Problematik steuerbegünstigter Entschädigungen

Hessisches FG entscheidet zur Problematik steuerbegünstigter Entschädigungen

Hessisches FG Urteil vom 01.08.2012 – 10 K 761/08

Hessisches FG Urteil vom 27.06.2012 – 11 K 459/07

Pressemitteilung des Gerichts:

“Das Hessische Finanzgericht hat in zwei Entscheidungen klargestellt, dass es bei der Frage, ob eine steuerbegünstigte Entschädigung vorliegt, maßgeblich auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und auf die vertraglichen Vereinbarungen ankommt.

In dem einen Verfahren (Az. 10 K 761/08) hatte ein Wirtschaftsprüfer/Steuerberater im Rahmen eines Zeitmietvertrages Praxisräume in einem Bürogebäude angemietet. Das Bürogebäude wurde anschließend verkauft. Der neue Eigentümer beabsichtigte den Abriss des Gebäudes und einen anschließenden Neubau. Deshalb wurde das Mietverhältnis mit dem Kläger im Rahmen einer gesonderten Vereinbarung – gegen eine Abfindungszahlung – vorzeitig aufgelöst.

Das Hessische Finanzgericht urteilte, dass die Abfindungszahlung, die der Kläger von dem neuen Eigentümer für die Auflösung des Mietverhältnisses erhalten hatte, keine steuerbegünstigte Entschädigung im Sinne der §§ 34, 24 Einkommensteuergesetz (EStG) darstelle. Maßgeblich sei dabei die Sicht der Vertragsparteien. Dazu sei der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen, erforderlichenfalls im Wege der Auslegung, heranzuziehen. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung des Klägers mit dem neuen Eigentümer sei die gesamte Abfindung jedoch ausschließlich als Entgelt für die Räumung und Rückgabe des Mietgegenstandes gezahlt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlung – steuerbegünstigt – als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen des Klägers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit gezahlt worden sei, seien nicht zu erkennen. Gegenstand der Vertragsverhandlungen sei lediglich der Preis für die Entmietung gewesen, was das Vorliegen einer steuerbegünstigten Entschädigung für entgangenen Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers ausschließe.

Das Urteil vom 01.08.2012 ist noch nicht rechtskräftig.

In dem anderen Verfahren (Az. 11 K 459/07) ging es um die Frage, ob eine Vertragsstrafe, die ein Rechtsanwalt und Notar an eine Rechtsanwalts- und Notarsozietät zu zahlen hatte, bei der Sozietät als laufende Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder als steuerbegünstigte Entschädigung oder als steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn zu behandeln ist. Im Streitfall hatte die Sozietät mit dem anderen Rechtsanwalt vereinbart, sich bis zum Abschluss eines zunächst nur beabsichtigten Sozietätsvertrages zuerst in Form einer Bürogemeinschaft in noch anzumietenden Räumen zusammenzuschließen. Der Rechtsanwalt nahm jedoch in der Folgezeit nicht an der vereinbarten Bürogemeinschaft teil, weshalb er später aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zum Ausgleich aller vertraglichen Ansprüche an die Sozietät einen erheblichen Betrag zu zahlen hatte.

Das Hessische Finanzgericht entschied, dass es sich bei der Zahlung nicht um eine steuerbegünstigte Entschädigung nach §§ 34, 24 EStG, sondern um laufende Einkünfte der Sozietät aus selbstständiger Tätigkeit handele. Denn nach den konkreten Verhältnissen und nach dem Inhalt der Vereinbarung über eine Bürogemeinschaft sowie nach dem gerichtlichen Vergleich fehle es an Leistungen, die als Ersatz für den Wegfall von Einnahmen gewährt worden seien. Bei der streitigen Zahlung handele es sich vielmehr um die bereits im Vertrag über eine Bürogemeinschaft verabredete pauschale Vertragsstrafe. Damit fehle es an dem für die Annahme einer Entschädigung erforderlichen Wegfall der bisherigen Grundlage für den Erfüllungsanspruch. Der Sozietät sei auch weder dauerhaft die Grundlage für die Erzielung künftiger Einnahmen entzogen worden noch handele es sich um einen außergewöhnlichen Vorgang. Schließlich lägen auch nicht die Voraussetzungen für eine Tarifvergünstigung nach §§ 16, 18 Abs. 3, 34 EStG vor, weil die Sozietät insbesondere keinen Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil aufgegeben habe.

Das Urteil vom 27.06.2012 ist rechtskräftig.”

Hessisches Finanzgericht

Erstattung von Fahrtkosten als Kinderbetreuungskosten

Kurzbeschreibung:  Fahrtkosten in Zusammenhang mit unentgeltlicher Kinderbetreuung können in Höhe von 2/3 der Aufwendungen als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten steuerlich abzugsfähig sein

Die Fahrtkosten, die einer Großmutter in Zusammenhang mit der unentgeltlichen Betreuung ihres Enkelkindes entstanden sind, und ihr von den Eltern des Kindes erstattet werden, sind bei entsprechender Vertragsgestaltung bei den Eltern erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten gemäß § 4f Einkommensteuergesetz (Urteil des 4. Senats vom 9. Mai 2012, Az. 4 K 3278/11).

Im Streitfall haben die beiden Großmütter ihr Enkelkind an einzelnen Tagen in der Woche unentgeltlich im Haushalt der Eltern des Kindes betreut, damit diese arbeiten konnten. Nur die Fahrtkosten erhielten Sie von den Eltern des Kindes aufgrund schriftlicher Verträge erstattet. Das Finanzamt erkannte die Fahrtkosten nicht an, weil es der Meinung war, es handele sich um familieninterne und damit außerhalb der Rechtssphäre liegende Gefälligkeiten.

Der 4. Senat ließ die Aufwendungen zu 2/3 zum steuerlichen Abzug zu. Die Betreuungsleistungen der Großmütter seien Dienstleistungen im Sinne des § 4f EStG, auch wenn sie unentgeltlich erbracht wurden. Es komme nur darauf an, ob die getroffene Vereinbarung zwischen den Eltern des Kindes und deren Müttern (= Großmütter des Kindes) über den Fahrtkostenersatz auch zwischen fremden Dritten so üblich wäre. Diese Frage hat der Senat im Streitfall bejaht. Nach Auffassung der Richter ist es unerheblich, ob eine fremde Betreuungsperson für die Betreuungsleistung selbst ein Honorar gefordert hätte. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig. Datum:  20.06.2012 Pressemitteilung Nr. 6/2012

Geschäftsveräußerung im Ganzen und Vorsteuerabzug

Geschäftsveräußerung im Ganzen und Vorsteuerabzug

Einführung

Der Vorsteuerabzug richtet sich grundsätzlich nach dem Umsatz, dem die entsprechenden Kosten unmittelbar zuzurechnen sind. Berechtigt dieser Umsatz nicht zum Vorsteuerabzug oder ist er der nichtunternehmerischen Sphäre zuzuordnen, so ist ein Vorsteuerabzug nicht zulässig. Was ist aber bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen? Diese ist nicht steuerbar, gehört aber weder zu solchen den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätzen, noch zum nichtunternehmerischen Bereich.

Neue Verwaltungsanweisung

Nach Ansicht der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. kommen Kosten, die in Verbindung mit einer als Geschäftsveräußerung im Ganzen zu qualifizierenden Grundstücksveräußerung stehen, z. B. Makler- und Notarkosten, grundsätzlich für einen Vorsteuerabzug in Betracht. Die Höhe des Vorsteuerabzugs orientiert sich am Umfang der Nutzung des Grundstücks vor der Veräußerung für Zwecke, die den Vorsteuerabzug zulassen bzw. ausschließen.

Konsequenz

Die Auffassung der OFD Frankfurt a. M. dürfte sachgerecht sein. Fraglich ist jedoch, welcher Zeitraum der Ermittlung des Vorsteuerschlüssels zugrunde gelegt werden soll: ein Tag, ein Jahr oder ein längerer Zeitraum vor der Veräußerung? Leider lässt die OFD dies offen, obwohl sich im Zeitablauf, z. B. bei vermieteten Grundstücken, hinsichtlich des Vorsteuerabzugs unterschiedliche Nutzungsverhältnisse ergeben können.

Verfassungswidrigkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsen und Mieten

Verfassungswidrigkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsen und Mieten

Kernproblem

Auf Seiten der steuerpflichtigen Gewerbetreibenden hat die wirtschaftliche Bedeutung der Gewerbesteuer seit der Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 % im Jahr 2008 sowie der gleichzeitig eingeführten Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe nochmals zugenommen. Für die Gemeinden hingegen, die durch die individuelle Festlegung des Hebesatzes die Höhe der Gewerbesteuer maßgeblich beeinflussen können, stellt die Gewerbesteuer eine wichtige Einnahmequelle dar. Die seit Jahren geführte Diskussion über eine Reform oder gar Abschaffung der Gewerbesteuer dürfte durch einen aktuellen Beschluss des Finanzgerichts (FG) Hamburg, der verfassungsrechtliche Zweifel an wesentlichen Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes äußert, neue Nahrung erhalten.

Sachverhalt

In dem zugrunde liegenden Verfahren pachtete die Klägerin die für ihren Tankstellenbetrieb wesentlichen Wirtschaftsgüter. Die Pachtzinsen wurden im Rahmen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer als Betriebsausgaben berücksichtigt und minderten den zu versteuernden Gewinn. Anders hingegen bei der Gewerbebesteuerung. Diese sieht eine (teilweise) Hinzurechnung u. a. von Zinsen, Mieten und Pachten vor. Diese Vorschrift hält das FG Hamburg wegen Verstoßes gegen den grundgesetzlich verankerten allgemeinen Gleichheitssatz nunmehr für verfassungswidrig.

Entscheidung

Das Gericht führt aus, dass der allgemeine Gleichheitssatz eine gleichmäßige Belastung aller Steuerpflichtigen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit gebiete, die unter Berücksichtigung des Eigentumsgrundrechts zu bestimmen sei. Erwirtschafte der Gewerbetreibende mit seinem Betrieb einen Ertrag und werde dieser besteuert, ohne Aufwendungen – wie etwa im Streitfall die Pachtzinsen – zu berücksichtigen, sei das sogenannte Ist-Leistungsfähigkeitsprinzip verletzt. Ein solcher Verstoß könne zwar grundsätzlich gerechtfertigt sein, allerdings erachtet das Gericht die bisher angenommenen Rechtfertigungsgründe (z. B. Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, Äquivalenzprinzip, Gleichstellung des Fremdkapitaleinsatzes mit dem Eigenkapitaleinsatz) als unzureichend.

Konsequenz

Eine endgültige Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnungsvorschrift obliegt allein dem Bundesverfassungsgericht, dem die Frage zur Klärung vorgelegt wurde. Da de facto fast jeder Betrieb von dieser Hinzurechnungsvorschrift mehr oder weniger betroffen ist, ist die Entscheidung mit Spannung zu erwarten. Betroffene Steuerpflichtige sollten ein Offenhalten entsprechender Verfahren anstreben.

Trauerredner und Umsatzsteuer

Trauerredner und Umsatzsteuer

Rechtslage

Seit Jahren fordern Politiker die Abschaffung bzw. Beschränkung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (7 % Umsatzsteuer). Passiert ist jedoch bisher nichts. So wundert es nicht, dass sich die Gerichte aber auch die Verwaltung immer wieder mit Fällen beschäftigen müssen, die für die Betroffenen wichtig sind, für Unbeteiligte aber nur die undurchsichtige Rechtslage aufzeigen.

Neue Verwaltungsanweisung

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. hat zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungen von Trauerrednern Stellung bezogen. Zur Debatte stand die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Der Verband der Trauerredner hatte darauf verwiesen, dass die Moderation und Leitung der Beisetzung dem Trauerredner obliege, der die alleinige Verantwortung für das Gelingen der Trauerfeier trage. Bei der Trauerrede handele es sich um ein Unikat, das auf der Veranstaltung wiedergegeben und später den Verbliebenen übergeben werde. Die OFD sieht hierin keine begünstigte Übertragung eines Urheberrechts an dem Trauermanuskript. Ebenso liegt keine Eintrittsberechtigung für ein Theater, Konzert oder ähnliche Darbietung vor, die begünstigt sind, da die Trauerredner kein Entgelt von den trauernden Angehörigen verlangen. Zudem verweist die Verfügung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach Trauerredner nicht als Künstler anzusehen sind.

Konsequenz

Solange die Angehörigen nicht auf die Idee kommen Eintrittsgelder für die Beerdigung zu verlangen, ist die Rechtslage einfach: Trauerredner unterliegen dem Regelsteuersatz von 19 % Umsatzsteuer.

Geschäftsveräußerung im Ganzen ohne Grundstücksübertragung?

Geschäftsveräußerung im Ganzen ohne Grundstücksübertragung?

Kernaussage

Geschäftsveräußerungen im Ganzen sind nicht steuerbar und unterliegen damit nicht der Umsatzsteuer. Ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt oder nicht, ist häufig unklar. Die Rechtslage wird durch neue Urteile permanent fortentwickelt.

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb ein Einzelhandelsgeschäft für Sportartikel in einem in ihrem Eigentum stehenden Ladenlokal. Im Juni 1996 veräußerte sie den Warenbestand und die Ladeneinrichtung an eine GmbH. Das Ladenlokal vermietete sie auf unbestimmte Zeit an die GmbH. Der Mietvertrag war kurzfristig, d. h. bis zum 3. Werktag eines Quartals zum Ablauf des folgenden Quartals von beiden Seiten kündbar. Die Klägerin behandelte den Verkauf als Geschäftsveräußerung im Ganzen. Dem folgte das Finanzamt nicht. Es sah die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen als nicht gegeben an und forderte Umsatzsteuer nach, da die GmbH das Geschäft nach nur ca. 2 Jahren aufgegeben hatte.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und ihm nun nachfolgend der Bundesfinanzhof (BFH) stellen sich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung. Demnach ermöglicht ein unbefristeter Mietvertrag, auch wenn er kurzfristig kündbar ist, die Fortführung des Geschäfts, sofern die übertragenen Wirtschaftsgüter dies zulassen. Dass die GmbH das Geschäft 2 Jahre fortführte, ist als Indiz für die Absicht der Erwerberin zu werten, das Geschäft fortzuführen. Eine der Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen entgegenstehende Absicht zur Abwicklung des Geschäfts, wie vom Finanzamt unterstellt, lag demnach gerade nicht vor.

Konsequenz

Die Urteile weichen von der bisher vom BFH vertretenen Rechtsauffassung ab bzw. entwickeln diese fort. Zwar hielt der BFH auch schon in der Vergangenheit für die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen die Übertragung einer Immobilie für nicht zwingend erforderlich. Er forderte jedoch einen auf mindestens 8 Jahre befristeten Mietvertrag. Letzteres ist nun überholt. Unternehmer, die beabsichtigen, ihr Geschäft zu veräußern, müssen sich auf die neue Rechtslage einstellen. Gleiches gilt für die Erwerber. Eine fehlerhafte Einschätzung führt zu Umsatzsteuernachforderungen seitens der Finanzverwaltung.

Vorsteuerabzug bei Erwerb zahlungsgestörter Forderungen

Vorsteuerabzug bei Erwerb zahlungsgestörter Forderungen

Kernaussage

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte zuletzt festgestellt, dass der Erwerb zahlungsgestörter Forderungen auf eigenes Risiko zu einem unter dem Nennwert liegenden Preis keine entgeltliche Dienstleistung darstellt. Damit stand das Urteil im Widerspruch zur Auffassung der Finanzverwaltung. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun die Folgeentscheidung getroffen.

Sachverhalt

Der Kläger kaufte von einer Bank Forderungen auf. Bezogen auf den Nennwert der Forderungen, galten 57,8 % davon als realisierbar. Da für die Realisierung ein Zeitraum von 3 Jahren angenommen wurde, ermittelten die Vertragsparteien einen abgezinsten wirtschaftlichen Nennwert in Höhe von 54,2 %. Der letztendlich vereinbarte Kaufpreis betrug 51,8 % des Nennwertes der Forderungen. Das Finanzamt sah auch unter Berücksichtigung der neuen EuGH-Rechtsprechung eine entgeltliche Leistung des Klägers, da der Kaufpreis unter dem wirtschaftlichen Nennwert lag.

Entscheidung

Der BFH folgt ausdrücklich dem EuGH. Demnach liegt keine entgeltliche Leistung des Klägers vor. Ein Unternehmer, der zahlungsgestörte Forderungen unter „Vereinbarung“ eines vom Kaufpreis abweichenden „wirtschaftlichen Werts“ erwirbt, erbringt an den Forderungsverkäufer keine entgeltliche Leistung. Liegt beim Kauf zahlungsgestörter Forderungen keine entgeltliche Leistung an den Forderungsverkäufer vor, ist der Forderungserwerber aus Eingangsleistungen für den Forderungserwerb und den Forderungseinzug nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Eine Rechnungsberichtigung lässt die Steuerschuld nicht mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung entfallen.

Konsequenz

Der Kläger ist hinsichtlich der Forderungskäufe aus umsatzsteuerlicher Sicht nicht unternehmerisch tätig. Er unterliegt damit insoweit nicht der Umsatzsteuer. Allerdings hat dies auch zur Folge, dass der Kläger sowohl hinsichtlich des Forderungserwerbs als auch des Forderungseinzugs nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Vorsteuerabzug aus Strafverteidigungskosten

Vorsteuerabzug aus Strafverteidigungskosten

Kernaussage

Der Vorsteuerabzug setzt einen unmittelbaren Zusammenhang der bezogenen Leistungen mit Umsätzen voraus, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Dies klingt einfach, doch in der Praxis stellt sich oft die Frage, ob ein solcher unmittelbarer Zusammenhang gegeben ist.

Sachverhalt

Der Kläger war Einzelunternehmer sowie Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, die steuerpflichtige Bauleistungen erbrachte. Gegen den Kläger sowie einen weiteren Geschäftsführer der GmbH wurde ein Strafverfahren wegen Bestechung eröffnet. Die Beauftragung der Strafverteidiger erfolgte sowohl von der GmbH als auch von dem jeweiligen Geschäftsführer. Die Abrechnung erfolgte jedoch ausschließlich gegenüber der GmbH. Streitig war, ob die Rechtsanwaltskosten zum Vorsteuerabzug berechtigten.

Entscheidung

Objektiv betrachtet richtete sich das Verfahren gegen die beiden Geschäftsführer persönlich, was gegen einen Vorsteuerabzug spricht. Hiergegen lässt sich jedoch argumentieren, dass die Rechtsanwaltskosten ohne die Bautätigkeit der GmbH nicht angefallen wären und die Kosten somit aufgrund der steuerpflichtigen Bauleistungen der GmbH entstanden sind. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun Zweifel, welcher Auffassung hinsichtlich der Auslegung des Begriffs des „unmittelbaren Zusammenhangs“ zu folgen ist. Er legte diese Frage daher dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vor. Sollte der EuGH den Vorsteuerabzug grundsätzlich zulassen, möchte der BFH weiterhin geklärt wissen, ob der Umstand, dass die Beauftragung der Rechtsanwälte auch durch die Gesellschafter erfolgte, nur einen anteiligen Vorsteuerabzug zulässt.

Konsequenz

Die Entscheidung des EuGH dürfte mit Spannung erwartet werden. Betrifft der Fall doch sowohl die grundsätzlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs, als auch formale Fragen der im Sinne des Vorsteuerabzugs korrekten Beauftragung und Abrechnung von Leistungen. In ähnlich gelagerten Fällen sollten die Verfahren unter Berufung auf die Vorlage an den EuGH offen gehalten werden.

Einstweilige Anordnung zur Durchsetzung von Steuererstattungen

Einstweilige Anordnung zur Durchsetzung von Steuererstattungen

Kernaussage

Die Finanzverwaltung tut sich bekanntlich schwer damit, unliebsame Urteile zeitnah umzusetzen. Für die betroffenen Unternehmen ist dies zumeist mehr als ärgerlich. Nicht nur, dass sie auf die angestrebte Steuererstattung warten müssen, häufig ergeben sich noch zusätzliche Beratungskosten, um die ihnen zustehenden Ansprüche endgültig durchzusetzen. Eine aktuelle Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Münster könnte helfen, diesem Treiben ein Ende zu bereiten.

Sachverhalt

Aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Besteuerung der Abgabe von Speisen an Imbissständen, hatte ein Unternehmer beantragt, die Umsatzsteuerbescheide für 2007 und 2008 zu seinen Gunsten zu ändern. Diese standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Das Finanzamt lehnte eine Änderung zunächst ab. Über den hiergegen eingelegten Einspruch wollte die Behörde erst nach Veröffentlichung des Urteils des EuGH im Bundessteuerblatt entscheiden. Solange wollte der Unternehmer nicht warten und stellte einen Antrag auf einstweilige Anordnung beim hier zuständigen Finanzgericht Münster auf Erstattung von ca. 100.000 EUR.

Entscheidung

Die Richter gaben dem Antrag statt. Zum Einen sei durch die Korrektur der Umsatzsteuererklärungen der Anspruch des Klägers glaubhaft gemacht worden. Zum Anderen läge auch ein Anordnungsgrund vor, da der Kläger unmittelbar von der Zahlungsunfähigkeit bedroht sei.

Konsequenz

Das Urteil ist zwar nicht geeignet, gegen jegliche Verzögerungen der Finanzverwaltung vorzugehen. In Fällen jedoch, in denen den betroffenen Unternehmern existenzielle Schäden drohen, z. B. die Insolvenz, ist ein Antrag auf einstweilige Anordnung zu prüfen.

Fristlose Kündigung bei Diebstahl geringwertiger Sachen und langer Betriebszugehörigkeit

Fristlose Kündigung bei Diebstahl geringwertiger Sachen und langer Betriebszugehörigkeit

Rechtslage

Bis zur „Emmely-Entscheidung“ galt der Grundsatz, dass eine Straftat gegenüber dem Arbeitgeber eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigte. Mit der „Emmely-Entscheidung“ weichte das Bundesarbeitsgericht diesen Grundsatz im Bereich Diebstahls und Unterschlagung geringwertiger Sachen für die Fälle auf, bei denen eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers sprach. Dies ist insbesondere dann so, wenn ein lang bestehendes und (regelmäßig) unbeanstandetes Arbeitsverhältnis vorliegt. Diese Entscheidung wird seither in fristlosen Kündigungssachen stets zugunsten des Arbeitnehmers angeführt. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte nunmehr zur Abgrenzung des „Emmely-Urteils“ zu entscheiden.

Sachverhalt

Der Kläger war bereits rd. 20 Jahre – zuletzt als Filialleiter – beim Arbeitgeber tätig, als er zunächst einen Beutel Streusand aus der Filiale mitnahm, ohne ihn zu bezahlen. Zwei Tage später wurde er mit unbezahlten Waren im Wert von 12,02 EUR angetroffen. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos ohne Abmahnung. Der Kläger hatte die Vorwürfe zunächst geleugnet.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht hielt die Kündigung für wirksam. Die im Rahmen der fristlosen Kündigung vorzunehmende Interessenabwägung falle trotz der langen Betriebszugehörigkeit auch vor dem Hintergrund der „Emmely-Entscheidung“ zu Ungunsten des Klägers aus. Dabei sei entscheidend zu berücksichtigen, dass der Kläger die Vorwürfe zunächst geleugnet habe, er in einer gehobenen Vertrauensposition angestellt sei und der Schaden nicht nur im „Cent-Bereich“ liege.

Konsequenz

Die Entscheidung liegt auf dem Kurs weiterer Entscheidungen der arbeitsrechtlichen Obergerichte. Man mag mutmaßen, dass dort versucht wird, die „Emmely-Entscheidung“ praxistauglich zu machen. Auf eine Wertgrenze wird bisher nicht abgestellt, obwohl die Entscheidung vom „Cent-Bereich“ spricht. Regelmäßig stellen die arbeitsrechtlichen Obergerichte vielmehr auf das Nachtatverhalten ab. Wenn der Arbeitnehmer zunächst leugnet, scheinen die Gerichte „geneigter“, dem Arbeitgeber Recht zu geben.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin