Wie ermittelt man den Wert eines Unternehmens?

Der Unternehmenswert ist ein entscheidender Faktor beim Verkauf, der Übergabe oder der Nachfolgeregelung eines Unternehmens. Da Verkäufer und Käufer oft unterschiedliche Vorstellungen über den Wert eines Unternehmens haben, sind objektive Bewertungsmethoden von großer Bedeutung. Zu den gängigsten Verfahren zählen:

  • Ertragswertverfahren
  • Substanzwertverfahren
  • Marktwert
  • Unternehmenswertrechner

Das Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist die meistverbreitete Methode zur Unternehmensbewertung. Hierbei entspricht der Wert des Unternehmens dem Barwert aller zukünftigen Ertragsüberschüsse. Der Unternehmenswert hängt somit von der erwarteten Ertragskraft in den kommenden Jahren ab. Zur Berechnung sind folgende Schritte erforderlich:

  1. Marktanalyse: Prognose der zukünftigen Marktentwicklung basierend auf Vergangenheitswerten und einer Chancen-/Risiken-Analyse.
  2. Erstellung einer Finanzplanung: Langfristige Umsatz-, Kosten- und Investitionsplanung für fünf Jahre, davon drei detailliert.
  3. Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Ertrags (Cashflows):
    • Betriebsergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern (BE 1)
    • Abzug der Ertragsteuern
    • Betriebsergebnis nach Steuern (BE 2)
    • Abschreibungen und Investitionen berücksichtigen
    • Veränderung des Nettoumlaufvermögens erfassen
  4. Bestimmung des Kapitalisierungszinsfußes: Ein wichtiger Einflussfaktor auf den Ertragswert, bestehend aus Basiszins und Risikoaufschlag.
  5. Berechnung des Unternehmenswertes anhand des Kapitalisierungszinsfußes.

Beispielrechnung: Ein nachhaltiger Ertrag von 100.000 € wird mit einem Kapitalisierungszinsfuß von 6 % angesetzt:

100.000 € / 6 % = 1.666.666 €.

Wenn der Zinssatz auf 10 % steigt, sinkt der Unternehmenswert auf 1.000.000 €. Dies verdeutlicht, dass eine frühzeitige Nachfolgeplanung den Unternehmenswert stabilisieren kann.

Das Substanzwertverfahren

Beim Substanzwertverfahren wird der Wert des Unternehmens anhand der Kosten ermittelt, die für dessen Reproduktion notwendig wären. Es gibt zwei Varianten:

  • Substanzwert: Wert aller materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände abzüglich Schulden.
  • Liquidationswert: Der Wert, den die Vermögensgegenstände bei Einzelverkauf erzielen würden. Diese Methode wird hauptsächlich bei unrentablen Unternehmen genutzt.

Die Bewertung erfolgt durch:

  • Bestimmung des Anschaffungswerts und der technischen Nutzungsdauer
  • Berücksichtigung von Nachfrage und Marktbedingungen
  • Einbeziehung externer Gutachter zur Schätzung von Immobilien und Maschinen

Der Marktwert

Der Marktwert ergibt sich aus Angebot und Nachfrage. Wichtige Anhaltspunkte zur Ermittlung sind:

  • Vergleich mit börsennotierten Unternehmen
  • Analyse ähnlicher Unternehmensverkäufe
  • Berücksichtigung branchenspezifischer Bewertungsfaktoren

Marktwerte spielen insbesondere bei Unternehmen mit hoher Branchenvernetzung oder starker Marktpräsenz eine Rolle.

Unternehmenswertrechner

Online-Tools können eine erste Einschätzung des Unternehmenswertes liefern. Beispielsweise bietet die einen Unternehmenswertrechner im Ertragswertverfahren. Die Nutzung ist kostenfrei und gibt eine erste Orientierung für Kaufinteressenten und Verkäufer.

Fazit

Die Wahl der richtigen Bewertungsmethode hängt von vielen Faktoren ab. Professionelle Beratung durch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Kammern kann dabei helfen, den Unternehmenswert realistisch einzuschätzen und eine faire Kaufpreisfindung zu ermöglichen.

Grundsteuerbewertung nach dem Ertragswertverfahren: Wichtige Begriffserklärungen

Ertragswertverfahren vs. Sachwertverfahren

Die Bewertung eines Grundstücks erfolgt je nach Nutzung entweder im Ertragswertverfahren oder im Sachwertverfahren:

  • Wohngrundstücke: Bewertung im Ertragswertverfahren, basierend auf einem pauschalierten Mietertrag.
  • Nichtwohngrundstücke: Bewertung im Sachwertverfahren, basierend auf den Normalherstellungskosten des Gebäudes.

Kategorien von Wohngrundstücken

Wohngrundstücke dienen primär Wohnzwecken und werden in folgende Kategorien unterteilt:

  • Einfamilienhaus: Eine Wohnung mit mindestens 50 % Wohnflächenanteil.
  • Zweifamilienhaus: Zwei Wohnungen mit jeweils mindestens 50 % Wohnflächenanteil.
  • Mietwohngrundstücke: Mindestens drei Wohnungen mit mehr als 80 % Wohnflächenanteil (kein Wohnungseigentum).
  • Wohnungseigentum: Sondereigentum an einer Wohnung gemäß Wohnungseigentumsgesetz.

Liegenschaftszinssatz

Ein durchschnittlicher Zinssatz, mit dem der Wert eines Grundstücks verzinst wird:

  • Einfamilien- & Zweifamilienhäuser: 2,5 % (bei hohen Bodenrichtwerten reduziert).
  • Wohnungseigentum: 3,0 % (Reduktion bei hohen Bodenrichtwerten).
  • Mietwohngrundstücke:
    • Bis zu 6 Wohnungen: 4,0 %
    • Mehr als 6 Wohnungen: 4,5 %

Wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer

  • Wohngebäude: Standardnutzungsdauer von 80 Jahren.
  • Restnutzungsdauer zum 01.01.2022: Gesamtnutzungsdauer abzüglich des Alters des Gebäudes.
    • Beispiel: Baujahr 2000 → Restnutzungsdauer 58 Jahre.
    • Mindestrestnutzungsdauer: 24 Jahre (30 % der Gesamtnutzungsdauer), außer es besteht eine Abbruchverpflichtung.

Nettokaltmiete & Mietniveaustufen

  • Die Nettokaltmiete wird auf Basis des Mikrozensus bestimmt.
  • Die Mietniveaustufen beeinflussen die Bewertung durch Zu- oder Abschläge:
    • Mietniveaustufe 1: -20 %
    • Mietniveaustufe 2: -10 %
    • Mietniveaustufe 3: ±0 %
    • Mietniveaustufe 4: +10 %
    • Mietniveaustufe 5: +20 %
    • Mietniveaustufe 6: +30 %
    • Mietniveaustufe 7: +40 %

Rohertrag & Reinertrag

  • Rohertrag: Produkt aus Wohnfläche und Nettokaltmiete (inkl. Zu-/Abschläge).
  • Reinertrag: Rohertrag abzüglich der Bewirtschaftungskosten.
  • Kapitalisierter Reinertrag: Berechnung mit einem Vervielfältiger (abhängig von Liegenschaftszinssatz & Restnutzungsdauer).

Bodenwert & Umrechnungskoeffizienten

  • Bodenwert: Fläche x Bodenrichtwert.
  • Abweichende Grundstücksgrößen werden mit Umrechnungskoeffizienten (Anlage 36 BewG) bewertet:
    • < 250 m²: 1,24
    • 250-499 m²: 1,19
    • 500 m²: 1,00
    • 550-1.949 m²: 0,98
    • ≥ 2.000 m²: 0,64

Abgezinster Bodenwert

  • Bodenwert wird mit einem Abzinsungsfaktor (Anlage 41 BewG) reduziert.
  • Je länger die Restnutzungsdauer, desto niedriger der abgezinste Bodenwert.

Grundsteuerwert & Steuermesszahl

  • Grundsteuerwert: Kapitalisierter Reinertrag + abgezinster Bodenwert (mindestens 75 % des Bodenwertes vor Abzinsung).
  • Steuermesszahl (Promille-Werte):
    • Land- & Forstwirtschaft: 0,55
    • Unbebaute Grundstücke: 0,34
    • Wohngrundstücke: 0,31
    • Nichtwohngrundstücke: 0,34

Dieser Beitrag dient als Orientierungshilfe zur Bewertung von Wohngrundstücken nach dem Ertragswertverfahren. Für detaillierte Informationen sind die offiziellen Anlagen des Bewertungsgesetzes heranzuziehen.

Die Rolle der Vorabpauschale bei der Besteuerung von ETFs: Was Anleger wissen sollten

Die Vorabpauschale ist ein zentraler Bestandteil der Besteuerung von thesaurierenden Investmentfonds, wie ETFs. Sie stellt eine Vorauszahlung auf die Kapitalertragsteuer dar, die auch dann anfällt, wenn keine Ausschüttungen erfolgen. Doch wie verhält es sich, wenn die Vorabpauschale aufgrund eines Freistellungsauftrags nicht direkt bezahlt werden muss? Und welche Auswirkungen hat dies bei einem späteren Verkauf des ETFs?

1. Was ist die Vorabpauschale?

Die Vorabpauschale ist eine fiktive Ertragskomponente, die bei thesaurierenden Fonds erhoben wird. Sie basiert auf dem Basiszinssatz und dem Wert des Fonds zu Beginn des Jahres. Diese Pauschale wird als Teil der Kapitalerträge behandelt und ist somit grundsätzlich steuerpflichtig.

2. Der Freistellungsauftrag

Ein Freistellungsauftrag ermöglicht es Anlegern, Kapitalerträge bis zu einem bestimmten Betrag steuerfrei zu vereinnahmen. Wenn die Vorabpauschale innerhalb des Freistellungsbetrags liegt, wird sie nicht direkt an das Finanzamt abgeführt. Dennoch wird sie steuerlich erfasst und auf den Sparerpauschbetrag angerechnet [18].

3. Anrechnung bei Verkauf des ETFs

Auch wenn die Vorabpauschale aufgrund eines Freistellungsauftrags nicht sofort zu einer Steuerzahlung führt, bleibt sie steuerlich relevant. Bei einem späteren Verkauf des ETFs wird die Vorabpauschale auf die Kapitalertragsteuer angerechnet. Das bedeutet, dass die Vorabpauschale den zu versteuernden Gewinn aus dem Verkauf mindert, da sie bereits als Teil der Besteuerung erfasst wurde.

Fazit

Die Vorabpauschale ist ein wichtiger Aspekt der Besteuerung von ETFs, der auch bei der Nutzung eines Freistellungsauftrags nicht außer Acht gelassen werden sollte. Sie beeinflusst die steuerliche Behandlung sowohl während der Haltedauer als auch bei einem späteren Verkauf des Fonds. Anleger sollten sich daher über die Funktionsweise der Vorabpauschale und ihre Auswirkungen auf die Kapitalertragsteuer im Klaren sein, um steuerliche Überraschungen zu vermeiden.

Fahrtkosten eines Teilzeitstudierenden steuerlich absetzbar?

BFH-Urteil VI R 7/22 vom 24.10.2024

Am 24. Oktober 2024 hat der Bundesfinanzhof (BFH) ein wichtiges Urteil zur steuerlichen Absetzbarkeit von Fahrtkosten eines (nicht erwerbstätigen) Teilzeitstudierenden zwischen Wohnung und Studienort gefällt. Das Urteil klärt die Voraussetzungen, unter denen ein Studium als Vollzeitstudium im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gilt.

Leitsatz des BFH

Ein Vollzeitstudium im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG liegt nur dann vor, wenn das Studium nach der jeweiligen Studienordnung darauf ausgelegt ist, dass sich die Studierenden dem Studium zeitlich vollumfänglich widmen müssen – vergleichbar mit einer vollzeitbeschäftigten Erwerbstätigkeit.

Hintergrund des Urteils

Der Fall betraf einen Studierenden, der in Teilzeit studierte und keine parallele Erwerbstätigkeit ausübte. Das Finanzamt hatte die steuerliche Berücksichtigung seiner Fahrtkosten zum Studienort verweigert, da es sich nicht um ein Vollzeitstudium im steuerlichen Sinne handele. Der BFH bestätigte diese Sichtweise und stellte klar, dass nur ein Studium, das nach der jeweiligen Studienordnung eine vollumfängliche zeitliche Beanspruchung erfordert, als Vollzeitstudium anzusehen ist.

Auswirkungen des Urteils

Diese Entscheidung hat insbesondere für Teilzeitstudierende Konsequenzen, die Fahrtkosten steuerlich geltend machen wollen:

  • Studierende in einem Vollzeitstudium können ihre Fahrtkosten unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten absetzen.
  • Studierende in einem Teilzeitstudium haben diese Möglichkeit in der Regel nicht, sofern sie keine parallele Erwerbstätigkeit nachweisen können.
  • Entscheidend ist die Studienordnung: Ist das Studium nicht so ausgestaltet, dass es einem Vollzeitjob entspricht, gelten steuerliche Einschränkungen.

Praxistipp

Studierende sollten prüfen, ob ihr Studiengang als Vollzeitstudium gilt und sich ggf. eine entsprechende Bescheinigung von der Hochschule ausstellen lassen. Wer neben dem Studium arbeitet, kann unter Umständen Fahrtkosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen.

Siehe auch Steuererklärung Studenten

Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil VI R 7/22 vom 24.10.2024

BFH-Urteil zur Postbeförderungsdauer und anteiligem Betriebsausgabenabzug nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG

BFH, Urteil IV R 25/22 vom 27.11.2024

Wichtige Erkenntnisse aus dem Urteil

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil IV R 25/22 vom 27. November 2024 zwei wesentliche steuerrechtliche Fragen geklärt:

  1. Vertrauen in die Postbeförderungsdauer bei normaler Briefpost
    Ein Rechtsmittelführer durfte unter der Geltung der Post-Universaldienstleistungsverordnung darauf vertrauen, dass ein inländischer Brief am nächsten Werktag zugestellt wird. Dies gilt zumindest dann, wenn im Zeitpunkt der Absendung keine konkreten Hinweise auf eine längere Laufzeit vorlagen. Mit diesem Urteil bestätigt der BFH seine bisherige Rechtsprechung zur Verfahrensdauer und zur Beweislast bei Fristenwahrung.
  2. Anteiliger Betriebsausgabenabzug für Verwaltungs- und Konzernabschlusskosten einer Holding
    Der BFH entschied zudem, dass Verwaltungs- und Konzernabschlusskosten einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, die lediglich Anteile an einer Kapitalgesellschaft hält und daraus Dividendenerträge erzielt, nur anteilig als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Dividendenerträge gemäß § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerfrei sind. Laut BFH besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne von § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zwischen den laufenden Kosten und den teilweise steuerbefreiten Einnahmen.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil hat insbesondere für Steuerpflichtige und deren Berater zwei zentrale Auswirkungen:

  • Fristenwahrung durch Postversand: Steuerpflichtige können sich grundsätzlich auf eine übliche Zustellungsdauer der Briefpost verlassen, es sei denn, es gibt ausdrückliche Hinweise auf Verzögerungen. Dies ist für Fristen im Besteuerungsverfahren relevant.
  • Betriebsausgabenabzug von Holdinggesellschaften: Gewerblich geprägte Personengesellschaften, die sich auf das Halten von Kapitalbeteiligungen konzentrieren, müssen beachten, dass ihre Betriebsausgaben nur anteilig steuerlich geltend gemacht werden können, wenn ihre Einnahmen teilweise steuerfrei sind.

Quelle: Bundesfinanzhof

Urlaubsrückstellung: Alles, was Sie wissen müssen

Die Urlaubsrückstellung ist ein wichtiges Thema für Unternehmen, die ihre finanzielle Planung und Bilanzierung optimieren möchten. In diesem Ratgeber erfahren Sie, was Urlaubsrückstellungen sind, wie sie berechnet werden und welche rechtlichen Grundlagen zu beachten sind.

Was ist eine Urlaubsrückstellung?

Eine Urlaubsrückstellung ist eine finanzielle Rücklage, die Unternehmen bilden, um zukünftige Verpflichtungen aus nicht genommenem Urlaub ihrer Mitarbeiter abzudecken. Diese Rückstellung ist notwendig, da Arbeitnehmer das Recht haben, ihren Urlaub zu einem späteren Zeitpunkt zu nehmen oder eine finanzielle Abgeltung zu erhalten, falls der Urlaub nicht genommen wird.

Rechtliche Grundlagen

Die Bildung von Urlaubsrückstellungen basiert auf den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) und des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, zu denen auch die Urlaubsrückstellungen zählen. Für die Steuerbilanz ist diese Vorschrift ebenfalls maßgeblich.

Berechnung der Urlaubsrückstellung

Die Höhe der Urlaubsrückstellung bemisst sich nach dem Bruttoarbeitsentgelt einschließlich lohnabhängiger Nebenkosten, das den betroffenen Arbeitnehmern zusteht. Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr ist der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen vor dem Bilanzstichtag maßgeblich.

Tipp: Rechner für Urlaubsrückstellungen

Besondere Regelungen und Ausnahmen

Urlaubsansprüche verfallen in der Regel, wenn sie nicht bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden. Ausnahmen bestehen, wenn besondere Vereinbarungen, wie Tarifverträge oder betriebliche Abmachungen, weitergehende Übertragungsmöglichkeiten zulassen. Zudem hat der Arbeitgeber die Pflicht, seine Mitarbeiter rechtzeitig auf bestehende Urlaubsansprüche hinzuweisen, um einen Verfall zu verhindern.

Urlaubsrückstellung bei Gesellschafter-Geschäftsführern

Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern ist die vertragliche Regelung entscheidend. Ohne eine solche Regelung wird der Urlaubsanspruch direkt fällig, und eine Rückstellung ist nicht möglich [4]. Es empfiehlt sich, entsprechende Regelungen im Anstellungsvertrag festzuhalten, um die Bildung einer Rückstellung zu ermöglichen.

Fazit

Die korrekte Bildung von Urlaubsrückstellungen ist entscheidend für eine präzise Finanzplanung und Bilanzierung. Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie die rechtlichen Vorgaben einhalten und ihre Mitarbeiter über ihre Urlaubsansprüche informieren. Bei Unsicherheiten oder komplexen Fällen sollte ein Steuerberater oder das zuständige Finanzamt konsultiert werden.

BFH: Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio sind keine außergewöhnlichen Belastungen

BFH, Pressemitteilung Nr. 5/25 vom 30.01.2025 zum Urteil VI R 1/23 vom 21.11.2024

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21.11.2024 (VI R 1/23) entschieden, dass Aufwendungen für die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden können. Dies gilt auch dann, wenn die Teilnahme an einem dort angebotenen, ärztlich verordneten Funktionstraining die Mitgliedschaft im Fitnessstudio voraussetzt.

Hintergrund des Urteils

Die Klägerin hatte eine ärztliche Verordnung für Funktionstraining in Form von Wassergymnastik erhalten. Solche Kurse werden von verschiedenen Anbietern mit entsprechend qualifiziertem Personal durchgeführt. Die Klägerin entschied sich für die Teilnahme an einem Reha-Verein, der seine Kurse in einem nahegelegenen Fitnessstudio anbot. Neben dem Kostenbeitrag für das Funktionstraining und der Mitgliedschaft im Reha-Verein war auch eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio erforderlich. Diese berechtigte die Klägerin nicht nur zur Teilnahme am Wassergymnastikkurs, sondern ermöglichte auch die Nutzung des Schwimmbads, der Sauna sowie weiterer Fitnessangebote. Die Krankenkasse übernahm lediglich die Kursgebühren für das Funktionstraining. Das Finanzamt erkannte nur die Mitgliedsbeiträge für den Reha-Verein als Krankheitskosten an, lehnte jedoch die steuerliche Berücksichtigung der Fitnessstudio-Mitgliedschaft ab. Diese Entscheidung wurde vom Finanzgericht bestätigt.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat die Vorentscheidung bestätigt und geurteilt, dass Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio grundsätzlich nicht als zwangsläufig entstandene Krankheitskosten und damit als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden können.

Begründung:

  • Die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio bietet ein Leistungsangebot, das auch von gesunden Personen genutzt wird, um ihre Gesundheit zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder Freizeitaktivitäten nachzugehen. Daher handelt es sich nicht um zwangsläufige Aufwendungen aufgrund einer Krankheit.
  • Die Entscheidung, das Funktionstraining in diesem Fitnessstudio durchzuführen, basiert auf einer individuellen Wahl. Nach Auffassung des BFH stellt dies eine private Konsumentscheidung dar und begründet keine steuerlich relevante Zwangsläufigkeit.
  • Zudem erhielt die Klägerin durch die Mitgliedschaft im Fitnessstudio Zugang zu weiteren Leistungen, unabhängig davon, ob sie diese tatsächlich genutzt hat oder nicht.

Fazit

Das Urteil verdeutlicht, dass Mitgliedsbeiträge für Fitnessstudios in der Regel nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden können. Auch wenn ein medizinisch verordnetes Training nur in Verbindung mit einer Fitnessstudio-Mitgliedschaft möglich ist, betrachtet der BFH dies als freiwillige Konsumentscheidung und nicht als zwangsläufige Ausgabe.

Quelle: Bundesfinanzhof

Versorgungsbezüge: Besteuerung von Pensionen und steuerliche Erleichterungen

Versorgungsbezüge, insbesondere Pensionen von Beamtinnen und Beamten, sind als nachträgliche Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vollständig steuerpflichtig. Sie unterscheiden sich in mehreren wesentlichen Punkten von der gesetzlichen Rente:

  • Beim Übergang in den Ruhestand übernimmt die ehemalige Arbeitgeberin oder der ehemalige Arbeitgeber weiterhin den Lohnsteuerabzug.
  • Angaben zu den Versorgungsbezügen müssen in der Steuererklärung auf der Anlage N statt auf der Anlage R gemacht werden.
  • Pensionen unterliegen der vollen Besteuerung, da während der aktiven Dienstzeit keine eigenen Beiträge zur Pension geleistet wurden.

Steuerliche Ermäßigung durch Versorgungsfreibetrag

Da kein Besteuerungsanteil ermittelt wird, erfolgt die steuerliche Ermäßigung der Pensionen durch einen Versorgungsfreibetrag sowie einen Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag. Diese Beträge bleiben steuerfrei und richten sich nach dem Jahr des Versorgungsbeginns. Die Höhe des Versorgungsfreibetrags und des Zuschlags reduziert sich schrittweise seit der Einführung der nachgelagerten Besteuerung im Jahr 2005.

Beispielhafte Staffelung des Versorgungsfreibetrags:

Jahr des VersorgungsbeginnsVersorgungsfreibetrag (%)Höchstbetrag (Euro)Zuschlag (Euro)
Bis 200540,03.000900
201032,02.400720
202016,01.200360
202413,61.020306
20580,000

Der ermittelte Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag gelten für die gesamte Laufzeit der Pension und werden durch regelmäßige Anpassungen nicht neu berechnet.

Berechnungsbeispiel

Eine Beamtin tritt im Januar 2019 in den Ruhestand und erhält eine monatliche Pension von 2.000 Euro. Ihre steuerlichen Vorteile durch den Versorgungsfreibetrag werden wie folgt berechnet:

BerechnungsschrittBetrag (Euro)
Jahresbruttoeinkommen (12 x 2.000 Euro)24.000
Versorgungsfreibetrag (max. 1.320 Euro)1.320
Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag396
Werbungskosten-Pauschbetrag102
Steuerpflichtige Einkünfte22.182

Fazit

Mit der schrittweisen Reduzierung der Versorgungsfreibeträge nähert sich die Besteuerung von Pensionen der Besteuerung von Renten an. Für Pensionärinnen und Pensionäre ist es daher wichtig, ihre steuerliche Situation regelmäßig zu prüfen, um mögliche Optimierungen oder Freibeträge bestmöglich zu nutzen.

Steuerpläne der Parteien in Deutschland

Steuerfreibetrag: Entlastung für kleine und mittlere Einkommen

Steuersenkungen sind ein beliebtes Wahlversprechen. Besonders im Fokus steht der Grundfreibetrag, also der Betrag, bis zu dem keine Einkommensteuer gezahlt werden muss. Derzeit liegt dieser bei 12.048 Euro pro Jahr.

  • Union und SPD: Wollen den Grundfreibetrag regelmäßig erhöhen (passiert bereits automatisch).
  • AfD: Erhöhung auf 15.000 Euro.
  • BSW und Linkspartei: Anhebung auf über 16.000 Euro.
  • BSW: Rentnerinnen sollen bis zu 2.000 Euro Rente monatlich steuerfrei beziehen.
  • Grüne: Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags auf 1.500 Euro, wodurch die Mehrheit der Arbeitnehmer weniger Aufwand bei der Steuererklärung hätte.

Spitzensteuersatz: Höhere Einkommensgrenzen

Auch beim Spitzensteuersatz gibt es Änderungsvorschläge. Aktuell greift dieser bei 68.430 Euro Jahreseinkommen für Singles.

  • Union: Erhöhung auf 80.000 Euro.
  • FDP: Erhöhung auf 96.600 Euro.
  • SPD: Möchte 95 % der Steuerzahler entlasten.

Soli: Abschaffung oder Beibehaltung?

  • CDU, FDP, AfD: Wollen den Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen.
  • Grüne und SPD: Halten am Soli für Spitzenverdiener fest.
  • AfD: Zusätzlich Abschaffung der Vermögens- und Erbschaftssteuer.
  • CDU und FDP: Finanzierung ihrer Steuersenkungen bleibt unklar.

Grunderwerbssteuer: Erleichterungen für Erstkäufer

  • Union, FDP und AfD: Wollen Haushalte entlasten, die zum ersten Mal Wohneigentum erwerben.
  • Demokratische Parteien setzen auf hohe Freibeträge, sodass Erstkäufer für eine selbstgenutzte Immobilie keine Grunderwerbssteuer zahlen müssen.
  • BSW unterstützt ebenfalls diese Maßnahme.
  • AfD will die Grunderwerbssteuer für Einheimische abschaffen, für Ausländer jedoch auf 20 % erhöhen.
  • Zusätzlich fordert die AfD die Abschaffung der Grundsteuer.

Vermögenssteuer: Wer soll mehr zahlen?

  • SPD: Offen für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer.
  • BSW:
    • 1 % ab 25 Mio. Euro
    • 2 % ab 100 Mio. Euro
    • 3 % ab 1 Mrd. Euro
  • Linkspartei:
    • 1 % ab 1 Mio. Euro
    • 5 % ab 50 Mio. Euro

Abgeltungssteuer: Kapitaleinkünfte wie Arbeitseinkommen behandeln

  • SPD, BSW, Linke: Wollen die Abgeltungssteuer abschaffen.
  • Kapitaleinkünfte sollen wie Arbeitseinkommen besteuert werden.
  • Wer hohes Einkommen hat, zahlt dann mehr Steuern, geringere Einkommen profitieren.

Fazit: Unterschiedliche Ansätze je nach Partei

Die Steuervorhaben der Parteien unterscheiden sich stark:

  • Union, AfD und FDP setzen auf Steuersenkungen für mittlere und hohe Einkommen.
  • SPD, Grüne, BSW und Linke möchten hohe Einkommen und Vermögen stärker besteuern und kleine Einkommen entlasten.

Welche Steuerpläne umgesetzt werden, hängt von der politischen Mehrheitsfindung nach der nächsten Wahl ab.

Ehegattentestament: Bindende Einsetzung eines Schlusserben zugunsten der Kinder?

Entscheidung des OLG Karlsruhe

Das OLG Karlsruhe hatte in seinem Urteil vom 9. Dezember 2024 (Az. 14 W 87/24 [Wx]) zu klären, ob ein gemeinschaftliches Ehegattentestament neben einer Vor- und Nacherbenregelung auch eine bindende Schlusserbeneinsetzung für die Kinder enthält. Die Entscheidung stellt eine bedeutende Weichenstellung für die erbrechtliche Praxis dar.

Sachverhalt

Der Erblasser (E) errichtete im Jahr 1980 mit seiner ersten Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig als befreite Vorerben einsetzten und ihre Söhne A und M zu gleichen Teilen als Nacherben bestimmten. In dem Testament hieß es: „Nacherben auf das Erbe des Letztverstorbenen sollen unsere Söhne A und M zu je 1/2 sein. Die Nacherbfolge soll eintreten beim Tode des Letztversterbenden.“

Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau heiratete E erneut (Ehefrau F) und errichtete mit ihr neue Testamente (2007 und 2019), in denen sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Nach dem Tod des E beantragte F einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Das Nachlassgericht entsprach diesem Antrag und lehnte den Einziehungsantrag des Sohnes A ab, da das Testament von 1980 keine ausdrückliche Regelung über den Nachlass des Letztversterbenden enthalte.

Entscheidungsgründe

Das OLG Karlsruhe kam zu einem gegenteiligen Ergebnis und entschied, dass die Schlusserbeneinsetzung der Kinder bindend sei und die Ehefrau F nicht Alleinerbin wurde. Die Begründung:

  1. Testamentarische Auslegung: Die Formulierung „Nacherben auf das Erbe des Letztverstorbenen sollen unsere Söhne sein“ lasse den eindeutigen Schluss zu, dass die Kinder als endgültige Erben des gesamten Vermögens der Eltern gewollt waren.
  2. Juristisch unpräziser Sprachgebrauch: Obwohl der Begriff „Nacherben“ streng genommen nur auf das Vermögen des Erstverstorbenen zutrifft, sei aufgrund der Formulierung und des Gesamtzusammenhangs davon auszugehen, dass die Kinder auch als Schlusserben nach dem Letztversterbenden gemeint waren.
  3. Wechselbezug der Verfügung: Das Gericht stellte klar, dass sich die Eheleute mit der Regelung von 1980 nicht nur zur gegenseitigen Erbeinsetzung, sondern auch zur Schlusserbeneinsetzung der Kinder wechselbeüglich gebunden hatten. Nach dem Tod der ersten Ehefrau konnte E diese Regelung daher nicht mehr einseitig ändern.

Konsequenzen für die Praxis

Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten

Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung einer klaren Testamentsgestaltung.

  • Unklare Begrifflichkeiten in Testamenten können zu jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen führen.
  • Die Einsetzung von Schlusserben sollte explizit geregelt werden, um Missverständnisse und unerwünschte Interpretationen zu vermeiden.

Vermögensaufteilung bei Vor- und Nacherbschaft

Laien bedenken oft nicht, dass die Trennungslösung einer Vor- und Nacherbschaft dazu führt, dass beim Tod des Erstversterbenden zwei separate Vermögensmassen entstehen:

  1. Vorerbenvermögen: Dieses geht beim Tod des Vorerben (hier E) direkt auf die Nacherben (hier die Söhne) über.
  2. Eigenvermögen des Vorerben: Hierüber kann der Vorerbe grundsätzlich frei verfügen, sofern keine ausdrückliche Regelung zur Schlusserbfolge existiert.

Praktische Empfehlung

Da das OLG Karlsruhe eine Schlusserbeneinsetzung aus dem Testament von 1980 herausgelesen hat, obwohl dies nicht ausdrücklich formuliert war, sollten Erblasser künftig eindeutig regeln, wer nach dem Letztversterbenden Erbe werden soll.

Empfohlene Formulierung: „Wir setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein. Nach dem Tod des Letztversterbenden sollen unsere gemeinsamen Kinder A und M zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt sein.“

Diese explizite Festlegung vermeidet Streitigkeiten und stellt sicher, dass der Nachlass im Sinne der Erblasser verteilt wird.

Fazit

Das OLG Karlsruhe entschied, dass die Kinder des Erblassers durch das Testament von 1980 bindend als Schlusserben eingesetzt wurden. Die späteren Testamente von 2007 und 2019 konnten die zuvor getroffene wechselbeügliche Verfügung nicht wirksam aufheben. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer präzisen Testamentsgestaltung, insbesondere im Hinblick auf die Regelungen zur Vor-, Nach- und Schlusserbfolge.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin