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Teilwertabschreibung bei festverzinslichen Wertpapieren (BayLfSt)

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei festverzinslichen Wertpapieren im Umlaufvermögen; Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. Juni 2011 – I R 98/10 – (BStBl 2012 II S. 716 )

Der BFH hat mit Urteil vom 8. Juni 2011 – I R 98/10 – (BStBl 2012 II S. 716 entschieden, dass bei festverzinslichen Wertpapieren, die eine Forderung in Höhe des Nominalwerts der Forderung verbriefen, eine Teilwertabschreibung unter ihren Nennwert allein wegen gesunkener Kurse regelmäßig nicht zulässig ist. Dies gilt auch dann, wenn die Wertpapiere zum Umlaufvermögen gehören.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anwendung der Urteilsgrundsätze wie folgt Stellung:

Die Grundsätze dieses Urteils sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus anwendbar, wenn es sich um festverzinsliche Wertpapiere im Umlaufvermögen handelt, kein Bonitäts- und Liquiditätsrisiko hinsichtlich der Rückzahlung der Nominalbeträge besteht und die Wertpapiere bei Endfälligkeit zu ihrem Nennwert eingelöst werden können.

Die Rzn. 24 und 25 (Lösung zu Beispiel 6) des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (BStBl 2000 I S. 372 ) sind insoweit überholt.

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. Juni 2011 (a. a. O.) zur Bewertung von festverzinslichen Wertpapieren im Umlaufvermögen können frühestens in der ersten nach dem 8. Juni 2011 (Tag der BFH-Entscheidung) aufzustellenden Bilanz berücksichtigt werden; sie sind spätestens in der ersten auf einen Bilanzstichtag nach dem 22. Oktober 2012 aufzustellenden Bilanz (Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II) anzuwenden.

Die Bewertung festverzinslicher Wertpapiere im Anlagevermögen wird durch diese Regelung nicht berührt. Insoweit verbleibt es bei der bisher bereits durch Verwaltungsauffassung geregelten Bewertung zum Nominalwert (vgl. Rz. 16 des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (a. a. O.).

Inhaltlich gleichlautend

Bayerisches Landesamt für Steuern v. 14.09.2012 – S 2171 b.2.1-3/2 St 32

Umsatzsteuervorauszahlung als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe (FG)

 „Kurze Zeit” i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG

 Leitsatz

  1. 1.            Ausgaben sind für das Kj abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
  2. 2.            Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Stpfl. kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kj, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kj bezogen.
  3. 3.            USt-Vorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung i.d.R. von vornherein feststeht.
  4. 4.            Als „kurze Zeit” i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen.
  5. 5.            Eine Erweiterung dieser Höchstgrenze kommt auch mit Blick auf § 108 Abs. 1 AO nicht in Betracht.

 Gesetze

EStG § 11
UStG § 18 Abs. 1 Satz 3
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine am 11. Januar 2010 gezahlte Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 € als Betriebsausgabe bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2009 zu berücksichtigen ist.

Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelt er als Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG ). Umsatzsteuerlich ist der Voranmeldungszeitraum nach § 18 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (im Folgenden: UStG ) das Kalendervierteljahr. Die Umsatzsteuervoranmeldung für das 4. Quartal 2009 wurde am 11. Januar 2010 von dem Kläger eingereicht. Gleichzeitigt wurde die entsprechende Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 € geleistet.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 erklärte der Kläger einen Gewinn aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit in Höhe von 41.125,49 €. Die Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 € war bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe berücksichtigt worden.

Am 31. Januar 2011 erließ der Beklagte einen Bescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2009, in dem es u.a. diese von den Klägern geltend gemachte Betriebsausgabe nicht anerkannte. In den Erläuterungen zu dem Bescheid heißt es: „In der Gewinnermittlung wurde die Umsatzsteuer von Ihne[n] unzutreffend berücksichtigt. Die Abweichungen sind der in der Anlage beigefügten Kopie der geänderten Anlage EÜR zu entnehmen”. Dem Steuerbescheid war eine handschriftlich kommentierte Kopie der von den Klägern eingereichten Anlage EÜR sowie ein Kontoauszug des Beklagten beigefügt.

Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Kläger Klage erhoben.

Sie sind der Auffassung, der angefochtene Steuerbescheid sei bereits aus dem Grunde formell rechtswidrig und unwirksam, weil die durch den Beklagten vorgenommenen Abweichungen gegenüber der Steuererklärung nicht nachvollziehbar seien.

Darüber hinaus sei die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 als Betriebsausgabe für das Jahr 2009 zu berücksichtigen. Es handele sich um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres 2009 abgeflossen und deshalb nach § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG in diesem Jahr 2009 anzusetzen seien. Soweit der Beklagte die Wendung „kurze Zeit” in dieser Vorschrift auf einen Zeitraum von 10 Tagen begrenze, müsse dabei berücksichtigt werden, dass der zehnte Tag des Jahres 2010 ein Sonntag gewesen sei und deshalb nach § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches (im Folgenden: BGB ) für Fristberechnungen der darauffolgende Werktag maßgeblich sei. Da die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung unstreitig am 11. Januar 2010 erfolgt sei, lägen die Voraussetzungen der Zurechnung der Aufwendung zum Jahr 2009 vor.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung des Bescheides über Einkommensteuer für das Jahr 2009 vom 31. Januar 2011 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 10. November 2011 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 € als Betriebsausgabe bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung könne keine Berücksichtigung bei der Steuerfestsetzung für das Jahr 2009 finden. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (im Folgenden: BFH), dass der unbestimmte Rechtsbegriff „kurze Zeit” in § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG nur dann als erfüllt angesehen werde, wenn die Zahlung innerhalb eines Zeitraumes von 10 Tagen nach Beendigung des Kalenderjahres geleistet wurde, zu dem sie gehört. Dies sei im Streitfall nicht erfüllt.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung) zugestimmt und einvernehmlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Steuerbescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO ).

1. Die von dem Kläger am 11. Januar 2010 geleistete Umsatzsteuer in Höhe von 3.357,69 € kann nicht als Betriebsausgabe des Jahres 2009 berücksichtigt werden.

a. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 EStG bestimmt, dass regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr bezogen gelten.

a. Umsatzsteuer-Vorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung bei der Art der von dem Kläger erbrachten Leistungen von vornherein feststeht (BFH-Urteil vom 1. August 2007 – XI R 48/05 , BStBl. II 2008, 282; BFHE 218, 372 ), so dass § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG anwendbar ist.

b. Als „kurze Zeit” im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH – wie der Beklagte zutreffend ausführt – ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen (vgl. nur BFH-Urteile vom 13. März 1964 – VI 152/63 , juris; vom 9. Mai 1974 – VI R 161/72, BFHE 112, 373 , BStBl II 1974, 547; vom 10. Dezember 1985 – VIII R 15/83, BFHE 145, 538 , BStBl II 1986, 342; vom 24. Juli 1986 – IV R 309/84, BFHE 147, 419 , BStBl II 1987, 16; vom 6. Juli 1995 – IV R 63/94, BFHE 178, 326 , BStBl II 1996, 266; vom 6. Juli 1995 – IV R 72/94, BFH/NV 1996, 209 ; vom 6. März 1997 – IV R 47/95, BFHE 183, 78 , BStBl II 1997, 509; vom 23. September 1999 – IV R 1/99, BFHE 190, 335 , BStBl II 2000, 121).

In seiner Entscheidung vom 6. November 2002 (X B 30/02, BFH/NV 2003, 169 ) hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich klargestellt, dass eine Erweiterung dieser Höchstgrenze unter Berufung auf besondere Verhältnisse des Einzelfalls nicht in Betracht kommt.

Auch der von dem Kläger angeführte § 193 BGB führt zu keinem anderen Ergebnis. Ist danach an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

Zwar gilt die Regelung nach § 108 Abs. 1 AO auch im Steuerverfahrensrecht, sie findet jedoch keine Anwendung auf die Fälle der vom Zu- und Abflussprinzip abweichenden zeitlichen Zurechnung regelmäßig wiederkehrender Einnahmen oder Ausgaben in § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG . Es fehlt hier schon an der Voraussetzung, wonach eine Leistung zu bewirken „ist”. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG regeln nicht eine Zahlungspflicht, sondern knüpfen nur an eine tatsächlich in dem dort nicht näher bestimmten Zeitraum geleistete Zahlung an, um daran die vom Grundsatz abweichende zeitliche Zurechnung zu bestimmen.

Die Fälligkeit einer Umsatzsteuervorauszahlung bestimmt sich alleine nach § 18 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes , wonach die Zahlung am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig ist. Diese Zahlungsfrist verlängert sich nach § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB bis zum folgenden Werktag, wenn sie auf einen Sonn- und Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Diese Verlängerung hat aber auf den Zeitraum des § 11 EStG keinen Einfluss.

c. Im Streitfall kommt eine Berücksichtigung der von dem Kläger am 11. Januar 2010 gezahlten Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 als Betriebsausgabe des Jahres 2009 nicht in Betracht. Die Zahlung ist nicht innerhalb des genannten Zehntageszeitraums erfolgt.

2. Auch die Begründung der angefochtenen Steuerfestsetzung durch den Beklagten hinsichtlich seiner Abweichungen von der Steuererklärung des Klägers führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach §§ 126 Abs. 1 Nr. 2 AO ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 125 AO nichtig macht, insbesondere dann unbeachtlich, wenn die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird. Dies kann nach § 126 Abs. 2 AO bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens erfolgen.

Im Streitfall hat der Beklagte in den Erläuterungen des Bescheides darauf hingewiesen, dass er im Steuerbescheid hinsichtlich der von dem Kläger erklärten Umsatzsteuerzahlungen abgewichen ist und dies durch Anlagen näher erläutert. Er hat diese Erläuterungen im Einspruchs- und auch im Klageverfahren weiter ergänzt.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

 

Scheidungskosten sind steuerlich absetzbar

Die Kosten, die bei der Scheidung im gerichtlichen Scheidungsverfahren entstehen, können steuerlich abgesetzt werden. Nach dem Urteil des Finanzgerichts in Düsseldorf (Az.: 10 K 2392/ 12 E) können diese als außergewöhnliche Belastung steuerlich angeführt werden.

Die Richter begründeten dies damit, dass eine Scheidung ein gerichtliches Verfahren zwingend mit sich zieht und sich die Ehepartner den Anwaltsgebühren und Gerichtskosten nicht entziehen können. Außerdem zählen zu den steuerlich absetzbaren Ausgaben sogenannte Scheidungsfolgesachen, wie z. B. Unterhaltsansprüche oder der Zugewinnausgleich.

Weiterhin ist zu beachten, dass als Voraussetzung eine gewisse Zumutbarkeitsgrenze überschritten worden sein muss. Diese entsteht jährlich neu und hängt von der Höhe der Einkünfte, dem Familienstand und der Zahl der Kinder ab. Es ist also von Fall zu Fall unterschiedlich, wann die Zumutbarkeitsgrenze erreicht ist und die Belastungen steuerlich absetzbar sind.

Allerdings gibt es weiterhin die Einschränkung, dass bei einer außergerichtlichen Einigung die Anwaltsgebühren nicht steuerlich absetzbar sind, da erst gar keine gerichtlichen Kosten anfallen.

Im obigen Fall wollte der Ehepartner seine angefallen Gerichts- und Anwaltsgebühren sowie die Kosten, die aufgrund des Versorgungsausgleichs, dem Zugewinnausgleich und dem nachehelichen Unterhalt angefallen sind, steuerlich absetzen. Das Finanzamt erkannte aber nur die gerichtlichen Scheidungskosten und die Kosten bezüglich des Versorgungsausgleichs als außergewöhnliche Belastung an.

Allerdings entschied das Finanzgericht Düsseldorf, wie oben erwähnt, anders und es wurden schließlich die gesamten Kosten als außergewöhnliche Belastung angesehen.

Finanzgericht Düsseldorf

Tätigkeit als Auslandskorrespondent im Inland steuerfrei

Die klagende Journalistin war für einen deutschen Verlag als Auslandskorrespondentin in Österreich tätig. Zu ihren Aufgaben gehörte die Berichterstattung aus Österreich und den angrenzenden Ländern. Die Journalistin arbeitete im Büro der Redaktion in Wien, wo sie auch eine Wohnung unterhielt. Gleichzeitig unternahm sie Dienstreisen in die Nachbarländer. Die betreffenden Einkünfte versteuerte sie in Österreich. Das beklagte Finanzamt wollte die Einkünfte, soweit sie auf Tage entfielen, an denen die Klägerin Dienstreisen außerhalb Österreichs durchgeführt hatte, ebenfalls in Deutschland besteuern. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch und Klage.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben. Gehälter und Löhne seien ausschließlich in dem Staat zu besteuern, in dem die Arbeit ausgeübt werde. Die journalistischen Leistungen seien ausschließlich in Österreich erbracht worden. Auch wenn – die Journalistentätigkeit prägende – Dienstreisen in andere Länder durchgeführt worden seien, führe dies nicht dazu, dass Deutschland das Besteuerungsrecht zustehe. Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich stelle auf einen einheitlichen Tätigkeitsort ab.

Das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof auch hier zugelassen.

Die Entscheidung im Volltext: 10 K 2438/11 E

 

Finanzgericht Düsseldorf, 10 K 2438/11 E

Datum:
19.02.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 2438/11 E
Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 27. Januar 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 wird dahingehend abgeändert, dass Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 5.211 Euro von der inländischen Besteuerung freizustellen und nur nach Maßgabe des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind.

Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Oktober 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 wird dahingehend abgeändert, dass Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 10.277 Euro von der inländischen Besteuerung freizustellen und nur nach Maßgabe des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind.

Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Steuerfestsetzungen nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner den Klägern das Ergebnis dieser Berechnungen unverzüglich mitzuteilen und die Bescheide mit den geänderten Inhalten nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:

2Streitig ist, ob die Einkünfte für die berufliche Tätigkeit der Klägerin als Auslandskorrespondentin in Österreich in den Streitjahren 2006 und 2007 in Deutschland nur im Wege des Progressionsvorbehalts bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen sind.

3Die Klägerin wird zusammen mit ihrem Ehemann in Deutschland zur Einkommensteuer veranlagt. Sie unterhält in Deutschland ihren Familienwohnsitz und arbeitete 2006 und 2007 in Österreich als Auslandskorrespondentin. Das Finanzamt hatte dem Arbeitgeber der Klägerin,                             , mit Bescheinigungen vom 16. November 2005 und 7. Dezember 2007 mitgeteilt, dass der Arbeitslohn der Klägerin nach § 39d Abs. 3 Satz 4 i. V. m. § 39b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Österreich 2000; Bundessteuerblatt – BStBl – I 2002, 584) nicht dem Steuerabzug in Deutschland unterliege. Gemäß Einkommensteuerbescheiden des Finanzamtes in Österreich vom 26. Juli 2007 und vom 7. September 2009 wurde die Klägerin für 2006 und 2007 mit ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Auslandskorrespondentin in Österreich zur Einkommensteuer in Österreich veranlagt. Im Einkommensteuerbescheid des Beklagten für 2006 vom 27. Januar 2009 wurde die für die Tätigkeit der Klägerin in Österreich gezahlte Vergütung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ebenfalls der Einkommensteuer in Deutschland unterworfen. In den Erläuterungen des Steuerbescheids heißt es dazu:

4„Die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit der Ehefrau wurden als steuerpflichtig angesetzt,… Es wurde nicht nachgewiesen, dass…. (die Klägerin) sich länger als 183 Tage in Österreich aufgehalten hat oder der Arbeitslohn von einer österreichischen Betriebsstätte gezahlt worden ist.“

5Die gleiche Handhabung nahm der Beklagte im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Oktober 2009 vor. Dort heißt es in den Erläuterungen:

6„Wie auch für den Veranlagungszeitraum 2006 erläutert, ist noch nicht geklärt, ob Österreich das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn der Ehefrau hat. Da Sie aber auch nach mehrmaliger Aufforderung keinen Versteuerungsnachweis gemäß § 50d Abs. 8 EStG erbracht haben, wird der Arbeitslohn der Ehefrau in Deutschland steuerpflichtig gestellt.“

7Die am 20. Februar 2009 und am 26. Oktober 2009 eingelegten Einsprüche hatten teilweise Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011). Weil die Klägerin in ihren mit den Einkommensteuererklärungen vorgelegten Unterlagen zu ihrer Tätigkeit in Österreich in den Streitjahren Reisekosten für Reisen in Drittstaaten außerhalb von Österreich geltend gemacht hatte, kürzte der Beklagte die nunmehr von ihm von der Besteuerung in Deutschland freigestellten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich um diese Reisetage, und zwar für 2006 um 15/220stel oder anteilmäßig 4.182,21 Euro und für 2007 um 30/220stel oder 11.668,71 Euro. Diese Beträge unterwarf er ebenso wie Unterschiedsbeträge zwischen Arbeitslohnbescheinigungen des Arbeitgebers der Klägerin und den Einkünfteangaben in den österreichischen Steuerbescheiden von 1.948,44 Euro (2006) und 2.074,01 Euro (2007) zusätzlich der Besteuerung in Deutschland.

8Mit der Klage tragen die Kläger vor:

9Zu den Aufgaben der Klägerin als Auslandskorrespondentin in Österreich habe die Berichterstattung über die angrenzenden Länder (z. B. Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Ungarn, Kroatien) gehört. Dazu sei es erforderlich gewesen, im Rahmen der Recherchetätigkeit gelegentlich von Österreich aus Dienstreisen in diese Länder zu unternehmen. Die Heranziehung der auf diese Reisetage entfallenden Einkünfte zur Einkommensteuer in Deutschland und die hier vorgenommene Besteuerung verstoße gegen Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich 2000. Danach sei das Besteuerungsrecht nicht dem Ansässigkeitsstaat Deutschland zugewiesen, wenn die Arbeit wie hier in Österreich als anderem Staat ausgeübt werde. Das Erfordernis des persönlichen Aufenthaltes werde bei geistigen Tätigkeiten durchbrochen. Die Arbeit einer Journalistin lasse sich in gedankliche Vorarbeit, interne und externe Recherche auch vor Ort und das Erbringen der Leistung (Textverfassung) zerlegen. Diese sei als Mittelpunkt der geistigen Arbeit in Österreich geschehen.

10Die Kläger beantragen,

11              die Einkommensteuerbescheide für 2006 vom 27. Januar 2009 und für 2007 vom 5. Oktober 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 dahingehend abzuändern, dass Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit für 2006 in Höhe von 5.211 Euro und für 2007 von 10.227 Euro von der inländischen Besteuerung freizustellen sind und nur nach Maßgabe des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind,

12              hilfsweise, die Revision zuzulassen.

13Der Beklagte beantragt,

14              die Klage abzuweisen,

15              hilfsweise, die Revision zuzulassen.

16Er trägt vor:

17Für die abkommensrechtliche Würdigung des Falles sei von besonderer Bedeutung, wo sich die Klägerin physisch zur Arbeitsausübung aufgehalten habe. Aus dem Arbeitsvertrag und der vorgelegten Zusatzvereinbarung könnten keine Schlüsse für die Bestimmung des abkommensrechtlichen Tätigkeitsstaates gezogen werden. Tätigkeitsstaat sei regelmäßig der Staat, in welchem der Arbeitnehmer körperlich anwesend sei (so Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 14. September 2006 IV B 6 – S 1300-367/06, BStBl I 2006, 532, Tz. 37). In der von der Klägerin vorzunehmenden Einleitung des Verständigungsverfahrens nach Art. 25 DBA Österreich 2000 könne ein erfolgversprechender Ansatz zur Lösung der Angelegenheit im gegenseitigen Einvernehmen liegen. Im Übrigen nimmt der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung Bezug.

18Entscheidungsgründe:

19Die Klage ist begründet.

20Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 27. Januar 2009 und der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Oktober 2009 jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, soweit in ihnen Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit für 2006 in Höhe von 5.211 Euro und für 2007 von 10.277 Euro nicht von der inländischen Einkommensteuer freigestellt und nur beim Progressionsvorbehalt berücksichtigt worden sind (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -).

21Die Klägerin war in den Streitjahren gemäß § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig; sie unterlag daher mit allen in den Streitjahren erzielten Einkünften der Einkommensteuer. Nach den unwidersprochenen Feststellungen im Besteuerungsverfahren hatte die Klägerin in den Streitjahren einen Wohnsitz im Inland.

22Die Ausübung des hiernach bestehenden Besteuerungsrechts ist aber, soweit es um die hier streitigen Einkünfte geht, durch das DBA Österreich 2000 eingeschränkt (§ 2 der Abgabenordnung – AO -). Die Einkünfte der Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Auslandskorrespondentin in Österreich können nach Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich 2000 in Österreich besteuert werden.

23Nach Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich 2000 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in Deutschland ansässige Person (vgl. hierzu Art. 4 Abs. 1 und 2 DBA Österreich 2000) aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat (Deutschland) besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat (Österreich) ausgeübt. In diesem Fall darf die dafür bezogene Vergütung im anderen Staat besteuert werden. Dieses Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats gilt nur dann, soweit sich der Empfänger der Tätigkeitsvergütung mehr als 183 Tage im Tätigkeitsstaat aufhält (Art. 15 Abs. 2 Buchstabe a DBA Österreich 2000). Letzteres ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

24Nach Art. 15 Abs. 4 DBA Österreich 2000 muss Österreich als der anderer Staat von seinem Besteuerungsrecht tatsächlich Gebrauch gemacht haben. Ausweislich des von der Klägerin im Besteuerungsverfahren beigebrachten Einkommensteuerbescheids 2006 des Finanzamts in Österreich vom 26. Juli 2007 und des Einkommensteuerbescheids 2007 des Finanzamts in Österreich vom 7. September 2009 sind ihre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer in Österreich unterworfen worden.

25Der Senat hat keinen Zweifel, dass die Klägerin 2006 und 2007 ihre Tätigkeit als Auslandskorrespondentin insgesamt im Sinne des DBA Österreich 2000 in Österreich ausgeübt hat. Dies gilt auch, soweit die Klägerin von ihrem Redaktionsbüro in Österreich aus Dienstreisen in die angrenzenden Länder unternommen hat. Soweit der Beklagte sich für seine Rechtsansicht, für diese außerhalb Österreichs unternommenen Dienstreisen falle das Besteuerungsrecht wieder an Deutschland zurück, auf Tz. 37 des BMF-Schreibens vom 14. September 2006 (a.a.O.) berufen hat, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. In dieser Tz. wird nur die geforderte – hier nicht streitige – körperliche Anwesenheit von mehr als 183 Tagen im Tätigkeitsstaat geregelt. Diese Aufenthaltsdauer hat die Klägerin unstreitig in Österreich verbracht.

26Eine Legaldefinition einer Tätigkeit in Österreich enthält das DBA Österreich 2000 nicht. Um eine abkommenskonforme Auslegung des Tätigkeitsbegriffs zu gewährleisten, muss auf die außerhalb Deutschlands ausgeübte Tätigkeit der Klägerin abgestellt werden. Nach dem Redakteursvertrag vom 27. März 2002, der Zusatzvereinbarung vom 29. Juni 2005 sowie der ergänzenden Bescheinigung vom 15. Oktober 2012 war die Klägerin als Auslandskorrespondentin mit Sitz in Österreich tätig. Die Klägerin hat in ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend geschildert, wie sie diese Tätigkeit ausgeübt hat (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2013). Entscheidend war, was die Klägerin von Österreich aus für ihren Arbeitgeber publizierte. In Österreich verfasste sie ihre Texte und vollzog sich die schöpferische Leistung (vgl. zum Ort einer derartigen Tätigkeit Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 28. Februar 1973 I R 145/70, BStBl II 1973, 660). Diese Arbeitsleistung, nicht die dafür notwendigen Vorbereitungen wie Recherchen usw., wurde von ihrem Arbeitgeber in den von ihm herausgegebenen Medien verbreitet. Für die ihre eigentliche Tätigkeit vorbereitenden Recherchen wurden, soweit dazu Dienstreisen außerhalb von Österreich und Österreich erforderlich waren, jeweils keine neuen Arbeitsverträge oder Zusatzvereinbarungen geschlossen. Sie wurden vom Arbeitgeber der Tätigkeit seiner in Österreich ansässigen Auslandskorrespondentin zugerechnet (siehe Arbeitgeberbescheinigung vom 15. Oktober 2012). Anders als bei Montage- oder Werkleistungen, die am Übergabeort der anzufertigenden Sache erbracht werden, hat die Klägerin bei ihren Dienstreisen dort keine von ihrer Redakteurs- und Korrespondententätigkeit in Österreich zu trennende, abgrenzbare und gegenüber ihrer Tätigkeit in Österreich selbständige Tätigkeiten ausgeübt.

27Dieses einheitliche Verständnis des Tätigkeitsortes trägt dem Bedürfnis Rechnung, für die Freistellungsmethode bei außerhalb Deutschlands erzielten Arbeitnehmereinkünften eine praktikable Regelung zu schaffen und Nachweisprobleme zu vermeiden. Denn der Personenkreis journalistisch Tätiger, wie die Klägerin, ist häufig durch eine umfangreiche vorbereitende Reise- und Recherchetätigkeit geprägt. Hinge die Reichweite der Freistellung von der ausschließlichen Verrichtung der Tätigkeit am Aufenthaltsort Österreich ab, so müsste die Klägerin hierfür taggenaue Aufzeichnungen führen. Dem steht textlich bereits der Wortlaut der im DBA Österreich 2000 enthaltenen verbindlichen Protokollerklärung in Absatz 7 Satz 1 zu Art. 15 Abs. 4 entgegen. Dort heißt es: „Es besteht Einverständnis darüber, dass der Begriff „Vergütungen, wenn sie im anderen Vertragsstaat besteuert worden sind“ sich auf jegliche Arbeit bezieht, die im anderen Vertragsstaat steuerlich erfasst worden ist.“ Ebenfalls enthält Art. 15 Abs. 4 DBA Österreich 2000, der die tatsächliche Steuererhebung in Österreich regelt, hinsichtlich der dort erhobenen Steuern die Fiktion der davon insgesamt in Österreich zu erfassenden und erfassten Tätigkeit, wenn es dort heißt: „… gilt die Arbeit im anderen Vertragsstaat… als ausgeübt, …“. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Text des DBA Österreich 2000 und nicht erkennbarer Gründe für eine abweichende örtliche Differenzierung, ist für die abkommensrechliche Zuweisung des Besteuerungsrechtes und die daraus folgende Freistellungsmethode ein Dienstreisen umfassender einheitlicher Begriff des Tätigkeitsortes Österreich anzunehmen. Ausweislich der Steuerakten hat Österreich die Einkünfte der Klägerin für ihre Auslandstätigkeit 2006 und 2007 vollständig, d. h. einschließlich der Dienstreisen, der dortigen Besteuerung unterworfen.

28Auch soweit in den strittigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit „Unterschiedsbeträge“ zwischen dem bescheinigten Arbeitslohn und dem von der Klägerin in Österreich in ihren Steuererklärungen erklärten Arbeitslohn in Höhe von 1.948,44 Euro (2006) bzw. 2.074,01 Euro (2007) enthalten sind, besteht keine Rechtsgrundlage für die Einbeziehung dieser Beträge in die im Inland vorgenommenen Veranlagungen.

29Nach § 50d Abs. 8 EStG, auf den der Beklagte die Besteuerung gestützt hat, wird, wenn Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Zwar dürfte diese Vorschrift, soweit es um den letzteren Anwendungsfall geht, nicht nur den Fall erfassen, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, die freigestellten Einkünfte vollständig in seine Steuerfestsetzung einbezieht und der Steuerpflichtige lediglich die darauf festgesetzte Steuer nicht zahlt („entrichtet“), sondern auch den Fall, dass Einkünfte in diesem Staat nicht in vollem Umfang deklariert werden (vgl. BFH-Beschluss vom 16. August 2010 I B 119/09, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2010, 2055). Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass diese Voraussetzungen im Streitfall vorgelegen haben. Der Arbeitgeber hat den Bruttoarbeitslohn der Klägerin im Jahr 2006 in der Bescheinigung vom 5. Februar 2007 auf 63.287,58 Euro und für 2007 in der Bescheinigung vom 11. Juni 2008 auf 87.644,55 Euro beziffert (Einspruchsvorgang a. E.). Der Beklagte hat in der Einspruchsentscheidung ausgeführt, dass die Klägerin in den österreichischen Steuererklärungen lediglich 61.339,14 Euro (2006) bzw. 85.570,54 Euro (2007) erklärt habe. Abgesehen davon, dass sich dies nicht nachprüfen lässt, weil sich diese Steuererklärungen nicht bei den vom Beklagten vorgelegten Akten befinden, kann darauf auch nicht auf unvollständige Angaben, wie sie nach dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 2055 Anlass für eine Anwendung von § 50d Abs. 8 EStG sein könnten, geschlossen werden. Es sind keine Gründe dafür erkennbar, warum andere Angaben zu den Bezügen der Klägerin vorgelegen haben sollten als der Klägerin selbst oder warum diese in den Steuererklärungen unzutreffende Angaben hätten machen sollen. Zum anderen sind in den österreichischen Steuerbescheiden für 2006 lediglich „Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug“ in Höhe von 54.358,47 Euro und für 2007 solche in Höhe von 76.291,98 Euro angesetzt worden. Steuererklärungen und Steuerbescheide weichen damit ohnehin voneinander ab. In Anbetracht dieser Abweichung kann es auch sachliche Gründe dafür geben, dass es zwischen den bescheinigten und den in den Steuererklärungen ausgewiesenen Bezügen Abweichungen gibt. Die Klägerin durfte sich jedenfalls darauf verlassen, dass ihre in Österreich gemachten Angaben zu ihren Bezügen nicht zu einer Anwendung von § 50d Abs. 8 EStG führen würden.

30Die zusätzlichen Einkünfte der Klägerin in Höhe von 5.211 Euro für 2006 und in Höhe von 10.277 Euro für 2007 (zur Berechnung siehe Anlage zur Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011) für ihre in Österreich ausgeübte Tätigkeit sind gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 DBA Österreich 2000 von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer auszunehmen. Die Einkünfte sind im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG bei der Ermittlung des Steuersatzes zu berücksichtigen (vgl. Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Satz 2 DBA Österreich 2000). Gemäß § 100 Abs. 2 FGO überträgt der Senat die Steuerfestsetzung auf den Beklagten.

31Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

32Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Soweit ersichtlich, liegt eine höchstrichterliche Entscheidung zum Ort der ausgeübten Tätigkeit nach dem DBA Österreich 2000 bisher nicht vor.

Ordnungsmäßigkeit eines elektronischen Fahrtenbuchs

OFD Rheinland, 18.2.2013, Kurzinformation LSt-Außendienst Nr. 2/2013

Elektronische Fahrtenbücher bzw. elektronische Fahrtenbuchprogramme werden von der Finanzverwaltung weder zertifiziert noch zugelassen. Eine derartige Zertifizierung/Zulassung könnte sich auch immer nur auf eine bestimmte Programmversion beziehen, weil bei einer Versionsänderung zertifizierungs-/zulassungsschädliche Änderungen nicht ausgeschlossen werden könnten.

Selbst wenn die technischen Voraussetzungen für die Führung eines ordnungsgemäßen elektronischen Fahrtenbuchs erfüllt werden, setzt die Anerkennung eines elektronischen Fahrtenbuchs als ordnungsgemäß auch voraus, dass die Hard- und Software ordnungsgemäß bedient werden und das Fahrtenbuch hinterher alle von der BFH-Rechtsprechung und der Finanzverwaltung – insbesondere in R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 LStR – geforderten Angaben enthält.

Die Prüfung, ob ein elektronisches Fahrtenbuch als ordnungsgemäß anzuerkennen ist, kann deshalb immer nur für den jeweiligen Einzelfall erfolgen.

Im Urteil vom 1.3.2012, VI R 33/10 (BStBl 2012 II S. 505) führt der BFH aus:

„Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG ist durch die Rechtsprechung des BFH dahingehend präzisiert worden, dass nach dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Hierfür hat es neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder – wenn ein solcher nicht vorhanden ist – den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. (…) Dementsprechend müssen die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Grundsätzlich ist dabei jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht allerdings eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammengefassten Eintragung verbunden werden. Dann genügt die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wenn jedoch der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen wird, stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren ist (…).”

In H 8.1 (9–10) „Elektronisches Fahrtenbuch” LStH heißt es:

„Ein elektronisches Fahrtenbuch ist anzuerkennen, wenn sich daraus dieselben Erkenntnisse wie aus einem manuell geführten Fahrtenbuch gewinnen lassen. Beim Ausdrucken von elektronischen Aufzeichnungen müssen nachträgliche Veränderungen der aufgezeichneten Angaben technisch ausgeschlossen, zumindest aber dokumentiert werden (…).”

Der erste Leitsatz des BFH-Urteils vom 16.11.2005, VI R 64/04 (BStBl 2006 II S. 410) lautet:

„Eine mit Hilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offengelegt werden.”

Die eindeutige Kennzeichnung einer geänderten Eingabe sowohl in der Anzeige des elektronischen Fahrtenbuchs am Bildschirm als auch in seinem Ausdruck ist unverzichtbare Voraussetzung für die Anerkennung eines elektronischen Fahrtenbuchs. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit gegeben. Es muss darüber hinaus auch sichergestellt sein, dass die Daten des elektronischen Fahrtenbuchs bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist für ein Fahrtenbuch unveränderlich aufbewahrt und (ggf. wieder unverändert) lesbar gemacht werden können. Bei eventuellen Änderungen müssen die Änderungshistorie mit Änderungsdatum/-daten und (jeweils) ursprünglichem Inhalt ersichtlich sein. Auch die Änderungshistorie darf nicht nachträglich veränderbar sein.

Bestehen außersteuerliche oder steuerliche Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten und sind die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden (z.B. elektronisches Fahrtenbuch), so hat die Finanzverwaltung ein Datenzugriffsrecht auf diese digitalen Unterlagen (§ 147 Abs. 6 AO). Besteht ein Datenzugriffsrecht auf ein elektronisches Fahrtenbuch, muss auch die maschinelle Auswertbarkeit der Fahrtenbuchdaten nach § 147 Abs. 2 AO gewährleistet sein.

Zu der Frage, ob ein elektronisches Fahrtenbuch, in dem alle Fahrten automatisch bei Beendigung jeder Fahrt mit Datum, Kilometerstand und Fahrtziel erfasst werden, zeitnah geführt ist, wenn der Fahrer den Fahrtanlass erst nachträglich in einem Webportal einträgt, ist dem Anbieter eines elektronischen Fahrtenbuchprogramms auf dessen Anfragen vom BMF mit Schreiben vom 27.10. und 7.12. 2011 mitgeteilt worden: „Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder betrachten bei einem elektronischen Fahrtenbuch die nachträgliche Eintragung des Fahrtzwecks in einem Webportal als zulässig. Dabei müssen die Person und der Zeitpunkt der nachträglichen Eintragung im Webportal dokumentiert sein.” „Es bestehen keine Bedenken, ein elektronisches Fahrtenbuch, in dem alle Fahrten automatisch bei Beendigung jeder Fahrt mit Datum, Kilometerstand und Fahrtziel erfasst werden, jedenfalls dann als zeitnah geführt anzusehen, wenn der Fahrer den dienstlichen Fahrtanlass innerhalb eines Zeitraums von bis zu sieben Kalendertagen nach Abschluss der jeweiligen Fahrt in einem Webportal einträgt und die übrigen Fahrten dem privaten Bereich zugeordnet werden.”

Nach R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 4 LStR genügen für Privatfahrten jeweils Kilometerangaben. Die Angabe des Datums ist also bei Privatfahrten – im Gegensatz zu beruflichen Fahrten – nicht vorgesehen. Da die beruflich und privat zurückgelegten Fahrtstrecken gesondert und laufend im Fahrtenbuch nachzuweisen sind (Hinweis auf R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 2 LStR), ergeben sich die Daten der Privatfahrten (zumindest der Zeitraum) regelmäßig aus dem Zusammenhang der Eintragungen. Nur wenn die privat zurückgelegten Fahrtstrecken im fortlaufenden Zusammenhang der durchgeführten Fahrten im Fahrtenbuch nachgewiesen werden, können die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes elektronisches Fahrtenbuch erfüllt werden. Das gilt auch z.B. für das Ausschalten des GPS-Moduls des Bordcomputers.

Bei einem elektronischen Fahrtenbuch sind die GPS-Ermittlung der Fahrtstrecken und die dadurch entstehende Abweichung vom Tachostand des Fahrzeugs grundsätzlich unbedenklich. Allerdings sollte der tatsächliche Tachostand im Halbjahres- oder Jahresabstand dokumentiert werden.

Umsatzsteuer: Belegnachweis bei Ausfuhrlieferungen von Kraftfahrzeugen

Umsatzsteuer; Belegnachweis bei Ausfuhrlieferungen von Kraftfahrzeugen – Änderung von § 9 Absatz 2 und § 10 Absatz 2 UStDV durch die Verordnung zum Erlass und zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 11. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2637):

Das BMF-Schreiben regelt den Belegnachweis bei Ausfuhrlieferungen von Kraftfahrzeugen für nach dem 19.12.2012 ausgeführte Lieferungen.

Umsatzsteuer; Belegnachweis bei Ausfuhrlieferungen von Kraftfahrzeugen – Änderung von § 9 Absatz 2 und § 10 Absatz 2 UStDV durch die Verordnung zum Erlass und zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 11. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2637) (PDF, 39,7 KB)

Bundesfinanzministerium (BMF)

 

Belegnachweis bei Ausfuhrlieferungen von Kraftfahrzeugen – Änderung von § 9 Absatz 2 und § 10 Absatz 2 UStDV durch die Verordnung zum Erlass und zur Änderung
steuerlicher Verordnungen vom 11. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2637)
BEZUG BMF-Schreiben vom 21. März 2013
– IV D 3 – S 7134/12/10002 (2013/0274265) –
GZ IV D 3 – S 7134/12/10002
DOK 2013/0389915

Verordnung zum Erlass und zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 11. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2637) wurden die Regelungen zum Belegnachweis bei Ausfuhrlieferungen von Kraftfahrzeugen geändert. Die Änderungen sind mit Wirkung vom 20. Dezember 2012 in Kraft getreten. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass ist an diese Änderungen anzupassen.

Durch Artikel 4 Nummer 1 und 2 der Verordnung zum Erlass und zur Änderung steuerlicher Verordnungen vom 11. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2637) wurden die Regelungen zum Be-legnachweis bei Ausfuhrlieferungen von Kraftfahrzeugen geändert. Die Änderungen sind mit Wirkung vom 20. Dezember 2012 in Kraft getreten. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass ist an diese Änderungen anzupassen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden deshalb die Abschnitte 6.6, 6.7 und 6.9 des Umsatzsteuer-Anwendungserlas-ses vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 12. April 2013 – IV D 2 – S 7330/09/10001 :001 (2013/0336253) -, BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:

 

1. Abschnitt 6.6 wird wie folgt geändert:

 

a) Nach Absatz 4 wird folgender neuer Absatz 4a eingefügt:

 

(4a) 1Bei der Ausfuhr von Fahrzeugen im Sinne des § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG (vgl. Abschnitt 1b.1), die zum bestimmungsmäßigen Gebrauch im Straßenverkehr einer Zulassung bedürfen, muss der Beleg nach § 9 Abs. 1 UStDV (vgl. Absätze 1 bis 3) immer auch die Fahrzeug-Identifikationsnummer im Sinne des § 6 Abs. 5 Nr. 5 FZV enthalten (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStDV), unabhängig davon, ob das Fahrzeug mit Hilfe eines Beförderungsmittels oder auf eigener Achse ausgeführt wird. 2Ob das ausgeführte Fahrzeug zum bestimmungsmäßigen Gebrauch im Straßenverkehr einer Zulassung bedarf, richtet sich dabei nach § 3 Abs. 1 und 2 Nr. 1 FZV. 3Außerdem muss der Unternehmer bei der Ausfuhr eines solchen Fahrzeugs nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStDV grundsätzlich zusätzlich über eine Bescheinigung über die Zulassung, die Verzollung oder die Einfuhrbesteuerung im Drittland verfügen; Absatz 6 Sätze 4 und 5 gilt entsprechend. 4Dies gilt gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 UStDV jedoch nicht in den Fällen, in denen das Fahrzeug 

1. mit einem Ausfuhrkennzeichen ausgeführt wird, das im Beleg nach § 9 Abs. 1 UStDV aufge-führt ist, oder 

2. nicht im Sinne der FZV auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt worden ist (vgl. § 3 und §§ 16 bis 19 FZV) und nicht auf eigener Achse in das Drittlandsgebiet ausgeführt wird. 

 

b) Absatz 6 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

 

Als Ersatzbelege können insbesondere Bescheinigungen amtlicher Stellen der Bundesrepublik Deutsch-land anerkannt werden; amtliche Stellen der Bundesrepublik Deutschland im Bestimmungsland kön-nen aber keine Ausfuhrbescheinigungen für Kraftfahrzeuge erteilen.“

 

2. In Abschnitt 6.7 wird folgender neuer Absatz 4 angefügt:

 

(4) 1Bei der Ausfuhr von Fahrzeugen im Sinne des § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG (vgl. Abschnitt 1b.1), die zum bestimmungsmäßigen Gebrauch im Straßenverkehr einer Zulassung bedürfen, muss der Beleg nach § 10 Abs. 1 UStDV (vgl. Absätze 1 und 2) immer auch die Fahrzeug-Identifikationsnummer im Sinne des § 6 Abs. 5 Nr. 5 FZV enthalten (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStDV), unabhängig davon, ob das Fahrzeug mit Hilfe eines Beförderungsmittels oder auf eigener Achse ausgeführt wird. 2Ob das ausge-führte Fahrzeug zum bestimmungsmäßigen Gebrauch im Straßenverkehr einer Zulassung bedarf, richtet sich dabei nach § 3 Abs. 1 und 2 Nr. 1 FZV. 3Außerdem muss der Unternehmer bei der Aus-fuhr eines solchen Fahrzeugs nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStDV grundsätzlich zusätzlich über eine Bescheinigung über die Zulassung, die Verzollung oder die Einfuhrbesteuerung im Drittland verfügen; Abschnitt 6.6 Abs. 6 Sätze 4 und 5 gilt entsprechend. 4Dies gilt gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 UStDV jedoch nicht in den Fällen, in denen das Fahrzeug 

1. mit einem Ausfuhrkennzeichen ausgeführt wird, das im Beleg nach § 10 Abs. 1 UStDV aufgeführt ist, oder 

2. nicht im Sinne der FZV auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt worden ist (vgl. § 3 und §§ 16 bis 19 FZV) und nicht auf eigener Achse in das Drittlandsgebiet ausgeführt wird.

 

3. In Abschnitt 6.9 werden die bisherige Zwischenüberschrift vor Absatz 11 sowie die Absät-ze 11 und 13 gestrichen.

 

Diese Regelungen sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 19. Dezember 2012 ausge-führt werden.

 

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht und steht ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (http://www.bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik Themen – Steuern – Steuerarten – Umsatzsteuer – Umsatzsteuer-Anwendungserlass zum Herunterladen bereit.

Steuerterminkalender Mai 2013

Seit dem 1.1.2013 müssen Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen authentifiziert – das heißt mit Hilfe eines Sicherheitszertifikats – übermittelt werden, damit die Identität des Datenübermittlers eindeutig feststellbar ist. Dieses Zertifikat erhalten Unternehmen und Arbeitgeber im ELSTER-Online-Portal www.elsteronline.de/eportal unter der Rubrik Registrierung.SteuerartTerminBemerkungen

 

Umsatzsteuer:

(Mehrwertsteuer)

10.05.2013

Voranmeldung und Vorauszahlung für Umsätze im Monat April 2013, wenn die Um­satzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500,– EUR be­tragen hat (Monatszahler).

Lohnsteuer, Kirchen­lohnsteuer und Solidari­tätszuschlag:

10.05.2013

Abführung der im Monat April 2013 einbehaltenen Lohnsteuer, Kirchenlohn­steuer und des Solidaritätszuschlags, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorange­gangene Kalenderjahr mehr als 4.000,– EUR betragen hat. Zum gleichen Termin ist die Lohnsteueranmeldung abzugeben, in der auch die ein­behaltene Kirchenlohn­steuer sowie der einbehaltene Solidaritätszuschlag gesondert auf­zuführen sind.

Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag:

10.05.2013

Anmeldung und Entrichtung der im Monat April 2013 entstandenen Steuer.

Lotteriesteuer:

Die Lotteriesteuer ist vor Beginn des Losabsatzes zu entrichten.

Gewerbesteuer:

15.05.2013

Gewerbesteuer-Vorauszahlung in Höhe eines Viertels der zuletzt festgesetzten Jah­ressteuerschuld.

Grundsteuer:

15.05.2013

Ein Viertel des Jahresbetrages

Kraftfahrzeugsteuer:

Die Kraftfahrzeugsteuer ist an dem im Steuerbescheid festgesetzten Fälligkeits­ter­min zu entrichten.

Versicherungsteuer:

15.05.2013

Anmeldung und Entrichtung der im Monat April 2013 entstandenen Steuer, wenn die Versicherungsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 3.000,– EUR be­tragen hat (Monatszahler)

Hinweis:

Die Gewerbesteuer und die Grundsteuer sind an die zuständige Verbandsgemeinde-, Gemeinde- oder Stadtkasse, die übrigen Steuern an die Finanzkasse zu zahlen.

Die Fälligkeit der Steuerzahlungen ist durch Gesetz bestimmt. Falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag in Höhe von 1 % des rückständigen Betrages zu entrichten. Ein Säumniszuschlag wird jedoch nicht erhoben, wenn die zu entrichtende Steuer innerhalb der sog. Zahlungsschonfrist von 3 Tagen beim Finanzamt eingeht. Die Zahlungsschonfrist gilt nicht bei Zahlung durch Übersendung eines Schecks.

Durch eine Änderung im Jahressteuergesetz 2007 gelten Schecks ab dem 1. Januar 2007 erst drei Tage nach deren Eingang bei der zuständigen Finanzkasse als entrichtet. Scheckzahler müssen ihre Schecks künftig früher einreichen. Liegt der fiktive Zahlungszeitpunkt nach dem Fälligkeitstag, so fallen sofort Säumniszuschläge an.

Bei Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto des Finanzamts (Finanzkasse) gilt die Zahlung an dem Tag als wirksam geleistet, an dem der Betrag dem Konto des Finanzamts (Finanzkasse) gutgeschrieben wird.

Bei erteilter Einzugsermächtigung an das Finanzamt ist die Zahlungsschonfrist ohne Bedeutung, da bei Vorlage einer Einzugsermächtigung die Steuerschuld als am Fälligkeitstag entrichtet gilt. Die Teilnahme an diesem Verfahren wird empfohlen.

Arbeitgeber und Unternehmer sind dazu verpflichtet, Lohnsteuer-Anmeldungen bzw. Umsatzsteuer-Voranmeldungen nur auf elektronischem Weg über das Internet an das Finanzamt zu senden.

Arbeitgeber müssen noch in diesem Jahr die elektronische Lohnsteuerkarte verwenden

Mit der Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte können Arbeitgeber bereits seit dem 1. Januar 2013 die gültigen Elektronischen LohnSteuerAbzugsMerkmale (ELStAM) abrufen. Die auf der alten Papier-Lohnsteuerkarte aus dem Jahr 2010 enthaltenen Daten verlieren somit zum Ende des Jahres ihre Gültigkeit. Bereits mehr als 30 Prozent der rheinland-pfälzischen Arbeitgeber sind im ersten Quartal dieses Jahres in das elektronische Verfahren eingestiegen. Damit wird schon heute für rund 570.000 Arbeitnehmer der monatliche Lohnsteuerabzug mit Hilfe der ELStAM-Daten papierlos durchgeführt.Arbeitgeber, die noch nicht auf das elektronische Verfahren umgestiegen sind, warnt die Oberfinanzdirektion Koblenz, dass die Angaben der alten Papier-Lohnsteuerkarte möglicherweise nicht mehr aktuell sind, so z.B. Anzahl der Kinderfreibeträge oder Lohnsteuerklasse. Je nach verwendetem Lohnsteuerabrechnungsprogramm kann dies durch Rückrechnungen dazu führen, dass Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzuzahlen ist und dadurch ein niedrigerer Lohn ausgezahlt wird. Diese negative Auswirkung ist für die Arbeitnehmer umso größer, je später ihr Arbeitgeber in das ELStAM-Verfahren einsteigt.

Für einen reibungslosen Einstieg in das neue Verfahren empfiehlt die Oberfinanzdirektion Koblenz den betreffenden Arbeitgebern einen Informationsaustausch mit ihren Arbeitnehmern. Dazu wurden Musterschreiben unter www.elster.de eingestellt. Auf dieser Internetseite finden sich auch weitere Informationen rund um das ELStAM-Verfahren sowie aktuelle Besonderheiten.

Auch für Arbeitnehmer lohnt sich ein Blick auf www.elster.de/arbeitn_elstam.php. Im ElsterOnline-Portal können zudem die eigenen Daten für den Lohnsteuerabzug (Steuerklasse, Freibeträge etc.) überprüft werden. Hierzu ist aus Gründen des Datenschutzes die einmalige Registrierung mit der steuerlichen Identifikationsnummer (IdNr.) erforderlich.

Rückstellung für die Aufwendungen zur Anpassung des betrieblichen EDV-Systems an die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)

Zulässigkeit der Bildung einer Rückstellung für die Aufwendungen zur Anpassung des betrieblichen EDV-Systems an die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)

Kurzinfo ESt Nr. 6/2010 der Oberfinanzdirektion Münster vom 15.04.2010
Die Oberfinanzdirektion OFD Münster hat zur Zulässigkeit der Bildung einer Rückstellung für die Aufwendungen zur Anpassung eines betrieblichen EDV-Systems an die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) Stellung genommen. Rückstellungen sind zulässig, allerdings nur für Wirtschaftsjahre, die nach dem 24.12.2008 enden. Denn erst seit dem 25.12.2008 sind mit der Einführung des Verzögerungsgeldes GDPdU-Verstöße sanktionsbewehrt.

Nach dem BFH-Urteil v. 19.8.2002 (Az. VIII R 30/01) sind für die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren. Die GDPdU konkretisieren die Aufbewahrungspflichten für elektronische Dokumente. Der Ansatz der Rückstellung setzt allerdings voraus, dass an die Verletzung der Verpflichtung Sanktionen geknüpft sind (R 5.7 Abs. 4 Satz 1 EStR 2008). Die Sanktionsbewehrung wird aber erst durch die im Rahmen des Jahressteuergesetzes (JStG) 2009 mit Wirkung ab dem 25.12.2008 eingeführte Möglichkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes von bis zu 250.000 Euro gem. § 146 Absatz 2b AO hinreichend konkretisiert. Dementsprechend sind erstmals in nach dem 24.12.2008 endenden Wirtschaftsjahren dem Grunde nach Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren. In den vorangegangenen Wirtschaftsjahren scheidet eine Rückstellungsbildung für die Verpflichtungen aus den GDPdU dagegen aus. Bei der Bewertung der Rückstellungen ist zu beachten, dass künftige Aufwendungen, die zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut führen, nicht berücksichtigt werden können (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG und R 5.7 Abs. 2 Nr. 4 EStR 2008).

Keine steuerliche Abzugsfähigkeit von privater Risikolebensversicherung, Unfallversicherung und Kapitallebensversicherung

Keine steuerliche Abzugsfähigkeit von privater Risikolebensversicherung, Unfallversicherung und KapitallebensversicherungVerfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 4 EStG

Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, Beiträge zu privaten Risikolebensversicherungen, Unfallversicherungen oder Kapitallebensversicherungen einkommensteuerlich in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 31.1.2013 – 9 K 242/12; Revision zugelassen).


 Leitsatz

Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, Beiträge zu privaten Risikolebensversicherungen, Unfallversicherungen oder Kapitallebensversicherungen einkommensteuerlich in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen, da diese nicht der Sicherung der bloßen Existenz, sondern primär dem Schutz und dem Erhalt von Vermögen und Lebensstandard dienen.

 Gesetze

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3a
EStG § 10 Abs. 4 S. 3
GG Art. 1 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 1
SGB XII § 90

 Tatbestand

Streitig ist, ob das subjektive Nettoprinzip gebietet, Aufwendungen für eine Risikolebensversicherung, eine Unfallversicherung und für verschiedene Kapitallebensversicherungen steuerlich zu berücksichtigen.

Mit Beschluss vom 13. Februar 2008 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die bisher geltende Regelung zum Sonderausgabenabzug von Beiträgen zu einer Kranken- und Pflegeversicherung nicht ausreichend sei. Der Gesetzgeber habe die Beträge steuerlich zum Abzug zuzulassen, die dem Umfang nach erforderlich sind, um dem Steuerpflichtigen und seiner Familie eine sozialhilfegleiche Kranken- und Pflegeversorgung zu gewährleisten (Aktenzeichen 2 BvL 1/06, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts –  BVerfGE  – 120, 125). Gleichzeitig verpflichtete es den Gesetzgeber, mit Wirkung zum 1. Januar 2010 eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen. Aufgrund dieser Entscheidung änderte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom 16. Juli 2009 (BGBl. I 2009, 1959 ) die steuerliche Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen in § 10 des Einkommensteuergesetzes in der ab dem Veranlagungszeitraum 2010 geltenden Fassung (  EStG ) teilweise neu. Die Höchstbeträge für den Abzug von anderen Vorsorgeaufwendungen als Aufwendungen für die Altersversorgung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG wurden auf 2.800 EUR bzw. 1.900 EUR erhöht (§ 10 Abs. 4 S. 1 und 2 EStG). Die Aufwendungen für die sozialhilfegleiche Kranken- und Pflegeversorgung wurden in § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG neu definiert. Diese Beiträge sind – unabhängig von den Höchstbeträgen – stets in vollem Umfang abzugsfähig. Die sonstigen Vorsorgeaufwendungen wurden in den neu eingefügten § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG aufgenommen. Diese Beiträge wirken sich nur noch dann aus, wenn die Höchstbeträge nicht bereits durch den Abzug der sozialhilfegleichen Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG ausgeschöpft worden sind (§ 10 Abs. 4 S. 4 EStG ).

Die Kläger sind miteinander verheiratete Eheleute, die im Veranlagungszeitraum 2010 zusammenveranlagt wurden. Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb. Im Veranlagungszeitraum 2010 wurden von seinem Arbeitslohn Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 6.705 EUR und zur gesetzlichen Pflegeversicherung in Höhe von 877,56 EUR einbehalten. Die Klägerin erzielt ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In der im März 2011 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung beantragten sie neben dem Abzug der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch den Abzug folgender Beträge als sonstige Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG :

 

   Bezeichnung    Betrag
 Risikolebensversicherung

 148,23 EUR

 Unfallversicherung

 243,55 EUR

 vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossene Kapitallebensversicherungen

   4 .436,00 EUR

 Summe:

 4 .827,78 EUR

 

Der gemeinsame Höchstbetrag der Kläger nach § 10 Abs. 4 S. 3 EStG war bereits durch die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung überschritten, weshalb die sonstigen Vorsorgeaufwendungen im Einkommensteuerbescheid vom 28. März 2011 vom Beklagten nicht berücksichtigt wurden.

Mit dem form- und fristgerecht eingelegten Einspruch begehrten die Kläger, die sonstigen Vorsorgeaufwendungen in erklärter Höhe zum Abzug zuzulassen. Nach weiterem Schriftverkehr wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2012 als unbegründet zurück.

Mit der form- und fristgerecht erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die geltend gemachten Aufwendungen für Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG von insgesamt 4.828 EUR seien zum Abzug zuzulassen. Die Aufwendungen gehörten zu den notwendigen Aufwendungen der Daseinsfürsorge und seien daher im Rahmen des subjektiven Nettoprinzips steuermindernd zu berücksichtigen. Dies habe der Gesetzgeber selbst durch die Aufzählung im Gesetz anerkannt. Eine Rechtfertigung für die Aufteilung in Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und andere Vorsorgeaufwendungen sei nicht erkennbar. Die Einteilung sei aus haushaltspolitischen Gründen erfolgt. Eine sachliche Begründung bestehe hierfür nicht. Bei jeder Typisierung sei zu beachten, dass die typisierten Aufwendungen möglichst in allen Fällen berücksichtigt werden. Gerade dies sei nicht der Fall. In nahezu allen Fällen würden die in § 10 Abs. 4 S. 3 EStG aufgeführten Höchstbeträge bereits durch die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung überschritten. Die Grundsätze der Sozialhilfe seien nicht maßgeblich. Sonderausgaben seien die – durch das subjektive Nettoprinzip gebotene und im Gesetz angelegte – Berücksichtigung von indisponiblem Einkommen bei der Bemessung der Einkommensteuer, wie dies gerade die Berücksichtigung der Kirchensteuer zeige. Diese Aufwendungen belasteten die Sozialhilfeempfänger nicht.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 4.828 EUR zum Abzug zugelassen werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Berücksichtigung der geltend gemachten Versicherungsbeiträge sei nicht geboten. Das subjektive Nettoprinzip gebiete den Abzug der Aufwendungen, die zur Sicherung des existenznotwendigen Lebensbedarfs unumgänglich seien. Dieser Begriff erfasse jedoch nur die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, denn nur diese gehörten zum maßgeblichen sozialhilferechtlichen Mindestbedarf. Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums gebiete nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur den Schutz des Lebensstandards auf Sozialhilfeniveau. Daher seien die Differenzierungen des Sozialhilferechts eine taugliche Abgrenzungsgrundlage, an die sich der Gesetzgeber gehalten habe. Entgegen der Auffassung der Kläger habe der Gesetzgeber durch die ausdrückliche Trennung von notwendigen Aufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG und darüber hinausgehenden freiwilligen Aufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG gerade deutlich gemacht, dass er die sozialhilferechtliche Trennung im Steuerrecht umsetzen wolle. Es gebe auch andere existenznotwendige Aufwendungen, die im Grundfreibetrag abgegolten seien und nicht gesondert abgezogen werden könnten, z.B. solche für bürgerliche Kleidung.

Dem Sach- und Streitstand liegt neben den Gerichtsakten ein Band Einkommensteuerakten des Beklagten zur Steuernummer … zu Grunde.

 Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet gemäß § 90a der Finanzgerichtsordnung (  FGO ) durch Gerichtsbescheid.

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO ). Ein höherer Sonderausgabenabzug steht den Klägern nicht zu.

1. Die im Einkommensteuerbescheid vom 28. März 2011 zum Abzug zugelassenen Sonderausgaben entsprechen dem geltenden einfachen Recht. Die Kläger haben im Streitjahr nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzugsfähige Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 7.441 EUR geleistet. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Diese Beiträge wurden steuerlich berücksichtigt und übersteigen den gemeinsamen Höchstbetrag, der den Klägern nach § 10 Abs. 4 S. 1 bis 3 EStG zusteht. Der Abzug der übrigen Vorsorgeaufwendungen ist daher gemäß § 10 Abs. 4 S. 4 EStG zu Recht unterblieben.

2. Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, Beiträge zu privaten Risikolebensversicherungen, Unfallversicherungen oder Kapitallebensversicherungen einkommensteuerlich in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen. Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich bei den gezahlten Beiträgen zu diesen Versicherungen nicht um existenziell notwendige Aufwendungen der Daseinsfürsorge, die im Rahmen des subjektiven Nettoprinzips steuermindernd zu berücksichtigen wären.

a. Die Freistellung des Existenzminimums erfolgt im Steuerrecht zum Einen durch den Grundfreibetrag, zum Anderen durch den Abzug der existenznotwendigen Aufwendungen als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen. Die (privaten) existenzsichernden Aufwendungen sind im Rahmen von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen grundsätzlich steuerlich abziehbar (subjektives Nettoprinzip). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung – auch soweit die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen diese mit sich bringt – die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer nicht. Für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach finanzieller Leistungsfähigkeit kommt es nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand (BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07 , 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 unter C.I.3 der Entscheidungsgründe).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts leitet sich aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes ferner das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums ab. Danach hat der Staat das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Das einkommensteuerrechtlich maßgebliche Existenzminimums richtet sich dabei nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau. Was der Staat dem Einzelnen voraussetzungslos aus allgemeinen Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen hat, das darf er ihm nicht durch Besteuerung seines Einkommens entziehen (BVerfG-Urteil vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06 , BVerGE 120, 125 unter D.I.1 der Entscheidungsgründe). Durch die Entscheidung vom 13. Februar 2008 hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass zu den existenzsichernden Aufwendungen auch solche für eine Basisvorsorge gegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit gehören.

b. Der erkennende Senat hat keine Zweifel daran, dass die Beiträge zur privaten Risikolebensversicherung, Unfallversicherung oder zu den Kapitallebensversicherungen gerade nicht notwendig sind, um die notwendigen Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für die Kläger zu schaffen. Zum Abschluss solcher Versicherungen besteht keine gesetzliche Verpflichtung. Sie gehören damit – in der Diktion des Bundesverfassungsgerichts – zum Bereich der freien oder beliebigen Einkommensverwendung. Sie gehören ebensowenig zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 21. September 2012 3 K 144/11 , Entscheidungen der Finanzgerichte –  EFG  – 2013, 26 unter II.3 der Entscheidungsgründe; andere Auffassung: Schulemann, Olaf (2009): Sonderausgabenabzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, http://hdl.handle.net/10419/45387 ). Beiträge für diese privaten (zusätzlichen) Versicherungen werden nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch grundsätzlich nicht erstattet. Die abgedeckten Risiken Alter, Invalidität und Tod werden typischerweise von den klassischen Altersvorsorgesystemen wie der gesetzlichen Rentenversicherung, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und der Beamtenversorgung abgedeckt (ebenso BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvR 1220/04 , 2 BvR 410/05, BVerfGE 120, 169 unter B.I.1.d der Entscheidungsgründe). Diese Versicherungen dienen gerade nicht der Sicherung der bloßen Existenz der Kläger, sondern primär dem Schutz und dem Erhalt von deren Vermögen und Lebensstandard (ebenso Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG /KStG, § 10 EStG RNr. 383). Der Gesetzgeber ist zu Recht davon ausgegangen, dass es den Klägern aufgrund ihres hohen Einkommens zuzumuten ist, die zusätzliche Vorsorge zum Erhalt ihres Lebensstandards im Alter aus eigenen Ressourcen ohne Beteiligung des Fiskus zu finanzieren (vergleiche Begründung zu § 10 Abs. 4 EStG , Bundestags-Drucksache 16/13429, Seite 44). Der Senat verkennt nicht, dass es wirtschaftlich durchaus sinnvoll sein kann, derartige Versicherungen abzuschließen. Es liegt jedoch primär im Interesse jedes einzelnen, den einmal erreichten Lebensstandard durch eigene Vorsorge zu bewahren. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb sich die Allgemeinheit über die steuerliche Förderung an solchen Aufwendungen beteiligten muss.

Soweit die Kläger den Abzug von Beiträgen zu insgesamt drei Kapitallebensversicherungen begehren, kann der Senat zudem nicht nachvollziehen, weshalb diese Aufwendungen unvermeidbare, existenzsichernde Privataufwendungen darstellen sollen. Die Höhe des angesparten Kapitals und die Art und Weise der Auszahlung als Einmalbetrag oder laufende Rente liegen allein im Belieben des Versicherungsnehmers. Private Kapitallebensversicherungen haben daher Kapitalanlagecharakter (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvR 1220/04 , 2 BvR 410/05, BVerfGE 120, 169 unter B.I.1.d der Entscheidungsgründe). Zur notwendigen Vorsorge für die Sicherung der Existenz im Alter zählt der Gesetzgeber – wie § 33 Abs. 1 Nr. 4 SGB XII zeigt – nur die privaten Versicherungen, die im Alter ausschließlich laufende Rentenzahlungen vorsehen. Mit Herausnahme der Beiträge zu Kapitallebensversicherungen aus den nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG begünstigten Altersvorsorgeaufwendungen durch das Gesetz zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz ) vom 5. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1427 ) hat der Gesetzgeber dies auch im Steuerrecht umgesetzt. Dass Kapitallebensversicherungen nach alter Rechtslage begünstigt waren, steht dem nicht entgegen. Der Steuerpflichtige kann nicht darauf vertrauen, dass eine bestehende günstige steuerliche Behandlung für die Zukunft unverändert fortbesteht (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1 unter C.I.1.c der Entscheidungsgründe).

Die Risikolebensversicherung dient bereits denklogisch nicht der Existenzsicherung des Versicherten, sondern regelmäßig der vermögensmäßigen Absicherung des Begünstigten im Hinblick auf die nach dem Tod des Versicherten geänderte Lebenssituation. Dies ermöglicht die Aufrechterhaltung des bisher gewohnten Lebensstandards insbesondere in vermögensrechtlicher Hinsicht, geht aber über die notwendige Sicherung der persönlichen Existenz hinaus. Auch im Sozialhilferecht ist das gesamte verwertbare Vermögen zunächst zur Sicherung der Existenz heranzuziehen (§ 90 Abs. 1 SGB XII ).

Das Gleiche gilt schließlich für die bestehende Unfallversicherung. Diese Versicherung ermöglicht es regelmäßig, den bisherigen Lebensstandard auch nach einem Unfall weitestgehend aufrecht zu erhalten, insbesondere die Leistungsfähigkeit wieder herzustellen und Erwerbsminderung auszugleichen. Das sozialhilferechtlich gebotene Mindestmaß ist auch hier bereits durch die gesetzlichen Renten- und Unfallversicherungen gewährleistet. Auch das Bundesverfassungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Abzugsfähigkeit von Beiträgen zur privaten Unfallversicherung nicht von Verfassungs wegen geboten sei (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvR 1220/04 , 2 BvR 410/05, BVerfGE 120, 169 am Ende der Entscheidungsgründe). Soweit Aufwendungen für Beiträge zur Unfallversicherung im sozialhilferechtlichen Grundbedarf enthalten sind, werden diese durch den Grundfreibetrag abgedeckt (Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG /KStG , § 10 EStG RNr. 383).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

4. Die Revision wird zugelassen. Die hier streitige Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ).

-> Das Aktenzeichen beim BFH lautet X R 5/13.