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Arbeitnehmer darf nicht über gesundheitliche Eignung täuschen

Arbeitnehmer darf nicht über gesundheitliche Eignung täuschen

Kernfrage

Arbeitsverträge sind Verträge, die neben den arbeitsrechtlichen Spezialvorschriften auch den allgemeinen schuldrechtlichen Regelungen unterliegen. Das bedeutet, dass Arbeitsverträge in Folge eine Anfechtung gegenstandslos werden können. Solche Anfechtungsmöglichkeiten bieten sich in der Regel, wenn eine Arbeitsvertragspartei die andere bei Vertragsabschluss getäuscht hat. Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte darüber zu entscheiden, ob eine solche zur Anfechtung berechtigende Täuschung vorliegt, wenn der Arbeitnehmer verschweigt, dass er die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Arbeitsplatz nicht erfüllt.

Sachverhalt

Der Kläger war für eine Stelle eingestellt worden, die arbeitsvertraglich ausdrücklich den Einsatz in Nachtschichten vorsah. Dabei hatte er verschwiegen, dass ihm aufgrund ärztlicher Atteste Nachtarbeit untersagt war. Diese Atteste legte er nach Beginn des Arbeitsverhältnisses vor und verlangte Befreiung von der Nachtschicht. Der Arbeitgeber erklärte die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung und gewann vor Gericht.

Entscheidung

Aus Gründen der Planbarkeit der Arbeitsabläufe und der Gleichbehandlung sei der Arbeitgeber darauf angewiesen gewesen, dass seine Arbeitnehmer im kompletten Schichtdienst eingesetzt werden konnten. Dies war auch Gegenstand des Arbeitsvertrags geworden, so dass die Täuschung des Arbeitnehmers, trotz gesundheitlicher Gründe zum vollen Schichtdienst geeignet zu sein, auch kausal für den Abschluss des Arbeitsvertrags geworden sei. Das Arbeitsverhältnis endet in diesen Fällen mit Zugang der Anfechtung.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zutreffend, jedoch mit Vorsicht zu genießen. Sie wird dort gültig, wo der Arbeitnehmer zur Wahrheit im Vorfeld des Arbeitsvertrags verpflichtet war. Ob sie auch dort gilt, wo Arbeitnehmer im Vorfeld des Abschlusses des Arbeitsvertrags lügen dürfen (zum Beispiel eine Schwangere im Hinblick auf die Schwangerschaft), ist zweifelhaft.

Stewardess als Erstausbildung, Pilotin als Zweitausbildung?

Stewardess als Erstausbildung, Pilotin als Zweitausbildung?

Kernproblem

Das Thema der steuerlichen Berücksichtigung von Erstausbildungskosten oder des Erststudiums hat sich bereits jetzt zur unendlichen Geschichte entwickelt. Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) dem Gesetzgeber einen redaktionellen Fehler attestiert hatte, in dessen Folge der Werbungskostenabzug für Erstausbildungskosten auch ohne Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis möglich schien, sollte durch das, Ende vergangenen Jahres verkündete, Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz auf die Schnelle wieder der alte Rechtsstand herbeigeführt werden. Dass hiergegen bereits jetzt Verfassungsbeschwerden anhängig sind, versteht sich von selbst. Besser geht es den Azubis, denen der Abzug als Werbungskosten offensteht, weil sie sich auf eine zweite Ausbildung berufen können. Ob ein mehrmonatiger Lehrgang bereits eine „Ausbildung“ darstellt, entschied jetzt das Finanzgericht (FG) Köln im Fall einer Stewardess.

Sachverhalt

Eine Flugbegleiterin absolvierte im Anschluss an ihre Tätigkeit eine Pilotenausbildung. Die hierfür entstandenen Kosten von fast 19.000 EUR wollte das Finanzamt lediglich als Sonderausgaben mit 4.000 EUR (ab 2012: 6.000 EUR) anerkennen, anstatt als vorweggenommene Werbungskosten. Nach Auffassung der Verwaltung handele es sich bei der 6-monatigen Ausbildung zur Flugbegleiterin weder um eine Berufsausbildung nach dem Berufsausbildungsgesetz noch um einen ansonsten anerkannten Lehr- oder Anlernberuf, so dass die Pilotenausbildung eine erstmalige Berufsausbildung darstelle. Unbeeindruckt ließ das Finanzamt der Umfang der erlangten Kenntnisse einer Stewardess, wie Sprachunterricht, psychologische Schulung und Sicherheitstraining.

Entscheidung

Das FG Köln gewährte den vollen Werbungskostenabzug und vertrat die Ansicht, dass eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne der Vorschrift keine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs erfordere. Vielmehr sei es ausreichend, dass eine Ausbildung berufsbezogen sei und eine Grundvoraussetzung für die geplante Berufsausübung darstelle. Diese Voraussetzungen seien auch bei einer betriebsinternen Schulung zur Flugbegleiterin einer Fluggesellschaft gegeben. Weil es eines staatlich anerkannten Ausbildungsberufs nicht bedürfe, sei die nachfolgende Pilotenausbildung eine zweite Ausbildung ohne Abzugsbeschränkung.

Konsequenz

Das FG Köln hat zwar die Revision zugelassen. Eine andere Entscheidung ist jedoch nicht zu erwarten, denn die Richter des Bundesfinanzhofs (BFH) haben erst kürzlich eine während des Zivildienstes absolvierte Ausbildung zum Rettungssanitäter als ausreichend angesehen. Auch hieran schloss sich eine Pilotenausbildung an.

Doppelte Haushaltsführung bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft

Doppelte Haushaltsführung bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft

Kernproblem

Wird aus beruflichem Anlass eine doppelte Haushaltsführung begründet, sind die notwendigen Mehraufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer außerhalb seines Familienhaushalts beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Im unproblematischen Grundfall wird erstmalig am Beschäftigungsort ein doppelter Haushalt begründet. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch seit dem Jahr 2009 auch so genannte Wegzugsfälle in die Begünstigung einbezogen. Dieser Fall liegt vor, wenn der Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und anschließend die bereits vorhandene oder eine neu eingerichtete Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen beibehalten wird, um z. B. den Arbeitsplatz erreichen zu können. Diese Rechtsprechung wollte auch ein frisch vermähltes Ehepaar nutzen. Doch das Finanzamt zweifelte an dem gemeinsamen Haushalt vor der Ehe.

Sachverhalt

Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft traute sich und schloss im Dezember des Jahres die Ehe. Die Ehefrau hatte bereits seit Jahren an ihrem Arbeitsort eine eigene Wohnung und hielt sich an den Wochenenden und im Urlaub zusammen mit dem späteren Ehemann in dessen 91 km entfernt liegender Wohnung auf. Das war auch glaubhaft, denn die Ehefrau konnte die Verkleinerung der Arbeitswohnung im zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung der Lebensgemeinschaft lange vor dem Streitjahr belegen. Eine Ummeldung war jedoch erst mit der Hochzeit erfolgt. Diesen Umstand und unzureichende Aufwandsnachweise nahm das Finanzamt zum Anlass, die Beteiligung der Ehefrau am gemeinsamen Haushalt vor der Eheschließung anzuzweifeln und berücksichtigte die Kosten nur für den Monat Dezember des Hochzeitsjahres. Dagegen klagten die Eheleute vor dem Finanzgericht Münster.

Entscheidung

Das Finanzgericht erkannte die Kosten der doppelten Haushaltsführung auch für den Zeitraum der nichtehelichen Lebensgemeinschaft an, gab der Finanzverwaltung jedoch die Möglichkeit einer Revision. Die Richter führten aus, dass eine finanzielle Beteiligung an den Kosten des Haushalts und eine Meldung als Erstwohnsitz zwar Indizien für einen eigenen Hausstand, jedoch nicht zwingend erforderlich seien. Vielmehr sprächen die Gesamtumstände, insbesondere die spätere Eheschließung, für eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts.

Konsequenz

Ein eigener Hausstand setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine Mitbestimmung voraus. Nur die Eingliederung in einen fremden Haushalt, wie bei den Eltern, reicht oft nicht aus. Eine finanzielle Beteiligung ist zwar nicht unbedingt erforderlich; ihr kommt aber Indizwirkung zu und vermeidet damit in der praktischen Anwendung Rechtsstreitigkeiten.

Mittelpunkt der Tätigkeit für Richter und Hochschullehrer

Mittelpunkt der Tätigkeit für Richter und Hochschullehrer

Kernproblem

Die steuerliche Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers beschäftigt immer wieder die Gerichte. Das Bundesverfassungsgericht hatte rückwirkend für Fälle ab 2007 entschieden, dass ein Arbeitszimmer auch dann steuerlich abzugsfähig sein muss, wenn es zwar nicht den Mittelpunkt der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit bildet, jedoch dem Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber hatte daraufhin quasi die frühere Regelung wieder ins Leben gerufen, die einen Abzug von bis zu 1.250 EUR im Jahr als Werbungskosten oder Betriebsausgaben gewährleistet. In den Genuss der Regelung kommen nicht nur Lehrer (die seinerzeit das Urteil erstritten), sondern insbesondere die Bezieher nebenberuflicher Einkünfte, die ihrer Nebentätigkeit von zu Hause aus nachgehen. Ein Abzug der unlimitierten Kosten des Arbeitszimmers bleibt denen vorbehalten, die den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im Arbeitszimmer belegen können. Hier hatten die Gerichte bereits früher den qualitativen Mittelpunkt verlangt. Ob sich an dieser Betrachtung etwas nach der erzwungenen Umkrempelung des Gesetzes geändert hat, hat der Bundesfinanzhof (BFH) für 2 Berufsgruppen richtungsweisend entschieden.

Sachverhalt

Den uneingeschränkten Abzug der Kosten des Arbeitszimmers verlangten eine Richterin und ein Hochschullehrer. Die Amtsrichterin verwies auf einen quantitativen Anteil von 60 % der Arbeitsleistung, den sie im Arbeitszimmer verbringe. Der an einer katholischen Universität lehrende Professor brachte es nach seinem Vortrag sogar auf einen Anteil von 80 %, da er in seinem Arbeitszimmer eine Spezialbibliothek aufgebaut habe, die für seine Forschungstätigkeit und zur Vorbereitung der Vorlesungen und Seminare von existenzieller Bedeutung sei. Vor den Finanzgerichten scheiterten beide mit ihrem Antrag auf volle Kostenberücksichtigung.

Entscheidung

Der BFH hält an der Bestimmung nach dem qualitativen Ansatz fest und hat diesen für die Berufsgruppen der Hochschullehrer und Richter grundsätzlich im Arbeitszimmer verneint. Danach sei für den Hochschullehrer die Vorlesung in der Universität und für den Richter die Ausübung der rechtsprechenden Tätigkeit im Gericht prägend. Der Kern beider Tätigkeiten könne nicht im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet werden. Unerheblich sei, wie viele Stunden der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer zubringe. In beiden Fällen blieben damit die Kosten des Arbeitszimmers vollkommen unberücksichtigt, denn den Klägern stand ein Arbeitsplatz beim Arbeitgeber zur Verfügung.

Konsequenz

In solchen Fällen bleibt es dabei, dass die Kosten des Arbeitszimmers entweder ganz oder gar nicht absetzbar sind. Eine nachgewiesene Nebentätigkeit könnte zumindest zu einem anteiligen Abzug von bis zu 1.250 EUR führen.

Ausschluss von Sonderausgabenabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen nicht europarechtskonform

Rechtslage

Grundsätzlich dürfen beschränkt Steuerpflichtige Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur insoweit abziehen, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Unter bestimmten, vom Einkommensteuergesetz vorgegebenen, Voraussetzungen ist ein Sonderausgabenabzug gänzlich ausgeschlossen. Dieser Ausschluss ist dann europarechtswidrig, wenn dauernde Lasten für eine Übertragung inländischen Vermögens gezahlt werden.

Sachverhalt

Das Finanzgericht Münster hatte kürzlich zu entscheiden, ob von einem beschränkt Steuerpflichtigen mit Wohnsitz in einem europäischen Nachbarstaat zulässigerweise dauernde Lasten im Zusammenhang mit der Übertragung einer „deutschen“ Einkunftsquelle – konkret ging es um die Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) – geltend gemacht werden dürfen. Fraglich war in diesem Zusammenhang, ob die entsprechende Regelung im Einkommensteuergesetz einen Sonderausgabenabzug wirksam untersagt oder ob die Regelung gegen die durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) definierten Grundfreiheiten verstößt und ein Abzug deshalb auch bei einem in Deutschland beschränkt steuerpflichtigen EU-Bürger zuzulassen ist.

Entscheidung

Das beklagte Finanzamt hatte argumentiert, eine Berufung auf die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit setze voraus, dass der mit der Zahlung belastete beschränkt Steuerpflichtige insoweit Werbungskosten geltend mache, was nach dem Einkommensteuergesetz auch möglich sei. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes vertrat das Finanzgericht die Auffassung, es greife in diesen Fällen die Vorschrift des AEUV zur Kapitalverkehrsfreiheit. Mit Verweis auf die Begründung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einer früheren Entscheidung war das Finanzgericht der Ansicht, es ergäben sich auch in den Fällen Benachteiligungen, in denen es lediglich um die Berücksichtigung von Sonderausgaben gehe. Der EuGH hatte entschieden, es verstoße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, wenn dauernde Lasten, die in ein Inländer für die Übertragung einer inländischen Einkunftsquelle leistet, steuerlich abzugsfähig seien, während ein entsprechender Abzug bei einem gebietsfremden Steuerpflichtigen ausgeschlossen sei.

Konsequenz

Gegen das Urteil ist Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden. Bis zur Entscheidung des BFH sollten entsprechende Veranlagungen offen gehalten werden.

Mietvertrag kann auch nach jahrelanger Durchführung unwirksam sein

Mietvertrag kann auch nach jahrelanger Durchführung unwirksam sein

Kernaussage

Auch nach jahrelanger Durchführung eines Gewerberaummietverhältnisses kann sich der Mieter auf den Mangel der Schriftform berufen. Nur wenn ein Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat, kann der Einwand von Treu und Glauben greifen.

Sachverhalt

Die Beklagte ist Mieterin von Gewerberäumen des Klägers. Sie ist im Wege des Mieterwechsels durch Einigung mit dem Vormieter und Zustimmung des Vermieters in den seit 1975 bestehenden Praxismietvertrag eingetreten, der durch mehrere Nachträge in wesentlichen Punkten geändert wurde. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf diese Nachträge enthält die Mieteintrittsvereinbarung nicht. Die Parteien streiten darüber, ob sich das Mietverhältnis durch Optionserklärung der beklagten Mieterin bis zum 31.12.2011 verlängert hat oder ob sie das Mietverhältnis wirksam zum 31.12.2010 kündigen konnte. Der Kläger begehrt Feststellung, dass das Mietverhältnis bis zum 31.12.2011 bestehe.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg, denn die Kündigung war wirksam. Ein gewerblicher Mietvertrag, der für länger als ein Jahr abgeschlossen wird, bedarf der Schriftform. Anderenfalls gilt er als für unbestimmte Zeit vereinbart und kann mit gesetzlicher Frist gekündigt werden. Der rechtsgeschäftliche Mieterwechsel kann durch schriftliche Einigung zwischen Alt- und Neumieter vereinbart werden. Sind wesentliche Vertragsabsprachen in Nachtragsvereinbarungen enthalten, bedarf die Mieteintrittserklärung eines ausdrücklichen Verweises auch auf die Nachträge. Die Zustimmung des Vermieters ist hingegen formfrei möglich. Die Nichteinhaltung der Schriftform hat zur Folge, dass sämtliche Befristungen und Optionsrechte unwirksam sind und das Mietverhältnis gekündigt werden kann. Ferner war die Mieterin auch nicht wegen jahrelanger Durchführung des Mietverhältnisses nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, sich auf den Mangel der Schriftform zu berufen. Dies ist nur ausnahmsweise bei schlechthin untragbaren Ergebnissen möglich.

Konsequenz

Gewerbliche Mietverträge enthalten meist langfristige Festlaufzeiten, so dass ein Mieterwechsel und Eintritt in den bestehenden Vertrag durchaus üblich sind. Die Entscheidung verdeutlicht, es ist zwingend darauf zu achten, dass eine ausdrückliche Bezugnahme auf den Ausgangsvertrag und sämtliche Nachträge in der Mieteintrittsvereinbarung enthalten ist.

Bewirtungsaufwendungen als Werbungskosten

Bewirtungsaufwendungen als Werbungskosten

Kernproblem

Beim steuerlichen Abzug von Bewirtungsaufwendungen wird im Allgemeinen mit zweierlei Maß gemessen: Während sich dem Unternehmer meist mit dem Besitz des gesetzlich geforderten Bewirtungsbelegs und den Angaben zu Anlass und Teilnehmern der Steuerabzug von wenigstens 70 % der Ausgaben eröffnet, werden Bewirtungsaufwendungen eines Arbeitnehmers in der Regel kritischer vom Finanzbeamten beäugt. Denn warum sollten Arbeitnehmer einen Kunden oder gar Kollegen zum Essen einladen, wenn sie ohnehin über ein Festeinkommen verfügen? Mit diesem Argument musste sich dann der Arbeitnehmer häufig von seinem Werbungskostenabzug verabschieden. Mit der Umkehr des Bundesfinanzhofs (BFH) vom Aufteilungsverbot gemischter Aufwendungen hin zum Aufteilungsgebot verbindet sich die Hoffnung, dass auch die Finanzverwaltung zukünftig wohlwollender mit Bewirtungsaufwendungen von Angestellten umgeht. Einen Anfang hat jetzt die Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen gemacht, indem sie einige Grundsätze verfügte und hierbei begünstigende Rechtsprechung berücksichtigt hat.

Verwaltungsanweisung

Im einzelnen wurden folgende Aussagen getroffen: Anlass und Ort der Bewirtung: Nach neuerer BFH-Rechtsprechung schließt allein die Tatsache, dass der Arbeitnehmer eine Feier aus rein persönlichen Gründen ausrichtet (z. B. Geburtstag, Jubiläum) oder keine erfolgsabhängigen Bezüge hat, den Werbungskostenabzug nicht aus. Findet der Empfang der Gäste in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers statt, so spricht das für eine berufliche Veranlassung. Dagegen kann eine luxuriöse Umgebung (Yacht, Schlosssaal) Merkmal einer privaten Veranlassung sein. Teilnehmer und Einladender: Für eine berufliche Veranlassung spricht ein aus Geschäftspartnern des Arbeitgebers, Angehörigen des öffentlichen Lebens sowie der Presse, Verbandsfunktionären und Kollegen bestehender Teilnehmerkreis. Tritt der Arbeitgeber als Gastgeber auf und bestimmt er ohne Mitspracherecht des Arbeitnehmers die Gästeliste, handelt es sich um ein Arbeitgeberfest (was von Bedeutung ist, falls sich der Arbeitnehmer an den Kosten beteiligt oder auch bei Prüfung eines Sachbezugs). Art der Bezüge: Das Vorliegen von variablen oder feststehenden Bezügen hat lediglich Indizwirkung. Die berufliche Veranlassung kann sich auch bei Festbezügen aus anderen Umständen (z. B. Motivation der Mitarbeiter) ergeben. Abzug der Höhe nach: Bei gemischten Aufwendungen gilt grundsätzlich das Aufteilungsgebot (außer bei nicht abzugsfähigen Repräsentationsaufwendungen). Die Abzugsbeschränkung für Aufwendungen aus „geschäftlichem Anlass“ von 70 % gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer aus „allgemeinen beruflichen Gründen“ bewirtet (d. h. 100 % Abzug bei Fest des Arbeitgebers oder variablen Bezügen und Bewirtung aus Motivationsgründen oder Bewirtung von Arbeitskollegen seines Arbeitgebers).

Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten bei zukünftiger Tätigkeit

Kernproblem

Das Steuervereinfachungsgesetz hat seinem Namen (ausnahmsweise) in Teilbereichen Rechnung getragen. Das gilt zumindest für die Neuregelung des Abzugs von Kinderbetreuungskosten, wenngleich das neue Recht wegen des alleinigen Sonderausgabenabzugs (anstatt Werbungskosten/Betriebsausgaben) nicht unbedingt günstiger ist. Einfacher wird es jedoch ab 2012 durch Wegfall der persönlichen Anspruchsvoraussetzungen der Eltern. War nämlich nach altem Recht das Kind dem Kindergartenalter entwachsen, mussten bei Zusammenleben der Eltern beide einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

Sachverhalt

Vor dem Finanzgericht Düsseldorf klagten Eheleute, von denen die Ehefrau von Januar bis September des Streitjahrs arbeitslos gemeldet war. Die Kinder wurden in einer Offenen Ganztagsschule betreut. Der Betreuungsvertrag war nur zum Schuljahresende kündbar und die Eltern hatten die Anmeldung erstmals im Vorjahr vorgenommen, als die Mutter noch in einem Arbeitsverhältnis stand. Trotz nachgewiesener Bemühungen fand die Mutter erst ab Oktober eine neue Arbeitsstelle. Als die Eheleute den Abzug der Kinderbetreuungskosten für das gesamte Jahr beantragten, wollte das Finanzamt zunächst den kompletten Zeitraum der Arbeitslosigkeit unberücksichtigt lassen, ließ dann jedoch zumindest wegen Unterbrechung der Berufstätigkeit einen Zeitraum von 4 Monaten zu Beginn des Jahres zu. Aber war das nicht zu wenig?

Entscheidung

Für das Finanzgericht war entscheidend, dass die Aufwendungen im Hinblick auf die zukünftige Aufnahme einer Tätigkeit verausgabt wurden. So konnten sich die Eltern über den 12-monatigen steuerlichen Abzug der Kosten freuen, denn nach Auffassung der Richter ist ein objektiver tatsächlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang auch gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger aktuell keine berufliche Tätigkeit ausübt, die Aufwendungen aber im Hinblick auf eine angestrebte Tätigkeit anfallen. Hätten nämlich die Eltern den Betreuungsvertrag gekündigt, wäre eine Betreuung im Fall der Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nicht sichergestellt gewesen.

Konsequenz

Das familienfreundliche Urteil des Finanzgerichts hat in Altfällen insbesondere für solche Eltern Bedeutung, die sich im Hinblick auf die geplante Erwerbstätigkeit bereits im Vorfeld um eine Betreuung bemühen. Von praktischer Relevanz ist z. B. ein Auseinanderfallen von Kindergartenjahr und Arbeitsaufnahme. Wird dem Urteil gefolgt, kann der Kindergartenbeitrag auch schon vor Arbeitsaufnahme steuerlich berücksichtigt werden.

Fristlose Kündigung eines freigestellten Arbeitnehmers zulässig?

Fristlose Kündigung eines freigestellten Arbeitnehmers zulässig?

Rechtslage

Fristlose Kündigungen eines Arbeitsverhältnisses sind nur dann zulässig, wenn einer der Parteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum ordentlichen Kündigungstermin nicht zugemutet werden kann. Grundsätzlich ist bei der arbeitgeberseitigen Zumutbarkeitsprognose auch darauf abzustellen, wie sich der Arbeitnehmer künftig verhalten wird. Ist das Arbeitsverhältnis bereits beendet und befindet sich der Kläger in der Freistellung, fällt diese Zumutbarkeitsprognose regelmäßig gegen eine fristlose Kündigung aus. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat nunmehr zu den Voraussetzungen entschieden, unter denen auch in der Freistellung eine fristlose Kündigung zulässig ist.

Sachverhalt

Der Kläger war bei einem Kreditinstitut beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war durch Aufhebungsvertrag beendet. An seinem letzten Arbeitstag versandte der Kläger Unterlagen und Dokumente, die dem Bankgeheimnis unterlagen, an seine private Email-Adresse. Hiervon erfuhr der Arbeitgeber in der Freistellungsphase und kündigte das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, er habe die Unterlagen und Dokumente nicht an Dritte weitergeben wollen, unterlag aber vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht sah den Verstoß gegen das Bankgeheimnis als solch gravierende Pflichtverletzung arbeitsvertraglicher Pflichten an, dass es eine firstlose Kündigung in der Freistellung für zulässig erachtete. Zwar sei nicht damit zu rechnen, dass sich die arbeitsvertragliche Pflichtverletzung wiederhole, die Schwere des Vertrauensbruchs, die mit einer Straftat zu Lasten des Arbeitgebers vergleichbar sei, ermögliche hier aber eine fristlose Beendigung des nicht mehr in Vollzug befindlichen Arbeitsverhältnisses.

Konsequenz

Dem Grunde nach ist auch in der Freistellungsphase eines beendeten Arbeitsverhältnisses eine fristlose Kündigung (noch) möglich. Allerdings wird der Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers eine Schwere haben müssen, die mit einer nicht nur geringfügigen Straftat gegen den Arbeitgeber gleichzusetzen ist.

Semestergebühren sind als Mehraufwendungen abziehbar

Semestergebühren sind als Mehraufwendungen abziehbar

Kernproblem

Die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld sind im Einkommensteuergesetz geregelt. Ob den Eltern Kindergeld zusteht, entscheidet jedoch nicht das Finanzamt, sondern die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit (bei Angehörigen im öffentlichen Dienst der Arbeitgeber). Zur Entscheidungsfindung bedienen sich die Familienkassen der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs. Wollen die Eltern zu ihren Gunsten von einer dort zitierten Verwaltungsauffassung abweichen, erfordert es meist den Gang vor ein Gericht, um sich sein Recht zu erkämpfen. So erging es auch einem Vater, dem die Familienkasse wegen des Überschreitens der Einkunftsgrenze das Kindergeld verwehrte. Alles hing an der Behandlung der Semestergebühren von ca. 240 EUR.

Sachverhalt

Der Vater begehrte für seinen studierenden Sohn Kindergeld. Die Familienkasse lehnte dies ab, weil die vom Sohn erzielten Einkünfte den unschädlichen Betrag von 7.680 EUR um etwa 136 EUR überschritten. Dabei ließ die Familienkasse die vom Sohn bezahlten Semestergebühren mit Hinweis auf die Dienstanweisung nicht zum Abzug zu, weil die Aufwendungen kein ausbildungsbedingter Mehrbedarf seien, sondern Mischkosten. Der in den Gebühren enthaltene Anteil für ein Semesterticket sei durch die bereits berücksichtigte Entfernungspauschale abgegolten, während der enthaltene Beitrag des Studentenwerks Sozialaufwand darstelle. Der Vater bekam zunächst vor dem Finanzgericht Recht, doch die Familienkasse zog mit dem Fall bis vor den Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung

Der BFH teilte ebenfalls die Ansicht des Klägers und lehnte die Anwendung der Verwaltungsauffassung, die lediglich einen Abzug für getrennt ausgewiesene Einzelpositionen der Semestergebühr zulässt, ab. So stellten die Gebühren nach Auffassung des Senats insgesamt ausbildungsbedingte Mehraufwendungen dar, weil der Studierende diese Gebühren zwingend entrichten müsse, wenn er ein Studium aufnehmen oder fortsetzen wolle. Da der Student auch nicht frei über den Erwerb von mit der Semestergebühr entgoltenen Leistungen entscheiden könne, liege auch keine schädliche private Mitveranlassung vor. Zudem stehe dem Abzug der Kosten für ein in der Semestergebühr enthaltenes Semesterticket auch nicht die abgeltungswirkende Berücksichtigung der Entfernungspauschale entgegen, weil die Aufwendungen nicht durch die Fahrten zwischen Wohnung und Universität veranlasst seien.

Konsequenz

Die Entscheidung ist nicht mehr von allzu großer Tragweite, weil die Gewährung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen ab dem Jahr 2012 nicht mehr von der Höhe eigener Einkünfte und Bezüge des Kindes abhängig ist.