Mindestanforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Mindestanforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Kernproblem

Der geldwerte Vorteil für die private Nutzung eines vom Arbeitgeber überlassenen Dienstwagens ist der Höhe nach mit der 1 %-Regelung zu bewerten, sofern nicht das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird. Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) präzisiert worden. In der Praxis ergeben sich aber dennoch immer wieder Meinungsverschiedenheiten, denn lediglich kleinere Mängel reichen noch nicht aus, um das Fahrtenbuch zu verwerfen.

Sachverhalt

Der Geschäftsführer einer GmbH führte für den ihm überlassenen Dienstwagen ein Fahrtenbuch. Dieses Buch enthielt allerdings neben dem jeweiligen Datum hinsichtlich der Fahrtziele zumeist nur Straßennamen, gelegentlich auch die Namen von Kunden oder Angaben zum Zweck der Fahrt (z. B. Tanken), außerdem den Kilometerstand nach Beendigung der Fahrt und die jeweils gefahrenen Tageskilometer. Nach einer Überprüfung durch das Finanzamt ergänzte der Geschäftsführer das Fahrtenbuch nachträglich durch eine Auflistung, die er mit Hilfe seines handschriftlich geführten Tageskalenders erstellt hatte. Die Auflistung enthielt alle bisher durch die Rechtsprechung verlangten Angaben wie Datum, Standort und Kilometerstand des Fahrzeugs zu Beginn der Fahrt sowie den Grund und das Ziel der Fahrt. Während das Finanzamt das Fahrtenbuch weiterhin als nicht ordnungsgemäß beurteilte, hielt das Finanzgericht die Kombination aus handschriftlich in einem geschlossenen Buch eingetragenen Daten und der per Computerdatei erstellten erläuternden Auflistung für ausreichend. Die Revision des Finanzamts entschied jetzt der BFH.

Entscheidung

Der BFH verwarf das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß und hält damit an seiner Rechtsprechung fest, dass insbesondere Datum und Ziel der jeweiligen Fahrten auszuweisen sind. Dem sei nicht entsprochen, wenn als Fahrtziele jeweils nur Straßennamen angegeben sind und diese Angaben erst mit nachträglich erstellten Auflistungen präzisiert werden. Bei dieser Art der Aufzeichnung wären weder Vollständigkeit noch Richtigkeit der Eintragungen gewährleistet. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügten allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergebe oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von nicht mehr ergänzungsbedürftigen Unterlagen ermitteln ließe.

Konsequenz

Der BFH beharrt auf seiner peniblen Betrachtungsweise und lässt nur wenige Fehler bei der Führung des Fahrtenbuchs zu (wie in einer früheren Entscheidung: 3 kleinere Mängel innerhalb von 4 Jahren, z. B. fehlender Eintrag einer Fahrt zur Tankstelle, stehen der Anerkennung nicht entgegen).

Finanzgericht darf negative verbindliche Auskünfte des Finanzamts vollumfänglich überprüfen

Finanzgericht darf negative verbindliche Auskünfte des Finanzamts vollumfänglich überprüfen

Rechtslage

Zur Erlangung steuerlicher Rechtssicherheit ist die Beantragung einer verbindlichen Auskunft beim zuständigen Finanzamt ein geeignetes Mittel. Erteilt das Finanzamt die verbindliche Auskunft, kann der Antragsteller sicher sein, dass der von ihm geplante Sachverhalt nach der geltenden Rechtslage in einer ganz bestimmten Weise behandelt wird. Sofern die verbindliche Auskunft des Finanzamts eine andere Rechtsauffassung teilt, ist diese vom Finanzgericht in vollem Umfang überprüfbar. Nicht selten wird die Erteilung der erbetenen verbindlichen Auskunft abgelehnt. In diesem Fall kann der Antragsteller oft nichts tun, denn es gibt keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der verbindlichen Auskunft.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine inländische GmbH. Die französische Muttergesellschaft hatte gegenüber der Klägerin eine offene Forderung in Höhe von rund 19 Mio. EUR, für die sie zur Vermeidung der Insolvenz einen Rangrücktritt erklärt hat. Im Jahr 2009 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin deren Auflösung. Der Liquidator der Klägerin beabsichtigte, die noch offenen Verbindlichkeiten in Höhe des Vermögens abzüglich der Liquidationskosten zu begleichen. Das mit Rangrücktritt versehene Darlehen sollte mangels Aktivvermögen nicht mehr zurückgezahlt werden. Ein Forderungsverzicht sollte damit nicht verbunden sein. Die Klägerin beantragte eine verbindliche Auskunft des Inhalts, dass aus diesem Vorgang kein steuerpflichtiger Gewinn entstehe. Das Finanzamt teilte diese Auffassung nicht und erteilte eine abweichende negative verbindliche Auskunft.

Entscheidung

Das Finanzgericht Köln schloss sich inhaltlich der Rechtsauffassung der Klägerin an. Eine Kapitalgesellschaft erlischt, wenn kein Vermögen mehr vorhanden ist, kein weiterer Abwicklungsbedarf besteht und die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht wird. Damit einhergehend erlischt auch die Forderung und ein Gewinn entsteht, der aber mangels Steuersubjekt nicht steuerpflichtig ist. Die negative verbindliche Auskunft ist daher aufzuheben. Das Finanzamt muss, soweit es eine neue Auskunft erteilen will, diese Rechtsauffassung beachten. Allerdings steht es dem Finanzamt auch frei, eine inhaltliche Auskunft abzulehnen.

Konsequenz

Letztendlich liegt die Entscheidung jetzt beim Bundesfinanzhof (BFH). Das Finanzgericht hat nur die Kompetenz, die rechtswidrige Auskunft aufzuheben. Eine Verpflichtung der Finanzbehörde zur Neubescheidung besteht hingegen nicht, so dass die Bindungswirkung der Finanzbehörde kritisch zu beurteilen ist.

Ausländischer Spendenempfänger muss gemeinnützig sein

Ausländischer Spendenempfänger muss gemeinnützig sein

Kernproblem

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat 2009 entschieden, dass auch Spenden an ausländische Empfänger grundsätzlich zum deutschen Spendenabzug berechtigen müssen. Zu klären ist nunmehr, ob der ausländische Spendenempfänger nach nationalem Recht die Anforderungen an eine gemeinnützige Organisation erfüllt.

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger machte in seiner Einkommensteuererklärung Sachspenden an ein portugiesisches Seniorenheim als Sonderausgaben geltend. Der Heimbetreiber ist eine juristische Person, die mit einem rechtsfähigen Verein vergleichbar ist. Das Finanzamt versagte den Spendenabzug mit der Begründung, der Empfänger müsse Inländer sein.

Entscheidung

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass der Betreiber des Seniorenheims nach seiner Satzung gemeinnützige Zwecke förderte. Die Satzung enthielt aber keine ausdrücklichen Regelungen zur Mittelverwendung. Auch nach Auslegung aller Satzungsbestimmungen war die nach nationalem Recht erforderliche Vermögensbindung nicht erkennbar. Zudem enthielten die vom klagenden Steuerpflichtigen vorgelegten Spendenbescheinigungen keinen Nachweis darüber, dass der Empfänger die Gegenstände zur Förderung der gemeinnützigen Zwecke verwendet hatte. Der Spendenabzug war somit zu versagen.

Konsequenz

Die Entscheidung steht im Einklang mit dem zwischenzeitlich geänderten Gesetzestext. Danach ist der Spendenabzug zulässig, wenn die ausländische gemeinnützige Organisation steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde. Das letzte Wort hat aber nun der Bundesfinanzhof (BFH).

Auskunftsanspruch von Konkurrenten gemeinnütziger Vereine

Auskunftsanspruch von Konkurrenten gemeinnütziger Vereine

Kernproblem

Auch gemeinnützige Organisationen können z. B. beim Krankentransport oder im Rahmen der Pflegebereiche im Wettbewerb mit gewerblichen Anbietern stehen. In diesen Fällen kann es ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, wenn man seine Leistungen zum ermäßigten (7 % USt) statt zum vollen Steuersatz (19 % USt) anbieten kann. Die gewerblichen Anbieter können die Richtigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit des ermäßigten Umsatzsteuersatzes der gemeinnützigen Organisation durch eine Konkurrentenklage überprüfen lassen. Hierzu ist das Wissen über den angewendeten Umsatzsteuersatz der gemeinnützigen Organisation notwendig.

Sachverhalt

Das klagende Unternehmen betreibt den gewerblichen Transport von Blutkonserven, Blutproben u. ä. Nach klägerischer Ansicht würde ein gemeinnütziger Verein vergleichbare Leistungen lediglich mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz in Rechnung stellen. Hierin sah die Klägerin eine Wettbewerbsverzerrung und verlangte vom beklagten Finanzamt Auskunft über die Besteuerung der Vereins-Umsätze zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage. Das Finanzamt lehnte dies unter Verweis auf das Steuergeheimnis ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) – wie auch bereits das Finanzgericht – bejaht den Auskunftsanspruch. Voraussetzung dafür ist nur, dass eine unzutreffende Besteuerung und eine davon ausgehende erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens ernstlich in Betracht kommen. Diesem steht dann auch nicht mehr das Steuergeheimnis entgegen. Im Rahmen der anschließend gegebenenfalls zu erhebenden Konkurrentenklage ist dann zu entscheiden, ob ein Rechtsschutzanspruch des Unternehmens tatsächlich gegeben ist.

Konsequenz

Die Entscheidung des BFH steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Sachen Konkurrentenklage. Durch steuerliche Begünstigungen soll bzw. darf der Wettbewerb nicht beeinträchtigt werden.

Voraussetzungen der Berichtigung einer fehlerhaften Bilanz

Voraussetzungen der Berichtigung einer fehlerhaften Bilanz

Kernaussage

Fehler in Bilanzen müssen grundsätzlich im Fehlerjahr berichtigt werden. Soweit eine Berichtigung im Fehlerjahr nicht mehr möglich ist, weil die Feststellungs- oder Veranlagungsbescheide bestandskräftig und nicht mehr änderbar sind, ist die Korrektur in der Schlussbilanz des ersten Jahres nachzuholen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist.

Sachverhalt

Eine bilanzierende GmbH erfasste im Jahresabschluss versehentlich eine Verbindlichkeit für Dezember 2005 nicht, buchte jedoch die Zahlung im Streitjahr 2006 als Betriebsausgabe. Die Steuerveranlagungen für 2005 waren zum Zeitpunkt der Fehlererkenntnis bestandskräftig. Das Finanzamt lehnte den Betriebsausgabenabzug für 2006 ab.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage der GmbH statt. Eine Korrektur ist in der Schlussbilanz des ersten Jahres, welches steuerlich noch änderbar ist, nachzuholen. Damit wird der Betriebsausgabenabzug in 2006 gewährt. Es erfolgt keine gewinnneutrale Fehlerkorrektur in der Eröffnungsbilanz. Das Prinzip des formellen Bilanzzusammenhangs, nämlich dass die Eröffnungsbilanzwerte zum 1.1.2006 den Schlussbilanzwerten zum 31.12.2005 unter Einbezug des Bilanzierungsfehlers entsprechen, wird nicht durchbrochen.

Konsequenz

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen. Insoweit bleibt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abzuwarten, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen der formelle Bilanzzusammenhang durchbrochen werden kann.

Beginn der Abschreibung bei Windkraftanlagen und Eigentumsübergang

Beginn der Abschreibung bei Windkraftanlagen und Eigentumsübergang

Kernproblem

Bei der Anschaffung von umfangreichem abnutzbarem Anlagevermögen können sich mehrere bilanzsteuerliche Fragen ergeben. So sind z. B. Wirtschaftsgüter zu definieren, der Abschreibungsbeginn zu untersuchen (zivilrechtliches vs. wirtschaftliches Eigentum) und Nutzungsdauern festzulegen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte die Anschaffung mehrerer Windkraftanlagen zu würdigen, die im Dezember geliefert, aber erst im Folgejahr zivilrechtlich abgenommen wurden.

Sachverhalt

Die Betreiberin eines Windparks schloss einen Kaufvertrag über den Erwerb von 2 Windkraftanlagen (WKA). Mit dem Lieferanten wurde vereinbart, dass dieser die Windkrafträder zu montieren und eine förmliche Abnahme nach einem Probebetrieb mit der ersten Hauptinspektion zu erfolgen habe. Die WKA wurde im Dezember 2000 errichtet, während die schriftliche Abnahme und anschließende Inbetriebnahme erst im März 2001 erfolgten. Die Betreiberin begehrte die Abschreibung erstmalig im Jahr 2000 und bekam vor dem Finanzgericht Recht, weil der Nachweis des wirtschaftlichen Übergangs nach Auffassung der Richter durch einen so genannten Inbetriebnahme-Check über die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit der WKA Ende Dezember 2000 gelang. Das Finanzamt war davon nicht überzeugt und zog vor den BFH.

Entscheidung

Der BFH definierte zunächst die jeweiligen Wirtschaftsgüter und urteilte, dass bei einem Windpark einerseits jede einzelne Windkraftanlage einschließlich des dazugehörigen Transformators sowie der verbindenden Verkabelung, andererseits die externe Verkabelung sowie die Zuwegung im Regelfall ein jeweils eigenständiges Wirtschaftsgut darstellen. Der Abschreibungsbeginn sei für jedes dieser 3 Wirtschaftsgüter eigenständig zu prüfen, aber von einer übereinstimmenden Nutzungsdauer auszugehen. Zwar könne die Abschreibung der WKA schon vor deren Inbetriebnahme beginnen; dies setze jedoch im Falle der Anschaffung Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber voraus. Wenn am Bilanzstichtag nicht alle Einzelkriterien erfüllt seien, bedürfe es einer wertenden Beurteilung anhand der Verteilung von Chancen und Risiken, die aus dem zu bilanzierenden Vermögensgegenstand erwachsen. Die Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums setze den Übergang der Gefahr des zufälligen Untergangs voraus, wenn der Werklieferer eine technische Anlage zu übereignen habe, die vom Erwerber erst nach erfolgreichem Abschluss eines Probebetriebs abgenommen wird.

Konsequenz

Der BFH hat den Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen, um den Gefahrenübergang festzustellen. Indiz hierfür könnte der Versicherungsbeginn sein. Unabhängig davon kann sich für die Zuwegung ein eigener, d. h. früherer Abschreibungszeitraum ergeben, an deren Ende sich die anderen Wirtschaftsgüter auszurichten haben.

„Grüner Punkt“ und Umsatzsteuer

„Grüner Punkt“ und Umsatzsteuer

Kernfrage

Die DSD (Duale System Deutschland GmbH) berechnet ihren Lizenznehmern für das Zeichen „Grüner Punkt“ Nutzungsentgelte. Diese berechnen wiederum die Lizenznehmer (Produkthersteller) ihren Abnehmern weiter. Die Nutzungsentgelte der DSD unterliegen der Umsatzsteuer zum Normalsteuersatz (19 %). Fraglich war, ob dies auch für die durch die Lizenznehmer abgerechneten Nutzungsentgelte gilt, wenn Waren zum ermäßigten Steuersatz (7 %) geliefert werden.

Neue Verwaltungsanweisung

Nach Ansicht der Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe ist das den Abnehmern in Rechnung gestellte Nutzungsentgelt als Nebenleistung zur Warenlieferung zu qualifizieren. Demnach ist das Nutzungsentgelt mit dem Steuersatz abzurechnen, mit dem auch die entsprechende Warenlieferung abgerechnet wird. Das Nutzungsentgelt kann dabei in der Rechnung separat offen ausgewiesen oder verdeckt abgerechnet werden.

Konsequenzen

Liefern die Produkthersteller ihren Kunden Waren, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, so ist auch das Nutzungsentgelt für den „Grünen Punkt“ mit 7 % abzurechnen.

Abzug der Einfuhrumsatzsteuer ist unabhängig von deren Entrichtung

Abzug der Einfuhrumsatzsteuer ist unabhängig von deren Entrichtung

Kernaussage

Das deutsche Umsatzsteuergesetz (UStG) fordert für den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) als Vorsteuer deren vorherige Entrichtung.

Sachverhalt

Ein französisches Unternehmen entrichtete von 1992 bis 1995 die Einfuhrumsatzsteuer nicht. Die Finanzverwaltung konnte diese Forderung nicht mehr geltend machen, da sie diese im Rahmen der Insolvenz des Unternehmens zu spät angemeldet hatte. Streitig war, ob das Unternehmen die Einfuhrumsatzsteuer geltend machen konnte, obwohl es diese gar nicht entrichtet hatte.

Entscheidung

Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer nicht von deren tatsächlicher vorheriger Entrichtung abhängig macht. Gefordert wird lediglich, dass der Unternehmer zur Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer verpflichtet ist. Der Nachweis hierüber muss vom Unternehmen erbracht werden. Er kann über Dokumente erfolgen, die das Unternehmen als Empfänger oder Importeur sowie die geschuldete Einfuhrumsatzsteuer ausweisen. Allerdings setzt der Vorsteuerabzug voraus, dass das Unternehmen nicht in betrügerischer Absicht gehandelt hat.

Konsequenzen

Die Regelung des deutschen Umsatzsteuergesetzes, wonach der Vorsteuerabzug der Einfuhrumsatzsteuer von deren vorherigen Entrichtung abhängig ist, widerspricht den europarechtlichen Vorgaben. Die Unternehmen können unter Berufung auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie den Vorsteuerabzug somit auch schon vor deren Bezahlung geltend machen.

Tätigkeitsverweigerung kann Einbußen beim Arbeitslosengeld zur Folge haben

Tätigkeitsverweigerung kann Einbußen beim Arbeitslosengeld zur Folge haben

Rechtslage

Verhält sich ein Bezieher von Arbeitslosengeld versicherungswidrig, weil er trotz Belehrung über etwaige Sperrzeiten eine ihm angebotene Stelle ohne wichtigen Grund nicht annimmt, hat die Bundesagentur eine Sperrzeit festzusetzen. Das Bundessozialgericht hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob eine geringe Lohnhöhe einen solchen wichtigen Grund darstellen kann, der die Annahme des Jobangebotes unzumutbar macht. Gleichzeitig hatte es darüber zu entscheiden, welche Rechtslage die Länge der Sperrzeit bestimmt, wenn sich innerhalb der Sperrzeit die Rechtslage ändert.

Sachverhalt

Die Klägerin bezog Arbeitslosengeld. Auf ein Jobangebot der Bundesagentur nahm sie – belehrt über die Konsequenzen einer unzulässigen Ablehnung des Jobangebotes – an einem Bewerbungsgespräch teil. hier äußerte sie, der angebotene Stundenlohn von 6,00 EUR brutto sei unangemessen niedrig. Tatsächlich hätte die Klägerin bei Annahme der Stelle mehr verdient als sie Leistungen bezog. Darauf hin verhängte die Bundesagentur eine Sperrzeit von 12 Wochen und forderte anteilig Leistungen zurück. Die Sperrzeit lag über den Jahreswechsel, zu dem eine Gesetzesänderung in Kraft trat, nach der nur eine kürzere Sperrzeit möglich gewesen wäre. Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, der angebotene Stundenlohn habe die Annahme des Jobangebots unzumutbar gemacht. Darüber hinaus habe sich die Sperrzeit nach der neuen Gesetzeslage zu richten.

Entscheidung

Das Bundessozialgericht gab der beklagten Bundesagentur Recht. Die Klägerin war über die Konsequenzen der Nichtannahme des Jobangebots belehrt worden, hatte dieses aber ohne wichtigen Grund abgelehnt. Der niedrige Stundenlohn sei jedenfalls nicht geeignet, einen wichtigen Grund darzustellen, weil er die Stelle nicht unzumutbar mache. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Annahme des Jobangebotes nicht dazu geführt hätte, dass die Klägerin weniger Nettolohn erhalten hätte als im Leistungsbezug. Im Hinblick auf die für die Länge der Sperrzeit maßgebliche Rechtslage sei das Recht anzuwenden, das im Zeitpunkt des die Sperre auslösenden Ereignisses existiere.

Konsequenz

Ein niedriger Stundenlohn ist nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts wohl nur noch dann ein wichtiger Grund, der die Ablehnung eines Jobangebotes zulässt, wenn der erzielbare Nettoverdienst unter den gewährten Leistungen liegt.

Neues Recht: Kinderbetreuungskosten ab 2012

Neues Recht: Kinderbetreuungskosten ab 2012

Rückblick

Die steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten wurde ab dem Jahr 2012 gesetzlich neu geregelt. Die Neuregelung ist zwar einfacher, aber nicht unbedingt günstiger. Bisher wurde nach erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten unterschieden. In beiden Fällen konnten 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR je Kind und Jahr, abgesetzt werden. Das galt grundsätzlich für Kinder von 0-13 Jahren (oder bei Schwerbehinderung), soweit die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers nachgewiesen werden konnten. Als Pferdefuß der Regelung galt, dass im Fall zusammenlebender Ehegatten beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit nachgehen mussten, um den Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu ermöglichen. War das nicht der Fall, konnte zumindest für Kinder im „Kindergartenalter“ von 3-5 Jahren ein Abzug als Sonderausgaben erfolgen. Der Sonderausgabenabzug galt dann ebenso für Kinder bis zu 13 Jahren, wenn sich der nicht erwerbstätige oder beide Elternteile in Ausbildung befanden oder längerfristig krank waren oder eine Behinderung vorlag.

Neue Rechtslage

Die Unterscheidung nach erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten entfällt. Auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern, wie z. B. Erwerbstätigkeit oder Ausbildung, kommt es nicht mehr an. Somit können ab dem Jahr 2012 Kinderbetreuungskosten von Geburt der Kinder an bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres berücksichtigt werden (darüber hinaus wie bisher bei Behinderung). Damit wird der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert. Dafür ist aber nur noch ein Abzug als Sonderausgaben möglich. So wird im Fall von negativen Einkünften die „Vortragsfähigkeit“ der Kinderbetreuungskosten geraubt. Lediglich bei Anwendung außersteuerlicher Rechtsnormen werden Kinderbetreuungskosten weiterhin von den Einkünften abgezogen, soweit an steuerliche Einkommensbegriffe (z. B. Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) angeknüpft wird. Das kann z. B. bei der Berechnung von Wohngeld der Fall sein.

Hinweise des Bundesfinanzministeriums

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat zur Neuregelung bereits ein Anwendungsschreiben erlassen. An den bisherigen allgemeinen Auslegungen der Finanzverwaltung hat sich bis auf die Aufnahme neuerer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nichts Wesentliches geändert. Fallstricke können sich hier insbesondere für unverheiratete Elternteile ergeben. Zwar können diese grundsätzlich eine einvernehmliche Aufteilung der Abzugsbeträge gegenüber dem Finanzamt erklären. Wenn jedoch nur ein Elternteil den Kinderbetreuungsvertrag (z. B. mit der Kindertagesstätte) abschließt und das Entgelt von seinem Konto zahlt, kann der Abzugsbetrag weder vollständig noch anteilig dem anderen Elternteil als von ihm getragener Aufwand zugerechnet werden. Das sollte bereits bei Abschluss des Betreuungsvertrags oder spätestens der Zahlung bedacht werden, um den höchsten Steuervorteil auszuschöpfen.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin