Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Geltendmachung der Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer KG

Geltendmachung der Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer KG

Rechtslage

Besteht Streit über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafter, lassen sich hierzu gesetzliche Regelungen nur für die Aktiengesellschaft (§§ 241 ff AktG) finden. Nach ständiger Rechtsprechung sind diese Anfechtungs- und Nichtigkeitsvorschriften bei der GmbH entsprechend anwendbar. Die Klage ist daher gegen die Gesellschaft zu richten; die Anfechtungsfrist von einem Monat (§ 246 Abs. 1 AktG) stellt hingegen nur ein Leitbild dar. Bei den Personengesellschaften ist die Klage grundsätzlich gegen die Mitgesellschafter zu richten. Im Gesellschaftsvertrag können jedoch Regelungen über die Anfechtung von Beschlüssen enthalten sein, die auf ihren Regelungsgehalt zu überprüfen sind.

Sachverhalt

Die Klägerin und eine Beklagte sind Kommanditisten zweier GmbH & Co. KGs und zugleich an deren persönlich haftender Gesellschafterin – der (weiteren) beklagten GmbH – beteiligt. Auf einer gemeinsamen Gesellschafterversammlung der Kommanditgesellschaften und der beklagten GmbH wurden mit den Stimmen der beklagten Kommanditistin jeweils der Ausschluss der Klägerin aus den Kommanditgesellschaften und die Einziehung ihres Geschäftsanteils an der beklagten GmbH beschlossen. In den Gesellschaftsverträgen der Kommanditgesellschaften hieß es unter anderem jeweils: „Ein Gesellschafterbeschluss kann nur innerhalb von 2 Monaten durch Klage angefochten werden…“. Die Klägerin erhob gegen die Beklagten Klage und beantragte die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse nichtig.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Klage an das Berufungsgericht zurück. Im Rahmen der Zulässigkeit der Klage hinsichtlich der Beschlüsse der KGs ist nun zu prüfen, ob die Mitgesellschafterinnen die richtigen Klagegegner sind. Die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer KG wird grundsätzlich durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht. Abweichend kann der Gesellschaftsvertrag bestimmen, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist. Die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems auf Personengesellschaften hängt von der Auslegung des Gesellschaftsvertrags im Einzelfall ab. Der Wortlaut der Regelung im Gesellschaftsvertrag führt nach Ansicht des BGH zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Vereinbarung einer Anfechtungsfrist weist auf die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems auch hinsichtlich der Gesellschaft als Klagegegner hin. Allein die Verwendung des Worts „Anfechten“ zwingt aber nicht zu dieser Auslegung. Das Berufungsgericht hat daher weitere Feststellungen zu treffen.

Konsequenz

Wegen der geringen Gesellschafterzahl neigte der BGH im vorliegenden Rechtsstreit dazu, dass die Klage gerade nicht gegen die Gesellschaft gerichtet werden sollte. Ist dies dennoch gewollt, müssen eindeutige Regelungen im Gesellschaftsvertrag getroffen werden.

Betriebsteilverlagerung ins grenznahe Ausland ist keine Betriebsstilllegung

Betriebsteilverlagerung ins grenznahe Ausland ist keine Betriebsstilllegung

Kernfrage

Wird ein Betrieb stillgelegt, sind betriebsbedingte Kündigungen zulässig. Wird dagegen „nur“ eine Betriebsstätte verlegt, ist zu prüfen, ob nicht ein Betriebsübergang vorliegt, der Kündigungen wegen des Betriebsübergangs unzulässig macht. Diese Grundsätze des deutschen Rechts gelten auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. So hatte das Bundesarbeitsgericht jetzt darüber zu entscheiden, ob die Verlagerung einer Betriebsstätte aus Deutschland in die Schweiz zur Betriebsstilllegung (in Deutschland) oder zu einem Betriebsübergang (in die Schweiz) führt.

Sachverhalt

Der Arbeitgeber war eine in Grenznähe zur Schweiz ansässige Konzerntochter, deren Mutter auch in der Schweiz Unternehmen hat. Zum 1.1.2009 wurde ein Betriebsteil in Deutschland eingestellt und in die Schweiz verlegt; konkret wurden die wesentlichen materiellen und immateriellen Produktionsmittel zu einem weniger als 60 Kilometer entfernten neuen Standort in der Schweiz gebracht. Dem Kläger gegenüber wurden vom deutschen Arbeitgeber 2 Kündigungen seines nach deutschem Recht bestimmten Arbeitsverhältnisses wegen Betriebsstilllegung ausgesprochen. Das Angebot eines neuen Arbeitsvertrages mit dem Schweizer Unternehmen lehnte er ab. Gegen die Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer mit dem Einwand, es liege ein Betriebsübergang vor, der die Kündigung unwirksam mache.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Kläger Recht. Wenn für einen Arbeitsvertrag deutsches Recht maßgeblich sei, so sei die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliege, nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies gelte auch, wenn ein Betriebsteil wie im konkreten Fall ins – jedenfalls grenznahe – Ausland verlagert werde. Hier komme es zu einem nach deutschem Recht zu beurteilenden Betriebsübergang, der eine Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigungen durch dringende betriebliche Gründe ausschließe. Eine Berufung auf eine Betriebsstilllegung sei ausgeschlossen, da der Betriebsteil auf das ausländische Unternehmen übertragen worden sei.

Konsequenz

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Die Frage, welche Ansprüche gegen das übernehmende ausländische Unternehmen bestehen und ob sich auch diese nach deutschem Recht richten können, hat das Bundesarbeitsgericht allerdings nicht entschieden. Festzuhalten bleibt, dass die deutschen Betriebsübergangsregelungen jedenfalls nicht an der Grenze Halt machen. Dies gilt zumindest für einen grenznahen Bereich.

Wie entnimmt man ein Kfz?

Wie entnimmt man ein Kfz?

Rechtslage

Die Entnahme von Kfz, die zum Unternehmensvermögen gehören, unterliegt nicht der Umsatzsteuer, sofern ihre Anschaffung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte. Der Verkauf solcher Kfz ist hingegen umsatzsteuerpflichtig. Um die Entstehung der Umsatzsteuer zu verhindern, wird daher in der Praxis geraten, zunächst das Kfz zu entnehmen und später privat zu verkaufen. Doch dies ist in der Praxis nicht so einfach. Gelingt der Nachweis der Entnahme nicht, so wird der Verkaufspreis der Umsatzsteuer unterworfen.

Sachverhalt

Der Kläger hatte einen Pkw in sein Unternehmensvermögen eingelegt. Ein Vorsteuerabzug stand ihm aufgrund der Einlage nicht zu. Später kaufte er einen neuen Pkw und gab den bisher genutzten hierzu in Zahlung. Den Verkauf seines alten Pkw unterwarf der Kläger nicht der Umsatzsteuer. Zur Begründung verwies er darauf, dass er am Tag des Erwerbs des neuen Pkw den alten ohne Umsatzsteuer aus seinem Unternehmensvermögen entnommen habe. Das beklagte Finanzamt vertrat hingegen die Auffassung, dass der alte Pkw der Finanzierung des Neuerwerbs gedient habe und damit unternehmerischen Zwecken. Von einer Entnahme sei daher nicht auszugehen, sondern es handele sich um einen steuerpflichtigen Verkauf.

Entscheidung

Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg folgt zwar der Auffassung des Klägers, dass eine etwaige Entnahme nicht zu besteuern sei, allerdings sieht es keine objektiven Anhaltspunkte, dass eine solche stattgefunden hat. Der Hinweis in der Rechnung „steuerfreier Umsatz“ bzw. die ausdrückliche Erklärung des Unternehmers, den Umsatz nicht versteuern zu wollen, reicht hierfür nicht aus.

Konsequenz

Weder das vorliegende Urteil noch die hierzu herangezogenen Entscheidungen klären leider, wie eine Entnahme nachgewiesen werden kann. Gemeinsam ist allerdings allen Urteilen, dass eine Entnahme verneint wird, wenn diese am selben Tag wie die Veräußerung erfolgt. Ein gewisser Abstand zwischen Entnahme und Veräußerung schadet daher nicht. Unabhängig hiervon sollten Unternehmer, die beabsichtigen, ein Kfz vor der Veräußerung zu entnehmen, um der Umsatzsteuer zu entgehen, die Entnahme gegenüber dem Finanzamt offen legen.

Bundeskabinett beschließt verschärfte Regeln im Kampf gegen Geldwäsche

Bundeskabinett beschließt verschärfte Regeln im Kampf gegen Geldwäsche

Kernaussage

Der neue und sehr umfangreiche Maßnahmenkatalog des Gesetzesentwurfs zur „Optimierung der Geldwäscheprävention“ soll die vorhandenen Defizite bei der Bekämpfung von Geldwäsche beseitigen. Die Bundesregierung reagiert damit auf die im Deutschland-Bericht der FATF (Financial Action Task Force on Money Laundering) vom 19.2.2010 geäußerte Kritik. Der Gesetzgeber passt das deutsche Recht an die internationalen Standards der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsprävention an und bekennt sich auch weiterhin als eines der Gründungsmitglieder der FATF zur nationalen Umsetzung der Empfehlungen des Gremiums.

Hintergrund und Inhalt

Die zügige Beseitigung der festgestellten Defizite der vorhandenen geldwäscherechtlichen Regelungen erschien notwendig, um effektivere Abwehrmaßnahmen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ergreifen zu können. Bereits zuvor sind mit dem Gesetz zur Umsetzung der Zweiten E-Geld-Richtlinie die aufsichtsrechtlichen Maßnahmen gegen Geldwäsche auf dem Finanzsektor geschärft und der Vortatenkatalog der strafbewehrten Geldwäsche durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz ausgebaut worden. Daran knüpft der Entwurf an. Er sieht u. a. die Vervollständigung und Konkretisierung der Sorgfaltspflichten für den Nichtfinanzsektor (Industrie) sowie die freien Berufe vor, insbesondere Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Diesen Verpflichteten wird zukünftig bei Fällen, die einen zweifelhaften oder ungewöhnlichen Charakter haben, eine besondere Überwachungspflicht auferlegt. Auch soll der „Geldwäschebeauftragte“, der durch das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz weggefallen ist, eine Renaissance erfahren, wobei die zuständigen Behörden, z. B. die Bundessteuerberaterkammer ermächtigt werden sollen, kleine Betriebe von der Bestellungspflicht ausnehmen zu können. Des Weiteren sollen die Aufsichts- und Prüfungsrechte der Behörden verbessert, die Meldepflichten erweitert und die bestehenden Sanktionen bei Verstößen gegen das Geldwäschegesetz durch Angleichung des Verschuldensmaßstabs und der Bußgeldhöhe angepasst werden. Das Maßnahmenpaket wird durch die Einrichtung eines „Forums für Geldwäscheprävention und Verhinderung der Terrorismusfinanzierung“ als untergesetzliches Instrument flankiert, welche als Knotenpunkt den unverzichtbaren Austausch zwischen allen beteiligten Ressorts gewährleisten soll.

Fazit

Die geplanten Änderungen sind ein weiterer Schritt auf dem Weg, den Wirtschaftsstandort Deutschland sicherer gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu machen. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass nicht nur die Finanzinstitute, sondern auch andere Gewerbetreibende in die Pflicht genommen werden. Ob das Gesetz den gewünschten Erfolg bringt und in der praktischen Umsetzung aufgrund des erhöhten Bürokratieaufwands alltagstauglich sein wird, bleibt abzuwarten. Das Gesetz soll bis zum Jahresende 2011 in Kraft treten.

Keine Gemeinnützigkeit bei politischer Betätigung

Keine Gemeinnützigkeit bei politischer Betätigung

Kernproblem

Ein Verein ist als gemeinnützig anzuerkennen, wenn er nach seiner Satzung und nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Fraglich ist, ob die Ausschließlichkeit gegeben ist, wenn man sich auch zu tagespolitischen Themen im Rahmen des Satzungszwecks äußert. So ist es nicht unüblich, dass die begünstigte Tätigkeit mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist.

Sachverhalt

Satzungsmäßige Aufgabe des klagenden Vereins ist die Förderung der Kultur bspw. durch Bildungsangebote, Diskussions- und Kulturveranstaltungen sowie Informationsstände. Daneben äußerte der Geschäftsführer auf der Homepage seine Meinung zu Fragen der Politik. Er legte kurz vor einer Wahl den Seitenbesuchern eine bestimmte Partei ans Herz. Das beklagte Finanzamt lehnte den Antrag des Klägers auf Anerkennung als gemeinnützigen Zwecken dienende Körperschaft ab und erließ einen auf 0 EUR lautenden Körperschaftsteuerbescheid. Die Klage des Vereins blieb erfolglos.

Entscheidung

Sowohl das Finanzgericht als auch der Bundesfinanzhof (BFH) haben den Verein nicht als gemeinnützig anerkannt. Die geäußerten politischen Forderungen haben mit dem Satzungszweck der Förderung der Kultur nichts zu tun; mit ihnen wird ein weiterer eigenständiger Zweck verfolgt, der nicht in der Satzung aufgenommen worden war. Insoweit erübrigt sich die Frage, ob die Verfolgung politischer Ziele ein gemeinnütziger Zweck sein kann.

Konsequenzen

Das Urteil zeigt wieder einmal, dass im Rahmen der Gemeinnützigkeit enge formelle Voraussetzungen zu erfüllen sind. Dankeswerterweise haben die Richter auch festgehalten, dass eine gelegentliche Stellungnahme zur tagespolitischen Themen im Rahmen des Satzungszwecks nicht gemeinnützigkeitsschädlich ist. Die Tagespolitik darf aber nicht zum Mittelpunkt der Tätigkeit der gemeinnützigen Organisation werden.

Vorsteuerberichtigung bei Umlaufvermögen

Vorsteuerberichtigung bei Umlaufvermögen

Rechtslage

Ändern sich die Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug beim Erwerb von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens maßgebend waren, so ist die Vorsteuer zu berichtigen (§ 15a UStG).

Sachverhalt

Kauft ein Kleinunternehmer Ware in 2011, so steht ihm hieraus kein Vorsteuerabzug zu. Überschreitet er in 2012 die Kleinunternehmergrenze, so wird er steuerpflichtig. Verkauft er nun in 2012 die in 2011 erworbene Ware, so unterliegt der Verkauf der Umsatzsteuer. Im Gegenzug kann die Vorsteuer aus dem Erwerb der Ware berichtigt, d. h. nachträglich geltend gemacht werden.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bayerische Landesamt für Steuern stellt in einer Verfügung die Verwaltungsauffassung zur Korrektur der Vorsteuer bei Umlaufvermögen dar.

Konsequenzen

Die Verfügung ist insbesondere in folgenden Fallkonstellationen zu beachten: – Wechsel vom Kleinunternehmer zur Regelbesteuerung und umgekehrt. – Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung für Land- und Forstwirte zu Regelbesteuerung und umgekehrt. – Erwerb eines Grundstückes mit Vorsteuerabzug zwecks steuerpflichtiger Weiterveräußerung und spätere tatsächliche steuerfreie Veräußerung. Besonders zu beachten sind folgende Sachverhalte: Eine Korrektur zugunsten der Unternehmer setzt voraus, dass bei Erwerb des Umlaufvermögens ordnungsgemäße Rechnungen vorgelegen haben. Die Unternehmer sollten daher bei Erwerb des Umlaufvermögens nur einwandfreie Rechnungen akzeptieren. Auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Vorsteuer ziehen können, so erhalten sie sich diese Möglichkeit für den Fall, dass sich die Verhältnisse, wie dargestellt, ändern. Da eine Korrektur nur erfolgt, wenn die auf den Erwerb des jeweiligen Wirtschaftsgutes entfallende Vorsteuer 1.000 EUR übersteigt, kann es gerade für Landwirte zudem wichtig sein, zu klären, was als Wirtschaftsgut bzw. Berichtigungsobjekt im Sinne des § 15a UStG zu verstehen ist. Kauft ein Landwirt z. B. eine Partie von 100 Schweinen auf die insgesamt 1.200 EUR Vorsteuer entfallen, so setzt eine spätere Berichtigung voraus, dass diese Partie als Berichtigungsobjekt angesehen wird, da die Vorsteuer, die auf ein einzelnes Schwein entfällt, nicht 1.000 EUR übersteigt. Die Verfügung stellt hierzu die Auffassung der Finanzverwaltung dar, die von der Rechtsprechung jedoch nicht in vollem Umfang geteilt wird.

Grundstücke: Keine Vorsteuer ohne Zuordnung zum Unternehmensvermögen

Grundstücke: Keine Vorsteuer ohne Zuordnung zum Unternehmensvermögen

Kernaussage

Unternehmer können Vorsteuer aus dem Erwerb eines gemischt genutzten Grundstückes geltend machen, sofern sie dieses dem Unternehmensvermögen zuordnen. Die Zuordnungsentscheidung muss im Zeitpunkt des Leistungsbezugs erfolgen. Umstritten ist allerdings, wann und wie diese Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt offen zu legen ist.

Sachverhalt

Die Klägerin errichtete in 2005 und 2006 ein Wohnhaus, in dem sie eine Praxis betrieb. Aufgrund ihrer Tätigkeit war sie zum Vorsteuerabzug berechtigt. In 2006 gab die Klägerin erstmals Umsatzsteuervoranmeldungen ab, ohne jedoch hierin Vorsteuer aus der Errichtung des Wohnhauses geltend zu machen. In 2005 hatte sie mangels Registrierung gar keine Voranmeldungen abgegeben. Im Juni 2007 reichte die Klägerin eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005 ein, in der sie nun Vorsteuern aus der Erstellung des Wohnhauses deklarierte. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug, da die Zuordnung des Grundstückes zum Unternehmensvermögen nicht rechtzeitig erfolgt sei. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung

Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz folgt der Ansicht des Finanzamtes. Demnach muss die Zuordnungsentscheidung grundsätzlich durch Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs in der USt-Voranmeldung für den Zeitraum des Leistungsbezugs dokumentiert werden. Ist dies nicht möglich, weil keine Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen besteht, kann die Zuordnungsentscheidung – ausnahmsweise – in der USt-Jahreserklärung erfolgen. Dies gilt aber nur, wenn diese zeitnah abgegeben wird. Dies sah das FG jedoch hier nicht als gegeben an, da die Abgabe 17 Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums erfolgte.

Konsequenzen

Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen. Es ist zu hoffen, dass der Bundesfinanzhof (BFH) sich nun der Sache annimmt und für Klarheit sorgt. Bis dahin sollte dem Finanzamt die Zuordnungsentscheidung immer sofort mit dem ersten für das Grundstück erfolgenden Leistungsbezug durch bzw. mit Abgabe der entsprechenden USt-Voranmeldung offen gelegt werden. Um „Missverständnissen“ vorzubeugen, bietet es sich an, nicht nur den Vorsteuerabzug aus dem Grundstück geltend zu machen, sondern der Voranmeldung diesbezüglich eine separate Anlage beizufügen.

Notarberuf darf nicht eigenen Staatsangehörigen vorbehalten sein

Notarberuf darf nicht eigenen Staatsangehörigen vorbehalten sein

Kernaussage

Die Ausgestaltung des Notarberufs ist in der Bundesnotarordnung geregelt. Nach § 5 BNotO darf nur ein deutscher Staatsangehöriger zum Notar bestellt werden. In den Mitgliedsländern Österreich, Belgien, Griechenland, Frankreich und Luxemburg existiert eine entsprechende Regelung. Dies stellt eine im EG-Vertrag verbotene Diskriminierung dar, da EU-Bürger nicht ohne hinreichenden Grund wegen ihrer Staatsangehörigkeit benachteiligt und in ihrer Niederlassungsfreiheit beschränkt werden dürfen.

Sachverhalt

Die EU-Kommission wurde mit einer Beschwerde befasst, die die Staatsangehörigkeitsvoraussetzung für den Zugang zum Beruf des Notars in Deutschland betraf. Im weiteren Verlauf forderte die Kommission die Bundesrepublik Deutschland u. a. Mitgliedstaaten auf, erforderliche Maßnahmen zu ergreifen um den Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag (Art. 43, 45 Abs. 1 EGV) nachzukommen und die entsprechende Richtlinie (89/48) umzusetzen. Dadurch, dass der Zugang zum Beruf des Notars den eigenen Staatsangehörigen vorbehalten bleibt, wird die Niederlassungsfreiheit unzulässig beschränkt. Im Übrigen regelt die Richtlinie, dass die in einem anderen EU-Mitgliedstaat erworbene Qualifikation durch Eignungsprüfung o. ä. anzuerkennen ist. Die Bundesrepublik hielt dies für unbegründet. Daraufhin hat die Kommission Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erhoben.

Entscheidung

Der EuGH stellte fest, dass ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit in der EU vorliegt. Diese kann nach dem EG-Vertrag zwar eingeschränkt werden, wenn die Tätigkeit unmittelbare und spezifische Teilhabe an der Ausübung öffentlicher Gewalt umfasst. Das Arbeitsgebiet des Notars fällt jedoch nicht unter den Begriff der öffentlichen Gewalt. Die Haupttätigkeit des Notars besteht in der Beurkundung eines Akts oder eines Vertrages, denen sich die Parteien freiwillig unterwerfen, mithin maßgeblich ist der Parteiwille. Auch erfolgt die freiberufliche Arbeit der Notare (Ausnahme Baden-Württemberg) unter Wettbewerbsbedingungen. Zudem haften Notare für die Handlungen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit persönlich. All dies ist für die Ausübung öffentlicher Gewalt untypisch. Hinsichtlich der Anerkennung der Berufsqualifikation eines EU-Bürgers wird die Rüge der fehlenden Umsetzung der Richtlinie aufgrund unklarer Rechtslage zurückgewiesen.

Konsequenz

Das Gericht betonte, dass lediglich das Staatsangehörigkeitserfordernis und nicht die Organisation des Notariats als solches betroffen ist. Das Bundesjustizministerium kündigte eine entsprechende Gesetzesänderung an. Offen ist noch die Frage, ob EU-Notare in Deutschland beurkunden können, weil ihre Ausbildung zum Notar in Deutschland nicht anerkannt wird.

Abmahnung verbraucht Kündigungsgrund auch bei Straftat

Abmahnung verbraucht Kündigungsgrund auch bei Straftat

Kernfrage

Begeht ein Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung, ist es am Arbeitgeber, zu entscheiden, mit welcher Sanktion, Abmahnung oder Kündigung, er reagiert. Wählt er die Abmahnung, stellt sich die Frage, ob er aus dem gleichen Grund noch kündigen kann. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte in einer solchen Konstellation zu entscheiden, ob eine zunächst abgemahnte Straftat nach Verurteilung noch zur Kündigung berechtigt.

Sachverhalt

Der Kläger war Justizangestellter und hatte einen Kollegen über einen Durchsuchungsbeschluss gegen ein Kind des Kollegen unterrichtet und war hierfür zunächst abgemahnt worden. In dem im Anschluss gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahren wurde er zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, worauf hin der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos hilfsweise fristgerecht kündigte. Die hiergegen geführte Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Entscheidung

Der Arbeitgeber konnte das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der (nachträglichen) Verurteilung kündigen. Zwar wäre die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Straftat zulässig und möglich gewesen. Weil der Arbeitgeber aber die Abmahnung wählte, war der Kündigungsgrund verbraucht. Nach Ansicht der Richter stellte die Verurteilung insoweit keine neue Tatsache dar, zumal sie sich auf den abgemahnten Sachverhalt bezog.

Konsequenz

Der Arbeitgeber muss sich bei jeder Pflichtverletzung entscheiden, welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen er zieht. Dies gilt auch im Straftatbereich. Er kann nicht zunächst abmahnen, um dann abzuwarten, wie sich ein Strafverfahren entwickelt.

Zulagenwiderruf in Altfällen – möglicherweise wirksam

Kernfrage

Seitdem die Rechtsprechung Arbeitsvertragsklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen behandelt, müssen sie den seit dem 1.1.2002 geltenden strengeren zivilrechtlichen Anforderungen standhalten. Danach gilt, dass Arbeitsvertragsklauseln, die Zulagen oder Gehaltsbestandteile unter den freien Widerruf des Arbeitgebers stellen, als überraschende Klauseln in der Regel unwirksam sind. Für die Wirksamkeit mindestens erforderlich ist, dass Widerrufgründe genannt sind. Das Bundesarbeitsgericht hat sich jetzt dazu geäußert, ob die Unwirksamkeitsrechtsprechung auch dann gelten kann, wenn die streitige Arbeitsvertragsklausel vor dem Inkrafttreten der strengeren gesetzlichen Anforderungen vereinbart worden ist.

Sachverhalt

Der Arbeitsvertrag des Klägers aus dem Jahr 1990 sah eine widerrufliche Zulage vor, die der Arbeitgeber im Jahr 2007 widerrief. Mit seiner Klage machte der Kläger die Unwirksamkeit des Widerrufs geltend. Der Arbeitgeber trug jedoch vor, dass die neuere Rechtsprechung zur Überprüfung von Arbeitsvertragsklauseln nach Gesichtspunkten Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht auf Regelungen anwendbar seien, die vor der Verschärfung der zivilrechtlichen Gesetzgrundlage vereinbart worden seien; jedenfalls müsse hier eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen werden, was den Widerruf möglich werden lasse.

Entscheidung

Das Gericht gab dem Arbeitgeber jedenfalls insoweit Recht, als dass die Rechtsprechung nach neuer Rechtslage nicht unmittelbar auf Altfälle angewendet werden könne. Da nach neuer Rechtsprechung zulässige Widerrufsgründe im Arbeitsvertrag enthalten sein müssen, sei eine ergänzende Vertragsauslegung erforderlich, die von der zweiten Instanz nachgeholt werden müsse. Ziel dabei sei, festzustellen, ob der vom Arbeitgeber behauptete Widerrufsgrund der „schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse“ ein zulässiger Widerrufgrund ist und ob tatsächlich schwierige wirtschaftliche Verhältnisse vorgelegen hätten.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zu begrüßen. In sogenannten Altfällen, also bei Arbeitsverträgen, die vor dem 1.1.2002 datieren, erscheint es nunmehr möglich, dass Arbeitsvertragsklauseln, die erst durch die Verschärfung der Regelungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam geworden sind, doch noch „gerettet“ werden können.