverdienende nicht nur absolut, sondern auch relativ gesehen deutlich mehr Steuern zahlen als Menschen mit niedrigem Einkommen. Wer mehr Steuern bezahlt, wird in Euro-Beträgen durch die kalte Progression stärker belastet. Eine gleichmäßige Milderung der Verdeckte Steuererhöhung ausgleichen kalten Progression führt deshalb in diesem Bereich auch zu einer betrags mäßig etwas „höheren“ Entlastung. Prozentual werden höhere Einkommen jedoch durch den Vorschlag der Bundesregierung deutlich weniger entlastet als kleine und mittlere Einkommen. Auch künftig tragen also die hohen Einkommen wesentlich stärker zum Steueraufkommen bei als untere Einkommensgruppen. Dieses Prinzip gilt für Einkommen bis zum Erreichen des Höchststeuersatzes. Dieser wird 2014 ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von rund 55.000 Euro erhoben. Dabei kommt es zu einer Entlastung von absolut rund 380 Euro im Jahr, die für höhere Einkommen – trotz der sehr hohen Steuerbelastung – nicht mehr zunimmt. Das liegt daran, dass die kalte Progression ab hier nicht mehr wirkt.

-> siehe auch Steuerrechner

Der Grenzsteuersatz

Der Steuerbetrag ändert sich mit steigendem Einkommen. Der Grenzsteuersatz gibt an, wie hoch die Steuer für den zuletzt hinzuverdienten Euro des zu versteuernden Einkommens ist. Er steigt zwischen Eingangs- und Spitzensteuersatz kontinuierlich an. Der Höchststeuersatz wird bei einem Einkommen von aktuell 52.882 Euro erreicht. Für sehr hohe Einkommengibt es allerdings noch eine Art Zuschlag, die sogenannte „Reichensteuer“, die den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent (plus Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) festlegt. Er gilt ab einem Jahreseinkommen von derzeit 250.730 Euro bei Ledigen.

Was bedeutet Steuerprogression?

In Deutschland wird die Einkommensteuer nach einem sogenannten progressiven Tarif berechnet. Wer mehr verdient, zahlt prozentual mehr Steuern. Das bedeutet: Für jeden Euro an zusätzlichem Einkommen wird ein höherer Steuersatz veranschlagt. Der Steuerbetrag steigt also nicht gleichmäßig, sondern überproportional.

Warum gibt es eine Steuerprogression?

Starke Schultern tragen mehr – das ist der Grundsatz der deutschen Steuerpolitik. Mit der Steuerprogression belastet der Staat Menschen mit geringem Einkommen auch anteilig weniger als Gutverdienende. So leistet jeder nach seinen Möglichkeiten einen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens.

Welche negativen Auswirkungen kann die Progression haben?

Der progressive Steuertarif kann dann negative Effekte haben, wenn die Einkommensteuersätze nicht die Preisentwicklung, also die Inflation, berücksichtigen. Der Effekt der kalten Progression: Der Grenzsteuersatz für 30.000 Euro zu versteuerndes Einkommen betrug 2010 ca. 32 Prozent, ohne Ausgleich der kalten Progression würde er für ein vergleichbar hohes  Einkommen 2020 auf ca. 35 Prozent steigen.

Wenn das allgemeine Preisniveau beispielsweise um 2 Prozent steigt und die Löhne in gleichem Umfang nach ziehen, dann sollte auch die Steuerlast nur um 2 Prozent steigen. Das progressive Steuersystem kann aber nicht erkennen, welcher Teil von Lohner höhungen nur einen Ausgleich für die allgemeine Preisentwicklung darstellt. Das kann dazu führen, dass eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer trotz einer Lohnerhöhung am Ende weniger kaufen kann als zuvor. Dieses Zusammenspiel von Inflation und Steuerprogression nennt
man „kalte Progression“.

Wie entsteht das Problem der kalten Progression?

Das deutsche Steuersystem baut auf dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit auf. Das bedeutet: Wer mehr verdient, zahlt auch mehr Steuern. Dies gilt nicht nur für den reinen Steuerbetrag. Mehr Einkommen führt auch zu einem höheren Anteil des Einkommens an Steuern. Wenn durch eine Lohnerhöhung der Verdienst steigt, erhöht sich also nicht nur der absolut zu zahlende Steuerbetrag, sondern auch der prozentuale Anteil der Steuern am Einkommen. Wenn die Lohnerhöhung aber nur den Kaufkraftverlust ausgleicht, verdient jemand in Wirklichkeit gar nicht mehr als bisher; dann soll er nicht (wie es bei einem realen Einkommenszuwachs der Fall wäre) einen höheren Anteil seines Einkommens an das Finanzamt abführen müssen. Das wäre unfair, weil der Staat Steuern eintreiben würde, indem er die Bürger reicher rechnet, als sie in Wirklichkeit sind. Der Steuertarif geht davon aus, dass jeder Einkommenszuwachs eine höhere Leistungsfähigkeit bedeutet und daher der Steuersatz progressiv ansteigen soll, auch wenn es sich nur um einen Inflationsausgleich handelt. Diesen Effekt nennt man „kalte Progression“ oder „heimliche Steuererhöhung“, weil sie sich schleichend und versteckt auswirkt. Die Bundesregierung möchte diesen Effekt ausgleichen, da es sich faktisch um eine Steuererhöhung handelt, die vom Gesetzgeber nicht gewollt ist. Der Ausgleich soll schrittweise in den Jahren 2013 und 2014 umgesetzt werden.

Zudem soll künftig alle zwei Jahre, zum Beispiel zusammen mit einer Überprüfung des steuerlichen Existenzminimums, ermittelt werden, in welchem Umfang sich die kalte Progression auswirkt und wie sie ausgeglichen werden kann.

Was passiert, wenn nicht gegengesteuert würde?

Ohne eine Anpassung des Einkommensteuertarifs führen Lohnerhöhungen, die nur die Infl ation ausgleichen, zum Effekt der kalten Progression. Wenn die Einkommen an die Infl ation angepasst werden und steigen, der Tarifverlauf aber unverändert bleibt, spüren die Lohnempfänger den Effekt der kalten Progression.

Am 7. Dezember 2011 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zum Abbau der kalten Progression beschlossen. Ziel des Gesetzes ist der Ausgleich der durch die kalte Progression entstandenen steuerlichen Mehrbelastungen. Der geplante Ausgleich hat ein Volumen von insgesamt sechs Milliarden Euro pro Jahr. Er wird 2013 und 2014 in zwei Schritten umgesetzt und umfasst folgende Eckpunkte: Der Grundfreibetrag wird bis 2014 um insgesamt 350 Euro bzw. 4,4 Prozent auf 8.354 Euro angehoben. Dieser Betrag bleibt steuerfrei, erst höhere Einkommen werden besteuert Der Tarifverlauf wird bis 2014 ebenfalls um insgesamt 4,4 Prozent angepasst. Denn jedes Einkommen soll genau um den Betrag entlastet werden, um den es durch die kalte Progression belastet wird.

Die Bundesregierung wird künftig alle zwei Jahre überprüfen, wie die kalte Progression wirkt und ob nachgesteuert werden muss. Grundfreibetrag und Tarifverlauf können daraufhin entsprechend angepasst werden Höherer Grundfreibetrag Allen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland wird ein Existenzminimum garantiert. Einkünfte bleiben bis zu diesem Betrag steuerfrei. Dafür sorgt der sogenannte Grundfreibetrag. Dessen Höhe wird alle zwei Jahre geprüft, damit er nicht unter das Existenzminimum sinkt. Droht der Grundfreibetrag unter das Existenzminimum zu sinken, ist eine Anpassung verfassungsrechtlich geboten. Schon heute zeichnet sich ab, dass der Grundfreibetrag in den Jahren 2013 und 2014 erhöht werden muss. Er soll in zwei Schritten steigen: um 126 Euro zum 1. Januar 2013 und um weitere 224 Euro zum 1. Januar 2014.

Anpassung der Steuertarife

Im Zusammenhang mit der Anhebung des Grundfreibetrags um insgesamt 4,4 Prozent erfolgt eine Anpassung der Steuertarife in gleichem Umfang. Wenn nur der Grundfreibetrag stiege, würde sich der Eingangssteuersatz erhöhen. Das würde bedeuten, dass Menschen mit niedrigem Einkommen künftig höhere Steuern zahlen müssten. Mit einer Veränderung der Steuertarife verschiebt sich die gesamte Steuerkurve und der Eingangssteuersatz bleibt gleich. Die Anpassung des Tarifverlaufs um einen festen Prozentsatz sorgt dafür, dass der Effekt der kalten Progression für alle in gleichem Umfang ausgeglichen wird. Damit bildet der Tarifverlauf den Aspekt der Leistungsfähigkeit genauso gut ab wie bisher.

 

Informationen zur geplanten Steuererhöhung

In den Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung einigten sich die Vertreter von SPD und CDU auch auf eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Diese soll mit dem Doppelhaushalt 2012/2013 beschlossen werden.

Im Punkt 10 beim Thema „Finanzen“ hielten die Koalitionäre fest: „Die Koalitionspartner halten die Sicherung einer soliden Einnahmebasis der öffentlichen Haushalte für unbedingt erforderlich. Sie werden die Grunderwerbsteuer an das Niveau vergleichbarer Länder anpassen.“

Dementsprechend einigten sich die Verhandlungspartner bei der Höhe des Steuersatzes auf eine Anhebung von 3,5 Prozent auf 5 Prozent. Der Gesetzentwurf soll nun gemeinsam mit dem kommenden Doppelhaushalt im Landtag beraten werden, so dass nach Verabschiedung des Gesetzes im Juni und der anschließenden Verkündung die Neuregelung voraussichtlich am 30. Juni 2012 in Kraft treten könnte. Diese Maßnahme führt zu jährlichen Mehreinnahmen bei Land und Kommunen in Höhe von rund 30 Mio. Euro.

Steuer-CD: Bislang acht Fälle in Mecklenburg-Vorpommern

Nach dem Ankauf einer Steuer-CD durch das Bundesland Rheinland-Pfalz gab es in Mecklenburg-Vorpommern bislang eine Hausdurchsuchung. Nach einem ersten Abgleich der Daten führten die Informationen in acht Fällen nach Mecklenburg-Vorpommern.

Den Finanzämtern des Landes wurden Steuern in Höhe von mehreren zehntausend Euro vorenthalten. Es ist nicht auszuschließen, dass es im Zuge der Auswertung der Daten zu weiteren Ermittlungen in Mecklenburg-Vorpommern kommen wird.

Finanzministerin Heike Polzin begrüßte die Maßnahmen der Ermittler und Steuerfahnder in Rheinland-Pfalz zur Aufdeckung von Steuerhinterziehung:  „Steuerbetrüger dürfen sich nicht in Sicherheit wiegen. Unser Land wird sich jetzt, aber auch in Zukunft an dem Ankauf solcher Daten beteiligen. Dies sollte allen eine Warnung sein: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt.“ Die Ministerin wies in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit einer Selbstanzeige hin: „Eine Selbstanzeige baut die letzte Brücke, um straffrei in die Solidargemeinschaft zurückzukehren.“

Voraussetzungen und rechtliche Folgen einer Selbstanzeige sind in der Abgabenordnung geregelt. Demnach bleibt die Tat straffrei, wenn die hinterzogenen Steuern inklusive 6 Prozent jährlicher Strafzinsen nachgezahlt werden. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur, wenn noch keine konkreten Ermittlungen aufgenommen wurden und der Täter nicht mit der Entdeckung seiner Tat rechnen müsste.

Seit 2010 hat es in Mecklenburg-Vorpommern 27 Selbstanzeigen gegeben, die zu Steuernachzahlungen von fast 1,5 Mio. Euro geführt haben.

Nr. 06-13 – 19.04.2013 – FM – Finanzministerium


Umsatzsteuer für entgeltliche Bordrestauration auf innergemeinschaftlichen Flügen

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte sich im Urteil vom 14. Februar 2013 (Az. 7 K 7079/09) mit der Frage zu befassen, inwiefern entgeltliche Restaurationsleistungen an Bord von Luftverkehrsmitteln umsatzsteuerlich relevant sind. Nach Auffassung der Richterinnen und Richter unterliegt die entgeltliche Abgabe von Süßigkeiten und (alkoholischen) Getränken auf innergemeinschaftlichen Flügen grundsätzlich der Umsatzbesteuerung, während es sich bei der im Beförderungspreis eingeschlossenen Bordverpflegung um eine unselbständige Nebenleistungen zur nicht der Umsatzbesteuerung unterliegenden Fluggastbeförderung handele. Die entgeltliche Abgabe von solchen standardisiert hergestellten und ausgegebenen Speisen und Getränken sei umsatzsteuerlich als Lieferung von Gegenständen angesprochen, die je nach dem konkreten Gegenstand der ermäßigten oder der Regelbesteuerung unterläge.

Die von der Klägerin des Verfahrens erwogene entsprechende Anwendung der Steuerbefreiung bei der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Schifffahrt auf die Fluggastbeförderung hielten die Richterinnen und Richter weder aus europa- noch verfassungsrechtlichen Gründen für geboten. Anders liegt es dem Urteil zufolge, wenn der Flug in einen nicht zur Europäischen Union gehörenden Drittstaat führt. In diesem Fall sei auch eine entgeltliche Restaurationsleistung nicht steuerbar, sofern die Verpflegung außerhalb des deutschen Luftraums abgegeben werde.

Gegen das Urteil des Finanzgerichts ist die Revision zum Bundesfinanzhof in München eingelegt worden (Az. V R 14/13).

FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 19.04.2013 zum Urteil 7 K 7079/09 vom 14.02.2013

Umsatzsteuer-Sonderprüfung führte 2012 zu Mehrergebnissen in Höhe von rund 2,3 Mrd. Euro

Nach den statistischen Aufzeichnungen der obersten Finanzbehörden der Länder haben die im Jahr 2012 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfungen bei der Umsatzsteuer zu einem Mehrergebnis von rund 2,3 Mrd. Euro geführt. Die Ergebnisse aus der Teilnahme von Umsatzsteuer-Sonderprüfern an allgemeinen Betriebsprüfungen oder an den Prüfungen der Steuerfahndung sind in diesem Mehrergebnis nicht enthalten.

Umsatzsteuer-Sonderprüfungen werden unabhängig vom Turnus der allgemeinen Betriebs­prüfung und ohne Unterscheidung der Größe der Betriebe vorgenommen. Im Jahr 2012 wur­den 91.198 Umsatzsteuer-Sonderprüfungen durchgeführt. Im Jahresdurchschnitt waren 1.904 Umsatzsteuer-Sonderprüfer eingesetzt.

Jeder Prüfer führte im Durchschnitt 48 Sonderprüfungen durch. Dies bedeutet für jeden eingesetzten Prüfer ein durchschnittliches Mehrergebnis von knapp 1,2 Mio. Euro.

Werbungskostenabzug bei Abgeltungssteuer

Finanzgericht Köln entscheidet Musterverfahren zum Werbungskostenabzug bei Abgeltungssteuer

Pressemitteilung vom 17. April 2013
Das Finanzgericht Köln hat heute entschieden, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit Kapitalerträgen, die dem Steuerpflichtigen vor dem 1.1.2009 zugeflossen sind, weiterhin unbeschränkt als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden können. Das im Jahr 2009 mit der Abgeltungssteuer bei den Einkünften aus Kapitalvermögen eingeführte Abzugsverbot für Werbungskosten (§ 20 Absatz 9 EStG) findet auf diese Ausgaben keine Anwendung.
Der Kläger hat Kapitaleinkünfte für das Streitjahr 2010 in Höhe von 11.000 € erklärt. Daneben machte er Steuerberatungskosten in Höhe von 12.000 € als Werbungskosten geltend, die im Rahmen einer Selbstanzeige von Kapitalerträgen der Jahre 2002 bis 2008 entstanden sind. Das Finanzamt gewährte lediglich den Sparer-Pauschbetrag. Die Anerkennung der tatsächlich entstandenen Werbungskosten lehnte es unter Hinweis auf ein einschlägiges Schreiben des Bundesfinanzministeriums ab. Danach sei das mit der Abgeltungssteuer eingeführte Werbungskostenabzugsverbot im Hinblick auf das geltende Abflussprinzip auch anzuwenden, wenn die ab 2009 entstandenen Kosten früher zugeflossene Kapitalerträge betreffen.Der 7. Senat des Finanzgerichts Köln gab der Klage statt (7 K 244/12). Es begründete seine Entscheidung insbesondere mit dem Wortlaut der einschlägigen Anwendungsregelung (§  52a Absatz 10 Satz 10 EStG). Diese sehe ausdrücklich vor, dass die entsprechenden Vorschriften der Abgeltungssteuer erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden seien. Neben den tatsächlichen Werbungskosten in Bezug auf die Einkünfte vor 2009 gewährte der Senat dem Kläger für die Kapitalerträge aus 2010 zusätzlich den Sparer-Pauschbetrag. Denn hier kämen im Grunde zwei Besteuerungssysteme nebeneinander zur Anwendung. Für den nach Abzug des Pauschbetrages und der (nachträglichen) Werbungskosten entstehenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen greife auch die Verlustabzugsbeschränkung des § 20 Absatz 6 EStG nicht ein. Auch diese komme nur für Kapitalerträge zur Anwendung, die nach 2008 zugeflossen seien.

Der 7. Senat hat gegen das Urteil die Revision beim Bundesfinanzhof in München zugelassen. Das schriftliche Urteil wird den Beteiligten demnächst zugestellt und auf der Homepage des Finanzgerichts Köln (www.fg-koeln.nrw.de) veröffentlicht werden.

Unter dem Aktenzeichen 8 K 1937/11 ist beim Finanzgericht Köln ein weiteres Verfahren zu derselben Problematik anhängig.

Lebensversicherungen sind auch bei schädlicher Verwendung steuerfrei

Sofern Lebensversicherungsverträge steuerschädlich gemäß § 10 Abs. 2 EStG etwa als Darlehenspolice zur Absicherung von Krediten verwendet werden, unterliegen die Zinsen aus Sparanteilen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG der Besteuerung als Kapitaleinnahmen. Das gilt aber nicht für vor 1974 abgeschlossene Lebensversicherungen. Der BFH stellt klar, dass die Zinsen in diesem Fall nach § 52 Abs. 19 EStG nicht steuerbar sind. Hieran wurde auch mit diversen Neuregelungen aufgrund von späteren Gesetzesänderungen festgehalten.

Hintergrund:

Die Steuerbarkeit der Zinsen wurde mit dem Einkommensteuerreformgesetz 1974 eingeführt und gilt erstmals für zugeflossene Zinsen aus Policen, die ab 1975 abgeschlossen worden sind. Zwar waren die zwischenzeitlich einmal steuerpflichtig, doch über § 52 Abs. 20 EStG wurde rückwirkend die zuvor eingeführte erweiterte Steuerbarkeit der Zinsen wieder aufgehoben und als Folge daraus sind die Zinsen aus den Sparanteilen alter Lebensversicherungen auch heute nicht steuerbar. Hierzu müssen sie zu Verträgen gehören, die nach dem 31.12.1973 abgeschlossen wurden.

Praxishinweis: Unter der Abgeltungsteuer hat eine schädliche Verwendung von vor 2005 abgeschlossenen Verträgen nicht nur die Steuerpflicht der Zinsen, sondern auch des Gewinns aus dem Verkauf gebrauchter Policen zur Folge.

 

  1. Dient ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, nicht dazu, unmittelbar und ausschließlich Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu finanzieren, sondern um ein bereits früher aufgenommenes Darlehen umzuschulden, so ist das i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG unschädlich, wenn der Kläger u.a. nachweisen kann, dass die Darlehensschuld bis zum 13.2.1992 bereits entstanden war.
  2. Hat das „Altdarlehen“ der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts gedient, so dient wirtschaftlich gesehen auch das umgeschuldete „neue“ Darlehen (noch immer) der Finanzierung dieser Anschaffungskosten. Konnten die Lebensversicherungsansprüche daher zur Sicherung des „Altdarlehens“ steuerunschädlich eingesetzt werden, ist nach dem Zweck der Regelung auch die Umschuldung und der dafür wiederum erforderliche Einsatz der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag steuerunschädlich.
  3. Die sich im Rahmen des Üblichen haltende Finanzierung, die auch ein bankübliches Disagio umfassen kann, ist steuerunschädlich, weil das Darlehen lediglich der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dienen muss, nicht aber unmittelbar der Anschaffung selbst.

BFH-Urteil vom 19.1.2010, VIII R 40/06

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a

Vorinstanz: FG Köln vom 22.6.2006, 10 K 3478/02 (EFG 2006 S. 1509 = SIS 06 36 62)

I. Die Beteiligten streiten über die Steuerpflicht von Zinsen aus einer Kapitallebensversicherung; im Einzelnen geht es um die Frage, ob eine Lebensversicherung bei der Umfinanzierung eines Darlehens steuerschädlich verwendet wurde.

Die verheirateten und zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erwarben 1987 ein Grundstück in K. Den Grundstückskaufpreis in Höhe von 1.354.681 DM finanzierten sie zum Teil über ein Darlehen bei der X-AG, welches durch eine Lebensversicherungspolice derselben Anstalt abgesichert wurde.

1998 nahmen die Kläger eine Umschuldung vor und lösten die Restvaluta des bestehenden Darlehens von 1 Mio. DM ab durch ein neues Darlehen bei der Y-Bank in Höhe von 1 Mio. DM (Auszahlungskurs 900.000 DM bei einem Disagio von 10 %) sowie durch private Gelder in Höhe von 109.643 DM. In Höhe des Nettodarlehensbetrages traten die Kläger die bestehenden Ansprüche aus der Lebensversicherung bei der X-AG an die Y-Bank ab. Die voraussichtliche Auszahlungssumme der 2013 fälligen Lebensversicherung betrug im Zeitpunkt der Umschuldung 604.285 DM. Die Kläger vereinbarten daher für das Jahr 2013 mit der kreditgebenden Bank die Tilgung eines Darlehensanteils in Höhe von 480.000 DM durch die abgetretenen Lebensversicherungsansprüche.

Nach Auffassung des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt – FA -) lag eine steuerschädliche Verwendung der Lebensversicherung vor, weil mit der Umschuldung auch ein Disagio finanziert worden sei. Das FA erließ deshalb am 7.2.2002 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage stützten die Kläger darauf, es handele sich um einen sog. Altfall, da die Lebensversicherung bereits vor 1992 beliehen worden sei. In Altfällen sei die Umschuldung von Darlehen unter Einsatz von Ansprüchen aus Lebensversicherungen steuerunschädlich möglich, sofern das Ablösungsdarlehen die Restvaluta des umgeschuldeten Darlehens nicht übersteige und die Versicherungsansprüche nur bis zu dieser Höhe der Sicherung oder Tilgung des Ablösungsdarlehens dienten.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 1509 veröffentlichten Urteil vom 22.6.2006, 10 K 3478/02 statt. Das FG vertrat die Auffassung, in sog. Neufällen, d.h. bei der erstmaligen Finanzierung begünstigter Anschaffungs- oder Herstellungskosten beanstande die Finanzverwaltung es nicht, wenn das Darlehen auch bankübliche einmalige Finanzierungskosten (z.B. ein Disagio) umfasse und die Versicherungsansprüche höchstens bis zur Höhe der mit dem Darlehen finanzierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Tilgung oder Sicherung des Darlehens dienten. So liege die Situation auch hier. Zwar handele es sich um einen sog. „Altfall“, weil die Ansprüche aus der Lebensversicherung des Klägers bereits vor dem 13.2.1992 als Sicherheit eingesetzt worden seien; es sei aber nicht erkennbar, weshalb ein sog. Altfall schlechter zu behandeln sei als ein sog. Neufall. Würden Neufälle unter bestimmten Voraussetzungen trotz verschärfter Gesetzeslage als steuerunschädlich behandelt, müsse das erst recht für die Umschuldung von Altdarlehen gelten, die zu einem Zeitpunkt aufgenommen worden seien, als für den Einsatz von Lebensversicherungsverträgen noch überhaupt keine Beschränkungen gegolten hätten.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 10 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und von § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Die Entscheidung der Vorinstanz stehe in Widerspruch zur Verwaltungsauffassung gemäß Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15.6.2000 IV C 4 -S 2221- 86/00 (BStBl I 2000, 1118, Rn. 72). Das FG lasse außer Acht, dass es bei der Umschuldung eines Darlehens grundsätzlich am Merkmal der ausschließlichen und unmittelbaren Verwendung des Darlehens für begünstigte Anschaffungskosten/Herstellungskosten eines langlebigen Wirtschaftsguts fehle, weil hier lediglich die Ablösung eines Darlehens erfolge. Die Regelung in Rn. 43 und 72 des BMF-Schreibens in BStBl I 2000, 1118 sei daher lediglich eine Billigkeitsmaßnahme für sog. Altfälle; diese sei klar und eindeutig und nicht auslegungsfähig. Wenn die Kläger davon abgewichen seien, gehe das zu ihren Lasten.

Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des Urteils des FG Köln vom 22.6.2006, 10 K 3478/02 abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der angefochtene Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zur Lebensversicherung des Klägers enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) rechtswidrig ist.

1. Nach §§ 179 Abs. 1 und 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung vom 16.12.1994 (BGBl I 1994, 3834, BStBl I 1995, 3) stellt das für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers zuständige Finanzamt die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert fest, wenn für die Beiträge zur Versicherung auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind. Verfassungsmäßige Bedenken dagegen bestehen nicht (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 180 AO Rz 497 f., m.w.N.).

2. Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrages nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 1992 vom 25.2.1992 (BGBl I 1992, 297; BStBl I 1992, 146) – nachfolgend bis zum 31.12.2004: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG – gilt die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können (vgl. dazu im Einzelnen und mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift Senatsurteile vom 13.7.2004 VIII R 48/02, BFHE 207, 136, BStBl II 2004, 1060; VIII R 52/03, BFH/NV 2005, 181, und VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184). Anwendbar ist diese Regelung, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach dem 13.2.1992 zur Sicherung eines Darlehens dienen, es sei denn, der Kläger könnte den Nachweis führen, dass die Darlehensschuld bis zum 13.2.1992 bereits entstanden war und er sich verpflichtet hatte, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Tilgung oder Sicherung dieses Darlehens einzusetzen (vgl. § 52 Abs. 13a Satz 4 und Abs. 20 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 1992).

a) Die vom Kläger abgeschlossene Lebensversicherung ist unstreitig eine Versicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.

b) Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag haben nach dem 13.2.1992 auch zur Sicherung eines Darlehens gedient, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG).

c) Da das Darlehen unstreitig nicht zur Finanzierung einer betrieblichen Maßnahme abgeschlossen worden ist und damit kein betrieblich veranlasstes Darlehen war (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG) und es sich bei der Lebensversicherung des Klägers auch nicht um eine Direktversicherung handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EStG), kann die Steuerpflicht nur dann entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG erfüllt sind. Das setzt ein Darlehen voraus, das unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

aa) Zwar hat der Kläger mit dem neu aufgenommenen Darlehen bei der Y-Bank nicht unmittelbar und ausschließlich Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts finanziert, das zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist, sondern er hat dieses Darlehen eingesetzt, um ein bereits 1987 aufgenommenes Darlehen umzuschulden. Dies ist jedoch unschädlich, wenn der Kläger nachweist, dass die Darlehensschuld bis zum 13.2.1992 bereits entstanden war und er sich verpflichtet hatte, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Tilgung oder Sicherung dieses Darlehens einzusetzen (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 52 Abs. 13a Satz 4 EStG i.d.F. des StÄndG 1992).

bb) Ein solcher „Altvertrag“ ist im Streitfall zu bejahen. Zwar ist die Darlehensschuld über 1 Mio. DM aus dem Kreditvertrag mit der Y-Bank erst 1998 entstanden, d.h. erst nach dem in § 52 Abs. 13a Satz 4 EStG i.d.F. des StÄndG 1992 genannten Zeitpunkt. Bei wirtschaftlicher Betrachtung, die nach dem Gesetzeszweck geboten ist, hat dieses Darlehen aber lediglich das bereits 1987 aufgenommene Darlehen bei der X-AG ersetzt, für dessen Besicherung der Kläger bereits zum damaligen Zeitpunkt (1987) die Ansprüche aus seiner Lebensversicherung bei der X-AG an den Kreditgeber abgetreten hatte und das unstreitig der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts gedient hat. Wirtschaftlich gesehen dient damit auch das „neue“ Darlehen gleichermaßen wie das mit diesem abgelöste „alte“ Darlehen, bei dem die Zinsbindungsfrist abgelaufen war, (noch immer) der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts. Wenn die Kläger das Ursprungsdarlehen, für dessen Besicherung im Jahr 1987 die Ansprüche aus einer Lebensversicherung steuerunschädlich eingesetzt werden konnten, aus ökonomischen Gründen umschulden, ist nach dem Zweck der Regelung auch die Umschuldung und der dafür wiederum erforderliche Einsatz der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag als steuerunschädlich zu betrachten. Dafür spricht auch, dass hier kein weiteres zusätzliches Darlehen aufgenommen wurde, sondern wie bei einer steuerunschädlichen Prolongation lediglich der Darlehensgeber gewechselt hat. Wirtschaftlich betrachtet kann es keine Rolle spielen, ob ein bestehendes Darlehen beim nämlichen Kreditgeber prolongiert wird, oder ob sich der Kreditnehmer aus wirtschaftlichen Gründen für eine Umschuldung, d.h. den Wechsel zu einem anderen Darlehensgeber, entscheidet, denn im Ergebnis geht es stets um die Finanzierung oder Weiterfinanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts.

cc) Dass die 1998 abgeschlossene Darlehensvereinbarung (wiederum) die Vereinbarung eines Disagios beinhaltet, steht dem bei teleologischer Auslegung des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG nicht entgegen. Nach dem Wortlaut der Norm knüpft der Sonderausgabenabzug für die Versicherungsbeiträge u.a. daran an, dass das Darlehen „unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist“. Das Darlehen muss also lediglich der FINANZIERUNG der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dienen, nicht aber unmittelbar der Anschaffung selbst. Daraus folgt, dass jedenfalls die sich im Rahmen des Üblichen haltende Finanzierung nach dem Willen des Gesetzgebers steuerunschädlich sein sollte, denn irgendwelche Einschränkungen sind insoweit weder dem Wortlaut des Gesetzes noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen.

(1) Zur üblichen Finanzierung gehört auch eine Finanzierung unter Einschluss eines Disagios, soweit sich dieses im banküblichen Rahmen hält, denn zumindest „bankübliche Finanzierungskosten“ dienen auch der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts. Wirtschaftlich betrachtet kann es hinsichtlich der Steuerschädlichkeit einer Finanzierung nicht darauf ankommen, ob sich ein Steuerpflichtiger bei einem Darlehen für eine Auszahlung von 100 % bei einem höheren Zinssatz entscheidet oder für einen niedrigeren Zinssatz unter Inkaufnahme eines Disagios.

Das bankübliche und auch von der Finanzverwaltung akzeptierte Disagio belief sich im Streitjahr auf bis zu 10 % des Nominaldarlehens bei einer Zinsfestschreibung von mindestens fünf Jahren (vgl. BMF-Schreiben vom 31.8.1990 IV B 3 -S 2253 a- 49/90, BStBl I 1990, 366, Rn. 3.3.4; BMF-Schreiben vom 20.10.2003 IV C 3 -S 2253 a- 48/03, BStBl I 2003, 546, Rn. 15; Schmidt/Heinicke, EStG, 28. Aufl., § 11 Rz 30 Stichwort Damnum; Blümich/Glenk, § 11 EStG Rz 86).

Nach diesen Grundsätzen hielt sich das vom Kläger vereinbarte Disagio von 10 % bei einer Zinsfestschreibung von zehn Jahren noch im bei Finanzierungen üblichen Rahmen, so dass das von ihm bei der Y-Bank aufgenommene Darlehen der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts gedient hat und daher steuerunschädlich verwendet wurde.

(2) Entgegen der Auffassung des FA dient dieses Darlehen auch unmittelbar der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts. Wirtschaftlich betrachtet geht es nämlich nicht um den Ersatz eines auslaufenden Darlehens durch ein Neudarlehen; im Vordergrund steht vielmehr die (weitere) Finanzierung der ursprünglich bereits 1987 angefallenen Anschaffungskosten. Diese Anschaffungskosten werden mit dem bei der Y-Bank aufgenommenen Darlehen weiterhin finanziert. Im Ergebnis dient damit auch das neue Darlehen bei der Y-Bank unmittelbar der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts. Dies ist nach dem Zweck des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG steuerunschädlich.

(3) Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Vereinbarung eines Disagios im Rahmen einer Umschuldungsmaßnahme dem erklärten Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen würde, sog. „Zinsaufblähungsmodelle“ zu verhindern. Zum einen führt die Vereinbarung eines – wie hier – im Rahmen des Üblichen liegenden Disagios zu keiner vom Gesetzgeber bekämpften Modellhaftigkeit. Zum anderen gelten für sog. Altfälle i.S. des § 52 Abs. 13a Satz 4 EStG i.d.F. des StÄndG 1992, d.h. für Darlehensverträge, die vor dem 13.2.1992 zu Sicherungszwecken eingesetzt werden, die in § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG genannten Einschränkungen für den Sonderausgabenabzug, die auf die Verhinderung von sog. „Zinsaufblähungsmodellen“ zielen, nicht. Das muss auch für das an die Stelle des alten Darlehens tretende „neue“ Darlehen gelten, mit dem wirtschaftlich gesehen nach wie vor die 1987 angefallenen Anschaffungskosten finanziert werden.

dd) Die Finanzverwaltung hat dieser Problematik dadurch Rechnung zu tragen versucht, dass sie im BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 118, Rn. 43 und 72 Umschuldungen unter bestimmten Voraussetzungen als steuerunschädlich anerkennt.

Nach den vorstehend gemachten Ausführungen kommt es indes nicht darauf an, ob die Darlehensaufnahme des Klägers bei der Y-Bank die Voraussetzungen des BMF-Schreibens in BStBl I 2000, 118, Rn. 43 und 72 erfüllt. Der Senat kann auch offenlassen, ob es sich bei den vorgenannten Regelungen um eine Billigkeitsentscheidung der Verwaltung handelt, die nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (§ 102 FGO; vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.5.1999 VI B 39/99, juris und VI B 364/98, BFH/NV 1999, 1592) und grundsätzlich nur auf Ermessensfehler überprüft werden kann (zur Überprüfung von Ermessensentscheidungen nach §§ 163, 227 AO vgl. z.B. BFH-Urteil vom 7.10.1993 V R 67/91, BFH/NV 1994, 669; BFH-Beschluss vom 6.6.1991 V R 102/86, BFH/NV 1992, 787; Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 102 Rz 54), oder um eine sog. norminterpretierende Verwaltungsvorschrift, der keine Rechtsnormqualität zukommt und die die Gerichte nicht bindet (vgl. allgemein BFH-Urteil vom 26.4.1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754, unter II.3., m.w.N.; Senatsurteil vom 10.8.2005 VIII R 78/02, BFHE 211, 137, BStBl II 2006, 58).

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