Passivierung von Pensionsrückstellungen bei unwirksamer Betriebsvereinbarung

Die Passivierung von Pensionsrückstellungen sorgt regelmäßig für Diskussionen, insbesondere wenn nachträglich Umstände bekannt werden, die den Ansatz infrage stellen. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 15.01.2024 (Az. 6 K 2351/19 K, Revision anhängig beim BFH unter Az. XI R 10/24) klargestellt, dass für die Bildung und Bewertung solcher Rückstellungen ausschließlich die Verhältnisse zum Bilanzstichtag maßgeblich sind.


Kernaussagen des FG-Urteils

  1. Maßgeblich ist der Bilanzstichtag:
    • Für den Ansatz und die Bewertung von Rückstellungen gelten die Verhältnisse am Bilanzstichtag.
    • Spätere Erkenntnisse sind nur insoweit relevant, als sie bereits am Bilanzstichtag vorlagen (wertaufhellende Umstände).
  2. Unwirksamkeit einer Betriebsvereinbarung nachträglich festgestellt:
    • Im Streitfall stellte sich eine im Jahr 2006 geschlossene Betriebsvereinbarung zur Dynamisierung von Altersrenten erst durch ein BAG-Urteil im Jahr 2011 als unwirksam heraus.
    • Nach Ansicht des FG war diese Unwirksamkeit am Bilanzstichtag (31.12.2006) nicht bekannt und damit kein wertaufhellender Umstand.
  3. Rückstellungen sind dennoch anzusetzen:
    • Die Pensionsrückstellung musste zum Bilanzstichtag auf Basis der damals bekannten Betriebsvereinbarung gebildet werden, auch wenn diese später unwirksam wurde.
    • Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten erfordern eine Prognose, die nicht objektiv überprüfbar ist.

Praktische Bedeutung für Steuerberater und Unternehmen

1. Stichtags- und Wertaufhellungsprinzip anwenden

  • Rückstellungen müssen auf Basis der Verhältnisse am Bilanzstichtag gebildet werden.
  • Wertaufhellende Umstände, die vor dem Bilanzstichtag vorlagen, aber erst danach bekannt wurden, sind zu berücksichtigen.
  • Wertbegründende Umstände (z. B. nachträgliche Gerichtsurteile) bleiben unberücksichtigt.

2. Umgang mit Rechtsunsicherheiten

  • Das FG betont die Problematik der Abgrenzung zwischen wertaufhellenden und wertbegründenden Umständen.
  • Nachträgliche Gerichtsentscheidungen gelten in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung als wertbegründend. Ob der BFH dies ebenfalls so sieht, bleibt abzuwarten.

3. Einspruch gegen Körperschaftsteuerbescheide einlegen

  • Bis zur Entscheidung des BFH sollten Steuerberater Einspruch gegen betroffene Bescheide einlegen.
  • Verweisen Sie auf das anhängige Revisionsverfahren und argumentieren Sie mit dem Stichtagsprinzip.

Praxistipps

  • Sorgfältige Dokumentation: Stellen Sie sicher, dass alle wesentlichen Umstände zum Bilanzstichtag dokumentiert werden, um spätere Diskussionen zu vermeiden.
  • Abgrenzung von Umständen: Unterscheiden Sie genau zwischen wertaufhellenden und wertbegründenden Ereignissen.
  • Rechtsprechung im Blick behalten: Verfolgen Sie die Entscheidung des BFH (Az. XI R 10/24), da diese Klarheit über den Umgang mit nachträglichen Gerichtsurteilen schaffen könnte.

Fazit: Rechtssicherheit bleibt abzuwarten

Das Urteil des FG Düsseldorf zeigt, dass die Bildung von Rückstellungen auch bei unklaren rechtlichen Verhältnissen auf den Verhältnissen am Bilanzstichtag basieren muss. Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass nachträgliche Ereignisse die Bewertung nur in engen Grenzen beeinflussen dürfen. Steuerliche Berater sind gefordert, betroffene Fälle im Auge zu behalten und gegebenenfalls Einspruch einzulegen.

Benötigen Sie Unterstützung bei der Rückstellungsbildung oder im Umgang mit Finanzämtern? Kontaktieren Sie uns – wir beraten Sie gerne!

Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheim: Auch bei langer Erbauseinandersetzung möglich

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer richtungsweisenden Entscheidung (Urteil vom 15.05.2024, Az. II R 12/21) klargestellt, dass die Erbschaftsteuerbefreiung für ein selbstgenutztes Familienheim auch dann erhalten bleibt, wenn die Erbauseinandersetzung länger als sechs Monate dauert. Diese Entscheidung bringt mehr Rechtssicherheit für Erben, die mit komplexen Nachlassregelungen konfrontiert sind.


Worum geht es?

Die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG gilt, wenn ein Erbe die Immobilie weiterhin zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Laut bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung sollte die Befreiung jedoch entfallen, wenn die Erbauseinandersetzung länger als sechs Monate dauert. Der BFH hat diese restriktive Sichtweise nun zurückgewiesen.


Kernaussagen des Urteils

  1. Selbstnutzung entscheidend:
    Die Steuerbefreiung bleibt bestehen, solange der Erbe das Familienheim weiterhin selbst bewohnt.
  2. Keine starre Frist:
    Eine Erbauseinandersetzung kann auch über einen längeren Zeitraum steuerlich begünstigt sein, wenn die Übertragung des Eigentums auf den Erben von Anfang an im Rahmen der Nachlassteilung vorgesehen war.
  3. Widerspruch zur Finanzverwaltung:
    Die Finanzverwaltung hatte bislang eine sechsmonatige Frist für die Auseinandersetzung angesetzt. Der BFH hat diese Frist als nicht maßgeblich angesehen, solange die oben genannten Bedingungen erfüllt sind.

Praktische Bedeutung für Erben

Vorteile des Urteils:

  • Rechtssicherheit: Erben müssen sich bei längeren Erbauseinandersetzungen keine Sorgen um den Verlust der Steuerbefreiung machen.
  • Flexibilität: Komplexe Nachlassregelungen, die eine längere Auseinandersetzung erfordern, führen nicht automatisch zu steuerlichen Nachteilen.

Voraussetzungen:

  • Der Erbe muss das Familienheim weiterhin selbst bewohnen.
  • Die Eigentumsübertragung muss im Rahmen der Nachlassteilung klar vorgesehen sein.

Empfehlungen für Erben:

  • Nachweise sichern: Dokumentieren Sie, dass die Selbstnutzung des Familienheims durchgehend gegeben ist.
  • Beratung in Anspruch nehmen: Komplexe Nachlassregelungen sollten mit einem Steuerberater oder Rechtsanwalt abgestimmt werden.

Fazit: Mehr Flexibilität für Erben

Mit dieser Entscheidung hat der BFH den Handlungsspielraum für Erben deutlich erweitert. Die Erbschaftsteuerbefreiung für ein selbstgenutztes Familienheim bleibt auch bei längeren Erbauseinandersetzungen erhalten, solange die wesentlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Für detaillierte Beratung zur Erbschaftsteuer und Nachlassregelung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns an!

Stundung der Kaufpreisforderung bei Grundstücksverkäufen: Steuerliche Fallstricke

Die Veräußerung eines Grundstücks aus dem Privatvermögen birgt steuerliche Tücken, wenn der Kaufpreis im Rahmen einer Ratenzahlungsvereinbarung gestundet wird. Ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Schleswig-Holstein vom 17.09.2024 (Az. 4 K 34/24, Revision anhängig beim BFH unter Az. VIII R 30/24) verdeutlicht die Konsequenzen: Auch ohne Verzinsung kann die Ratenzahlung zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen.


1. Ratenzahlung als Darlehensgewährung

Nach der Entscheidung des FG Schleswig-Holstein ist die Stundung des Kaufpreises bei einer Ratenzahlungsabrede als Einräumung eines Darlehens zu qualifizieren. Dies führt zu:

  • Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG,
  • selbst wenn die Vertragsparteien eine Verzinsung ausdrücklich ausgeschlossen haben.

Das Urteil bestätigt die ständige Rechtsprechung des BFH (z. B. Urteil vom 14.07.2020, Az. VIII R 3/17).


2. Aufteilung in Zins- und Tilgungsanteil

Gemäß § 12 Abs. 3 BewG sind die Kaufpreisraten in einen Zins- und einen Tilgungsanteil aufzuteilen. Der Zinsanteil gilt als steuerpflichtiger Kapitalertrag.

  • Gesetzlicher Zinssatz: Der Zinssatz von 5,5 %, der nach § 12 Abs. 3 Satz 2 BewG angesetzt wird, steht jedoch auf dem Prüfstand. Seine Verfassungsmäßigkeit in den Jahren 2021 und 2022 bleibt im Streitfall offen.

3. Besondere Regelungen bei Angehörigenverträgen

Wenn der Zins- oder Kaufpreisvorteil innerhalb eines Angehörigenverhältnisses ausdrücklich verschenkt wird, ändert sich die steuerliche Behandlung:

  • Die Schenkung wird als freigebige Zuwendung gemäß § 7 Abs. 1 ErbStG eingestuft.
  • In diesem Fall tritt die Ertragsbesteuerung des Zinsanteils zurück, da die Schenkung Vorrang hat.
  • Diese Auffassung weicht von der Entscheidung des FG Köln vom 27.10.2022 (Az. 7 K 2233/20) ab.

4. Praktische Konsequenzen und Tipps

Für Verkäufer:

  • Sorgfältige Vertragsgestaltung: Klären Sie vorab, ob die Stundung des Kaufpreises steuerliche Konsequenzen wie Kapitalerträge nach sich zieht.
  • Ratenzahlungen vermeiden: Bei hohen Zinsanteilen könnte eine Einmalzahlung steuerlich günstiger sein.

Für Angehörigenverträge:

  • Prüfen Sie, ob eine explizite Schenkung des Zinsanteils sinnvoll ist, um die Ertragsbesteuerung zu vermeiden.
  • Dokumentieren Sie Schenkungen klar, um steuerliche Streitigkeiten zu vermeiden.

Für Steuerberater:

  • Berücksichtigen Sie die Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Zinssatzes von 5,5 % bei der steuerlichen Beratung.
  • Verfolgen Sie die höchstrichterliche Entscheidung des BFH (VIII R 30/24) für zukünftige Fälle.

Fazit: Steuerliche Konsequenzen im Blick behalten

Die Stundung des Kaufpreises bei Grundstücksverkäufen kann zu unerwarteten steuerlichen Belastungen führen. Verkäufer sollten die steuerlichen Auswirkungen von Ratenzahlungsvereinbarungen sorgfältig prüfen und sich rechtzeitig steuerlich beraten lassen, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

Haben Sie Fragen zu den steuerlichen Konsequenzen einer Grundstücksveräußerung? Kontaktieren Sie uns – wir stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.

Die BWA: Von der Zahlenübersicht zur wertvollen Steuerungshilfe

Die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) ist ein zentrales Werkzeug für Unternehmen, um den Geschäftsverlauf im laufenden Jahr zu analysieren und zu steuern. Sie bietet nicht nur einen Rückblick auf die wirtschaftliche Entwicklung, sondern liefert auch wichtige Hinweise auf zukünftige Chancen, Risiken und die Kreditwürdigkeit des Unternehmens. Viele Banken nutzen die aktuelle BWA als Grundlage für Kreditentscheidungen.

Doch was oft als „Zahlenfriedhof“ wahrgenommen wird, kann mit der richtigen Analyse und Aufbereitung zu einem strategischen Vorteil werden – sowohl für Unternehmer als auch für Berater.


1. Die BWA: Was steckt dahinter?

Die BWA ist eine Zusammenfassung von Finanzbuchhaltungsdaten und gibt einen Überblick über den aktuellen wirtschaftlichen Zustand eines Unternehmens. Sie zeigt Umsätze, Kosten, Gewinne sowie Liquiditätskennzahlen. Regelmäßig erstellt, dient sie als Frühwarnsystem und Entscheidungsgrundlage.

Ziele der BWA-Analyse:

  • Wirtschaftliche Entwicklung verfolgen: Zeitnah erkennen, wie sich Umsätze, Kosten und Gewinne entwickeln.
  • Frühzeitige Reaktion: Auf Veränderungen oder Risiken rechtzeitig reagieren.
  • Grundlage für Kreditentscheidungen: Banken nutzen die BWA zur Beurteilung der Bonität.

2. Die systematische Auswertung der BWA

Ein professioneller Umgang mit der BWA erfordert nicht nur das Verstehen der Zahlen, sondern auch die Fähigkeit, diese für unternehmerische Entscheidungen aufzubereiten.

Schlüsselaspekte der BWA-Analyse:

  • Datenbasis: Die Finanzbuchhaltung liefert die Grundlage. Eine korrekte und vollständige Buchführung ist entscheidend.
  • Aufbau und Interpretation: Die Struktur der BWA verstehen, um relevante Informationen herauszufiltern.
  • Kennzahlenbildung: Einfache Kennzahlen wie Umsatzrendite oder Deckungsbeitrag helfen, die wirtschaftliche Lage schnell einzuschätzen.
  • Erkennen von Chancen und Risiken: Veränderungen im Markt oder Betriebsablauf frühzeitig erkennen und Maßnahmen einleiten.
  • Zusatzanalysen: Ergänzende Auswertungen, wie z. B. Plan-Ist-Vergleiche oder Branchenvergleiche, erhöhen die Aussagekraft der BWA.

3. Die BWA in der Mandantenberatung

Eine BWA sollte für Mandanten nicht nur eine Pflichtaufgabe, sondern ein wertvolles Werkzeug sein. Dies erfordert eine klare, verständliche Präsentation und die Entwicklung praxisnaher Maßnahmen.

Erfolgsfaktoren in der Beratung:

  • Mandantengerechte Präsentation: Die BWA anschaulich und verständlich aufbereiten – etwa durch Grafiken oder Diagramme.
  • Konkrete Maßnahmen ableiten:
    • Umsatzsteigerung: Schwachstellen in der Wertschöpfungskette aufdecken.
    • Kostensenkung: Optimierungspotenziale in der Kostenstruktur identifizieren.
    • Liquiditätsverbesserung: Frühzeitige Planung von Ein- und Auszahlungen.
  • Individuelle Anpassung: Die BWA sollte auf die Bedürfnisse und Ziele des Mandanten zugeschnitten sein.

4. Die BWA als strategisches Steuerungstool

Eine regelmäßige, professionelle Besprechung der BWA mit dem Mandanten bietet:

  • Klarheit und Struktur: Mandanten verstehen besser, wie ihr Unternehmen wirtschaftlich aufgestellt ist.
  • Handlungsimpulse: Durch die BWA gewonnene Erkenntnisse führen zu gezielten Maßnahmen, die die Unternehmensentwicklung fördern.
  • Vertrauensbildung: Mandanten schätzen die Beratungskompetenz und die klare Kommunikation der Zahlen.

Fazit: Die BWA als Schlüssel zur Unternehmenssteuerung

Die Betriebswirtschaftliche Auswertung ist weit mehr als nur eine Sammlung von Zahlen. Mit einer systematischen Analyse, klaren Interpretationen und individuellen Empfehlungen wird die BWA zu einem strategischen Instrument für die Unternehmensführung und ein zentraler Bestandteil der Mandantenberatung.

Haben Sie Fragen zur Erstellung, Analyse oder Präsentation der BWA? Wir unterstützen Sie gerne – sprechen Sie uns an!

Genehmigung der Ist-Besteuerung für freiwillig buchführende Freiberufler: Aktueller Stand und Praxistipps

Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 9. Juli 2024 (Az. 9 K 86/24) entschieden, dass freiwillig buchführende Freiberufler keinen Anspruch auf die Ist-Besteuerung nach § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG haben. Die Entscheidung stützt sich auf die herrschende Meinung und die Auffassung der Finanzverwaltung. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen – die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ist anhängig (Az. V R 16/24).


Kernaussagen des Urteils

Nach Auffassung des FG Baden-Württemberg würde eine freiwillige Buchführung Freiberuflern eine „zweckwidrige Begünstigung“ verschaffen, wenn sie gleichzeitig die Ist-Besteuerung in Anspruch nehmen dürften. Das FG argumentiert, dass das Gesetz diese Möglichkeit nicht vorsieht, obwohl der Wortlaut des § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG dies nicht ausdrücklich ausschließt.

Die Folge: Auch wenn Freiberufler freiwillig Bücher führen, wird ihnen die Genehmigung der Ist-Besteuerung nach § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG versagt.


Praxistipp: Nutzen für die Finanzbehörde

Das FG weist darauf hin, dass die einheitliche Anwendung des Sollprinzips sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Umsatzsteuer für die Finanzbehörden vorteilhaft ist:

  • Die zeitliche Übereinstimmung von Umsätzen erleichtert die Überprüfung der erklärten Besteuerungsgrundlagen.
  • Überschussrechnungen nach § 4 Abs. 3 EStG sind bei freiwilliger Buchführung nicht zulässig, was die Einkünfteermittlung und Umsatzsteuerabrechnung vereinheitlicht.

Allerdings besteht auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine Aufzeichnungspflicht (z. B. gemäß § 22 UStG), sodass eine gewisse Buchführung ohnehin erforderlich ist. Diese Aufzeichnungen schließen die Genehmigung der Ist-Besteuerung nicht aus, wie in der Literatur (z. B. Mrosek, UStG-Kommentar, 2024) vertreten wird.


Praxistipps für Steuerberater und Freiberufler

  1. Antrag auf Ist-Besteuerung dennoch stellen:
    Auch wenn die Finanzverwaltung die Genehmigung bei freiwilliger Buchführung ablehnen könnte, sollten steuerliche Berater den Antrag auf Ist-Besteuerung für Freiberufler weiterhin stellen.
  2. Einspruch einlegen:
    Bei Ablehnung des Antrags empfiehlt es sich, unter Verweis auf das anhängige Revisionsverfahren beim BFH Einspruch einzulegen.
  3. Höchstgerichtliche Klärung abwarten:
    Das Revisionsverfahren vor dem BFH (Az. V R 16/24) könnte eine wegweisende Entscheidung bringen, die mehr Rechtssicherheit schafft.

Fazit: Chancen nutzen und dranbleiben

Die Genehmigung der Ist-Besteuerung für freiwillig buchführende Freiberufler bleibt umstritten. Steuerberater sollten jedoch proaktiv handeln, Anträge stellen und im Falle einer Ablehnung Einspruch einlegen. Die laufende Revision beim BFH bietet die Möglichkeit, die Rechtslage zugunsten der Freiberufler zu klären.

Für weitere Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!

Vorsicht vor gefälschten Steuerbescheiden – Betrüger auch in Brandenburg aktiv

In den letzten Wochen sind in mehreren Bundesländern Fälle von gefälschten Steuerbescheiden aufgetreten. Nun sind auch Steuerpflichtige in Brandenburg von dieser Betrugsmasche betroffen. Die Betrüger nutzen gefälschte Bescheide, um vermeintliche Steuerforderungen einzutreiben.


So erkennen Sie die Betrugsmasche

Die gefälschten Steuerbescheide kommen per Post und enthalten Zahlungsaufforderungen, meist für Einkommensteuernachzahlungen. Auffällig ist, dass:

  • Lediglich Name und Adresse der Empfänger korrekt sind.
  • Die Steuernummer und Steueridentifikationsnummer falsch oder nicht plausibel sind.

Betroffene, die Zweifel an der Echtheit hatten und ihr zuständiges Finanzamt kontaktierten, stellten fest, dass die Bescheide gefälscht sind.


Tipps: So schützen Sie sich vor Betrug

  1. Bescheide genau prüfen:
    • Kontrollieren Sie immer Ihre Steuernummer und Steueridentifikationsnummer.
    • Achten Sie auf Fehler in der Formatierung, Sprache oder den Angaben.
  2. Bei Zweifeln das Finanzamt kontaktieren:
    • Wenn Sie keinen Steuerbescheid erwarten oder Zweifel haben, wenden Sie sich direkt an Ihr örtliches Finanzamt.
  3. Nutzen Sie Mein ELSTER:
    • Im kostenlosen Portal der Steuerverwaltung können Sie in die elektronische Bekanntgabe Ihrer Steuerbescheide einwilligen.
    • Bescheide werden dann sicher über das ELSTER-Portal bereitgestellt, nicht per Post.

Fazit: Wachsam bleiben

Gefälschte Steuerbescheide können auf den ersten Blick täuschend echt wirken. Eine genaue Prüfung der persönlichen Daten und ein Abgleich mit den Finanzamtsunterlagen sind der beste Schutz.

Hinweis: Kontaktieren Sie bei verdächtigen Bescheiden umgehend Ihr Finanzamt und informieren Sie auch Freunde und Familie über diese Betrugsmasche.

Bleiben Sie wachsam – bei Fragen stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite.

Corona-Soforthilfen: Rückforderung nur bei klarer Zweckverfehlung

Die Rückforderungen von Corona-Soforthilfen sorgen weiterhin für Diskussionen, insbesondere wenn die Zweckbindung der Hilfen unklar bleibt. Zwei aktuelle Urteile des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (VG) vom 11.10.2024 (Az. 14 K 2955/23, 14 K 5099/23) zeigen, dass pauschale Rückforderungen unzulässig sind, wenn die Begründung nicht eindeutig auf die im Bewilligungsbescheid genannten Zwecke eingeht.


Kernaussagen der Urteile

  1. Widerruf bei klarer Zweckverfehlung möglich
    Im Fall einer Fahrschule, bei der die Corona-Soforthilfe zur Überwindung eines Liquiditätsengpasses bewilligt wurde, konnte die Rückforderung bestätigt werden. Das Gericht sah hier eine eindeutige Zweckverfehlung, da die bewilligten Mittel nicht für diesen Zweck verwendet wurden.
  2. Widerruf scheitert bei unzureichender Prüfung der Förderzwecke
    Anders entschied das VG Karlsruhe im Fall eines Kosmetikstudios. Hier wurde der Rückforderungsbescheid aufgehoben, da nicht alle im Bewilligungsbescheid genannten Zwecke ausreichend geprüft wurden. Das Gericht machte deutlich, dass bei alternativen Förderzwecken jeder einzelne geprüft werden muss, bevor ein Widerruf erfolgen kann.
  3. Urteile noch nicht rechtskräftig
    Beide Urteile können noch angefochten werden, zeigen aber bereits jetzt die Richtung, in die die Rechtsprechung bei Rückforderungen von Corona-Hilfen geht.

Bedeutung für Betroffene

Die Urteile des VG Karlsruhe verdeutlichen, dass die Rückforderung von Corona-Soforthilfen nur bei einer klaren und belegbaren Zweckverfehlung rechtmäßig ist. Pauschale Begründungen sind unzureichend, insbesondere wenn im Bewilligungsbescheid mehrere alternative Zwecke genannt wurden.

Was sollten Betroffene tun?

  • Bewilligungsbescheid prüfen: Analysieren Sie genau, welche Zwecke im Bescheid genannt wurden.
  • Verwendungsnachweise vorlegen: Dokumentieren Sie, wie die Soforthilfe verwendet wurde, und belegen Sie die Zweckbindung.
  • Rückforderungsbescheid anfechten: Wenn die Begründung unzureichend oder fehlerhaft ist, sollten Sie rechtzeitig Widerspruch einlegen.

Fazit: Präzise Prüfung ist unerlässlich

Die Entscheidungen des VG Karlsruhe betonen die Bedeutung einer detaillierten Prüfung der Förderzwecke bei Rückforderungen von Corona-Soforthilfen. Behörden dürfen keine pauschalen Widerrufe erteilen, ohne die konkrete Zweckbindung zu prüfen.

Betroffene sollten im Falle eines Rückforderungsbescheids rechtzeitig juristischen Rat einholen, um ihre Ansprüche zu wahren.

Erleichterungen bei der Umsatzsteuer: Jetzt Ist-Besteuerung und Dauerfristverlängerung beantragen

Das Thema Umsatzsteuer kann für Unternehmer oft zur Herausforderung werden, insbesondere wenn es um Liquidität oder Fristen geht. Zwei bewährte Anträge helfen Ihnen dabei, mehr Flexibilität zu gewinnen: die Ist-Besteuerung und die Dauerfristverlängerung.


Ist-Besteuerung – Liquidität schonen

Bei der klassischen Soll-Besteuerung wird die Umsatzsteuer sofort fällig, sobald sie auf einer Rechnung ausgewiesen wurde – unabhängig davon, ob Ihr Kunde die Rechnung bezahlt hat.

Die Lösung? Wechseln Sie zur Ist-Besteuerung. Hier führen Sie die Umsatzsteuer erst dann an das Finanzamt ab, wenn Ihr Kunde tatsächlich bezahlt hat. Das kann Ihre Liquidität erheblich entlasten.

Wer kann die Ist-Besteuerung beantragen?

  1. Freiberufler: Als Freiberufler mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung dürfen Sie die Ist-Besteuerung immer nutzen.
  2. Gewerbetreibende: Unternehmen mit Einkünften aus Gewerbebetrieb dürfen die Ist-Besteuerung beantragen, wenn der Vorjahresumsatz nicht höher als 600.000 Euro war.

Antrag stellen

  • Der Antrag kann formlos beim Finanzamt eingereicht werden.
  • Wichtig: Der Antrag gilt als genehmigt, solange das Finanzamt nicht innerhalb der nächsten Steuererklärung widerspricht.

Dauerfristverlängerung – Mehr Zeit für die Umsatzsteuer-Voranmeldung

Regulär müssen Sie Ihre Umsatzsteuer-Voranmeldung innerhalb von 10 Tagen nach Ablauf des Voranmeldezeitraums abgeben. Mit einer Dauerfristverlängerung gewinnen Sie einen zusätzlichen Monat Zeit – ideal bei unvorhergesehenen Ereignissen wie Urlaub, Krankheit oder hohem Arbeitsaufkommen.

Wie beantragen Sie die Dauerfristverlängerung?

  • Nutzen Sie den Online-Zugang unter www.elster.de. Der Antrag muss authentifiziert per Datenfernübertragung übermittelt werden.
  • Hinweis: Es gibt keinen Bescheid über die Genehmigung – das Finanzamt meldet sich nur, wenn der Antrag abgelehnt wird.

Sonderregelungen bei monatlicher Abgabe

  • Bei monatlicher Abgabe verlangt das Finanzamt eine Sondervorauszahlung, bevor es die Fristverlängerung gewährt. Diese beträgt 1/11 der Summe Ihrer Umsatzsteuer-Vorauszahlungen des Vorjahres.
  • Beispiel: Beträgt die Bemessungsgrundlage Ihrer Umsatzsteuer-Vorauszahlungen 55.000 €, beträgt die Sondervorauszahlung 5.000 €.

Tipp: Überblick behalten und rechtzeitig handeln

  • Prüfen Sie, ob Sie die Ist-Besteuerung nutzen können, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden.
  • Beantragen Sie die Dauerfristverlängerung, um sich wertvolle Zeit zu verschaffen und Fristen stressfrei einzuhalten.
  • Nutzen Sie den Online-Zugang bei Elster, um Ihre Anträge schnell und unkompliziert einzureichen.

Für weitere Fragen zur Umsatzsteuer und individuellen Lösungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!

Abschreibungen 2024: Defekte Geräte und ungenutzte Investitionen steuerlich sofort abschreiben

Das Jahr 2024 ist zu Ende zu und es ist der ideale Zeitpunkt, um den Zustand Ihres Betriebsvermögens im Rahmen der Inventur zu prüfen: Welche Geräte sind kaputt gegangen? Welche Investitionen nutzen Sie nicht mehr? Wir erklären, wie Sie in zwei typischen Fällen steuerlich vorgehen.


Fall 1: Defekte Geräte – So funktioniert die außerplanmäßige Abschreibung

Beispiel:

Ein betrieblich angeschafftes Gerät hat einen Totalschaden. Laut AfA-Tabelle beträgt die Nutzungsdauer 8 Jahre. Das Gerät ist jedoch erst 2 Jahre alt und damit noch nicht vollständig abgeschrieben.

Frage:

Muss die Abschreibung bis zum Ende der Nutzungsdauer fortgeführt werden?

Antwort:

Nein! Bei einem Totalschaden, Verlust oder Diebstahl können Sie den Restwert des Geräts sofort geltend machen. Eine weitere Abschreibung bis zum Ende der Nutzungsdauer ist nicht erforderlich. Der Restwert wird als sogenannter „Anlagenabgang“ verbucht.

Wichtiger Hinweis:

Das Finanzamt prüft solche Fälle gelegentlich, um sicherzustellen, dass kein betrieblicher Gegenstand als „defekt“ abgeschrieben wird, der privat weitergenutzt wird. Um Nachfragen zu vermeiden:

  • Nachweis Totalschaden: Lassen Sie sich von einer Werkstatt eine Bestätigung geben, dass das Gerät irreparabel defekt ist und eine Reparatur unwirtschaftlich wäre.
  • Nachweis Diebstahl: Fügen Sie eine Kopie der polizeilichen Anzeige bei.

Fall 2: Unbenutzte Investitionen – Was tun bei Fehlinvestitionen?

Beispiel:

Für einen Großauftrag wurde eine teure Spezialmaschine angeschafft. Der Auftrag kommt jedoch nicht zustande, und die Maschine wird nicht benötigt.

Frage:

Kann die Abschreibung für diese Fehlinvestition verkürzt werden?

Antwort:

Leider nein – zumindest nicht für Einnahmen-Überschuss-Rechner (EÜR).

  • EÜR: Hier müssen Sie die Maschine entsprechend der Nutzungsdauer in den AfA-Tabellen abschreiben, selbst wenn sie nicht genutzt wird.
  • Bilanzierende Unternehmen: Diese haben unter bestimmten Voraussetzungen mehr Spielraum für außerplanmäßige Abschreibungen bei Fehlinvestitionen.

Empfehlung:

Wenn die Maschine nicht gebraucht wird, sollten Sie einen Verkauf in Betracht ziehen. Der Erlös wird als Einnahme verbucht, während der Restwert abgeschrieben werden kann.


Fazit: Handeln Sie jetzt!

  • Prüfen Sie Ihre Betriebsgegenstände auf Defekte oder ungenutzte Investitionen.
  • Bereiten Sie alle notwendigen Nachweise vor, um Ärger mit dem Finanzamt zu vermeiden.
  • Ziehen Sie bei Fehlinvestitionen einen Verkauf in Betracht, um den Verlust steuerlich optimal zu verwerten.

Haben Sie Fragen zur korrekten Abschreibung oder benötigen Sie Unterstützung bei der steuerlichen Behandlung? Kontaktieren Sie uns – wir beraten Sie gerne!

BFH: Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Aufwendungen für Out-of-Home-Werbung

Urteil des Bundesfinanzhofs: BFH III R 33/22 vom 17.10.2024

Die gewerbesteuerrechtliche Behandlung von Aufwendungen für Out-of-Home-Werbung (OoH) hat durch ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) neue Klarheit erhalten. Das Urteil betrifft insbesondere die Frage, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten an digitalen und analogen Werbeträgern der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) unterliegen.

Leitsatz des Urteils

Nach dem BFH-Urteil vom 17.10.2024 sind folgende Punkte entscheidend:

  1. Voraussetzung für die Hinzurechnung
    Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG können nur dann hinzugerechnet werden, wenn es sich um subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern handelt. Diese Rechte müssen:
    • Einen selbstständigen Vermögenswert haben,
    • Eine Nutzungsbefugnis enthalten und
    • Eine geschützte Rechtsposition mit Abwehrrechten gegenüber Dritten beinhalten.
    Fehlt es an diesen Merkmalen, liegt keine Rechteüberlassung im Sinne des Gesetzes vor.
  2. Keine Rechteüberlassung bei OoH-Spezialagenturen
    Eine mit der Mediaplanung beauftragte Spezialagentur, die lediglich Sichtbarkeit der Werbung garantiert, aber keine weitergehenden Abwehrrechte gegen Dritte ableiten kann, unterliegt nicht der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung.
  3. Vertragsrechtliche Einordnung: Werkvertrag oder Mietvertrag
    Entscheidend für die rechtliche Bewertung von Verträgen, die Werbung auf analogen oder digitalen Werbeträgern regeln, ist die Hauptleistungspflicht:
    • Wird ein Arbeitsergebnis geschuldet (z. B. Sichtbarkeit der Werbung und Werbeerfolg), handelt es sich in der Regel um einen Werkvertrag.
    • Steht hingegen die bloße Zur-Verfügung-Stellung der Werbefläche im Vordergrund, liegt ein Mietvertrag vor.
    Besonders bei digitaler Werbung überwiegt in der Regel die Werbeleistung des Anbieters gegenüber der Nutzung der Fläche.
  4. Analoge Werbung mit erweiterten Pflichten
    Übernimmt der Anbieter analoger Werbeträger zusätzliche Pflichten, die den Werbeerfolg beeinflussen, könnte der Vertrag ebenfalls als Werkvertrag eingestuft werden.

Praktische Relevanz

Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen, die Out-of-Home-Werbung schalten, sowie auf Mediaplanungsagenturen. Insbesondere:

  • Unternehmen sollten ihre Verträge mit Anbietern digitaler und analoger Werbeträger daraufhin prüfen, ob eine Rechteüberlassung im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG vorliegt.
  • Die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung kann durch eine sorgfältige Vertragsgestaltung vermieden werden, wenn die Hauptleistungspflichten klar definiert sind.

Fazit

Das BFH-Urteil bringt mehr Klarheit in die gewerbesteuerrechtliche Behandlung von Out-of-Home-Werbung. Unternehmen und Agenturen sollten die Vertragsgestaltung genau prüfen und gegebenenfalls anpassen, um ungewollte gewerbesteuerliche Belastungen zu vermeiden.

Quelle: Bundesfinanzhof

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin