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Honorareinnahmen eines Rechtsanwalts eines mehrjährigen Mandats

Abgrenzung zwischen den berufsüblichen und den außerordentlichen Einkünften eines Rechtsanwalts

Urteil vom 30.01.13   III R 84/11

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 30. Januar 2013 III R 84/11 seine langjährige Rechtsprechung bestätigt, wonach die Vereinnahmung eines berufsüblichen Honorars für die mehrere Jahre andauernde Betreuung eines Mandats bei einem Rechtsanwalt nicht zu außerordentlichen Einkünften führt.

Der Kläger, ein Rechtsanwalt, bearbeitete über mehrere Jahre hinweg ein größeres Erbrechtsmandat. Nach – erfolgreichem – Abschluss des Auftrags erhielt er von seinen Mandanten eine hohe Honorarzahlung. Er sah in dieser Zahlung eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit und beantragte daher die Anwendung der Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes. Der BFH folgte dem nicht. Er bekräftigte vielmehr seine jahrzehntealte Rechtsprechung, wonach die Anwendung der Tarifermäßigung auf besondere, außergewöhnliche Tätigkeiten beschränkt ist, die von der üblichen Tätigkeit eines Freiberuflers abgrenzbar sein müssen. Zum Zweck der Abgrenzung hat der BFH verschiedene Fallgruppen entwickelt, die im Streitfall jedoch nicht einschlägig waren. Er wies außerdem darauf hin, dass mehrjährige Tätigkeiten bei Rechtsanwälten, Ingenieuren und anderen Freiberuflern nicht unüblich sind und eine Tarifglättung schon durch die Häufigkeit und Regelmäßigkeit, mit der mehrjährige Aufträge angenommen, abgewickelt und abgerechnet werden, bewirkt wird.

Bundesfinanzhof

 

Abgrenzung zwischen den berufsüblichen und den außerordentlichen Einkünften eines Rechtsanwalts

Leitsatz

Die Vereinnahmung eines berufsüblichen Honorars für die Bearbeitung eines mehrjährigen Mandats führt bei einem Rechtsanwalt nicht zu außerordentlichen Einkünften i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG .

Gesetze

EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4
Instanzenzug

FG Hamburg vom 28. September 2009 5 K 201/08 BFH III R 84/11

Gründe

I.

1  Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2006) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er übt diese Tätigkeit in einer Einzelpraxis aus.

2  Im März 2003 wurde der Kläger von einem Geschwisterpaar in einer Erbschaftsangelegenheit mandatiert. Die Mandanten waren die gesetzlichen Erben, und zwar die Nichte und der Neffe der Erblasserin, die ein Vermögen von ca. 10 Mio. € hinterlassen hatte. Da sich aufgrund eines notariellen Erbvertrages eine weitere Person namens E. berühmte, Erbe zu sein, kam es zu einem Rechtsstreit. Der Kläger vertrat die Nichte der Erblasserin in einer Erbfeststellungsklage vor dem Landgericht (LG) und beide Mandanten im Erbscheinverfahren vor dem Nachlassgericht sowie als Geschädigte in einem Strafverfahren gegen E., den Notar R. sowie einen weiteren Hintermann S. Das LG kam im Strafverfahren aufgrund eines Sachverständigengutachtens zu dem Schluss, dass die vorgelegten Urkunden, insbesondere der Erbvertrag, sämtlich gefälscht waren. S. wurde die Herausgabe der von ihm verschobenen Vermögenswerte auferlegt, was im Herbst 2006 auch geschah. E. und R. wurden strafrechtlich verurteilt. Das LG gab der Erbfeststellungsklage mit Versäumnisurteil im Herbst des Jahres 2006 statt, nachdem es zuvor mit Beschluss vom 23. Dezember 2003 Prozesskostenhilfe (PKH) gewährt hatte. Der Kläger verzichtete allerdings darauf, Vorschüsse gegenüber der Staatskasse geltend zu machen. Die Vorschüsse hätten sich wegen der im PKH-Recht vorgesehenen Begrenzung des Gegenstandswerts auf maximal 1.018 € belaufen. Vorschussansprüche gegenüber seinen Mandanten machte der Kläger schon deswegen nicht geltend, weil diese nicht zahlungsfähig waren.

3  S. überwies schließlich an die Mandanten des Klägers auf dessen Anwaltskonto den Betrag von 100.173,09 €. Nachdem die beiden Mandate betreffend die Erbrechtsklage und die Vertretung als Geschädigte im Strafverfahren Ende 2006 beendet waren, trafen der Kläger und die beiden Mandanten Ende Dezember 2006 zwei Honorarvereinbarungen, die die Zahlung von 40.000 € für die Erbrechtsklage und von 14.500 € für die Vertretung im Strafverfahren vorsahen. Die Beträge wurden mit der von S. auf das Anwaltskonto überwiesenen Summe verrechnet.

4  Der Jahresgewinn des Klägers aus seiner anwaltlichen Tätigkeit belief sich im Jahr 2003 auf 18.768,51 €, im Jahr 2004 auf ./. 768,60 €, im Jahr 2005 auf 20.392,33 €, im Jahr 2006 auf 61.931,06 €, im Jahr 2007 auf 67.517,67 € und im Jahr 2008 auf 45.984,03 €.

5  Ohne die Honorare aus der Erbrechtsangelegenheit hätte sich der Jahresgewinn des Klägers in 2006 aus seiner anwaltlichen Tätigkeit somit auf 7.431,06 € (61.931,06 € ./. 54.500 €) belaufen.

6  Dem Begehren der Kläger, die aufgrund der Honorarvereinbarungen vom Dezember 2006 erzielten Einnahmen gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG ) dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen, entsprachen weder der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) noch das Finanzgericht (FG).

7  Mit ihrer Revision rügen die Kläger die unzutreffende Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG durch das FG. Dessen Auffassung, freiberuflich tätige Rechtsanwälte könnten wegen ihres typischerweise schwankenden Einkommens keine außerordentlichen Einkünfte im Sinne der genannten Vorschrift haben, verstoße bereits gegen den Gesetzeswortlaut. Denn der Kläger habe zweifellos für die Vertretung seiner Mandanten eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit erhalten. Außerdem verletze die vom FG vertretene Auslegung den Grundsatz der Gleichbehandlung der Einkunftsarten. Die Tarifermäßigung werde ihm allein wegen seiner Zugehörigkeit zur Gruppe der Freiberufler versagt. Das Argument des typischerweise schwankenden Einkommens stelle keinen sachlichen Grund dar, sondern diskriminiere willkürlich seine Berufsgruppe gegenüber Steuerpflichtigen mit gleichmäßigem Jahreseinkommen. Die „naturgegebene” Benachteiligung der unternehmerisch tätigen Steuerpflichtigen durch den progressiven Tarif werde durch die Versagung der Tarifbegünstigung noch verstärkt. Die Behauptung vom typischerweise schwankenden Einkommen sei überdies empirisch nicht belegt; bei Ärzten mit einem bestimmten Patientenstamm dürfte das Einkommen keinen nennenswerten Schwankungen unterliegen. Letztlich würden nur Staatsbedienstete in den Genuss der Steuerermäßigung kommen können. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Fallgruppen der ausnahmsweisen Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auf Freiberufler habe keine Grundlage im Gesetzwortlaut und konterkariere den Zweck des § 34 EStG . Entsprechende Einschränkungen gebe es bei abhängig beschäftigten Steuerpflichtigen nicht. Mit dem Urteil vom 14. Dezember 2006 IV R 57/05 (BFHE 216, 247 , BStBl II 2007, 180) habe der Bundesfinanzhof (BFH) einen zögerlichen Kurswechsel eingeleitet und im Ergebnis die Fallgruppenbildung aufgegeben. Nach diesem Urteil sei für die Tarifermäßigung lediglich Voraussetzung, dass die geballte Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine Progressionswirkung typischerweise erwarten lasse. Dass die Vergütung erst nach einem vorangegangenen Rechtsstreit gezahlt worden sei, stelle nur ein konkretes Beispiel für das „typischerweise Erwartenlassen” einer abzumildernden Progressionswirkung dar. Selbst bei Beibehaltung der Fallgruppenbildung müsse im Streitfall in Fortentwicklung des genannten BFH-Urteils eine neue Fallgruppe gebildet werden. Ein Freiberufler habe jedenfalls dann außerordentliche Einkünfte, wenn er ohne ihm zuzurechnende Gründe die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen nicht erhalte und ihm die Vergütung erst später in einem Veranlagungszeitraum nach Wegfall der Hinderungsgründe zusammengeballt zufließen würde. Im Streitfall habe er keine Möglichkeit gehabt, die Zusammenballung zu verhindern. Auf die von § 9 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) beziehungsweise vom vormals geltenden § 17 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO ) eingeräumte Möglichkeit, Vorschüsse zu verlangen, könne er nicht verwiesen werden, weil seine Mandanten finanziell nicht in der Lage gewesen seien, Vorschusszahlungen zu leisten und das Beharren auf einer Zahlung eine Mandatskündigung hätte provozieren können. Eine Einnahmenglättung durch Vorschusszahlungen, wie im BFH-Urteil vom 10. Februar 1972 IV R 8/68 (BFHE 105, 255 , BStBl II 1972, 529) angesprochen, sei im Streitfall demnach nicht möglich gewesen.

8  Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des angegriffenen Urteils den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 3. Januar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2008 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer auf 5.618 € und der Solidaritätszuschlag auf 207,35 € herabgesetzt wird.

9  Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

10  Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

II.

11  Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO— ). Das FG hat zu Recht den ermäßigten Steuersatz nicht auf die streitgegenständlichen Einnahmen angewandt. Berufsübliche Honorareinnahmen eines Rechtsanwalts führen zu laufenden Gewinnen, die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sind.

12  1. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach besonderen Regeln zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht.

13  Für die Anwendung der bei außerordentlichen Einkünften vorgesehenen Tarifermäßigung reicht es nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich nicht aus, dass ein freiberuflich tätiger Steuerpflichtiger für eine mehrjährige Tätigkeit ein berufsübliches Honorar erhält. Zum Zwecke der Abgrenzung der dem gewöhnlichen Tarif unterliegenden laufenden Einkünfte aus selbständiger Arbeit von den ermäßigt besteuerten außerordentlichen Einkünften sind auch solche Einkünfte, die Ertrag einer mehrjährigen Tätigkeit darstellen, nur dann den außerordentlichen Einkünften zuzuordnen, wenn der Steuerpflichtige sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem einzigen Veranlagungszeitraum erhalten hat oder wenn eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, in einem einzigen Veranlagungszeitraum entlohnt wird (BFH-Urteil in BFHE 216, 247 , BStBl II 2007, 180, m.w.N.). Auch wenn eine einmalige Sonderzahlung für langjährige Dienste aufgrund einer arbeitnehmerähnlichen Stellung geleistet wird, kommt § 34 EStG zur Anwendung (BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 44/03 , BFHE 208, 110 , BStBl II 2005, 276). Daneben hat der IV. Senat des BFH außerordentliche Einkünfte auch für den Fall bejaht, dass dem Steuerpflichtigen eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zusammengeballt zufließt (BFH-Urteil in BFHE 216, 247 , BStBl II 2007, 180).

14  2. Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den Vergütungen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Erbrechtsangelegenheit erhalten hat, nicht um außerordentliche Einkünfte. Der Kläger war, was von ihm selbst nicht angezweifelt wird, weder in einer arbeitnehmerähnlichen Stellung, noch hat er eine abgrenzbare Sondertätigkeit entfaltet. Er hat sich auch nicht während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet. Vielmehr hat er einen für den Beruf des Rechtsanwalts typischen Auftrag ausgeführt und nach Mandatsende abgerechnet (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 1993 I R 119/91 , BFH/NV 1993, 593 ). Die erhaltene Vergütung hat er nicht als Nachzahlung aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung erhalten, so dass, ungeachtet der Frage, ob der Senat der Rechtsauffassung des IV. Senats in dessen Urteil in BFHE 216, 247 , BStBl II 2007, 180 beitreten könnte, auch unter diesem Gesichtspunkt die Anwendung des § 34 EStG ausgeschlossen ist.

15  3. Der BFH hat in den vergangenen Jahrzehnten seine auf Entscheidungen des Reichsfinanzhofs —RFH— (z.B. RFH-Urteile vom 19. Juni 1923 VIe A 10/13, RFHE 12, 228 betreffend Rechtsanwalt; vom 16. Dezember 1931 VI A 1277/31, RStBl 1932, 169 betreffend Ingenieur; vom 19. Februar 1936 VI A 71/36, RStBl 1936, 651 betreffend Testamentsvollstreckertätigkeit eines Rechtsanwalts; vom 21. September 1944 IV 139/43, RStBl 1944, 748 betreffend Rechtsanwalt) zurückgehende Rechtsprechung zur Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG —bzw. der Vorgängervorschriften— im Bereich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit wiederholt im Hinblick auf verschiedentlich erhobene Einwendungen überprüft und stets daran festgehalten, dass die Anwendung der Tarifermäßigung auf besondere Tätigkeiten beschränkt ist, die von der üblichen Tätigkeit eines Freiberuflers abgrenzbar sein müssen (z.B. BFH-Urteile vom 10. Mai 1961 IV 275/59 U , BFHE 73, 730, BStBl III 1961, 532; vom 22. Mai 1975 IV R 33/72, BFHE 116, 136 , BStBl II 1975, 765; in BFH/NV 1993, 593 ). Auch der erkennende Senat sieht keine Veranlassung zu einer Änderung oder Fortentwicklung dieser Rechtsprechung. Die Einwendungen der Revision sind nicht stichhaltig.

16  a) Grundlage der ständigen Rechtsprechung ist der Befund, dass mehrjährige Tätigkeiten und die hierfür erhaltenen Vergütungen bei freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen nicht unüblich sind, häufig sogar die Regel sein dürften. Zu denken ist etwa an einen forensisch tätigen Rechtsanwalt, der angesichts der Dauer der vorgerichtlichen Auseinandersetzung und der in Deutschland üblichen gerichtlichen Verfahrenslaufzeiten nicht selten mehrjährig i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG —dafür genügt bereits ein 13 Monate dauerndes Mandat— in Anspruch genommen wird. Dass, von den streitigen Einnahmen abgesehen, noch weitere Honorareinnahmen aus einer mehrjährigen Tätigkeit des Klägers herrühren, erscheint auch im Streitfall nicht fernliegend. Die Bearbeitung der an Architekten oder Ingenieure erteilten Aufträge wird ebenfalls vielfach mehr als ein Jahr benötigen. Ohne Einschränkung des Gesetzeswortlauts wären damit erhebliche Teile der von Freiberuflern erzielten Einkünfte keine laufenden Gewinne, sondern bei Bezahlung zum Zeitpunkt der Auftragsbeendigung (vgl. z.B. § 15 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure und §§ 8, 10 RVG) außerordentliche Einkünfte. Dies würde nicht nur zu ganz erheblichen Schwierigkeiten bei der Durchführung der Veranlagungsarbeiten führen (zu diesem Praktikabilitätsargument bereits RFH-Urteil in RStBl 1932, 169; BFH-Urteil in BFHE 116, 136 , BStBl II 1975, 765). Was sachlich deutlich schwerer wiegt, ist der Umstand, dass die berufsüblichen Einkünfte von Freiberuflern in beträchtlichem Umfang nicht dem Regelsteuersatz unterliegen würden, was diese Personengruppe gegenüber anderen Steuerpflichtigen privilegieren würde, die, wie z.B. Arbeitnehmer, ihre berufsüblichen Einkünfte „normal” versteuern müssen. Daher geht das Revisionsvorbringen zur angeblichen Diskriminierung einer ganzen Berufsgruppe schon im Ansatzpunkt fehl.

17  In Folge der Häufigkeit und Regelmäßigkeit, mit der mehrjährige Aufträge von Freiberuflern typischerweise angenommen, abgewickelt und abgerechnet werden, gehen Vergütungen —auch ohne Vorschusszahlungen— für mehrjährige Tätigkeiten kontinuierlich in die Gewinnermittlung der jeweiligen Veranlagungszeiträume ein und sorgen schon hierdurch, jedenfalls bei halbwegs stabiler Auftragslage, für die von § 34 EStG bezweckte Tarifglättung (so zutreffend bereits Strutz, Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925 , II. Band, S. 956). Bei instabiler Auftragslage oder überhaupt bei wechselhaftem unternehmerischen Erfolg in einzelnen Jahren sind die daraus resultierenden Steuersatzunterschiede von den betroffenen Steuerpflichtigen hinzunehmen. Denn § 34 EStG dient nicht dazu, die nachteiligen Folgen temporal schwankender Einkünfte generell auszugleichen (vgl. RFH-Urteil in RStBl 1936, 651). Dass im Streitfall die mit dem Erbrechtsmandat verbundenen Honorareinnahmen im Vergleich zu den übrigen Einnahmen des Klägers betragsmäßig weit herausragten und zur „schwankenden” Einnahmesituation geführt haben, ist im Wesentlichen Folge des in der Akquisition und Bearbeitung eines Großmandats zu erblickenden unternehmerischen Erfolgs. Die sich aus dem Vergleich zu anderen Mandaten ergebende relative „Größe” eines Einzelmandats kann für sich genommen nicht zur Annahme „außerordentlicher” Einkünfte und zur Anwendung der Tarifermäßigung führen.

18  b) Für die hiernach gebotene Abgrenzung zwischen berufsüblichen Honoraren und außerordentlichen Einkünften hat die Rechtsprechung die oben erwähnten Fallgruppen gebildet. Der Streitfall gibt keine Veranlassung, eine neue Fallgruppe zu entwickeln bzw. eine bestehende zu erweitern.

19  aa) Die Tatsache, dass der Kläger im Streitfall von seinen Mandanten keine Vorschusszahlungen erlangen konnte, ändert an der Berufsüblichkeit des Honorars nichts. Honorareinnahmen sind nicht deshalb „außerordentlich” oder atypisch, weil der Auftraggeber finanziell nicht oder kaum in der Lage ist, Vorschusszahlungen zu leisten. Wenn es rechtlich auf den Umstand ankäme, ob eine Vorschusszahlung realisierbar ist oder nicht, wäre die Abgrenzbarkeit laufender von außerordentlichen Einkünften zudem in der Praxis kaum zu leisten. Denn bei einer Vielzahl von Mandaten müssten die wahren Gründe für die Nichtleistung eines Vorschusses (Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung, Rücksichtnahme auf eine langjährige Kundenbeziehung, Gefahr der Mandatskündigung bei als unangemessen empfundenem Vorschussverlangen, Bewilligung von PKH, Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers u.ä.) ermittelt werden, um die von Amts wegen vorzunehmende Entscheidung über den anzuwendenden Tarif treffen zu können. Schließlich lässt die Möglichkeit der Bewilligung von PKH und der hieraus resultierende, gegen die Staatskasse gerichtete Vorschussanspruch des Anwalts gemäß §§ 45, 47 RVG (entspricht §§ 121 , 127 BRAGO) eine Zusammenballung von Einkünften mit entsprechender Progressionswirkung nicht typischerweise erwarten. Der Einwand der Kläger, dass die Vergütung nach PKH-Grundsätzen im Streitfall im Vergleich zum Gegenstandswert wegen einer gesetzlichen Gebührendeckelung recht niedrig gewesen wäre (vgl. § 49 RVG, § 123 BRAGO ), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn die Höhe der im Einzelfall gezahlten Vergütung ist für die Anwendung des § 34 EStG nicht rechtserheblich. Auch bei einem „kleinen” mehrjährigen Mandat müsste, wollte man der Revision folgen, die Tarifermäßigung grundsätzlich gewährt werden. Bei einem solchen Mandat hätten Vorschusszahlungen auf der Grundlage der §§ 47 RVG, 127 BRAGO aber durchaus Gewicht, da bei niedrigen Gegenstandswerten der beigeordnete Rechtsanwalt dieselben Gebühren erhält wie ein Wahlanwalt (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, Kommentar, 20. Aufl. 2012, § 49 Rz 4).

20  bb) Die vom Kläger auf der Basis des BFH-Urteils in BFHE 216, 247 , BStBl II 2007, 180 begehrte Fortentwicklung der dort angesprochenen Fallgruppe kommt nicht in Betracht. Der Entscheidung des IV. Senats lag nicht der Normalfall der üblichen Honorierung einer typischen freiberuflichen Leistung zugrunde, sondern ein außerordentliches, nicht dem normalen Ablauf entsprechendes Ereignis. Erst dieses ungewöhnliche, also gerade nicht berufstypische Geschehen führte zu einem zusammengeballten Einnahmenzufluss, der eine entsprechende Progressionswirkung erwarten ließ. Dieses atypische Ereignis war ein mit der kassenärztlichen Vereinigung geführter Prozess über die —erst durch ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts (BSG) geklärte— Punktbewertung psychotherapeutischer Leistungen (vgl. BSG-Urteil vom 25. August 1999 B 6 KA 14/98 R , BSGE 84, 235), die nach dem Obsiegen des Steuerpflichtigen zu einer einmaligen Nachzahlung für die Vielzahl der in mehreren zurückliegenden Jahren erbrachten ärztlichen Leistungen führte. Damit ist der vorliegende Fall einer gewöhnlichen Honorierung eines Rechtsanwalts nicht vergleichbar. An der Vergleichbarkeit würde es entgegen der Auffassung des Klägers auch dann fehlen, wenn ein Rechtsanwalt sein berufsübliches Honorar für eine mehrjährige Tätigkeit nicht durch freiwillige Zahlung des Mandanten, sondern erst aufgrund einer Honorarklage erhielte.

Kinderbetreuungskosten für unter dreijährige Kinder

Die Beteiligten stritten um die Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten. In ihrer Steuererklärung für das Jahr 2008 machten die Kläger für ihre 2004, 2006 und 2007 geborenen Kinder Betreuungskosten in Höhe von insgesamt 6.828,52 Euro (Beiträge für den Kindergarten und Au-pair-Kosten) geltend. Das beklagte Finanzamt erkannte nur die Kindergartenbeiträge für das erstgeborene und das zweitgeborene Kind sowie 1/3 der Au-pair-Kosten (insgesamt 4.267,17 Euro) dem Grunde nach als Kinderbetreuungskosten an und gewährte einen Sonderausgabenabzug in Höhe von 2.845 Euro.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Ein Abzug als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten des Klägers scheide aus, da die Klägerin im Streitjahr nicht erwerbstätig gewesen sei. Ebenso wenig komme ein weiterer Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Betracht. Zwar sei der Kläger im Streitjahr erwerbstätig gewesen, die Klägerin habe sich aber weder in Ausbildung befunden noch sei sie behindert oder krank gewesen. Bei der Schwangerschaft und Stillzeit handele es sich nicht um eine Krankheit. Schließlich erlaube § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG einen Abzug nur für drei- bis fünfjährige Kinder.

Der beschränkte Abzug von Kinderbetreuungskosten verstoße auch nicht gegen verfassungsrechtliche Anforderungen. Eine „größere Zahl von Kindern“, die die steuerliche Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten bei Erwerbstätigkeit des einen Elternteils nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geboten erscheinen lassen könnte, sei bei drei Kindern noch nicht gegeben.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat auch hier die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

FG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 03.04.2013 zum Urteil 14 K 1455/11 vom 20.12.2012

Einheitliche Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts bei der Einkommensteuerfestsetzung und der Kindergeldfestsetzung

Einkommensteuerbescheid des Kindes kein Grundlagenbescheid für die Kindergeldfestsetzung – Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts

Urteil vom 20.12.2012, III R 33/12

1. Erzielt ein Kind gewerbliche Einkünfte und steht ihm hinsichtlich der Gewinnermittlungsart ein Wahlrecht zwischen dem Betriebsvermögensvergleich und der Einnahme-Überschussrechnung zu, so kann dieses Wahlrecht auch bei der für die Kindergeldfestsetzung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2002 notwendigen Ermittlung der Einkünfte des Kindes nur vom Kind und nicht vom Kindergeldberechtigten ausgeübt werden.

2. Hat das Kind das Gewinnermittlungswahlrecht wirksam ausgeübt, so ist die gewählte Gewinnermittlungsart sowohl im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung gegenüber dem Kind als auch im Rahmen der Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kindergeldberechtigten der Ermittlung der Einkünfte des Kindes zugrunde zu legen.

 

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 20.12.2012, III R 33/12

Einheitliche Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts bei der Einkommensteuerfestsetzung und der Kindergeldfestsetzung –  Einkommensteuerbescheid des Kindes kein Grundlagenbescheid für die Kindergeldfestsetzung – Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts

Leitsätze

1. Erzielt ein Kind gewerbliche Einkünfte und steht ihm hinsichtlich der Gewinnermittlungsart ein Wahlrecht zwischen dem Betriebsvermögensvergleich und der Einnahme-Überschussrechnung zu, so kann dieses Wahlrecht auch bei der für die Kindergeldfestsetzung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2002 notwendigen Ermittlung der Einkünfte des Kindes nur vom Kind und nicht vom Kindergeldberechtigten ausgeübt werden.

 

2. Hat das Kind das Gewinnermittlungswahlrecht wirksam ausgeübt, so ist die gewählte Gewinnermittlungsart sowohl im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung gegenüber dem Kind als auch im Rahmen der Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kindergeldberechtigten der Ermittlung der Einkünfte des Kindes zugrunde zu legen.

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog für ihren am … November 1984 geborenen Sohn (S) Kindergeld. Bis 21. Juli 2006 befand sich S in einem Berufsausbildungsverhältnis. Vom 31. August 2006 bis 1. Juli 2007 absolvierte er eine einjährige Fachschulausbildung.
2
S erzielte im Streitzeitraum 2006 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus nichtselbständiger Arbeit. Für Zwecke der Besteuerung ermittelte S seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit einem unter dem 10. April 2008 erstellten Jahresabschluss gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG), den er beim zuständigen Finanzamt (FA) einreichte. Danach ergab sich ein Verlust in Höhe von 8.964,15 EUR.
3
In ihrer im April 2008 bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) eingereichten Erklärung zu den Einkünften und Bezügen des S gab die Klägerin hingegen einen gewerblichen Verlust in Höhe von 12.437 EUR an, der mittels einer Einnahme-Überschussrechnung vom 11. April 2008 ermittelt wurde. Danach hätten sich nach Berechnung der Klägerin Einkünfte und Bezüge in Höhe von 5.158,79 EUR ergeben.
4
Die Familienkasse setzte jedoch nur einen gewerblichen Verlust in Höhe von 8.964,15 EUR an und ermittelte danach Einkünfte und Bezüge in Höhe von 8.861,36 EUR. Mit Bescheid vom 30. September 2008 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar 2006 bis Dezember 2006 gemäß § 70 Abs. 4 EStG auf und forderte das bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 1.848 EUR von der Klägerin zurück. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2011 als unbegründet zurück.
5
Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage als unbegründet ab. Zur Begründung verwies es im Wesentlichen darauf, dass S sein Gewinnermittlungswahlrecht durch die Aufstellung des Jahresabschlusses ausgeübt habe und daher auch im Kindergeldfestsetzungsverfahren an die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG gebunden sei.
6
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
7
Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des FG, den Aufhebungsbescheid vom 30. September 2008 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2011 aufzuheben.

8
Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9
II. Die Revision ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin kein Kindergeldanspruch zusteht, weil die Einkünfte und Bezüge des S im Streitzeitraum 2006 den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten haben.
10
1. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Satz 2 EStG in der im Streitzeitraum 2006 geltenden Fassung ist ein Kind, das noch nicht das 27. Lebens-jahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird, nur zu berücksichtigen, wenn seine Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, den Jahresgrenzbetrag von 7.680 EUR nicht übersteigen.
11
a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist unter dem Begriff der Einkünfte i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entsprechend der Definition in § 2 Abs. 2 EStG bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k EStG) und bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a EStG) zu verstehen (vgl. Senatsurteil vom 22. Dezember 2011 III R 69/09, BFHE 236, 298, BStBl II 2012, 888, m.w.N.). Ebenso ist für die zeitliche Zuordnung der Einkünfte auf den Einkünftebegriff des § 2 Abs. 2 EStG abzustellen. Daher ist –entgegen der Auffassung der Klägerin– das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG nur im Rahmen der Überschusseinkunftsarten des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG anzuwenden, lässt nach § 11 Abs. 1 Satz 5 EStG dagegen die für die Gewinneinkunftsarten des § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG geltenden Sondervorschriften (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) unberührt (Senatsurteil in BFHE 236, 298, BStBl II 2012, 888).
12
b) aa) Die Familienkasse hat die Höhe der Einkünfte und Bezüge eines Kindes selbständig und ohne Bindung an den Inhalt eines für das Kind ergangenen Einkommensteuerbescheids zu ermitteln. Dem für das Kind ergangenen Einkommensteuerbescheid kommt für die Festsetzung des Kindergelds keine Bindungswirkung zu, es handelt sich dabei nicht um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 23. November 2001 VI R 125/00, BFHE 197, 387, BStBl II 2002, 296; Senatsbeschluss vom 31. Oktober 2008 III B 109/08, BFH/NV 2009, 160). Unerheblich ist daher auch, dass die Klägerin mangels Beschwer nicht gegen die Einkommensteuerfestsetzung gegenüber dem S vorgehen kann. Da sie durch eine fehlerhafte Einkünfteberechnung der Familienkasse beschwert wäre, stünden ihr insoweit ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung.
13
bb) Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass das steuerpflichtige Kind steuerliche Wahlrechte für Zwecke der Steuerfestsetzung und der Kindergeldfestsetzung unterschiedlich ausüben könnte. Da der Einkünftebegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG dem des § 2 Abs. 2 EStG entspricht, sind auch die für die einzelnen Einkunftsarten geltenden Einkunftsermittlungsvorschriften zu beachten (vgl. etwa Grönke-Reimann in Herrmann/Heuer/ Raupach –HHR–, § 32 EStG Rz 136). Insoweit bestimmen die für die einzelnen Einkunftsarten geltenden Vorschriften des materiellen und formellen Steuerrechts, ob und gegebenenfalls in welcher Art und Weise ein steuerliches Wahlrecht ausgeübt wird. Hat der Steuerpflichtige für Zwecke der Einkommensteuerfestsetzung ein steuerrechtliches Wahlrecht wirksam in bestimmter Weise ausgeübt, ist dies deshalb auch für die Einkünfteberechnung im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG maßgebend.
14
2. a) aa) Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG müssen Gewerbetreibende, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen ansetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Trifft sie eine solche Verpflichtung nicht und führen sie keine Bücher und machen sie keine Abschlüsse, können sie nach § 4 Abs. 3 EStG als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Nicht buchführungspflichtige Gewerbetreibende, die auch freiwillig keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, haben danach das Recht, zwischen der Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und nach § 4 Abs. 3 EStG zu wählen (BFH-Urteile vom 19. März 2009 IV R 57/07, BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659, und vom 21. Juli 2009 X R 46/08, BFH/NV 2010, 186).
15
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin steht das Wahlrecht nur dem Steuerpflichtigen, d.h. im vorliegenden Fall dem Kind S, zu. Dass die Einkünfte des Kindes über § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG den Kindergeldanspruch der Klägerin beeinflussen, bedeutet nicht, dass einkommensteuerrechtliche Wahlrechte des Kindes im Kindergeldfestsetzungsverfahren vom Kindergeldberechtigten ausgeübt werden können. Die Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG enthält nur eine Anknüpfung an die Definition des Einkünftebegriffs des § 2 Abs. 2 EStG, sie führt indessen nicht dazu, dass hinsichtlich der Person des Steuerpflichtigen das Kind durch den Kindergeldberechtigten ersetzt würde. Folglich kann es auch nicht zu dem von der Klägerin angegriffenen Übergang einer von S freiwillig übernommenen Buchführungspflicht auf die Klägerin kommen.
16
Diese Auslegung widerspricht nicht dem von der Klägerin zitierten BFH-Urteil vom 30. September 1980 VIII R 201/78 (BFHE 132, 228, BStBl II 1981, 301). In diesem Fall ging es um die Frage, ob der Steuerpflichtige eine Wahl zwischen den Gewinnermittlungsarten getroffen haben kann, wenn er bestreitet, gewerblich tätig geworden zu sein. Diese Frage stellt sich im Streitfall nicht.
17
b) Das Wahlrecht zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG entfällt erst mit der Erstellung des Abschlusses, nicht hingegen bereits mit der Einrichtung der Buchführung. Da der Steuerpflichtige den Abschluss erst nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums erstellt, wird die Wahl zwischen den Gewinnermittlungsarten auch erst durch den Abschluss und folglich nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres ausgeübt (BFH-Urteil in BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659, m.w.N.).
18
Hat der Steuerpflichtige wirksam die Einnahme-Überschussrechnung als Gewinnermittlungsmethode gewählt, kann er nicht später für das betreffende Wirtschaftsjahr diese Wahl rückgängig machen und die Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich wählen (BFH-Urteil vom 8. Oktober 2008 VIII R 74/05, BFHE 223, 261, BStBl II 2009, 238; Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, §§ 4, 5 Rz 1504).
19
Ebenso scheidet die Wahl der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich aus, wenn der Steuerpflichtige nicht zeitnah zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums eine Eröffnungsbilanz aufgestellt und eine den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entsprechende (zur Geltung bei freiwillig Buchführenden s. HHR/Stobbe, § 5 EStG Rz 35) Buchführung eingerichtet hat (BFH-Urteil in BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659).
20
c) Ein Einzelunternehmer hat seine Einnahme-Überschussrechnung bzw. seinen Bestandsvergleich in dem Zeitpunkt erstellt, in dem er sie bzw. ihn fertiggestellt hat und objektiv erkennbar als endgültig ansieht (vgl. hierzu Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 44). Als Beweisanzeichen dafür, dass der Einzelunternehmer die fertiggestellte Gewinnermittlung als endgültig ansieht, kann u.a. die Tatsache gewertet werden, dass er sie in den Rechtsverkehr begibt (z.B. Übersendung an das FA).
21
3. Das FG ist von den vorgenannten Grundsätzen ausgegangen.
22
Es hat festgestellt, dass S nicht gesetzlich verpflichtet gewesen ist, Bücher zu führen, jedoch freiwillig Bücher geführt und für 2006 einen Abschluss durch Betriebsvermögensvergleich erstellt hat. Nach den Feststellungen des FG wurde der Bestandsvergleich auch zeitlich vor der Einnahme-Überschussrechnung erstellt. Denn S hat bereits am 10. April 2008 den Bestandsvergleich fertiggestellt. Er hat diesen auch objektiv erkennbar als endgültig angesehen, was sich daraus ergibt, dass er ihn nach den Feststellungen des FG beim FA eingereicht hat. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Einnahme-Überschussrechnung (11. April 2008) war das Wahlrecht bereits wegen des zeitlich früher erfolgten Bestandsvergleichs verbraucht.
23
Dahingestellt lassen kann der Senat, ob sich etwas anderes ergäbe, wenn –wie von der Klägerin vorgetragen– zunächst die Einnahme-Überschussrechnung erstellt, diese dann aber erst später als der Bestandsvergleich ausgedruckt worden wäre. Denn insoweit handelt es sich um ein im Revisionsverfahren unbeachtliches neues Vorbringen (§ 118 Abs. 2 FGO). Weder hat die Klägerin ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils diesen Sachverhalt im finanzgerichtlichen Verfahren vorgetragen noch hat sie insoweit einen –befristeten– Antrag auf Tatbestandsberichtigung gemäß § 108 Abs. 1 FGO gestellt. Ebenso wenig hat sie eine Verfahrensrüge wegen einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht seitens des FG erhoben.

Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften

Bundesregierung beschließt Formulierungshilfe für Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften

Das Kabinett hat am 6. Februar 2013 den Entwurf einer Formulierungshilfe für ein Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften beschlossen. Im Wesentlichen wird das deutsche Steuerrecht an das verbindliche Recht und die Rechtsprechung der Europäischen Union angepasst. Die Formulierungshilfe enthält das EU-Amtshilfegesetz sowie einige Regelungen des im Bundesrat gescheiterten Jahressteuergesetzes 2013.

Durch die Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie in deutsches Recht wird vor allem die Zusammenarbeit der Steuerbehörden der EU-Mitgliedstaaten bei der Festsetzung von Steuern grenzüberschreitender Aktivitäten effizienter. Konkret heißt dies, dass zentrale Verbindungsbüros in allen Mitgliedstaaten geschaffen werden, und dass stufenweise ein automatischer Informationsaustausch entwickelt wird. Letzteres geht insbesondere auf eine deutsche Initiative bei den Verhandlungen zur EU-Amtshilferichtlinie zurück.

Der Gesetzesentwurf enthält darüber hinaus ursprünglich im Jahressteuergesetz 2013 enthaltene Angleichungen an das Recht und die Rechtsprechung der Europäischen Union, um Vertragsverletzungsverfahren durch die EUKommission zu vermeiden. So z. B. die Umsetzung der EU-Rechnungsrichtlinie sowie die Anpassungen beim ermäßigten Steuersatz für Kunstgegenstände. Die übrigen enthaltenen steuerlichen Maßnahmen sichern das Steueraufkommen und gewährleisten eine weiterhin gleichmäßige Besteuerung durch die Finanzverwaltung. Hierzu gehören insbesondere die Einschränkungen im Einkommensteuergesetz beim Steuergestaltungsmodell „Goldfinger“ und die Verhinderung von Umsatzsteuerbetrug durch die Erweiterung der umgekehrten Steuerschuldnerschaft auf Lieferungen von Erdgas und Elektrizität (sog.Reverse-Charge-Verfahren). Der Entwurf des Gesetzes soll aus der Mitte des Deutschen Bundestages eingebracht werden.

Einkommensteuer: Ermäßigte Besteuerung von Abfindungszahlungen über mehrere Jahre

Finanzgericht Köln, 10 K 1481/10

Datum: 27.02.2013
Gericht: Finanzgericht Köln
Spruchkörper: 10. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 10 K 1481/10
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

2 Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine an den Kläger gezahlte Abfindung ermäßigt zu besteuern ist.

3 Der Kläger war seit 1981 Arbeitnehmer bei der C AG sowie diversen Töchtern der Gesellschaft. Zuletzt arbeitete er als Chemiker für die Tochtergesellschaft E Textilfarben GmbH & Co KG.

4 Am 21. Dezember 2005 schlossen der Kläger und die E einen Aufhebungsvertrag über das Arbeitsverhältnis. § 3 des Aufhebungsvertrages lautet wie folgt:

5„Zum Ausgleich der durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Nachteile enthalten Sie eine Abfindung.

6Unter Anrechnung von Leistungen Dritter, z.B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Krankengeld, Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, gesetzlichen Rentenversicherung sowie Bezügen aus anderweitiger beruflicher Tätigkeit, garantieren wir Ihnen eine Gesamtleistung von insgesamt Euro 514.784,00 brutto.

7Die Gesamtleistung setzt sich zusammen aus:

8Einer Einmalzahlung, die zeitnah zum Austrittstermin 30. September 2006, spätestens aber am 31. Januar 2007 in Höhe von Euro 155.000,00 brutto gezahlt wird,

9sowie Leistungen vom 1. Oktober 2006 bis 30. Juni 2011 in Höhe von monatlich Euro 6.112,00 brutto.

10Der Anspruch auf die Einmalzahlung in Höhe von Euro 155.000,00 brutto entsteht mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung und ist somit vererblich.“

11Daneben existiert ein Schreiben der E vom 21 Dezember 2005, welches mit „Geheimhaltungsvereinbarung“ überschrieben ist. Diese Vereinbarung soll zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin gelten. Inhaltlich weist die E auf die nachwirkende Verschwiegenheitspflicht hin und bezieht sich insoweit auf den Anstellungsvertrag. Unterzeichnet ist das Schreiben von zwei Vertretern der Arbeitgeberin. An einer nicht näher gekennzeichneten Stelle ist eine weitere Unterschrift, welche dem Kläger zuzuordnen sein soll. Auf Bl. 26 folgende Gerichtsakten wird Bezug genommen.

12Im Rahmen der steuerlichen Veranlagung vom 10. Februar 2009 zur Einkommensteuer 2007 wurde der Bruttoarbeitslohn antragsgemäß in einer Höhe von 206.934 € angesetzt.

13Am 17. Februar 2009 legten die Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 ein und beantragten für die Einmalzahlung in Höhe von 155.000 € die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 34 EStG.

14Am 22. Mai 2009 erließ der Beklagte aus anderen Gründen einen Änderungsbescheid wegen Einkommensteuer 2007.

15Am 16. April 2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG nur in Betracht komme, wenn eine Entschädigung, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt wird, zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zufließe. Davon sei im Streitfall nicht auszugehen, da der Kläger neben der Einmalzahlung über einen mehrjährigen Zeitraum monatlich Zahlungen gemäß dem Abfindungsvertrag erhalten habe. Ein Ausnahmetatbestand, der eine andere Betrachtung rechtfertigen würde, liege nicht vor.

16Hiergegen wandten sich die Kläger mit ihrer Klage vom 11. Mai 2010.

17Zur Begründung tragen sie vor, dass die Abfindung das Ergebnis langwieriger Verhandlungen gewesen sei. Vor dem Hintergrund einer Krebserkrankung des Klägers sei man übereingekommen, einen Festbetrag als vererblich einmalig auszuzahlen. Dieser Betrag sei eine Entschädigung für ein mit der Arbeitgeberin vereinbartes Wettbewerbsverbot, wonach der Kläger ihm gehörende Patente bei Mitbewerbern nicht habe verwenden dürfen. Die monatlichen Zahlungen seien als Ausgleich für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzusehen. Im Übrigen sei die E inzwischen insolvent, so dass keinerlei Zahlungen mehr flössen.

18Es sei von Anfang an beabsichtigt gewesen, zwei verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis durch zwei verschiedene Abfindungsmodalitäten zu regeln. Es sei auch aus der Geheimhaltungsvereinbarung eindeutig erkennbar, dass hier ein weitergehendes Wettbewerbsverbot geregelt werden sollte, als es in dem ursprünglichen Arbeitsvertrag geregelt war. Im Übrigen sei nicht sicher gewesen, ob die arbeitsvertragliche Wettbewerbsklausel überhaupt wirksam war. Als Gegenleistung hierfür sollte der Einmalbetrag gezahlt werden. Hierüber seien sich die Beteiligten einig gewesen. Diese Zahlung habe nichts mit der monatlichen Leistung zu tun gehabt.

19Der Umstand dass sich der Kläger auf 2008 bei anderen Unternehmen um Arbeitsmöglichkeiten bemüht habe, sei auf den Umstand zurückzuführen, dass der Kläger seinerzeit habe absehen können, was die Arbeitgeber sind in die Insolvenz gehen würde.

20Die Kläger beantragen,

21die Einkommensteuerveranlagung vom 22. Mai 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. April 2010 dahingehend abzuändern, dass ein Betrag in einer Höhe von 155.000 € ermäßigt nach den Regelungen des § 34 EStG besteuert werden.

22Der Beklagte beantragt,

23die Klage abzuweisen.

24Er trägt vor, dass nicht erkennbar gewesen sei, dass es sich bei der Einmalzahlung um eine Entschädigung für ein Wettbewerbsverbot handeln sollte. Hieraus ist aus der Abfindungsvereinbarung nichts ersichtlich. Im Übrigen sei mit dem Schreiben vom 21. Dezember 2005 keine Geheimhaltungsvereinbarung zu Stande gekommen. Vielmehr habe die Arbeitgeberin den Kläger lediglich auf bereits bestehende Geheimhaltungsverpflichtungen hingewiesen. Der vorgetragene Umstand, dass der Kläger aufgrund des Wettbewerbsverbotes bei keinem Mitbewerber mehr hätte tätig werden sollen, vertrage sich nicht mit dem Umstand, dass der Kläger in seiner Steuererklärung 2008 Werbungskosten im Zusammenhang mit aufzunehmenden Kontakten aus der Branche der Farbstoffproduzenten geltend gemacht hat. Aus der Abfindungsvereinbarung lasse sich lediglich schließen, dass aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Abfindungen in unterschiedlichen Formen gezahlt werden sollten. Dies rechtfertige jedoch keine ermäßigte Besteuerung.

25Entscheidungsgründe

26Die Klage ist nicht begründet.

271. Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, vergleiche § 100 Abs. 1 FGO.

28Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anwendung der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG im Hinblick auf die Zahlung von 155.000 €.

29a. Die Besteuerung einer Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 EStG gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich einen zusammengeballten Zufluss der Entschädigung in einem Veranlagungszeitraum voraus, da die ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG bezweckt, die Härten auszugleichen, die sich aus der progressiven Besteuerung der Entschädigung ergeben. Dementsprechend sind Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1a) EStG grundsätzlich nur dann außerordentliche Einkünfte, wenn die Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen, die sich bei normalem Ablauf auf mehrere Jahre verteilt hätte, vollständig in einem Betrag gezahlt wird. Bei einer Entschädigungszahlung, die sich auf zwei oder mehr Veranlagungszeiträume verteilt, ist eine Zusammenballung nicht gegeben; eine Anwendung des § 34 EStG kommt grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteile vom 21.06.2006 XI R 29/05, BFH/NV 2006, 1833; vom 21. März 1996 XI R 51/95, BStBl II 1996, 416; vom 3. Juli 2002 XI R 80/00, BStBl II 2004, 447; vom 16. Juni 2004 XI R 55/03, BStBl II 2004, 1055; vom 03.07.2002 XI R 80/00, BStBl II 2004, 447; vom 14.08.2001 XI R 22/00, BStBl II 2002, 180; Schmidt/Seeger, EStG § 34 Rz. 17 und § 24 Rz. 12; Mellinghoff in Kirchhof, EStG § 34 Rz. 19). Hierbei macht es keinen Unterschied, ob Hintergrund der Abfindungsleistungen eine tarifvertragliche Bestimmung oder eine individuelle Verhandlung war (FG Köln vom 14.07.2010 10 K 4061/09, EFG 2010,1983). Liegt eine Zusammenballung nicht vor und ist mithin der Tatbestand des § 34 Abs. 1 EStG nicht erfüllt, ist die Besteuerung der in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen zugeflossenen Entschädigung mit dem regulären Steuersatz die vom Gesetz vorgesehene Rechtsfolge. Ein Ermessen für den Beklagten gibt es dabei nicht. Dass die Anwendung des normalen, anstelle des ermäßigten Steuersatzes bei Auszahlung einer Entschädigung in zwei Veranlagungszeiträumen nach der ständigen Rechtsprechung zu einer steuerlichen Mehrbelastung führt, hat der Gesetzgeber gesehen. Der ermäßigte Steuersatz des § 34 Abs. 1 EStG ist bei einer Aufteilung einer Entschädigung auf zwei Veranlagungszeiträume selbst dann zu versagen, wenn die Aufteilung keine oder nur eine unwesentliche steuerliche Entlastung zur Folge hat. Der tatsächliche Progressionseffekt ist ohne Bedeutung. Der Steuersatz ist auch im umgekehrten Fall selbst dann zu ermäßigen, wenn durch die Entschädigung keine zusätzliche Progressionsbelastung eintritt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 180, 152, BStBl II 1996, 416, m.w.N.). Da die begünstigte Besteuerung nur zur Vermeidung von Härten gewährt wird, die sich aus dem Zufluss von zusammengeballten Abfindungsleistungen in einem Veranlagungszeitraum ergeben, kann es bei der Beurteilung, ob eine solche begünstigte Besteuerung hinsichtlich von Abfindungen zu gewähren ist, nur auf den Anlass der Abfindung, nicht aber darauf ankommen, aus welchem Rechtsgrund ausgezahlt wird (FG Köln vom 14.07.2010 10 K 4061/09, EFG 2010,1983).

30b. In Anwendung dieser Grundsätze war die ermäßigte Besteuerung im Hinblick auf die Auszahlung von 155.000 € nicht zu gewähren.

31Der Senat lässt insoweit ausdrücklich offen, ob die 155.000 € tatsächlich ausschließlich im Hinblick auf ein Wettbewerbsverbot gezahlt wurden oder – worauf wegen der seinerzeitigen Krebserkrankung des Klägers die besondere Bedeutung der Vererblichkeit des Anspruches hinweist – der Betrag lediglich Bestandteil einer umfassenden Abfindungsabrede war. Aus diesem Grund muss der angebotene Zeugenbeweis auch nicht erhoben werden.

32Entscheidend ist nach den dargestellten Grundsätzen, dass hinsichtlich der Frage der Zusammenballung nur auf den Anlass der Zahlung und nicht auf den Rechtsgrund der Zahlung abzustellen ist. Insoweit ist Anlass sowohl der Einmalzahlung, als auch der monatlichen Zahlungen der Austritt des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis. Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung anschaulich dargestellt, dass sein Arbeitgeber ein Interesse an der Wahrung der Betriebsgeheimnisse im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte. Dies zeigt deutlich, dass die Zahlung – soweit sie ausschließlich für ein Wettbewerbsverbot bzw. eine Geheimhaltungsverpflichtung erfolgt sein sollte – jedenfalls an den Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekoppelt war. Im Hinblick auf die monatlichen Leistungen ist dies unstreitig. Daher fehlte es im vorliegenden Fall an einer für eine begünstigte Besteuerung notwendigen Zusammenballung von Leistungen. Diese erstreckten sich über mehrere Jahre. Daran ändert auch die inzwischen eingetretene Insolvenz des Arbeitgebers nichts.

33c. Eine der ausdrücklich vom BFH zugelassenen Ausnahmesituationen (Gründe der sozialen Fürsorge oder Existenzbedrohung des Empfängers oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Zahlungsverpflichteten, vgl. FG Köln vom 14.07.2010 10 K 4061/09, EFG 2010,1983), in denen trotz Auszahlung in zwei oder mehr Jahren eine Zusammenballung i.S.d. § 34 EStG angenommen wird, liegt im Streitfall nicht vor. Weder wurde dazu von der Klägerseite vorgetragen noch gibt es Anhaltspunkte, nach denen eine solche Situation aus den Akten erkennbar wäre.

342. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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Verlustfeststellung: Keine Berücksichtigung geltend gemachter Verluste bei bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen

Finanzgericht Köln, 7 K 1654/12

Datum: 30.01.2013
Gericht: Finanzgericht Köln
Spruchkörper: 7. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 7 K 1654/12
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

1Tatbestand2Die Beteiligten streiten darüber, ob für die Jahre 2006 bis 2010 Verlustfeststellungsbescheide zur Berücksichtigung von Verlusten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu erlassen sind.

3Der Kläger befand sich in den nicht streitbefangenen Jahren 2004 und 2005 in einer Ausbildung zum Tiefbaufacharbeiter und erzielte in diesem Zusammenhang Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Beteiligung an einer Grundstücksgemeinschaft. Er schloss seine Ausbildung im Juli 2005 ab und begann im September 2006 ein Fachhochschulstudium in B. Die Einkommensteuerveranlagungen für 2004 und 2005, in denen der Kläger auch Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machte, erfolgten erklärungsgemäß und wurden bestandskräftig.

4In den Streitjahren 2006 bis 2010 wurde der Kläger zur Einkommensteuer veranlagt. Ausweislich der von ihm für 2007 am 5.11.2008, für 2008 am 26.11.2009, für 2009 am 16.8.2010 und für 2010 am 12.10.2011 eingereichten Einkommensteuererklärungen erzielte er lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Beteiligung an der Grundstücksgemeinschaft in Höhe von 2.431 Euro (2007 und 2008), 2.411 Euro (2009) bzw. 4.822 Euro (2010). Angaben zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bzw. von hiermit in Zusammenhang stehenden Werbungskosten machte er nicht. Den Steuererklärungen war keine Anlage N beigefügt. Die im Mantelbogen für den Bereich der Sonderausgaben unter der Rubrik „Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung der Stpfl./des Ehemannes“ vorgesehenen Felder hatte der Kläger nicht ausgefüllt. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Steuerakten befindlichen Steuererklärungen Bezug genommen.

5Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für 2007 mit Bescheid vom 19.12.2008, für 2008 mit Bescheid vom 8.12.2009, für 2009 mit Bescheid vom 3.9.2010 und für 2010 mit Bescheid vom 3.11.2011 jeweils erklärungsgemäß auf 0 Euro fest. Darüber hinaus schätzte er für das Jahr 2006 die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer 2006 mit Bescheid vom 28.8.2008 zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ebenfalls auf 0 Euro fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde mit Bescheid vom 29.10.2008 aufgehoben. Die vorgenannten Steuerbescheide wurden bestandskräftig.

6Am 27.12.2011 reichte der Kläger beim Beklagten für 2006 erstmalig bzw. für 2007 bis 2010 geänderte Einkommensteuererklärungen ein, in denen er nunmehr erstmalig auf der Anlage N die ihm im Zusammenhang mit seinem Studium jeweils entstandenen Aufwendungen – dies waren insbesondere Kosten für die Unterkunft am Studienort, Studiengebühren, Arbeitsmittel/Fachbücher sowie Fahrtkosten – als Werbungkosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machte. Die Aufwendungen beliefen sich für 2006 auf 5.152 Euro, für 2007 auf 10.145 Euro, für 2008 auf 10.177 Euro, für 2009 auf 10.065 Euro und für 2010 auf 8.779 Euro. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Steuerakten des Beklagten befindlichen Steuererklärungen vom 27.12.2011 nebst Anlagen Bezug genommen.

7Mit Schreiben vom 4.1.2012 lehnte der Beklagte den Erlass von Verlustfeststellungsbescheiden zur Berücksichtigung der bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gel-tend gemachten Verluste ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2006 bis 2010 bestandskräftig seien und eine Verlustfeststellung für diese Jahre daher bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr in Betracht komme.

8Den hiergegen vom Kläger unter Hinweis auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erhobenen Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 26.4.2012 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass eine Verlustfeststellung für die Streitjahre aus formellen Gründen nicht in Betracht komme. Nach § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 sei eine erstmalige bzw. eine geänderte Verlustfeststellung nur zulässig, wenn der jeweils zugrunde liegende Einkommensteuerbescheid noch änderbar sei. Das sei vorliegend nicht der Fall. Die Einkommensteuerfestsetzungen der Jahre 2006 bis 2010 seien bestandskräftig geworden. Insbesondere scheide eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aus, da den Kläger jedenfalls ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsachen im Sinne des § 173 AO treffe. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger mit Blick auf seine Ausbildung und die in diesem Zusammenhang in den Jahren 2004 und 2005 geltend gemachten Werbungskosten habe erkennen können, dass auch die Aufwendungen für das Studium als Werbungskosten hätten geltend gemacht werden können. Zudem habe der Kläger die im Mantelbogen der jeweiligen Einkommensteuererklärungen im Bereich der Sonderausgaben ausdrücklich gestellte Frage nach den Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung nicht beantwortet und die hierfür vorgesehenen Felder nicht ausgefüllt. Die geltend gemachten Kosten für das Studium stellten zweifellos Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung dar. Für die im Rahmen des § 173 AO relevante und den tatsächlichen Bereich betreffende Frage, ob Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung angefallen seien, komme es nicht darauf an, wie diese Aufwendungen rechtlich – etwa als Sonderausgaben oder als Werbungskosten – einzustufen seien. Selbst wenn der Kläger die Geltendmachung der Aufwendungen mit Blick auf seine geringen Einkünfte und eine damit einhergehende fehlende steuerliche Auswirkung unterlassen habe, entbinde ihn dies nicht vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit.

9Mit seiner hiergegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Begehren weiter und führt ergänzend aus, dass die Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen für 2006 bis 2010 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gegeben seien. Ihn – den Kläger – treffe am nachträglichen Bekanntwerden der Aufwendungen für das Studium kein Verschulden. Insbesondere liege keine grobe Fahrlässigkeit vor. Es sei zu berücksichtigen, dass er den Abzug von vorweggenommenen Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit begehre. Weder aus der Anlage N noch den dazugehörigen Merkblättern sei erkennbar, dass Studienkosten als vorweggenommene Werbungskosten geltend gemacht werden könnten. Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO komme es darauf an, ob ein Steuerpflichtiger die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt habe. Subjektiv entschuldbare Rechtsirrtümer, die zu einem nachträglichen Bekanntwerden der Tatsachen führten, schlössen eine grobe Fahrlässigkeit aus (vgl. BFH-Urteil vom 23.1.2001 XI R 42/00, BFHE 194, 9, BStBl. II 2001, 379).

10Im vorliegenden Zusammenhang sei von Bedeutung, dass er – der Kläger – in den Jahren 2006 bis 2010 keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt habe. Er verfüge zudem nicht über steuerliche Kenntnisse. Daher könne nicht erwartet werden, dass er – der Kläger – zu dieser Einkunftsart Eintragungen vornehme. Der steuerlich nicht bewanderte Bürger verstehe die Anlage N nämlich dahingehend, dass dort nur die Einnahmen aus einer tatsächlich ausgeübten Tätigkeit sowie die damit zusammenhängende Aufwendungen zu erfassen seien. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne nicht auf die fehlenden Angaben zu den Berufsausbildungskosten bei den Sonderausgaben abgestellt werden. Denn andernfalls blieben wesentliche Merkmale des vorliegend relevanten Sachverhaltes völlig unbeachtet. Das bloße Falsch- oder Nichtausfüllen einer Steuererklärung begründe noch kein grobes Verschulden. Der Beklagte habe im Übrigen auch nicht dargelegt, welche maßgeblichen persönlichen Kenntnisse oder Fähigkeiten er – der Kläger – beim Ausfüllen der Steuererklärung nicht beachtet habe. Zudem sei nicht erkennbar, dass in diesem Zusammenhang ein „schweres Maß“ an Verschulden vorliege und welche gebotene Sorgfalt er – der Kläger – in nicht entschuldbarer Weise verletzt habe. Entscheidend sei im vorliegenden Fall, dass weder im Bereich der „Werbungskosten“ noch „irgendwo anders“ ein Hinweis auf die Möglichkeit der Geltendmachung von vorweggenommenen Werbungskosten zu finden sei. Daher habe er – der Kläger – die „speziellen rechtlichen Besonderheiten“ für die Geltendmachung dieser Aufwendungen „nicht im mindesten“ erkennen können. Es sei schon „weit hergeholt“, wenn der Beklagte eine Eintragung im Mantelbogen bei den Sonderausgaben verlange und auf diese Weise einen nicht vorhandenen Zusammenhang der Aufwendungen mit einem anderen Vorgang herzustellen versuche.

11Im Unterschied zu den in der Rechtsprechung bisher entschiedenen Fällen gehe es vorliegend nicht lediglich um eine betragsmäßige Änderung von Aufwendungen in demselben rechtlichen Bereich. Die vom Beklagten geforderten Angaben bei den Sonderausgaben stünden vielmehr mit einer völlig anderen Thematik im Zusammenhang und hätten daher mit Blick auf die Werbungskosten „umqualifiziert“ werden müssen. Es sei kaum anzunehmen, dass der Beklagte Erörterungen vorgenommen und eine Verlustfeststellung hinsichtlich der vorweggenommenen Werbungkosten durchgeführt hätte, wenn er – der Kläger – die Angaben bei den Sonderausgaben tatsächlich gemacht hätte. Da sich aufgrund der geringen Einkünfte ohnehin keine Steuer ergeben habe, hätten auch die weiteren Angaben keine unmittelbaren tatsächlichen Auswirkungen gehabt. Vor diesem Hintergrund treffe ihn – den Kläger – lediglich eine geringere Sorgfaltspflicht. Denn wenn ein Steuerpflichtiger auf die nach seiner Meinung und darüber hinaus auch in objektiver Hinsicht völlig sinnlosen Angaben zu weiteren Aufwendungen verzichte, liege darin keine schwere Verletzung seiner Sorgfaltspflichten. Ein solches Unterlassen sei auch nicht unentschuldbar.

12Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Frage der Behandlung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Werbungkosten noch „relativ jung“ gewesen sei. Für einen steuerrechtlichen Laien mit normalem Bildungsstand und durchschnittlicher Intelligenz sei die verfahrensrechtliche Besonderheit einer ggfls. erforderlichen Verlustfeststellung nicht erkennbar. Diesbezügliche Nachfragen oder Nachforschungen könnten von ihm daher nicht erwartet oder gefordert werden. Er – der Kläger – habe wegen des Fehlens entsprechender Einnahmen auch keine Veranlassung gehabt, sich mit der Anlage N und den dortigen Ausführungen auseinanderzusetzen. Ins-besondere befinde sich auf der Anlage N ohnehin kein Hinweis auf die Möglichkeit, vorweggenommene Werbungskosten geltend machen zu können. Daher sei es auch nicht erforderlich gewesen, sich bei der Finanzverwaltung oder im Internet hierüber zu informieren. Es besteht keine Rechtspflicht, vor dem Ausfüllen der Steuererklärung fachkundigen Rat einzuholen. Insgesamt seien daher die Grundsätze aus den BFH-Urteilen vom 10.8.1988 (IX R 219/84, BFHE 154, 481; BStBl. II 1989, 131), vom 21.7.1989 (III R 303/84, BFHE 157, 488; BStBl. II 1989, 960) und vom 23.1.2001 (XI R 42/00, BFHE 194, 6; BStBl. II 2001, 379) anzuwenden.

13Der Kläger beantragt,

14den Beklagten unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26.12.2012 zu verpflichten, erstmalige Verlustfeststellungsbescheide auf den 31.12.2006, auf den 31.12.2007, auf den 31.12.2008, auf den 31.12.2009 und auf den 31.12.2010 zu erlassen und dabei die in den am 27.12.2011 eingereichten Einkommensteuererklärungen geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

15Der Beklagte beantragt,

16die Klage abzuweisen.

17Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung.

18Entscheidungsgründe

19Die Klage ist unbegründet.

20Der Beklagte hat den Erlass von Verlustfeststellungsbescheiden für die Streitjahre zu Recht abgelehnt, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Die den nachträglich erklärten Verlusten zugrunde liegenden Einkommensteuerfestsetzungen für 2006 bis 2010 sind bestandskräftig und nicht mehr änderbar.

211.

22Gemäß § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG ist § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG auf alle nach dem 13.12.2010 erstmals erklärten Verluste anzuwenden. Das ist vorliegend der Fall, da der Kläger die streitigen Verluste erstmals am 27.12.2011 geltend machte.

23Nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG sind die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind. Darüber hinaus dürfen Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gemäß § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG nur insoweit abweichend von § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG berücksichtigt werden, als die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.

24Dementsprechend scheidet eine erstmalige oder geänderte Verlustfeststellung zum Ende eines Veranlagungszeitraums aus, wenn die Einkommensteuerfestsetzungen für diesen Veranlagungszeitraum und für den vom Verlustrücktrag betroffenen Veranlagungszeitraum verfahrensrechtlich nicht mehr änderbar sind (vgl. auch Heinicke, in: Schmidt, EStG, 31. Auflage 2012, § 10d Rn 47 m.w.N.).

252.

26Die Einkommensteuerfestsetzungen der Jahre 2006 bis 2010 sind bestandskräftig. Die Voraussetzungen für eine zur Berücksichtigung der vom Kläger nachträglich geltend gemachten Verluste bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit alleine in Betracht kommende Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sind nicht gegeben.

27a)

28Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden. Grobes Verschulden im Sinne dieser Vorschrift setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat (vgl. nur BFH-Urteile vom 9. November 2011 X R 53/09, BFH/NV 2012, 545; vom 2. August 1994 VIII R 65/93, BFHE 175, 500, BStBl. II 1995, 264; vom 23. Januar 2001 XI R 42/00, BFHE 194, 9, BStBl. II 2001, 379 und vom 16. September 2004 IV R 62/02, BFHE 207, 369, BStBl. II 2005, 75, jeweils m.w.N.).

29Ein grobes Verschulden im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt aber nicht schon dann vor, wenn die Abgabe einer unvollständigen Steuererklärung alleine auf einem subjektiv entschuldbaren Rechtsirrtum beruht (vgl. nur BFH-Urteile vom 21. Juli 1989 III R 303/84, BFHE 157, 488, BStBl. II 1989, 960 und vom 9. August 1991 III R 24/87, BFHE 165, 454, BStBl. II 1992, 65). Da die Angaben in der Erklärung gemäß § 150 Abs. 2 Satz 1 AO nach bestem Wissen und Gewissen zu machen sind, muss allerdings auch ein Steuerpflichtiger, dem einschlägige steuerrechtliche Kenntnisse fehlen, die im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellten Fragen beantworten und die dem Steuererklärungsformular beigefügten Erläuterungen mit der von ihm zu erwartenden Sorgfalt durchlesen und beachten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn solche Fragen und Hinweise ausreichend verständlich sowie klar und eindeutig sind. Deshalb handelt ein Steuerpflichtiger regelmäßig grob schuldhaft, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte und auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beachtet (vgl. nur BFH-Urteile vom 9. November 2011 X R 53/09, BFH/NV 2012, 545 und vom 22. Mai 1992 VI R 17/91, BStBl. II 1993, 80 m.w.N.; BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2009 X B 199/09, BFH/NV 2010, 598). Dies gilt auch dann, wenn ein Steuerpflichtiger deshalb keine Angaben in seinem Erklärungsvordruck macht, weil er aufgrund eines Irrtums der Meinung ist, dass die Angaben in seinem Fall nicht von Bedeutung seien (vgl. nur BFH-Beschluss vom 28. Juli 2011 IX B 47/11, BFH/NV 2012, 1 und BFH-Urteil vom 20. November 2008 III R 107/06, BFH/NV 2009, 545; jeweils m.w.N.). Bei Zweifelsfragen muss sich auch der steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige um Klärung – etwa durch eine Rückfrage bei der Finanzbehörde – bemühen (vgl. nur BFH-Urteile vom 9. November 2011 X R 53/09, BFH/NV 2012, 545 und vom 14. Oktober 2009 X R 14/08, BFHE 227, 312, BStBl. II 2010, 533).

30b)

31Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze, die sich der Senat zueigen macht, sind die Voraussetzungen für eine Änderung der Steuerfestsetzungen für 2006 bis 2010 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht gegeben.

32aa)

33Der Umstand, dass dem Kläger für sein Studium Aufwendungen entstanden sind, wurden dem Beklagten erst nach dem Erlass der Steuerbescheide für die Streitjahre und somit nachträglich im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO bekannt (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 23. Januar 2001 X R 42/00, BFHE 194, 9, BStBl. II 2001, 379 m.w.N.).

34bb)

35Den Kläger trifft an diesem nachträglichen Bekanntwerden ein grobes Verschulden.

36(a)

37Dabei ist für das Jahr 2006 zu berücksichtigen, dass ein Steuerpflichtiger durch das Merkmal des groben Verschuldens in § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dazu angehalten werden soll, die zu seinem Verantwortungsbereich gehörenden steuerlich relevanten Tatsachen rechtzeitig vorzubringen (vgl. nur BFH-Urteile vom 16. September 2004 IV R 62/02, BFHE 207, 269, BStBl. II 2005, 75 und vom 9. März 1990 VI R 19/85, BFH/NV 1990, 619, jeweils m.w.N.). Die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bleibt auch dann bestehen, wenn die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO geschätzt hat. Deshalb muss ein Steuerpflichtiger, der es grob schuldhaft unterlassen hat, seiner Erklärungspflicht vor Eintritt der Bestandskraft nachzukommen, es in aller Regel hinnehmen, dass der Bescheid nicht mehr zu seinen Gunsten geändert werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 16. September 2004 IV R 62/02, BFHE 207, 269, BStBl. II 2005, 75 und vom 9. März 1990 VI R 19/85, BFH/NV 1990, 619, jeweils m.w.N.). Der Kläger hat für das Jahr 2006 erst am 27.12.2011 – und mithin mehr als drei Jahre nach dem Eintritt der Bestandskraft des für dieses Jahr vom Beklagten erlassenen Schätzungsbescheids – eine Steuererklärung abgegeben. Damit hat er es grob schuldhaft unterlassen, die von ihm nunmehr begehrten Berufsausbildungskosten bereits zu einem früheren Zeitpunkt im Rahmen des Veranlagungsverfahrens bzw. im Rahmen eines Einspruchsverfahrens gegen den Schätzungsbescheid geltend zu machen.

38(b)

39Darüber hinaus hat er die in den jeweiligen Steuererklärungsformularen für 2006 bis 2010 ausdrücklich gestellte Frage nach den „Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung“ nicht beantwortet und die entsprechenden Felder unausgefüllt gelassen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass sich die Frage nach den Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung nicht auf der Anlage N, sondern im Bereich der Sonderausgaben auf dem Mantelbogen befand. Denn ist zu berücksichtigen, dass sich der Vorwurf des groben Verschuldens im Rahmen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf die Verletzung der Mitwirkungs- und Erklärungspflichten in Form des nachträglichen Bekanntwerdens einer Tatsache (vgl. dazu nur BFH-Urteil vom 14. Oktober 2009 X R 14/08, BFHE 227, 312, BStBl. II 2010, 533) und nicht auf die sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen bzw. – im vorliegenden Zusammenhang – auf die rechtliche Einordnung der nachträglich geltend gemachten Aufwendungen als (vorweggenommene) Werbungskosten oder Sonderausgaben bezieht. Vor diesem Hintergrund ist die Verortung der Frage nach den Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung im Bereich der Sonderausgaben oder aber im Bereich der Werbungkosten – unabhängig davon, dass derartige Aufwendungen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einerseits als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder aber andererseits als (vorweggenommene) Werbungskosten nach § 9 EStG in Betracht kommen können – jedenfalls in der vorliegenden Konstellation für die Beurteilung des groben Verschuldens ohne Bedeutung. Insbesondere ist die Verortung im Bereich der Sonderausgaben mit Blick auf die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht überraschend.

40Zudem ist die in den Steuererklärungsvordrucken für 2006 bis 2010 auf einen konkreten Vorgang (hier: Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung) bezogene Fragestellung eindeutig und auch für den steuerlichen Laien ausreichend verständlich. Denn unter den Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung werden im allgemeinen Sprachgebrauch alle Aufwendungen verstanden, die zur Erlangung von Kenntnissen für die (spätere) Ausübung eines Berufs anfallen. Hierzu zählen insbesondere auch die im Zusammenhang mit einem Studium anfallenden Kosten, zumal das Studium nach allgemeinem Sprachverständnis auf die Ausübung eines Berufs vorbereiten soll. Obwohl der Kläger als ausgebildeter Tiefbaufacharbeiter und als Student des Bauingenieurwesens in der Lage war, die Frage nach den Berufsausbildungskosten inhaltlich zu verstehen und eine entsprechende Zuordnung der Studienkosten vorzunehmen, hat er die in den Steuererklärungsvordrucken hierfür vorgesehenen Felder trotz der dort ausdrücklich geforderten Angabe unausgefüllt gelassen und sich damit grob schuldhaft im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO verhalten. Selbst wenn der Kläger Zweifel gehabt hätte, ob die Aufwendungen für sein Studium unter die Rubrik „Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung“ fallen, hätte er diesen Zweifeln beim Ausfüllen der Steuererklärung nachgehen können und müssen (vgl. nur BFH-Urteil vom 14. Oktober 2009 X R 14/08, BFHE 227, 312, BStBl. II 2010, 533).

41(c)

42Für die Frage des Verschuldens des Klägers am nachträglichen Bekanntwerden der Aufwendungen kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte im Fall der rechtzeitigen Geltendmachung der Aufwendungen in weitere Erörterungen eingetreten wäre und ob er einen Verlustfeststellungsbescheid erlassen hätte. Darüber hinaus führt der vom Kläger angeführte (rechtliche) Umstand, dass die steuerliche Behandlung von Ausbildungskosten beim damaligen Ausfüllen der ursprünglichen Steuererklärungen noch „relativ jung“ gewesen sei, nicht zu einer anderen Beurteilung im Hinblick auf das grobe Verschulden wegen des nachträglichen Bekanntwerdens von Tatsachen, die im Steuererklärungsformular ausdrücklich abgefragt werden. Schließlich lässt auch der Einwand des Klägers, es habe für ihn mit Blick auf seine geringen Vermietungseinkünfte und die daraus folgende „Nullfestsetzung“ keine Veranlassung zur Angabe der Studienkosten bzw. zur Geltendmachung weiterer Aufwendungen bestanden, den Vorwurf des groben Verschuldens im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht entfallen (vgl. in diesem Zusammenhang auch BFH-Beschluss vom 28. Juli 2011 IX B 47/11, BFH/NV 2012, 1 und BFH-Urteil vom 20. November 2008 III R 107/06, BFH/NV 2009, 545; jeweils m.w.N.).

43Die vom Kläger angeführten Urteile des BFH vom 23. Januar 2001 (XI R 42/00, BFHE 194, 6; BStBl. II 2001, 379), vom 21. Juli 1989 (III R 303/84, BFHE 157, 488; BStBl. II 1989, 960) und vom 10. August 1988 (IX R 219/84, BFHE 154, 481; BStBl. II 1989, 131) stehen der Gesamtbeurteilung nicht entgegen, zumal sie zu abweichenden Sachverhalten ergangen waren. Im Übrigen wurden die dort für die Beurteilung des groben Verschuldens aufgestellten Rechtsgrundsätze vorliegend berücksichtigt.

443.

45Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Erbschaftsteuer: Private Steuerschulden des Todesjahres als Nachlassverbindlichkeiten

Abzug privater Steuerschulden für das Todesjahr des Erblassers

Erlass vom 18. Januar 2010, Az. 3 – 3810/28

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 4. Juli 2012, Az. II R 15/11 entschieden, dass die vom Erblasser herrührende Einkommensteuer des Todesjahres als Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig ist. Die Entscheidung steht im Widerspruch zu R E 10.8 Abs. 3 ErbStR 2011 .

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder wird an R E 10.8 Abs. 3 ErbStR 2011 nicht mehr festgehalten.

Der Erlass vom 18. Januar 2010, Az. 3 – 3810/28 (ErbSt-Kartei BW § 10 ErbStG Karte 26) ist insoweit überholt; die Regelungen der Tz. 1 bis 3 gelten weiterhin.

Der Erlass ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden. Ich bitte, die Erbschaftsteuerfinanzämter entsprechend zu unterrichten und den Erlass in die Erbschaftsteuerkartei aufzunehmen (ErbSt-Kartei BW § 10 ErbStG Karte 28).

 

Erbschaftsteuerliche Berücksichtigung von privaten Steuererstattungsansprüchen und -schulden als Erwerb bzw. Nachlassverbindlichkeit(§ 10 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 1 ErbStG)

Nach dem Ergebnis einer Erörterung mit den für die Erbschaftsteuer zuständigen Vertretern der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder bitte ich in der Frage der erbschaftsteuerlichen Berücksichtigung von privaten Steuererstattungsansprüchen und -schulden in allen noch offenen Fällen folgende Auffassung zu vertreten:

Die Einkommensteuer entsteht mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 i. V. m. § 25 Abs. 1 EStG ).

 1. Steuererstattungsansprüche für Veranlagungszeiträume, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers endeten

Einkommensteuererstattungsansprüche aus Veranlagungszeiträumen, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers endeten, sind mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahrs entstanden. Sie gehören mit dem materiell-rechtlich zutreffenden Wert zum steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 ErbStG , ohne dass es auf ihre Durchsetzbarkeit (Festsetzung in einem Steuerbescheid) zum Todeszeitpunkt ankommt (BFH-Urteil vom 16. Januar 2008, II R 30/06 , BStBl II S. 626 ). Die Überzahlungen, die zu den Steuererstattungsansprüchen geführt haben, muss noch der Erblasser geleistet haben.

 2. Steuererstattungsansprüche für den Veranlagungszeitraum, in den der Todeszeitpunkt des Erblassers fällt

Einkommensteuererstattungsansprüche aus dem Veranlagungszeitraum, in den der Todeszeitpunkt des Erblassers fällt, entstehen erst mit Ablauf des Kalenderjahrs. Sie gehören daher nicht zum steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 ErbStG (BFH-Urteil vom 16.01.2008, II R 30/06 , BStBl 2008 II S. 626 ).

 3. Steuerschulden für Veranlagungszeiträume, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers endeten

Einkommensteuerschulden aus Veranlagungszeiträumen, die vor dem Todeszeitpunkt des Erblassers endeten, sind mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahrs entstanden. Sie sind unabhängig davon, ob sie am Todeszeitpunkt des Erblassers bereits festgesetzt waren oder nicht, mit dem materiell-rechtlich zutreffenden Wert als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig.

Erbschaft: Über diese Informationsquellen verfügt das Finanzamt

Allgemeine Verwaltungsanweisung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer (ErbStVA)

Das Erbschaftsteuerfinanzamt informiert in bestimmten Fällen das Einkommensteuerfinanzamt. Die Details regelt eine Verfügung der OFD Frankfurt (13.8.12, S 3715 A – 2 – St 119).

Bezug: OFD Frankfurt/M. Erlass vom 21.06.2012 – S 3715 A – 005 – II 6a BStBl 2012 I, 712

 1. Ermittlungsverfahren

 1.1 Erwerbe von Todes wegen und Zweckzuwendungen von Todes wegen

 1.1.1 Ermittlung der Steuerfälle

Der Ermittlung der Steuerfälle dienen insbesondere

a)           die Anzeigen der Erwerber nach § 30 ErbStG ,

b)           die Anzeigen der Vermögensverwahrer, Vermögensverwalter und Versicherungsunternehmen nach § 33 ErbStG i. V. m. den §§ 1 bis 3  ErbStDV,

c)            die Anzeigen der Standesämter nach § 34 ErbStG i. V. m. § 4 ErbStDV ,

d)           die Anzeigen der diplomatischen Vertreter und Konsularbeamten der Bundesrepublik Deutschland über Auslandssterbefälle und der Zuwendungen ausländischer Erblasser nach § 34 ErbStG i. V. m. § 9 ErbStDV ,

e)            die Beschlüsse über Todeserklärungen und Todesfeststellungen der Amtsgerichte nach § 34 ErbStG i. V. m. § 6 ErbStDV ,

f)            die übrigen Anzeigen der Gerichte, Behörden, Beamten und Notare nach § 34 ErbStG i. V. m. den §§ 7 und 10  ErbStDV.

 1.1.2 Anzeigen der Standesämter

Die Erbschaftsteuerfinanzämter haben den pünktlichen Eingang der Anzeigen zu überwachen und zu diesem Zweck Verzeichnisse zu führen, in die die Standesämter in der Reihenfolge der ihnen zugeteilten Ordnungsnummern einzutragen sind (§ 5 ErbStDV ). In dem Verzeichnis sind der für das einzelne Standesamt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 3 Nr. 1 ErbStDV maßgebende Zeitraum, der Tag des Eingangs der Anzeige, der Tag einer Erinnerung an ihre Einsendung und der Tag der endgültigen Erledigung zu vermerken (§ 105 Abs. 1 BuchO).

 1.1.3 Totenbeiliste

Wenn eine besondere Totenbeiliste zu führen ist, sind darin diejenigen Sterbefälle einzutragen, die dem Finanzamt in anderer Weise als durch die Anzeigen der Standesämter bekannt werden, also insbesondere Auslandssterbefälle, Todeserklärungen, Todesfeststellungen und solche Sterbefälle, die von anderen Finanzämtern mitgeteilt worden sind (§ 106 BuchO).

 1.2 Schenkungen und Zweckzuwendungen unter Lebenden

 1.2.1 Ermittlung der Steuerfälle

Der Ermittlung der Steuerfälle dienen insbesondere

a)           die Anzeigen der Erwerber und der Personen, aus deren Vermögen der Erwerb stammt (§ 30 ErbStG ),

b)           die Anzeigen der Versicherungsunternehmen nach § 33 ErbStG i. V. m. § 3 ErbStDV ,

c)            die Anzeigen der Gerichte, Notare, sonstigen Urkundspersonen und der Genehmigungsbehörden nach § 34 ErbStG i. V. m. den §§ 8 und 10  ErbStDV,

d)           die Anzeigen der diplomatischen Vertreter und Konsularbeamten der Bundesrepublik Deutschland über bekannt gewordene Zuwendungen ausländischer Schenker nach § 34 ErbStG i. V. m. § 9 ErbStDV ,

e)            Kontrollmitteilungen und Anzeigen anderer Finanzämter.

 1.2.2 Kartei bzw. Verzeichnis der Schenkungsfälle, die für die Besteuerung noch von Bedeutung sein können

Nach § 14 ErbStG sind mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile zusammenzurechnen. Um in Erb- und Schenkungsfällen nachprüfen zu können, ob ein Erwerber frühere Zuwendungen, die zu berücksichtigen sind, richtig und vollzählig angegeben hat, haben die Finanzämter die Zuwendungen solcher Personen festzuhalten, die nicht sogleich ihr gesamtes Vermögen übertragen, so dass noch weitere unentgeltliche Zuwendungen oder eine Vererbung von weiterem Vermögen zu erwarten sind. In diesen Fällen ist die Zuwendung unter dem Namen des Schenkers in einer im automatisierten Verfahren oder manuell zu führenden Kartei zu erfassen (§ 112 Abs. 3 BuchO). Zusätzlich sind die Steuer-Identifikationsnummer des Schenkers, der Name des Bedachten und seine Steuer-Identifikationsnummer, der Zeitpunkt der Ausführung und – soweit er bereits ermittelt ist – der Wert der Zuwendung festzuhalten. Hat die Schenkung zu einer Steuerfestsetzung geführt, sind auch die Steuernummer und die Nummer der Steuerliste zu vermerken, unter welcher der Fall zuletzt eingetragen war und abgelegt worden ist. Bei steuerfrei gebliebenen Zuwendungen ist die Ermittlungsnummer oder Freibelegnummer zu vermerken, unter der der Freibeleg abgelegt worden ist.

In Fällen des § 2 Abs. 3 ErbStG sind auch die Vorerwerbe innerhalb des Zehnjahreszeitraums vor dem Erwerb einzubeziehen, für den der Erwerber einen Antrag auf Besteuerung im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht gestellt hat.

In den Fällen des § 15 Abs. 4 ErbStG hat das für die Besteuerung der Zuwendung einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt sich für Zwecke der Anwendung des § 14 ErbStG mit dem Erbschaftsteuerfinanzamt in Verbindung zu setzen, das für die Besteuerung einer Direktzuwendung des veranlassenden Gesellschafters nach § 35 ErbStG zuständig wäre. Das letztgenannte Finanzamt teilt dem für die Besteuerung zuständigen Finanzamt die Vorschenkungen und die für die Zusammenrechnung notwendigen Informationen mit und ist in ein etwaiges Rechtsbehelfsverfahren, soweit es um die Anwendung des § 15 Abs. 4 ErbStG geht, von dem zuständigen Finanzamt im Wege der Amtshilfe einzubinden. Zum Zweck der künftigen zutreffenden Zusammenrechnung aller Vorerwerbe i. S. d. § 14 ErbStG sind die Erkenntnisse bei dem Finanzamt zusammenzuführen, das für die Direktzuwendung des veranlassenden Gesellschafters zuständig wäre. Das für die Besteuerung der Zuwendung der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft zuständige Finanzamt teilt diesem daher die insoweit benötigten Veranlagungsdaten mit. Zudem haben alle beteiligten Finanzämter einander zeitnah über eventuell später eintretende Änderungen zu unterrichten, die Auswirkungen im Rahmen des § 14 ErbStG haben können.

 1.3 Zusammenarbeit der Finanzämter

 1.3.1 Pflichten des Wohnsitzfinanzamts des Erblassers/Schenkers bzw. des Erwerbers

Die Finanzämter (einschließlich der Prüfungsdienste und der Steuerfahndung) haben den für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzämtern mitzuteilen:

a)           die ihnen bekannt gewordenen Vermögensanfälle unter Lebenden (freigebige Zuwendungen und Zweckzuwendungen) mit Ausnahme derjenigen, die von einem inländischen Gericht oder Notar beurkundet worden sind,

b)           Verträge, bei denen zu vermuten ist, dass sie eine gemischte oder verdeckte Schenkung enthalten,

c)            Vereinbarungen über die Gewährung einer überhöhten Gewinnbeteiligung unter Angabe des Gewinnübermaßes,

d)           den auf Grund des Gesellschaftsvertrags einer Personen- oder Kapitalgesellschaft beim Ausscheiden eines Gesellschafters zu Lebzeiten oder durch Tod erfolgenden Übergang seines Gesellschaftsanteils oder eines Teils desselben auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft,

e)            nach Kenntnis vom Tode eines Steuerpflichtigen die Zusammensetzung und die Höhe seines dem Finanzamt bekannten Vermögens einschließlich der festgestellten Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und des Grundvermögens, soweit das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt diese Werte nicht selbst unmittelbar abfragen kann; bei Gewerbebetrieben sind möglichst eine Kopie der letzten Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten drei Wirtschaftsjahre, bei Personengesellschaften zusätzlich eine Kopie des Gesellschaftsvertrags beizufügen, bei vermieteten Grundstücken ist möglichst die Jahresmiete anzugeben,

f)            die ihnen bekannt gewordenen Erwerbe von Vermögensgegenständen, insbesondere von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, Grundvermögen und Betriebsgrundstücken aus dem Nachlass (Vermögen) eines nicht im Inland wohnhaften Erblassers (Schenkers),

g)            die ihnen bekannt gewordenen Sterbefälle und Schenkungen solcher Personen, die zurzeit ihres Todes oder der Ausführung der Zuwendung der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Außensteuergesetzes unterlagen, unter Angabe des Zeitpunkts der Aufgabe des inländischen Wohnsitzes, des inländischen Vertreters des Erblassers (Schenkers) und – soweit bekannt – des Nachlasses (des geschenkten Vermögens) und der Erwerber,

h)           die ihnen bekannt gewordenen Sachverhalte, die zum ggf. teilweisen Wegfall der Steuerentlastungen nach §§ 13a ErbStG a. F und 19a ErbStG a. F. führen,

i)             die ihnen bekannt gewordenen Sachverhalte, die zum Wegfall der Steuerentlastungen nach §§ 13 Abs. 1 Nr. 4b oder Nr. 4c ErbStG (Familienheim, siehe Tz. 1.9) führen,

j)             alle bereits erfassten unbeschränkt steuerpflichtigen, nicht nach § 5 KStG steuerbefreiten Stiftungen und Familienvereine,

k)           alle ihnen bekannt gewordenen Fälle der Aufhebung oder Auflösung von Stiftungen, Vereinen und Vermögensmassen, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist,

l)             alle bekannt gewordenen Fälle, in denen steuerbegünstigte Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG nicht mehr erfüllen, weil sie satzungsmäßig oder tatsächlich gegen die Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO ) verstoßen haben; dazu gehören auch die Fälle, in denen die Vermögensbindung von Anfang an steuerlich als nicht ausreichend gilt (§ 61 Abs. 3 , § 63 Abs. 2 AO )

m)         Anzeigen der auszahlenden Stellen nach § 43 Abs. 1 Satz 6 EStG .

 1.3.2 Pflichten der für die Feststellung nach § 151 Abs. 1 BewG zuständigen Finanzämter

 1.3.2.1 Pflichten der Lagefinanzämter im Rahmen des Feststellungsverfahrens

Die Lagefinanzämter stellen fest:

  1. 1.           bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen

a)           den Wert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG )

b)           die Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG zur Prüfung des Vorliegens von begünstigtem Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG bzw. § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG , jeweils bezogen auf die einzelne übertragene wirtschaftliche Einheit,

c)            die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens, die dem Betrieb am Bewertungsstichtag weniger als zwei Jahre zuzurechnen sind, zur Aussonderung des jungen Verwaltungsvermögens aus dem begünstigten Vermögen (§ 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG ), jeweils bezogen auf die einzelne übertragene wirtschaftliche Einheit,

d)           die Anzahl der Beschäftigten des Betriebes zur Prüfung der Anwendung der Lohnsummenregelung (§ 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG ),

e)            die Ausgangslohnsumme zur Prüfung der Lohnsummenregelung (§ 13a Abs. 1 ErbStG bzw. § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG ).

Für Erwerbe, für die die Steuer vor dem 1. Juli 2011 entstanden ist, werden die Angaben b) bis e) nur nachrichtlich mitgeteilt.

  1. 2.           bei Grundvermögen oder teilweise zu betrieblichen Zwecken genutzten Grundstücken den Wert des Grundstücks (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG ).

 

In der Mitteilung über den festgestellten Grundbesitzwert teilt das Lagefinanzamt weiterhin nur  nachrichtlich  folgende Angaben mit (> H B 151.2 ErbStH 2011 ):

  •   Aufteilung des Grundbesitzwerts bei nicht ausschließlich betrieblicher Nutzung:
  • Das Lagefinanzamt teilt den insgesamt festgestellten Grundbesitzwert mit. Das Erbschaftsteuerfinanzamt kann anhand des vom Betriebsfinanzamt mitgeteilten Anteils, mit dem das Grundstück im Betriebsvermögen berücksichtigt wurde (vgl. Tz. 1.3.2.2) entscheiden, in welchem Umfang das Grundstück als Grundvermögen zum Vermögensanfall gehört.
  •   Nachrichtliche Angaben
 Gesamte Wohn- und Nutzfläche der Gebäude/des Gebäudes  Die Angabe wird als Ausgangsgröße zur Berechnung des Flächenverhältnisses benötigt.
 Wohnfläche einer bisher vom Rechtsvorgänger selbst genutzten Wohnung  Die Angabe wird zur Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a bis 4c ErbStG (Familienheim) benötigt (> R E 13.3 Absatz 2).
 Gesamte Wohnfläche der zu Wohnzwecken vermieteten Gebäude oder Gebäudeteile  Die Angabe wird zur Anwendung des § 13c ErbStG benötigt (> R E 13.c Absatz 3).
 Art und Höhe einer im Rahmen des nachgewiesenen gemeinen Werts des Grundstücks (§ 198 BewG ) abgezogenen Belastung (Wohnrecht, Nießbrauchsrecht)  Die Angabe wird zur Vermeidung der Doppelberücksichtigung der Belastung benötigt (§ 10 Abs. 6 Satz 6 ErbStG ).
 Verbindlichkeiten i. S. d. § 158 Abs. 5 BewG , die im Rahmen der Ermittlung des Werts des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft (unter Zuordnung zum Wirtschaftsteil, zum Wohnteil oder zum Teil der Betriebswohnungen) berücksichtigt wurden  Die Angabe wird zur Vermeidung der Doppelberücksichtigung der Belastung benötigt (§ 10 Abs. 5 Nr. 1, Abs.6 Satz 6 ErbStG ).
 Nutzungsrechte, die im Rahmen der Öffnungsklausel nach § 165 Abs. 3 , § 167 Abs. 4 BewG berücksichtigt wurden  Die Angabe wird zur Vermeidung der Doppelberücksichtigung der Belastung benötigt (§ 10 Abs. 6 Satz 6 ErbStG ).
 1.3.2.2 Pflichten der Betriebsfinanzämter im Rahmen des Feststellungsverfahrens

Die Betriebsfinanzämter stellen fest (wenn die Angaben für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung von Bedeutung sind und soweit es nicht land- und forstwirtschaftliches Vermögen betrifft (siehe Tz. 1.3.2.1)):

a)           den Wert des Betriebsvermögens, des Anteils am Betriebsvermögen oder den Wert von nicht börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BewG )

b)           die Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG zur Prüfung des Vorliegens von begünstigtem Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG bzw. § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG , jeweils bezogen auf die einzelne übertragene wirtschaftliche Einheit,

c)            die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens, die dem Betrieb am Bewertungsstichtag weniger als zwei Jahre zuzurechnen sind, zur Aussonderung des jungen Verwaltungsvermögens aus dem begünstigten Vermögen (§ 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG ), jeweils bezogen auf die einzelne übertragene wirtschaftliche Einheit,

d)           die Anzahl der Beschäftigten des Betriebes zur Prüfung der Anwendung der Lohnsummenregelung (§ 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG ),

e)            die Ausgangslohnsumme bei einem Einzelunternehmen oder einer unmittelbaren Beteiligung des Erblassers oder Schenkers an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und seine Beteiligungsquote zur Prüfung der Lohnsummenregelung (§ 13a Abs. 1 ErbStG bzw. § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG ).

 

Die vorstehenden Angaben zu b) bis e) sind im Rahmen der gesonderten Feststellung auch dann mitzuteilen, wenn es sich um einen Anteil an einer börsennotierten Kapitalgesellschaft handelt, deren Wert nach § 11 Abs. 1 BewG ermittelt wurde.

Für Erwerbe, für die die Steuer vor dem 1. Juli 2011 entstanden ist, werden die Angaben zu b) bis e) nur  nachrichtlich  mitgeteilt.

Folgende Angaben werden weiterhin nur  nachrichtlich  mitgeteilt:

a)           sofern Grundbesitz sowohl zum Betriebsvermögen als auch zum Grundvermögen gehört, der Anteil, mit dem das Grundstück im Betriebsvermögen berücksichtigt wurde (> H B 151.2 ErbStH 2011 )

b)           der Umfang und der Wert des ausländischen Vermögens, welches im festgestellten Wert enthalten ist, aber einer Betriebsstätte in einem Drittstaat dient, zur Prüfung des Vorliegens begünstigungsfähigen Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG , jeweils bezogen auf die einzelne übertragene wirtschaftliche Einheit (> H B 151.7 ErbStH 2011 ).

 1.3.2.3 Pflichten der Verwaltungsfinanzämter für vermögensverwaltende Gemeinschaften/Gesellschaften

Das Verwaltungsfinanzamt unterrichtet das Erbschaftsteuerfinanzamt nach Eingang der Aufforderung zur Feststellung des Anteils am Wert von anderen Vermögensgegenständen und Schulden, die mehreren Personen zustehen, wenn zum Vermögen der Gemeinschaft/Gesellschaft

  • inländischer Grundbesitz,
  • inländisches Betriebsvermögen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder
  • Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland

 

gehören (> H B 151.6 ErbStH 2011 ). Dabei sind die Bezeichnung der wirtschaftlichen Einheit und deren Lage bzw. der Sitz/die Geschäftsleitung anzugeben.

Die dazu erforderlichen gesonderten Feststellungen werden durch die Erbschaftsteuerfinanzämter bei dem jeweiligen Lage- bzw. Betriebsfinanzamt angefordert.

Das Verwaltungsfinanzamt stellt den Anteil am Wert von anderen Vermögensgegenständen und Schulden, die mehreren Personen zustehen, fest (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG ).

Eine Feststellung nach § 13a Abs. 1a und § 13b Abs. 2a ErbStG erfolgt nicht, da insoweit kein begünstigungsfähiges Vermögen i. S. d. § 13b Abs. 1 ErbStG vorliegt.

 1.3.2.4 Pflichten der Lagefinanzämter im Zusammenhang mit der Überwachung der Verschonungsvoraussetzungen der §§ 13a und 19a  ErbStG

Die Lagefinanzämter teilen in den Fällen der Bewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft unter Anwendung des ab dem 1. Januar 2009 geltenden Rechts  im Wege der Amtshilfe  mit:

a)           die Veräußerung von Vermögen im Sinne des § 168 Abs. 1 Nr. 1 BewG (Wirtschaftsteil eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs) sowie selbst genutzter Grundstücke, die nach § 159 BewG dem Grundvermögen zuzurechnen sind, und ob in diesen Fällen eine Reinvestition vorgenommen wurde (§ 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG ),

b)           die Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils sowie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, wenn dies dazu führt, dass der Betrieb als Stückländerei zu qualifizieren ist oder das Vermögen nicht mehr auf Dauer dem Betrieb zu dienen bestimmt ist (z. B. gewerbliche Nutzung),

c)            das Ausscheiden (z. B. aufgrund Veräußerung, Entnahme) wesentlicher Wirtschaftsgüter eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft und ob im Fall der Veräußerung eine Reinvestition vorgenommen wurde (§ 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG ),

d)           die Qualifizierung des bisherigen Betriebs oder einzelner Flächen innerhalb der Behaltensfrist als Stückländerei (Verpachtung von Flächen an einen anderen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft für mindestens 15 Jahre),

e)            den Wegfall der Selbstbewirtschaftung von Grundstücken im Sinne des § 159 BewG .

f)              nach Ablauf der Behaltensfrist  und Aufforderung durch das Erbschaftsteuerfinanzamt den Umfang der Entnahmen/Ausschüttungen, der Einlagen und der Gewinne oder Gewinnanteile (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ErbStG , § 13a Abs. 5 Satz 1 ErbStG bzw. § 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG ),

 

Die Mitteilungen nach a) bis e) sind zu fertigen, sobald das zuständige Lagefinanzamt von einer schädlichen Verfügung Kenntnis erlangt. Dies gilt auch, wenn die Behaltensfrist noch nicht abgelaufen ist.

Zusätzlich teilen die Lagefinanzämter nach Ablauf der Lohnsummenfrist (§ 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG bzw. § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG ) aufgrund einer Aufforderung durch das Erbschaftsteuerfinanzamt in Fällen der Anwendung des ab dem 1. Januar 2009 geltenden Rechts

  • für Erwerbe, für die die Steuer vor dem 1. Juli 2011 entstanden ist,  im Wege der Amtshilfe  bzw.
  • für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 30. Juni 2011 entstanden ist, im Rahmen der gesonderten Feststellung

 

die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (§ 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG bzw. § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG ) mit.

Wenn das Lagefinanzamt die mitzuteilenden Angaben nicht aus seinen Steuerakten entnehmen kann, hat das Lagefinanzamt diese bei dem für die ertragsteuerliche Behandlung des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft zuständigen Finanzamt im Wege der Amtshilfe anzufordern und dem Erbschaftsteuerfinanzamt mitzuteilen.

 1.3.2.5 Pflichten der Betriebsfinanzämter im Zusammenhang mit der Überwachung der Verschonungsvoraussetzungen der §§ 13a und 19a  ErbStG

Die Betriebsfinanzämter teilen in Fällen der Anwendung des ab dem 1. Januar 2009 geltenden Rechts  im Wege der Amtshilfe  (> H B 151.8 ErbStH 2011 ) mit:

a)             nach Ablauf der Behaltensfrist  und Aufforderung durch das Erbschaftsteuerfinanzamt den Umfang der Entnahmen/Ausschüttungen, der Einlagen und der Gewinne oder Gewinnanteile (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ErbStG , § 13a Abs. 5 Satz 1 ErbStG bzw. § 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG ),

b)             ob innerhalb der Behaltensfrist  wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert, ins Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt wurden oder der Betrieb aufgegeben oder veräußert wurde (schädliche Verfügung nach § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 4 ErbStG ).

In diesem Zusammenhang ist auch mitzuteilen, ob

  • eine dieser wesentlichen Betriebsgrundlagen zum jungen Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG ) oder zum jungen Betriebsvermögen (§ 200 Abs. 4 BewG ) gehörte,
  • in diesen Fällen eine Reinvestition vorgenommen wurde (§ 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG ).

c)              ob innerhalb der Behaltensfrist  andere Verfügungen getätigt wurden, die nach § 13a Abs. 5 ErbStG zu einem Wegfall der Verschonungen führen.

In diesem Zusammenhang ist auch mitzuteilen, ob in diesen Fällen eine Reinvestition vorgenommen wurde (§ 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG ).

 

Die Mitteilungen nach b) und c) sind zu fertigen, sobald das zuständige Betriebsfinanzamt von einer schädlichen Verfügung Kenntnis erlangt. Dies gilt auch, wenn die Behaltensfrist noch nicht abgelaufen ist.

Zusätzlich teilen die Betriebsfinanzämter nach Ablauf der Lohnsummenfrist (§ 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG bzw. § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG ) aufgrund einer Aufforderung durch das Erbschaftsteuerfinanzamt in Fällen der Anwendung des ab dem 1. Januar 2009 geltenden Rechts

  • für Erwerbe, für die die Steuer vor dem 1. Juli 2011 entstanden ist,  im Wege der Amtshilfe  bzw.
  • für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 30. Juni 2011 entstanden ist, im Rahmen der gesonderten Feststellung

 

die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (§ 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG bzw. § 13a Abs. 8 Nr. 1 ErbStG ) mit.

 1.3.2.6 Erteilung einer verbindlichen Auskunft – Zuständigkeit des Erbschaftsteuerfinanzamts oder des Betriebs-/Lagefinanzamts

Die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft richtet sich danach, welches Finanzamt bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig wäre (§ 89 Abs. 2 AO ).

Sind mehrere Finanzämter zuständig, kann zwischen diesen für die Erteilung der verbindlichen Auskunft eine Zuständigkeitsvereinbarung analog § 27 AO getroffen werden, wenn der Betroffene zustimmt. Insoweit wird auf die Regelungen zur Zuständigkeit eines Finanzamts nach § 89 Abs. 2 Satz 2 AO hingewiesen, s. auch AEAO zu § 89 A bs. 2 Satz 2, Nr. 3.3.2, insbesondere Nr. 3.3.2.3. Diese (grundsätzlich mehrere Steuerarten betreffenden) Regelungen sind hier analog anwendbar. Die Möglichkeit einer Zuständigkeitsvereinbarung gilt aber ausschließlich für Zwecke der Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Die Zuständigkeit für die Festsetzung der Steuern bzw. für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bleibt davon unberührt.

Bei Anträgen in Zusammenhang mit der Steuerbefreiung des Unternehmensvermögens nach § 13a ErbStG können sowohl das Betriebs-/Lagefinanzamt als auch das Erbschaftsteuerfinanzamt  sachlich  zuständig sein, da die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung (Regel- und Optionsverschonung) sowohl bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer als auch bei der gesonderten Feststellung des Werts des begünstigten Vermögens zu prüfen sind.

Für die Zuständigkeit bei Erwerben, für die die Steuer nach dem 30. Juni 2011 entsteht, gelten folgende Grundsätze:

Sind die Rechtsfragen, zu denen eine verbindliche Auskunft beantragt wird, auf

a)           gesondert festzustellende Merkmale im Rahmen der gesonderten Feststellung nach § 151 BewG (z. B. Zugehörigkeit von Vermögensgegenständen zu einem Betrieb, Vermögensart, festzustellender Wert > R E 13b.3 Sätze 1 und 2 ErbStR 2011 ),

b)           die Ausgangslohnsumme, die Anzahl der Beschäftigten und/oder die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (§ 13a Abs. 1a ErbStG ) oder

c)            die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens und/oder des jungen Verwaltungsvermögens und/oder das Vorliegen von Rückausnahmetatbeständen bei Wirtschaftsgütern des Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2a ErbStG )

 

gerichtet, hat das Betriebs-/Lagefinanzamt über den Antrag zu entscheiden. Dies gilt auch bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen.

Sind die Rechtsfragen, zu denen eine verbindliche Auskunft beantragt wird, allein darauf gerichtet, ob

a)           begünstigungsfähiges Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG vorliegt oder

b)           eine schädliche Verfügung nach § 13a Abs. 5 ErbStG gegeben ist,

 

hat das Erbschaftsteuerfinanzamt über den Antrag zu entscheiden (> R E 13b.3 Satz 3 ErbStR 2011 ). Es kann dazu die Amtshilfe des Betriebs-/Lagefinanzamts in Anspruch nehmen.

 1.4 Pflichten gegenüber anderen Finanzämtern

Die für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzämter haben nach Maßgabe der gleich lautenden Ländererlasse vom 18. Juni 2003 ( BStBl 2003 I S. 392 ) Kontrollmitteilungen zu übersenden

  • für die Steuerakten des Erblassers, wenn der Reinwert des Nachlasses mehr als 250.000 EUR oder das zum Nachlass gehörende Kapitalvermögen mehr als 50.000 EUR beträgt,
  • für die Steuerakten des Erwerbers, wenn der erbschaftsteuerliche Bruttowert mehr als 250.000 EUR oder das zum Erwerb (auch durch Schenkung) gehörende Kapitalvermögen mehr als 50.000 EUR beträgt.

 

Die für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzämter übermitteln dem für die Einkommensteuer des Erwerbers zuständigen Finanzamt auf dessen Anfrage die für die Ermittlung der Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer nach § 35b EStG notwendigen Angaben.

 1.5 Prüfung der Unterlagen; Aufbewahrung erledigter Unterlagen

 1.5.1 Vollständigkeit der Anzeigen der Standesämter

Nach Eingang der Anzeigen hat das Erbschaftsteuerfinanzamt anhand der laufenden Nummern des Sterbebuchs bzw. der Sterbeurkunden zu prüfen, ob das Standesamt die Sterbefälle lückenlos mitgeteilt hat. Das Fehlen einzelner Nummern ist alsbald aufzuklären (§ 105 Abs. 2 BuchO).

 1.5.2 Zuständigkeit

Das Finanzamt hat nach Eingang der Unterlagen (Tz. 1.1, 1.2 und 1.3.1) zu prüfen, ob es örtlich zuständig ist (§ 35 ErbStG ). Ist es nicht zuständig, hat es die Unterlagen an das zuständige Finanzamt abzugeben. Die Übersendung kann unterbleiben, wenn außer einer Sterbefallanzeige/eines Auszugs aus der Totenliste keine weiteren Anzeigen und Unterlagen eingegangen sind (§ 107 BuchO).

 1.5.3 Sachliche Prüfung der Unterlagen; Aufbewahrung erledigter Unterlagen; Erbschaftsteuerliste; Schenkungsteuerliste

a)           Die Unterlagen sind daraufhin zu prüfen, ob eine Steuerpflicht gegeben ist oder ob Steuerfreiheit in Betracht kommt. Dazu sind erforderlichenfalls auch andere Akten (z. B. Einkommensteuerakten) heranzuziehen.

b)           Ergibt die Prüfung Steuerfreiheit, ist dies in den Unterlagen zu vermerken (§ 109 Abs. 2 BuchO). Die erledigten Unterlagen (Freibelege) sind geordnet aufzubewahren.

c)            Soweit der Fall nicht nach Buchstabe b zu erledigen ist oder die weitere Prüfung innerhalb von drei Jahren nach Eingang der ersten Unterlagen eine Entscheidung über die Steuerpflicht noch nicht zulässt, ist der Fall in eine der nach §§ 104 und 109 BuchO zu führenden Steuerlisten einzutragen, soweit der Steuerfall nicht in einem automatisierten Verfahren überwacht wird (§ 97 Abs. 1 BuchO). Steuerfreie Fälle, die steuerpflichtig werden können, sind zu überwachen.

 1.6 Übersendung von Steuererklärungsvordrucken (§ 31 ErbStG )

Ergibt die Prüfung nach Tz. 1.5.3 eine Steuerpflicht, so ist zum Zwecke der Steuerermittlung dem Erwerber oder der nach § 31 ErbStG sonst in Betracht kommenden Person eine Erbschaftsteuer- bzw. Schenkungsteuererklärung zu übersenden. Das Gleiche gilt in den Fällen, in denen die Unterlagen der Tz. 1.1, 1.2 und 1.3.1 noch keine endgültige Entscheidung über die Steuerpflicht oder Steuerfreiheit des Falles zulassen. Der Eingang der Erklärungen ist zu überwachen.

 1.7 Vereinfachte Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen

a)           Die Übersendung amtlicher Steuererklärungsvordrucke kann unterbleiben, wenn die Aufklärung der für die Steuerpflicht erheblichen Verhältnisse bereits durch die Beantwortung bestimmter einzelner Fragen zu erwarten ist. In diesen Fällen genügt die Übersendung eines entsprechenden Fragebogens oder einer vereinfachten Erbschaftsteuer- bzw. Schenkungsteuererklärung.

b)           Gehört zum Erwerb eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft/Gemeinschaft i. S. d. § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG von bis zu 1 % (gezeichneter Anteil bzw. Einlagewert maximal 100.000 €), kann auf die Feststellung der Bedarfswerte für das Vermögen der Gesellschaft/Gemeinschaft nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4 BewG verzichtet werden. Der Wert ist im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dabei können die Werte aus der Mitteilung der Gesellschaft/Gemeinschaft über das aufgegliederte Vermögen zum Bewertungsstichtag bzw. zum 1. Januar des Jahres der Steuerentstehung grundsätzlich übernommen werden.

c)            Gehört zum Erwerb eine Beteiligung an einer gewerblich tätigen oder gewerblich geprägten Gesellschaft von bis zu 1 % (Einlage maximal 100.000 €), kann auf die Feststellung der Bedarfswerte für das Vermögen der Gesellschaft nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG verzichtet werden. Der Wert ist im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dabei können die Werte aus der Mitteilung der Gesellschaft über den Wert des Anteils bzw. der Gesellschaft zum Bewertungsstichtag bzw. zum 1. Januar des Jahres der Steuerentstehung grundsätzlich übernommen werden.

Ob die Beteiligung als begünstigungsfähiges Vermögen nach § 13a ErbStG zu behandeln ist, richtet sich nach der Art der Tätigkeit der Gesellschaft. Sie muss im Zweifel durch Anfrage des Erbschaftsteuerfinanzamts beim Betriebsfinanzamt oder bei der jeweiligen Gesellschaft geklärt werden. Bei Beteiligungen an Immobiliengesellschaften ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie nicht zum begünstigungsfähigen Vermögen i. S. des § 13b ErbStG gehören. Sofern ein Antrag auf Begünstigung nicht gestellt wird, ist anzunehmen, dass die Verwaltungsvermögensquote über 50 % liegt, auch wenn es sich um eine gewerblich tätige Gesellschaft handelt.

d)           Gehören zum Erwerb nicht börsennotierte Anteile an einer Kapitalgesellschaft von bis zu 1 % (Anteil am Nenn-/Stammkapital max. 100.000 €), kann auf die Feststellung des Bedarfswerts für die Anteile nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG verzichtet werden. Der Wert ist im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dabei können die Werte aus der Mitteilung der Gesellschaft über den Anteilswert zum Bewertungsstichtag bzw. zum 1. Januar des Jahres der Steuerentstehung grundsätzlich übernommen werden.

 

Es bleibt den Finanzämtern unbenommen, in begründeten Einzelfällen die Feststellung des Bedarfswertes zu veranlassen.

 1.8 Gegenstände, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt

Wird für bewegliche Gegenstände, deren Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, die Steuerbegünstigung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in Anspruch genommen, hat das Finanzamt die Vorlage eines Verzeichnisses der Gegenstände unter Angabe ihres Werts zu verlangen.

Der Nachweis darüber, dass die Erhaltung von Grundbesitz, Teilen von Grundbesitz oder beweglichen Gegenständen wegen der Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ) und dass solcher Grundbesitz, solche Teile von Grundbesitz oder solche beweglichen Gegenstände in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang den Zwecken der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht werden, ist durch Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde zu führen.

Entsprechendes gilt für Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz, der für Zwecke der Volkswohlfahrt der Allgemeinheit ohne gesetzliche Verpflichtung zur Benutzung zugänglich gemacht ist und dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ).

 1.9 Steuerbefreiung für das Familienheim

Nach näherer Maßgabe des § 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG ist der Erwerb des Familienheimes von Todes wegen durch den Ehegatten, den Lebenspartner bzw. die Kinder/Kinder vorverstorbener Kinder des Erblassers steuerfrei. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Erwerber das Objekt nach dem Erwerb zehn Jahre zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Gibt er innerhalb dieser zehn Jahre die Selbstnutzung auf, entfällt die Steuerbefreiung grundsätzlich vollständig. In den Fällen, in denen im Rahmen der Vorprüfung des Steuerfalles mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Selbstnutzung durch den Erwerber ohne schuldhaftes Zögern ausgegangen werden kann, kann auf einen Aufgriff des Falls verzichtet werden, wenn bei einer Zusammenrechnung des überschlägigen Wertes des auf den Erwerber entfallenden steuerfreien Familienheimes mit seinem übrigen Erwerb die dem Erwerber zustehenden Freibeträge nach §§ 16 und 17  ErbStG sowie ggf. den steuerfreien Zugewinnausgleich nach § 5 ErbStG um nicht mehr als 15.000 € überschritten werden. Es ist weiter entsprechend Tz. 1.5.3 Buchst. b zu verfahren.

 2. Festsetzungsverfahren

 2.1 Steuerbescheid

Über die Festsetzung der Steuer ist für jeden Steuerschuldner unter einer besonderen Steuernummer ein Steuerbescheid zu erteilen (§ 28 BuchO). In Schenkungsfällen ist grundsätzlich für jeden Erwerb ein Steuerbescheid zu erteilen. Die Steuerfestsetzung ist in der Steuerliste anzuschreiben (§ 111 BuchO), soweit der Steuerfall nicht in einem automatisierten Verfahren überwacht wird (§ 97 Abs. 1 BuchO).

Kann die Steuer nicht sofort endgültig festgesetzt werden, ist sie insbesondere bei höheren Steuerbeträgen alsbald nach Bekanntwerden des Steuerfalls gemäß §§ 164 , 165  AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bzw. vorläufig festzusetzen. Die Ungewissheiten sind mit der gebotenen Sorgfalt in angemessener Zeit zu klären.

 2.2 Steuerfestsetzung in den Fällen des § 25 ErbStG nach dem bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Recht

In den Fällen des § 25 Abs. 1 ErbStG nach dem bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Recht ist im Steuerbescheid neben der Gesamtsteuer auch der zinslos zu stundende Betrag auszuweisen. Wegen der Überwachung der Beendigung der Stundung siehe Tz. 4.1 Buchst. e. Hat der Steuerschuldner die Ablösung des zinslos zu stundenden Steuerbetrags beantragt, ist der Ablösungsbetrag dem Steuerschuldner in einem förmlichen Bescheid bekanntzugeben. Für die Zahlung des Ablösungsbetrags ist eine Frist von einem Monat zu gewähren. Entrichtet der Steuerschuldner den Ablösungsbetrag nicht, ist der Antrag auf Ablösung damit hinfällig. Eine Anmahnung oder Beitreibung des Ablösungsbetrags kommt nicht in Betracht. Hat der Steuerschuldner noch vor Erteilung des Steuerbescheids die Ablösung beantragt, kann der Ablösungsbescheid mit dem Steuerbescheid zusammengefasst werden.

 2.3 Zahlungsfrist

Die Zahlungsfrist (§ 220 AO ) ist in der Regel auf einen Monat zu bemessen.

 3. Erhebungsverfahren

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer, die auf Grund einer Festsetzung anzunehmen oder auszuzahlen ist, ist auf Grund dieser Festsetzung zum Soll zu stellen (§ 61 BuchO). Die oberste Finanzbehörde eines Landes oder die von ihr beauftragte Stelle kann hierzu nähere Anordnungen treffen.

 4. Steuerüberwachung

 4.1 Überwachungsfälle

Die Fälle, in denen die Versteuerung ausgesetzt bzw. eine Stundung nach § 25 Abs. 1 ErbStG (bis zum 31. Dezember 2008 geltendes Recht) erfolgt ist oder in denen aus anderen Gründen eine Steuerfestsetzung nachträglich erforderlich werden kann, sind zu überwachen (§ 110 BuchO). Zu überwachen ist insbesondere

a)           der Eintritt einer Nacherbfolge oder der Fälligkeit eines Nachvermächtnisses im Fall des § 6 Abs. 3 ErbStG ,

b)           der Fortfall der Steuervergünstigung in den Fällen des § 13 Abs. 1 Nr. 2, 3, 4b, 4c, 13 und 16 Buchst. b ErbStG ,

c)            der Fortfall der Steuervergünstigungen in den Fällen der §§ 13a und 19a  ErbStG,

d)           die Beendigung der Aussetzung (Teilaussetzung) der Versteuerung in den Fällen des § 25 Abs. 1 Buchst. a ErbStG a. F. oder des § 31 ErbStG a. F. (vor dem 1. Januar 1974),

e)            die Beendigung der Stundung in den Fällen des § 25 Abs. 1 ErbStG (bis zum 31. Dezember 2008 geltendes Recht),

f)            der vorzeitige Wegfall von Lasten (§ 14 Abs. 2 BewG ), soweit nicht bereits Buchst. d) oder e) Anwendung findet,

g)            der Eintritt der aufschiebenden Bedingung oder des Ereignisses in den Fällen der §§ 4 und 8  BewG,

h)           der Eintritt der auflösenden Bedingung oder des Ereignisses in den Fällen der §§ 7 und 8  BewG, soweit nicht bereits Buchst. d) oder e) Anwendung findet,

i)             der Wegfall der Voraussetzungen für die Stundung in den Fällen des § 28 Abs. 3 ErbStG ,

j)             ein Fall, in dem die Anwendung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 3 ErbStG beantragt wurde.

 

Von einer Überwachung kann mit Ausnahme der Fälle des § 25 ErbStG (bis zum 31. Dezember 2008 geltendes Recht) abgesehen werden, wenn die später zu erhebende Steuer voraussichtlich 1.000 Euro für den einzelnen Beteiligten nicht übersteigen wird.

Bei gemeinschaftlichen Testamenten von Eheleuten oder Lebenspartnern ist der Eintritt der Erbfolge durch den Tod des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners in der Regel nicht zu überwachen.

 4.2 Überwachungsanordnung

In der Überwachungsanordnung sind anzugeben

a)           der Gegenstand, der Grund und die Dauer der Überwachung,

b)           in welcher Weise und in welchen Fristen (vgl. Tz. 4.4) festzustellen sind, ob der Grund für die Überwachung weggefallen ist.

 4.3 Überwachungsliste

Die Überwachungsfälle sind nach der sonstigen Erledigung des Steuerfalls aus der Erbschaftsteuerliste, Schenkungsteuerliste oder den sonstigen Unterlagen in eine besondere Überwachungsliste zu übertragen, die fortlaufend zu führen ist. Die Überwachungsliste kann auch in Karteiform oder einem automatisierten Verfahren (§§ 97, 98 BuchO) geführt werden.

 4.4 Bearbeitung der Überwachungsfälle

In Zeitabschnitten von höchstens drei Jahren ist festzustellen, ob der Grund für die Überwachung noch fortdauert. Das Datum der Wiedervorlage der Akten zu dem jeweils nächsten Zeitpunkt, zu dem die Überwachung endet (z. B. in den Fällen des § 13 Abs. 1 Nr. 2, 3, 4b, 4c, 13 und 16 Buchst. b, § 13a Abs. 5 a. F., § 13a Abs. 1 und 5, § 19a Abs. 5 a. F., § 19a Abs. 5 ErbStG , § 14 Abs. 2 BewG ), ist in der dafür vorgesehenen Spalte der Überwachungsliste zu vermerken. Das Gleiche gilt hinsichtlich des Tages, an dem die Akten wieder vorgelegt worden sind.

In den Fällen der §§ 13a und 19a  ErbStG ist es ausreichend, wenn eine Überprüfung in dem Jahr erfolgt, in dem die Behaltensfrist endet.

In den Fällen des § 2 Abs. 3 ErbStG ist es ausreichend, wenn die Überprüfung am Ende des Überwachungszeitraums von zehn Jahren erfolgt.

 4.5 Erledigung der Überwachung

Ist die Überwachung abgeschlossen, ist dies in der Überwachungsliste (Überwachungskartei) zu vermerken. Der Fall ist nur in die laufende Steuerliste zu übernehmen, wenn eine Steuer zu erheben ist.

Hat sich die Überwachung nur teilweise erledigt, so ist entsprechend zu verfahren.

 5. Anwendung

Der Erlass ist auf alle Erwerbe anzuwenden, die der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegen. Bisher ergangene Allgemeine Verwaltungsanweisungen für die Erbschaftsteuer (ErbStVA) werden aufgehoben.

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse; Monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013

entsprechend BMF-Schreiben vom 2. April 2013 – IV D 3 – S 7329/13/10001 (2013/0309609) –

Gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 UStG wird die monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013 über die bekannt gegebenen Umsatzsteuer-Umrechnungskurse veröffentlicht.

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Umsatzsteuerzahlungen als regelmäßig wiederkehrende Zahlung

Unternehmer, die ihren Gewinn nach der Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, können die Umsatzsteuer für den Monat Dezember noch als Betriebsausgaben des abgelaufenen Jahres berücksichtigen, wenn die Umsatzsteuervoranmeldung bis zum 10.01. beim Finanzamt eingegangen und die Umsatzsteuer bezahlt wurde. Das Bayerische Landesamt für Steuern hat zur Erfassung von Umsatzsteuerzahlungen und -erstattungen als wiederkehrende Ausgaben und Einnahmen in einer aktuellen Verfügung Stellung genommen und geht darin auch auf Sonderfälle ein:

Umsatzsteuerzahlungen/-Erstattungen als regelmäßig wiederkehrende Zahlungen (§ 11 EStG )

Es wird für den Zeitpunkt der Erfassung des Zu- bzw. Abflusses grundsätzlich auf die Erlangung bzw. den Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht abgestellt (vgl. H 11 (Allgemeines) EStH ).

Die Umsatzsteuer gilt hierbei als regelmäßig wiederkehrende Einnahme/Ausgabe (vgl. H 11 (Umsatzsteuervorauszahlungen/-erstattungen) EStH ). Dies hat zur Folge, dass die Grundsätze der wirtschaftlichen Zuordnung des § 11 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 EStG für Umsatzsteuerzahlungen innerhalb kurzer Zeit (10-Tage-Zeitraum) anzuwenden sind.

1. Überweisung

Der Abfluss erfolgt spätestens im Zeitpunkt der Lastschrift. Der Abfluss kann aber auch bereits mit Eingang des Überweisungsauftrags bei der Überweisungsbank erfolgen, da der Zahlende ab diesem Zeitpunkt keine Verfügungsmacht mehr über den Verlauf der Überweisung hat. Voraussetzung ist allerdings, dass das Konto die nötige Deckung aufweist (vgl. H 11 (Überweisung) EStH ).

Der Zufluss erfolgt im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Bankkonto, da der Zahlungsempfänger erst ab diesem Zeitpunkt über das Geld verfügen kann.

2. Scheck

Der Zeitpunkt des Abflusses erfolgt mit Hingabe des Schecks; der Zeitpunkt des Zuflusses mit Entgegennahme des Schecks. Voraussetzung ist lediglich, dass die Auszahlung bei sofortiger Vorlage des Schecks wegen fehlender Deckung des Kontos nicht verweigert werden kann und die Einlösung nicht durch eine zivilrechtliche Vereinbarung eingeschränkt ist (vgl. H 11 (Scheck) EStH ).

3. Lastschrifteinzugsverfahren

Ist vom Steuerpflichtigen eine Lastschrifteinzugsermächtigung erteilt und wird die Voranmeldung fristgerecht eingereicht, gilt die Zahlung als bereits am Fälligkeitstag abgeflossen i. S. d. § 11 Abs. 2 S. 1 bzw. S. 2 EStG . Voraussetzung ist jedoch, dass das Konto eine entsprechende Deckung aufweist. Eine tatsächlich spätere Abbuchung vom Konto ist ebenso unbeachtlich wie die Möglichkeit des Steuerpflichtigen, den Lastschrifteinzug zu widerrufen (vgl. Urteil des BFH vom 06.03.1997 , BStBl 1997 II S. 509 ).

Im Erstattungsfall kommt es dennoch erst im Zeitpunkt der Gutschrift beim Steuerpflichtigen zu einem Zufluss, da er erst zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich über den Geldbetrag verfügen kann.

4. Umbuchung/Aufrechnung

Bei einer Umbuchung handelt es sich um eine Aufrechnung i. S. d. § 226 AO . Der Abfluss und Zufluss erfolgt mit dem Wirksamwerden der Aufrechnungserklärung gem. § 226 Abs. 1 AO i. V. m. § 388 BGB . Hierbei handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie in den Machtbereich des Empfängers (= Steuerpflichtiger) gelangt und nach den Umständen zu erwarten ist, dass er von ihr Kenntnis nimmt.

Die zivilrechtliche Rückwirkung der Aufrechnungserklärung auf den Aufrechnungszeitpunkt ist nicht maßgebend. Für den  steuerlichen Zufluss  ist rein der  Zugang  der Aufrechnungserklärung (=  Umbuchungsmitteilung ) beim Steuerpflichtigen entscheidend (vgl. Urteil des BFH vom 25.10.1994 , BStBl 1995 II S. 121 ).

5. Zustimmungsfälle

Nach § 220 Abs. 2 S. 1 AO wird der Erstattungsanspruch grundsätzlich mit seiner Entstehung fällig. Ergibt sich der Anspruch aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt gemäß § 220 Abs. 2 S. 2 AO die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein.

Dies bedeutet, dass ein angemeldeter zustimmungsbedürftiger Steuervergütungsanspruch erst mit Bekanntgabe der Zustimmung an den Steuerpflichtigen fällig wird. Dies erfolgt in der Regel konkludent durch die Gutschrift.

Wird die Fälligkeit durch die erst später erfolgte Bekanntgabe der Zustimmung auf ein Datum nach dem 10.01. verschoben, kann die Erstattung nicht mehr im VZ der wirtschaftlichen Zugehörigkeit erfasst werden.

6. Fälle des § 108 Abs. 3 AO

Ist eine Umsatzsteuervorauszahlung an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag fällig, verschiebt sich die Fälligkeit nach § 108 Abs. 3 AO auf den nächsten Werktag.

In solchen Fällen kann die Zahlung erst im VZ der tatsächlichen Zahlung als Betriebsausgabe erfasst werden, da die Fälligkeit nicht mehr innerhalb des 10-Tage-Zeitraums liegt (zustimmend FG Niedersachsen vom 24.02.13, 3 K 468/11 , Revisionsverfahren anhängig unter BFH, VIII R 34/12).