Schuldunfähigen Arbeitnehmern kann fristlos verhaltensbedingt gekündigt werden

Schuldunfähigen Arbeitnehmern kann fristlos verhaltensbedingt gekündigt werden

Kernfrage

Kündigungen, die auf das Verhalten eines Arbeitnehmers gestützt werden, setzen insbesondere dann, wenn sie fristlos ausgesprochen werden sollen, eine erhebliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers voraus. Voraussetzung dieser schweren Pflichtverletzung wiederum ist es in der Regel, dass der Arbeitnehmer (in einem besonderen Maß) schuldhaft gehandelt hat. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte in einer jüngeren Entscheidung darüber zu befinden, ob auch einem (vielleicht) schuldunfähigen Arbeitnehmer fristlos gekündigt werden kann.

Sachverhalt

Ein seit 20 Jahren beim beklagten Arbeitgeber beschäftigter Arbeitnehmer war, nachdem ihn seine Frau verlassen hatte, manisch-depressiv und zunächst lange Zeit arbeitsunfähig krank geworden. Nach seiner Rückkehr in den Betrieb fiel er wiederholt durch negative Äußerungen gegenüber weiblichen Kollegen auf, für die er auch abgemahnt wurde. Nachdem er eine Vorgesetzte öffentlich im Betrieb beleidigt, verleumdet und angedeutet hatte, sie habe sich mit dem HIV-Virus angesteckt, wurde ihm fristlos gekündigt. In seiner Kündigungsschutzklage verteidigte er sich damit, dass er aufgrund seiner manisch-depressiven Erkrankung schuldunfähig sei, unterlag jedoch vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung

Das Gericht stellte in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf ab, dass die Frage nach der Schuldfähigkeit des Klägers keine Rolle spiele. Der Grad der Beleidigung, die Art und Weise der Präsentation vor den versammelten Kollegen sowie das im konkreten Fall geplante Vorgehen des Klägers würden die Schwelle überschreiten, die die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zumutbar erscheinen lasse; der Betriebsfrieden sei nachhaltig und endgültig zerstört.

Konsequenz

Die Entscheidung ist im konkreten Fall zutreffend. Jedenfalls dann, wenn das Verhalten eines Mitarbeiters einen Grad erreicht, der geeignet ist, den Betriebsfrieden nachhaltig zu zerstören, kommt es auf ein schuldhaftes Handeln nicht (mehr) an. Bis dieser Grad allerdings erreicht ist, muss auch nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts davon ausgegangen werden, dass schuldhaftes Handeln erforderlich ist.

Keine verdeckte Sacheinlage bei Ablösung von Darlehen für bürgenden Inferenten

Keine verdeckte Sacheinlage bei Ablösung von Darlehen für bürgenden Inferenten

Kernaussage

Wird mit einer Bareinlage ein Darlehen abgelöst, für dessen Rückzahlung sich der einlegende Gesellschafter (Inferent) verbürgt hat, leistet er nicht verdeckt eine Sacheinlage. Der künftige Regressanspruch des Bürgen ist nicht sacheinlagefähig. Die Tilgung eines Ehegatten-Darlehens ist nicht allein wegen des Näheverhältnisses eine verdeckte Sacheinlage.

Sachverhalt

Die Beklagten waren hälftig Gesellschafter einer GmbH. Im Dezember 2004 verkauften sie ihre bestehenden Geschäftsanteile sowie zwei durch eine Kapitalerhöhung noch zu bildende Geschäftsanteile an den Käufer. Im Rahmen dieses Anteilskaufes sollten Sicherheiten, die die Beklagten für Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber den Banken gestellt hatten, und Darlehen, die die Ehefrauen der Beklagten der Gesellschaft gegeben hatten, vorzeitig zurückgeführt bzw. abgelöst werden. Nachdem die Beklagten die Kapitalerhöhung beschlossen und die neuen Stammeinlagen übernommen hatten, traten sie sämtliche Geschäftsanteile an den Käufer ab. Dieser zahlte den Kaufpreis an die Beklagten, die ihrerseits die Einlageleistungen auf die Kapitalerhöhung an die Gesellschaft zahlten. Nach Eingang der Erhöhungsbeträge auf dem Geschäftskonto der GmbH wurden die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber den Ehefrauen sowie die besicherten Bankverbindlichkeiten getilgt. Streitig ist die Erfüllung der Einzahlungsverpflichtung auf die Stammeinlage. Während des Revisionsverfahrens wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Er verlangt die nochmalige Leistung der Einlagen.

Entscheidung

Die Revision der Beklagten vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hat Erfolg. Die Erfüllung der Einlageschuld scheitert nicht an einer verdeckten Sacheinlage in Form der Ablösung der Bankdarlehen, für die die Beklagten eine Bürgschaft übernommen haben. Der künftige Regressanspruch des Bürgen ist nicht sacheinlagefähig, weil seine Entstehung ungewiss ist und dem Anspruch noch kein wirtschaftlicher Wert zukommt. Ferner ist die Tilgung der Ehegatten-Darlehen nicht allein wegen des Näheverhältnisses eine verdeckte Sacheinlage. Hierfür ist erforderlich, dass das Darlehen wirtschaftlich vom Inferenten gewährt wurde oder die Einlage mit Mitteln bewirkt wird, die dem Inferenten vom Ehegatten zur Verfügung gestellt wurden. Ob die Darlehen der Ehefrauen aus Mitteln der Beklagten gewährt worden sind, hat das Berufungsgericht noch festzustellen.

Konsequenz

Die Neuregelung der verdeckten Sacheinlage (§ 19 Abs. 4 GmbHG) gilt grundsätzlich auch für Altfälle, bei denen vor dem 1.11.2008 die Leistung von Sacheinlagen vereinbart und erbracht wurden, die aber keine Erfüllungswirkung hatten. Der Wert der Sacheinlage wird auf die weiterhin bestehende Bareinlageverpflichtung des Gesellschafters angerechnet. Mit dem vorliegenden Urteil hat der BGH die Neuregelung konkretisiert.

Skilifte im UStG: Neues zum ermäßigten Steuersatz (7 %)

Skilifte im UStG: Neues zum ermäßigten Steuersatz (7 %)

Kernaussage

Die Beförderung von Personen mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art unterliegt seit 2008 dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Begünstigt sind auch Sessel- und Schlepplifte für den Wintersport, sofern die Beförderung eine selbstständige Leistung darstellt.

Sachverhalt

Der Betreiber einer Indoor-Skihalle bot den Kunden u. a. ein „Liftticket“ an, welches zur Nutzung des Liftes und der Skipiste berechtigte. Andere Leistungen (Skiverleih, -unterricht) wurden separat abgerechnet. So beinhaltete z. B. das Zipfelbobticket die Leihgebühr für den entsprechenden Bob, nicht hingegen die Liftbeförderung. Der Betreiber unterwarf die Lifttickets dem ermäßigten Steuersatz. Dem folgte das Finanzamt nicht. Es sah in der Liftbeförderung eine Leistung eigener Art, die dem Regelsteuersatz von 19 % zu unterwerfen sei. Im Gegensatz zu Skiliften im Freien ginge die Nutzung des Liftes immer mit der Nutzung der Piste einher, welche für die Kunden im Vordergrund stehe. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Niedersachsen blieb erfolglos.

Entscheidung

Die Richter folgten der Auffassung des Finanzamtes und werteten die Beförderung mit dem Lift als unselbstständige Nebenleistung zur Skiabfahrt, auf die es den Nutzern allein ankomme. Das Gericht sah auch keine Benachteiligung gegenüber Liftanlagen im Freien, da diese durchaus auch isoliert zur Auffahrt auf den Berg ohne anschließende Abfahrt genutzt würden. Das Liftticket unterliegt daher dem Regelsteuersatz von 19 %.

Konsequenzen

Zutreffend an den Feststellungen des Gerichts dürfte sein, dass die Besucher einer Skihalle nicht primär dorthin reisen, um einmal Lift zu fahren. Fraglich ist aber, ob dies nicht auch regelmäßig bei Liftbetrieben im Freien der Fall ist. Einmal mehr zeigt sich, dass die Verwendung des ermäßigten Steuersatzes häufig mit Risiken verbunden ist. Um richtig kalkulieren zu können, ist es daher ratsam, sich im Zweifel, hinsichtlich seiner Verwendung abzusichern, z. B. durch Einholung einer verbindlichen Auskunft.

Urlaubsmitbringsel: Der Zoll versteht keinen Spaß

Urlaubsmitbringsel: Der Zoll versteht keinen Spaß

Kernaussage

Reisemitbringsel aus Drittländern sind zu verzollen, sofern bestimmte Freigrenzen überschritten sind. In der Praxis wird dies nicht immer beachtet oder ist schlichtweg nicht bekannt. Der Zoll ist allerdings diesbezüglich äußerst streng.

Sachverhalt

Der Kläger hatte im Urlaub in der Türkei eine Brille für 690 EUR gekauft. Mit der Brille auf der Nase reiste er zusammen mit seiner Ehefrau nach Deutschland ein. Am Flughafen nutzte er den grünen Ausgang für anmeldfreie Waren. Er erklärte zunächst gegenüber dem Zollbeamten, keine Waren aus der Türkei mitgebracht zu haben. Auf Nachfrage des Zollbeamten bestätigte er allerdings den Kauf seiner Brille, gab aber einen Kaufpreis von 410 EUR an. Auf expliziten Hinweis des Beamten auf die maßgebliche Freigrenze von 430 EUR, blieb der Kläger bei seiner Aussage. Bei Durchsuchung des Gepäcks fand der Zollbeamte daraufhin die Quittung der Brille und setzte Einfuhrabgaben i. H. v. 120,75 EUR sowie einen Zuschlag in gleicher Höhe fest. Hiergegen wehrte sich der Kläger mit dem Argument, ihm stünde aufgrund des Mitreisens seiner Ehefrau die doppelte Freigrenze zu. Die Klage blieb erfolglos.

Entscheidung

Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf wies darauf hin, dass eine abgabenfreie Einfuhr nur für Waren möglich ist, die im persönlichen Gepäck mitgebracht werden, jedoch nicht auf der Nase. Ebenso kann die Wertgrenze nicht mit der Anzahl der Mitreisenden multipliziert werden. Der eidesstattlichen Erklärung der Ehefrau, dass die Brille tatsächlich nur 410 EUR gekostet hätte, schenkte das FG angesichts der vorliegenden, vom Kläger gegengezeichneten, Quittung keinen Glauben. Da half es dem Kläger auch nicht, dass er vortrug, die zu hohe Quittung diene nur einem möglichen Versicherungsbetrug. Der Hinweis, dass der Optiker in der Türkei bereit sei, getrennte Rechnungen für das Brillengestell und die Gläser auf ihn und seine Ehefrau auszustellen, brachte ebenfalls nichts, da der Wert einer Ware im Hinblick auf die Freigrenze nicht aufteilbar ist.

Konsequenzen

Auch von Urlaubern, die aus Drittländern, wie z. B. USA, Schweiz oder der Türkei nach Deutschland einreisen, wird erwartet, dass sie die Bedeutung des grünen bzw. roten Ausgangs kennen oder sich hierüber informieren. Wer den falschen Ausgang wählt, begeht eine Steuerordnungswidrigkeit, die neben den Einfuhrabgaben zumindest einen Zuschlag nach sich zieht.

Steht die private Kfz-Nutzung der Kleinunternehmerregelung entgegen?

Steht die private Kfz-Nutzung der Kleinunternehmerregelung entgegen?

Kernaussage

Unternehmer, die jährlich Umsätze von maximal 17.500 EUR erzielen, gelten nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) als Kleinunternehmer. Bei diesen verzichtet das Finanzamt auf die Erhebung der Umsatzsteuer. Im Gegenzug dürfen die Kleinunternehmer weder Umsatzsteuer in Rechnung stellen noch Vorsteuer ziehen. Umstritten ist, ob im Rahmen der Prüfung der Umsatzgrenze die private Kfz-Nutzung zu berücksichtigen ist. Hierzu entschied nun das Finanzgericht Berlin-Brandenburg.

Sachverhalt

Der Kläger betrieb seit 2002 eine Hausverwaltung. Bis einschließlich 2006 galt er als Kleinunternehmer. Für 2007 forderte das Finanzamt von ihm Umsatzsteuer, da er in 2006 die Umsatzgrenze für Kleinunternehmer überschritten habe. Entscheidend für die Überschreitung war, dass das Finanzamt erstmals die mittels der 1 %-Regelung ermittelte private Nutzung des im Jahr 2004 angeschafften betrieblichen Pkw in die Berechnung der maßgeblichen Umsätze einbezog. Der Kläger vertrat hingegen die Ansicht, dass der Eigenverbrauch für den Pkw bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes nicht zu berücksichtigen sei und verlangte die Aufhebung des streitigen Umsatzsteuerbescheids. Die Klage hatte Erfolg.

Entscheidung

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg gab dem Kläger Recht, der entsprechend weiterhin als Kleinunternehmer zu behandeln ist. Da es bisher zu der umstrittenen Rechtsfrage an höchstrichterlicher Rechtsprechung fehlt, hat das FG die Revision zugelassen, die bereits beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig ist. Die endgültige Entscheidung bleibt daher abzuwarten.

Konsequenz

Kleinunternehmer, die bei Berücksichtigung der privaten Kfz-Nutzung Gefahr laufen, ihren Status als Kleinunternehmer zu verlieren, sollten den Ausgang des Verfahrens genau verfolgen. Folgt der BFH nicht der Entscheidung des FG, so können sich zahlreiche Probleme für die Betroffenen ergeben. Die Finanzämter werden versuchen, nachträglich die Umsatzsteuer einzutreiben. Können die Kleinunternehmer diese nicht mehr nachbelasten, muss die Steuer aus dem Netto beglichen werden. Im Gegenzug steht ihnen zwar nun der Vorsteuerabzug, z. B. aus der Anschaffung des Kfz zu, aber nur, wenn ordnungsgemäße Rechnungen in der Vergangenheit vorgelegen haben. Hierauf ist allerdings grundsätzlich zu achten, da die Kleinunternehmergrenze auch aus anderen Gründen überschritten werden kann.

Zur Bedeutung des Wortes „unverzüglich“ bei fristloser Kündigung eines Schwerbehinderten

Zur Bedeutung des Wortes „unverzüglich“ bei fristloser Kündigung eines Schwerbehinderten

Kernfrage

Kündigungen von schwerbehinderten Arbeitnehmern sind nur wirksam, wenn die Zustimmung des Integrationsamtes vorliegt. Bei fristlosen Kündigungen, die innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis vom fristlosen Kündigungsgrund ausgesprochen sein müssen, reicht es aus, wenn der Antrag auf Zustimmung zur fristlosen Kündigung innerhalb der zwei Wochen beim Integrationsamt eingeht. Stimmt das Amt zu, sieht das Gesetz vor, dass die Kündigung gegenüber dem Schwerbehinderten unverzüglich nach Erhalt der Zustimmung erfolgen muss. Das Arbeitsgericht Oberhausen hatte nun darüber zu entscheiden, was „unverzüglich“ in diesem Zusammenhang bedeutet.

Sachverhalt

Der schwerbehinderte Kläger hatte bei seinem Arbeitgeber Geld veruntreut. Als dies bekannt wurde, beantragte der Arbeitgeber die für eine wirksame fristlose Kündigung erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes. Die Zustimmung wurde auch erteilt, allerdings mehr als zwei Wochen nach Kenntniserlangung des Arbeitgebers vom außerordentlichen Kündigungsgrund. Der Arbeitgeber kündigte am Tag nach Erhalt der Zustimmung des Integrationsamtes das Arbeitsverhältnis fristlos. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Mit seiner Kündigungsschutzklage hatte der Kläger geltend gemacht, die fristlose Kündigung sei verfristet, insbesondere sei sie nicht unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes erfolgt. Das Arbeitsgericht urteilte jedoch, dass es ausreichend sei, wenn innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes die Zustimmung zur fristlosen Kündigung beim Integrationsamt beantragt sei; im Übrigen sei die Kündigung auch unverzüglich nach Erhalt der Zustimmung erfolgt. Ein Tag Verzögerung sei insoweit unschädlich.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht im Ergebnis nicht, sie zeigt aber, dass bei fristlosen Kündigungen Schwerbehinderter stets unmittelbarer Handlungsbedarf besteht. Die Betonung, dass ein Tag Verzögerung unschädlich sei, lässt darauf schließen, dass eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre, wenn eine zwei- oder dreitägige Verzögerung vorgelegen hätte.

Eine nur abstrakte Kündigungsbefugnis eines Bevollmächtigten des Arbeitgebers kann unzureichend sein

Eine nur abstrakte Kündigungsbefugnis eines Bevollmächtigten des Arbeitgebers kann unzureichend sein

Rechtslage

Kündigung müssen durch den Arbeitgeber schriftlich ausgesprochen werden. Dies ist entweder der Inhaber selbst oder der gesetzliche Vertreter, wenn Arbeitgeber eine juristische Person ist. Daneben sind auch andere Personen zur Kündigung berechtigt, wenn ihnen vom Arbeitgeber entsprechende Vollmacht erteilt worden ist und diese Vollmacht dem Arbeitnehmer bekannt gemacht wurde. Solche Kündigungen sind mit „i. V.“ zu unterzeichnen. Ist dem Arbeitnehmer die Vollmacht nicht bekannt, muss eine Originalvollmacht bei Zugang der Kündigung vorliegen, um eine in Vertretung des Arbeitgebers ausgesprochene Kündigung wirksam werden zu lassen. Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr über die Wirksamkeit einer Arbeitsvertragsklausel zu entscheiden, die eine generelle Kündigungsvollmacht erteilen sollte.

Sachverhalt

Im Arbeitsvertrag der Klägerin war geregelt, dass eine Kündigung auch durch den Niederlassungsleiter/Objektleiter erfolgen könne. Das Arbeitsverhältnis wurde gekündigt, die Kündigung enthielt die Unterschriftszeile „i. V. [Unterschrift], Niederlassungsleiter“. Die Klägerin wies die Kündigung unverzüglich wegen Nichtvorlage einer Vollmacht zurück. Mit ihrer Kündigungsschutzklage machte sie geltend, die Kündigung sei unwirksam, weil sie nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht gab der Klägerin Recht. Das Zurückweisungsrecht, von dem die Klägerin Gebrauch gemacht habe, hätte nur dann nicht vorgelegen, wenn der Arbeitgeber der Klägerin die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hätte. Auch die abstrakte Bevollmächtigungsregelung im Arbeitsvertrag ändere daran nichts. Diese stelle kein ausreichendes Inkenntnissetzen dar. Zwar müsse der Arbeitsvertrag nicht die zur Kündigung bevollmächtigten Personen namentlich benennen. Erforderlich sei aber, was bei der hier streitigen Klausel nicht der Fall war, dass der Arbeitgeber aufzeige, wie der Arbeitnehmer unschwer in Erfahrung bringen könne, wer kündigungsberechtigt sei.

Konsequenz

Dass das Bundesarbeitsgericht die namentliche Nennung der zur Kündigung bevollmächtigten Personen für nicht zwingend erforderlich hält, erscheint angesichts der im Übrigen erforderlichen Ausgestaltung, die der Arbeitsvertrag haben soll, als schwacher Trost. Einfacher wird es nur dann, wenn eine Personalabteilung vorhanden ist, die die tatsächlichen Namen der Kündigungsberechtigten zentral bekannt macht.

Täuschung bei Bewerbung berechtigt Arbeitgeber nicht immer zur Anfechtung des Arbeitsvertrags

Täuschung bei Bewerbung berechtigt Arbeitgeber nicht immer zur Anfechtung des Arbeitsvertrags

Rechtslage

Die Zulässigkeit der Frage nach einer Schwerbehinderung im Bewerbungsgespräch ist hoch umstritten. Wäre sie generell unzulässig, dürfte der Bewerber sogar die Unwahrheit sagen. Das Bundesarbeitsgericht hat sich dazu bislang nicht geäußert, entschied aber in einer jüngeren Entscheidung allgemein, dass ein Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung berechtigt sein kann, wenn ein Bewerber eine zulässige Frage im Bewerbungsgespräch falsch beantwortet.

Sachverhalt

Die Klägerin war lange vor Beginn ihrer Tätigkeit für den beklagten Arbeitgeber als Schwerbehinderte anerkannt. Erst als der Arbeitgeber ihr nahelegte, gegen Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, informierte die Klägerin ihn über ihre Schwerbehinderung, nachdem sie im Bewerbungsgespräch die Frage nach einer solchen noch verneint hatte. Daraufhin erklärte der Arbeitgeber die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise die Kündigung des Arbeitsvertrages. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses und machte eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen Diskriminierung geltend.

Entscheidung

Die Klägerin obsiegte mit ihrer Feststellungsklage, unterlag verlor aber mit dem geltend gemachten Entschädigungsanspruch. Zwar könne eine falsche Antwort auf eine zulässigerweise gestellte Frage im Bewerbungsgespräch zur Anfechtung und auch Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen; dies aber nur, wenn sich die Täuschung ursächlich auf den Abschluss des Arbeitsvertrages ausgewirkt habe. Dies war hier unstreitig nicht der Fall, denn der Arbeitgeber hatte zugegeben, die Frage nach der Schwerbehinderung deshalb gestellt zu haben, weil er seine Schwerbehindertenquote habe erhöhen wollen. Damit konnte unterstellt werden, dass die Klägerin auch bei Offenlegung der Schwerbehinderung eingestellt worden wäre. Im Übrigen lägen für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch keine ausreichenden Indizien vor.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zutreffend. Insbesondere wenn der Arbeitgeber selber vorträgt, er habe bewusst Schwerbehinderte bevorzugen wollen, kann er keine Anfechtung auf das nachträgliche Offenlegen einer Schwerbehinderung stützen. Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings leider die Entscheidung nicht dazu genutzt, sich zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Frage nach einer Schwerbehinderung im Bewerbungsgespräch zu äußern.

Bundesverfassungsgericht entscheidet über Istbesteuerung für Freiberufler

Bundesverfassungsgericht entscheidet über Istbesteuerung für Freiberufler

Kernaussage

Während bei der Sollbesteuerung die Umsatzsteuer mit Erbringung der Leistung entsteht, ist dies bei der Istbesteuerung erst der Fall, wenn der Kunde zahlt. Im Gegensatz zur Sollbesteuerung entfällt daher bei der Istbesteuerung eine Vorfinanzierung der Umsatzsteuer. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied dazu jüngst, dass eine Steuerberatungs-GmbH mit buchführungspflichtigen Umsätzen nicht zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung, § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG) berechtigt ist.

Sachverhalt

Die klagende Steuerberatungs-GmbH beantragte im Januar 2004, ab dem Veranlagungszeitraum Januar 2004 ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) zu versteuern (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). Dies lehnte das beklagte Finanzamt ab. Einspruch und Klage dagegen hatten keinen Erfolg. Auch der BFH hat entgegen der von der Verwaltung akzeptierten Praxis daraufhin überraschend allen Freiberuflern die Anwendung der Istbesteuerung untersagt, sofern sie zur Buchführung verpflichtet sind bzw. freiwillig Bücher führen.

Entscheidung

Die Umsätze der klagenden Steuerberatungs-GmbH müssen bereits vor dem Erhalt des Entgelts versteuert werden. Der BFH modifiziert damit seine bisherige Rechtsprechung dahingehend, dass zukünftig auch Steuerberater und Steuerberatersozietäten nicht mehr zur Istbesteuerung berechtigt sind, wenn sie freiwillig Bücher führen und ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln. Der BFH stützt dies darauf, dass die Istbesteuerung für Umsätze aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG) voraussetzt, dass der Unternehmer nicht buchführungspflichtig ist. Dementsprechend wäre es nicht folgerichtig, einem Unternehmer, der zwar nicht buchführungspflichtig ist, aber freiwillig Bücher führt, die Istbesteuerung zu gestatten. Der BFH hält die sog. Sollbesteuerung, nach der der Unternehmer seine Leistung bereits mit der Leistungserbringung und nicht erst mit der Entgeltvereinnahmung zu versteuern hat, für verfassungsgemäß. Daher ist das Urteil also auch insoweit von grundsätzlicher Bedeutung. Zwar ist der Unternehmer bei der Soll- anders als bei der Istbesteuerung zur Vorfinanzierung der Umsatzsteuer insoweit verpflichtet, als er die Umsatzsteuer für seine Leistungen ggf. bereits vor der Vereinnahmung der Umsatzsteuer von seinem Kunden an den Fiskus abzuführen hat. Nach Ansicht der Richter ist diese Ungleichbehandlung jedoch nicht zu beanstanden, da die Sollbesteuerung des Unternehmers bei Uneinbringlichkeit des Entgeltanspruchs (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG) entfällt und an den Begriff der Uneinbringlichkeit zur Wahrung der Besteuerungsgleichheit keine übermäßigen Anforderungen gestellt werden dürfen.

Konsequenzen

Mittlerweile ist das Verfahren beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängig. Das Bundesfinanzministerium (BMF) wird dem Urteil voraussichtlich folgen, hat aber erklärt, Konsequenzen nur für die Zukunft ziehen zu wollen. Damit besteht für Freiberufler zunächst keine Veranlassung zur Sollbesteuerung zu wechseln. Allerdings wird sich dann Handlungsbedarf ergeben, wenn das BMF das Urteil umsetzt. Hier ist dann zu prüfen, ob auf Grundlage des beim BVerfG anhängigen Verfahrens gegen die Vorgaben des BMF vorgegangen werden kann und soll.

Gründe für den Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers

Gründe für den Ausschluss vom Amt des Geschäftsführers

Rechtslage
Bei der Bestellung einer natürlichen Person zum Geschäftsführer einer GmbH hat diese in der Anmeldung zum Handelsregister zu versichern, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung entgegenstehen (§ 6 Abs. 2 GmbHG). Als Geschäftsführer ist generell ungeeignet, wer wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Katalog- Straftaten (z. B. Insolvenzstraftaten) in den letzten 5 Jahren rechtskräftig verurteilt wurde. Zur Bestimmung dieser 5-Jahresfrist ist die Rechtskraft des Urteils maßgeblich. Jede Bestellung zum Geschäftsführer in diesem Zeitraum ist unheilbar wirkungslos. Jede nach Bestellung zum Geschäftsführer eintretende Amtsunfähigkeit führt zum sofortigen Amtsverlust.

Sachverhalt
Eine GmbH meldete die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers zur Eintragung ins Handelsregister an. Dieser versicherte in der notariell beurkundeten Anmeldung, dass keine Umstände vorlägen, aufgrund derer er nach den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes von dem Amt als Geschäftsführer ausgeschlossen wäre. In der Anmeldung hieß es wörtlich: „Während der letzten 5 Jahre erfolgte im Inland (bzw. im Ausland wegen mit nachstehenden Taten vergleichbaren Straftaten) keine Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten….“. Das Registergericht verweigerte die Eintragung, weil die Versicherung nicht auf den später liegenden Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft einer erfolgten Verurteilung abstellte. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel hatten keinen Erfolg.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Rechtsbeschwerde zurück. Geschäftsführer kann nicht sein, wer wegen einer oder mehrerer im GmbH-Gesetz genannten Straftaten verurteilt worden ist. Dieser Ausschluss von 5 Jahren gilt seit Rechtskraft des Urteils. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung, dem damit verbundenen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufswahl und Berufsausübung sowie aus verfassungsrechtlichen Gründen der Unschuldsvermutung. In der Formulierung der Versicherung muss sich niederschlagen, dass das Bestellungshindernis zeitlich an die Rechtskraft der Verurteilung anknüpft.

Konsequenz
In der Formulierung der Versicherung des Geschäftsführers sollte stets aufgenommen werden, dass keine „rechtskräftige“ Verurteilung erfolgte oder der Geschäftsführer „noch nie“ wegen der genannten Straftaten verurteilt wurde.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin