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Aufteilungsmaßstab für die Vorsteuer aus der Insolvenzverwalter-Vergütung

Aufteilungsmaßstab für die Vorsteuer aus der Insolvenzverwalter-Vergütung

Ein Urteil des Sächsischen Finanzgerichts klärt, welcher Aufteilungsmaßstab für die Vorsteuer aus der Insolvenzverwalter-Vergütung gilt, wenn der unternehmerische und der nichtunternehmerische Bereich betroffen sind.

Der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Einzelunternehmerin machte die von ihm im Rahmen seiner Vergütung in Rechnung gestellte Umsatzsteuer von 2.713,84 EUR in voller Höhe als Vorsteuer geltend. Er hatte mit dem Ziel der Masseanreicherung gegenüber dem Finanzamt Steuerzahlungen von 14.668,74 EUR nebst Zinsen von 909,57 EUR angefochten. Der Betrag von 14.668,74 EUR teilte sich wie folgt auf:

Einkommensteuer auf gewerbliche Einkünfte: 12.223,91 EUR
Umsatzsteuer und Kfz-Steuer: 2.444,83 EUR

Das Finanzamt und der Insolvenzverwalter schlossen daraufhin eine Anfechtungsvereinbarung dahingehend, dass das Finanzamt einen Betrag von 12.000,00 EUR an den Insolvenzverwalter zurückbezahlt, die dieser als „Einkommensteuer“ zur Insolvenztabelle anmeldete. Insgesamt erzielte der Insolvenzverwalter Erlöse (aus Anfechtungen und der Verwertung der Insolvenzmasse) von 38.121,77 EUR. Da die Einkommensteuer privat veranlasst sei, kürzte das Finanzamt die Vorsteuer um 31,47 % auf 1.859,80 EUR.

Die Insolvenzgläubiger (inkl. Finanzamt) hatten insgesamt 267.775,57 EUR zur Insolvenztabelle angemeldet. Daneben kam es zur Pfändung von Arbeitseinkommen in Höhe von 360,59 EUR.

Entscheidung

Das Finanzgericht gewährte den Vorsteuerabzug zwar nicht in voller Höhe; erhöhte die Vorsteuer aber auf 2.487,23 EUR. Dabei gab das Finanzgericht dem Finanzamt insoweit (inhaltlich) Recht, dass die Einkommensteuer – auch soweit sie auf gewerbliche Einkünfte entfällt – privat veranlasst sei. Das Gericht schloss sich aber nicht der Aufteilung der Vorsteuern im Verhältnis der Erlöse des Insolvenzverwalters an. Vielmehr sei eine „Gesamtbetrachtung“ des Insolvenzverfahrens erforderlich. Zunächst teilte es den vereinbarten Anfechtungsbetrag von 12.000,00 EUR im Verhältnis der Ausgangsbeträge (12.223,91 EUR bzw. 2.444,83 EUR zu 14.668,74 EUR) auf, was zu folgenden Beträgen führte:

Anfechtungserlöse Einkommensteuer 9.999,60 EUR
Anfechtungserlöse Umsatzsteuer und Kfz-Steuer 2.000,40 EUR

Damit ergab sich bezogen auf die Vorsteuer von insgesamt 2.713,84 EUR folgende Aufteilung:

Erlöse (Anfechtung und Verwertung) 38.121,77 EUR
Durch die Insolvenzgläubiger angemeldete Insolvenzforderungen 229.653,80 EUR
Gesamtbetrag für Aufteilungsmaßstab 267.775,57 EUR
darin enthaltene angefochtene Einkommensteuer 9.999,60 EUR
Gepfändetes Arbeitseinkommen 360,59 EUR
Als „Einkommensteuer“ angemeldete Insolvenzforderungen 12.000,00 EUR
Privat veranlasste Insolvenzschulden & Zahlungen (8,35 %) 22.360,19 EUR
Nicht abzugsfähige Vorsteuer aus EUR 2.713,84 (8,35 %) 226,61 EUR
Abzugsfähige Vorsteuer aus EUR 2.713,84 (91,65 %) 2.487,23 EUR

Insolvenz: Kündigungsschutzklagen nicht immer gegen Insolvenzverwalter zu richten

Insolvenz: Kündigungsschutzklagen nicht immer gegen Insolvenzverwalter zu richten

Kernfrage
Fällt ein Arbeitgeber (Einzelunternehmen) in Insolvenz, geht die Verfügungsbefugnis mit Rücksicht auf die beim Arbeitgeber bestehenden Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf den Insolvenzverwalter über. Klagen gegen den Arbeitgeber sind deshalb gegen den Insolvenzverwalter zu richten; dieser ist regelmäßig passiv legitimiert. Gleichzeitig kann der Insolvenzverwalter die selbständige Tätigkeit eines Arbeitgebers aus der Insolvenzmasse freigeben. Mit anderen Worten, diese selbständige Tätigkeit kann der Arbeitgeber weiter in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung und eigenes Risiko fortführen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte jetzt darüber zu entscheiden, ob im Falle einer solchen Freigabe eine Klage gegen den Arbeitgeber weiterhin gegen den Insolvenzverwalter zu richten ist.

Sachverhalt
Ein Einzelunternehmer hatte einen Arbeitnehmer fristlos entlassen. Kurze Zeit später wurde das Insolvenzverfahren über den Einzelunternehmer eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter seinerseits gab die selbständige Tätigkeit unmittelbar aus der Insolvenzmasse frei. Danach klagte der Arbeitnehmer gegen den Insolvenzverwalter gegen die Kündigung.

Entscheidung
Zuletzt erklärte das BAG die Klage für unzulässig. Richtiger Klagegegner (= Beklagter) wäre der Arbeitgeber gewesen. Die wirksame Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters bewirke, dass dessen mit Insolvenz eintretende Verfügungsbefugnis über die Arbeitsverhältnisse (wieder) an den Arbeitgeber zurückfalle und durchbreche insoweit den insolvenzrechtlichen Grundsatz der Verfügungsbefugnis über Arbeitsverhältnisse durch den Insolvenzverwalter.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Tücken im Umgang mit Arbeitsverhältnissen in der Insolvenz des Arbeitgebers. Vorsorglich wird der insolvenzrechtliche Status vorab zu klären sein. Allerdings dürfte die Entscheidung nur auf die Insolvenz von Einzelunternehmern bzw. Gesellschaften mit ausschließlich persönlich haftenden Gesellschaftern Anwendung finden.

Zur Anfechtung von Lohnzahlung vor der Insolvenz durch Insolvenzverwalter

Zur Anfechtung von Lohnzahlung vor der Insolvenz durch Insolvenzverwalter

Kernaussage

Die Insolvenzordnung erlaubt die Anfechtung von Rechtshandlungen durch den Insolvenzverwalter, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Gläubiger benachteiligen. So ist eine Handlung, die einen Insolvenzgläubiger befriedigt, anfechtbar, wenn sie in den letzten 3 Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war und der Gläubiger dies wusste oder die Umstände der Zahlungsunfähigkeit kannte. Ferner ist eine Handlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil den Vorsatz des Schuldners kannte. Hierzu entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich im Rahmen der Anfechtung von Lohnzahlungen.

Sachverhalt

Der Beklagte ist Insolvenzverwalter der Schuldnerin, der Kläger war bei ihr seit 2003 als Betriebsleiter beschäftigt. Ab 2006 geriet die Schuldnerin mit den Lohnzahlungen in Rückstand; im April fand deshalb eine Betriebsversammlung statt. Die Schuldnerin zahlte dem Kläger im Mai 2007 die Nettovergütung für die Monate Januar bis März nur in Teilbeträgen aus. Im September desselben Jahres wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte erklärte gegenüber den Teilzahlungen die Anfechtung und forderte die Beträge vom Kläger zurück. Mit seiner Klage wollte der Kläger festgestellt wissen, dass er dazu nicht verpflichtet sei, er habe im Zeitpunkt der Lohnzahlung nichts von der möglichen Zahlungsunfähigkeit gewusst. Der Beklagte meint, schon aufgrund der Betriebsversammlung habe der Kläger die Umstände der Zahlungsunfähigkeit gekannt. Die Klage war in allen Instanzen erfolgreich.

Entscheidung

Soweit die Lohnzahlungen der Schuldnerin im Mai 2007 der Vergütung der vom Kläger in den vorausgehenden 3 Monaten erbrachten Arbeitsleistungen dienten, unterlagen sie als Bargeschäft nicht der Anfechtung, weil noch der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang mit der Gegenleistung bestand. Im Übrigen waren keine Tatsachen vorgetragen worden, aus denen sich eine positive Kenntnis des Klägers von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ergeben hätte. Auch von den Umständen, die auf die Zahlungsunfähigkeit schließen ließen, hatte der Kläger keine Kenntnis; es reichte in soweit nicht aus, dass er vom Zahlungsrückstand gegenüber anderen Arbeitnehmern wusste. Er hatte ferner keinen Einblick in die Finanzbuchhaltung der Schuldnerin und nahm dort selbst auch keine Leitungsaufgaben wahr.

Konsequenz

Lohnzahlungen, die wenige Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eines Unternehmens geleistet werden, sind in der Regel nicht anfechtbar. Aber auch wenn unter den Arbeitnehmern bekannt ist, dass die Firma mehrere Monate mit Lohnzahlungen im Rückstand ist, kann daraus nicht unbedingt auf die für eine Anfechtung der Lohnzahlungen notwendige Kenntnis der Arbeitnehmer von der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens geschlossen werden.