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BMF: Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für Juli 2012

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse; Monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2012;

Gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 UStG wird die monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2012 über die bekannt gegebenen Umsatzsteuer-Umrechnungskurse veröffentlicht.

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse; Monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2012 (PDF, 66,3 KB)

Bundesfinanzministerium (BMF)

Zweifel an Verfassungskonformität der Zinsschranke

Zweifel an Verfassungskonformität der Zinsschranke

Kernproblem

Aufgrund der in 2008 eingeführten so genannten Zinsschranke ist der Abzug von betrieblich veranlassten Zinsaufwendungen grundsätzlich auf 30 % des steuerlichen EBITDA beschränkt. Hiermit sollen laut Gesetzesbegründung Gestaltungen verhindert werden, bei denen durch konzerninterne Fremdkapitalfinanzierungen eine Gewinnverlagerung ins Ausland droht. Konsequenterweise gilt die Zinsschranke daher nicht, wenn der Betrieb nicht zu einem Konzern gehört (sog. Konzernklausel). Hiervon besteht indes wiederum eine Rückausnahme: Bei Kapitalgesellschaften greift die Konzernklausel u. a. dann nicht, wenn die darlehensgebende Bank i. H. v. mehr als 10 % des Zinssaldos auf einen zu mehr als 25 % beteiligten Gesellschafter der Kapitalgesellschaft Rückgriff nehmen kann.

Sachverhalt

Im Streitfall klagte eine vermögensverwaltend tätige GmbH, die ihren umfangreichen und wertvollen Grundbesitz zum überwiegenden Teil fremdfinanzierte. Hierdurch entstanden in den Streitjahren 2008-2010 jeweils Zinsaufwendungen von rund 6 Mio. EUR, die größtenteils an eine Bank gezahlt wurden. Für die zugrundeliegenden Darlehensverbindlichkeiten verbürgten sich die Gesellschafter der GmbH gegenüber dieser Bank. Nach Auffassung des Finanzamts war somit die Konzernklausel nicht anwendbar, mit der Folge, dass ein Großteil der Zinsaufwendungen (mangels zu geringem EBITDA) steuerlich nicht zum Abzug zugelassen wurde. Hiergegen wehrte sich die GmbH mittels Einspruchs sowie einem Antrag auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung (AdV). Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht München lehnten den Antrag auf AdV ab.

Entscheidung

Entgegen der Vorinstanz gewährte der Bundesfinanzhof (BFH) der Klägerin weitestgehend die beantragte AdV. Zwar bestehen nach Auffassung des Gerichts vorliegend keine Zweifel, dass der Wortlaut des Gesetzes erfüllt ist und somit die Konzernklausel keine Anwendung findet. Der BFH äußert jedoch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rückausnahme zur Konzernklausel. Diese erfasse nämlich nicht nur Umgehungsgestaltungen, bei denen die Gefahr einer Verlagerung von Steuersubstrat bestehe, sondern auch Zinsaufwendungen für übliche, lediglich durch Bürgschaften gesicherte, Bankdarlehen.

Konsequenz

Das Bundesverfassungsgericht wird nunmehr über die vom BFH vorgelegte Frage zu entscheiden haben, ob die Rückausnahme zur Konzernklausel verfassungsrechtlichen Anforderungen standhält. Die noch spannendere Frage, ob nicht die Zinsschrankenregelung insgesamt verfassungswidrig ist, brauchte der BFH vorliegend nicht vorzulegen. Aufgrund der erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken, die diesbezüglich sowohl im Schrifttum, als auch von Richtern des BFH geäußert werden, erscheint dies aber nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf GmbH-Geschäftsführer

Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf GmbH-Geschäftsführer

Rechtslage

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt Arbeitnehmer von der Bewerbung an vor Diskriminierungshandlungen; unter anderem wegen ihres Alters. Dabei ist der Anwendungsbereich des AGG beim Zugang zu ausgeschriebenen Stellen auch für Selbstständige eröffnet. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nunmehr im Rahmen einer Schadensersatzklage eines Chefarzt-Geschäftsführers, der nach Ablauf seines Vertrages aus Altersgründen nicht mehr weiter beschäftigt worden war, darüber zu entscheiden, ob der Anwendungsbereich des AGG eröffnet war.

Sachverhalt

Der befristete Anstellungsvertrag des als medizinischer Geschäftsführer angestellten Chefarztes bei der beklagten Klinik-GmbH war nach Ablauf der Befristung nicht mehr verlängert worden. Zum regulären Ablauf des Vertrages wäre der Kläger 62 Jahre alt gewesen. Vielmehr wurde die Stelle mit einem 41-jährigen Arzt besetzt, der sich gemeinsam mit dem Kläger auf die neu ausgeschriebene Stelle beworben hatte. Mit seiner auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens gerichteten Klage machte der Kläger geltend, er sei ausschließlich aus Altersgründen nicht mehr berücksichtigt worden.

Entscheidung

Der BGH verwies die Sache wegen nicht ausreichender Tatsachenfeststellung zwar zurück an das Berufungsgericht, allerdings machte er in seiner Entscheidung (wie bereits das Berufungsgericht) deutlich, dass von einer Altersdiskriminierung beim Zugang zu dem Geschäftsführeramt auszugehen sei. Deshalb sei dem Kläger der materielle und immaterielle Schaden zu ersetzen. Entscheidend war, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der Klinik-GmbH sich dahingehend geäußert hatte man habe einen Bewerber gewählt, der das Unternehmen angesichts des Umbruchs im Gesundheitswesen „langfristig in den Wind stellen“ könne. Dies sei zum Nachweis der Diskriminierung ausreichend. Weitergehende Feststellungen seien aber zum Umfang des Schadensersatzes erforderlich.

Konsequenz

Wenn es um die Besetzung eines Geschäftsführerpostens geht, stehen die abgelehnten Bewerbern unter dem Schutz des AGG. Dies beinhaltet nicht nur die Altersdiskriminierung, sondern jede Art der Diskriminierung z. B. auch wegen des Geschlechts oder einer Schwerbehinderung.

Existenzvernichtender Eingriff durch Gesellschafter-Geschäftsführer

Existenzvernichtender Eingriff durch Gesellschafter-Geschäftsführer

Kernaussage

Ein zum Schadensersatz verpflichtender existenzvernichtender Eingriff liegt dann vor, wenn der Gesellschaft von ihren Gesellschaftern in sittenwidriger Weise Vermögen entzogen und damit eine Insolvenz verursacht wird. Die Verlagerung von Vermögensgegenständen einer GmbH in Liquidation unter Wert auf eine von den Gesellschaftern abhängige Gesellschaft, kann einen existenzvernichtenden Eingriff darstellen. Der Preis, der im Rahmen der Liquidation hätte erzielt werden können, entspricht jedoch nicht zwingend dem Buchwert.

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer GmbH. Die Beklagten sind Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Aufgrund des vorläufigen Bilanzgewinns für das Jahr 2003 beschlossen sie im Januar 2004 eine Vorabgewinnausschüttung in Höhe von 480.000 EUR. Zu diesem Zeitpunkt hatte die GmbH an ihre Gesellschafter bzw. an verbundene Unternehmen Darlehen in Höhe von rund 250.000 EUR ausgereicht. Diese wurden später teilweise zurückgeführt. Ab März 2004 gelang es der GmbH nicht mehr, weitere Aufträge zu erhalten. Im Juni wurde daher die Auflösung der GmbH zum 31.08.2004 beschlossen und deren Vermögensgegenstände wurden an eine von den Gesellschaftern abhängige andere Gesellschaft mit gleichartigem Geschäftsbetrieb unter den Buchwerten verkauf. Im Dezember 2004 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. Der Kläger meint, die Maßnahmen der Beklagten stellen einen existenzvernichtenden Eingriff in das Vermögen der GmbH dar.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) erkannte, dass zwar kein Anspruch aufgrund des existenzvernichtenden Eingriffs der Gesellschafter besteht. Denn die Beklagten sind nicht verpflichtet, den Geschäftsbetrieb der GmbH fortzuführen. Auch durften sie einen gleichartigen Geschäftsbetrieb in der Rechtsform einer anderen Gesellschaft aufnehmen. Beschränkungen ergeben sich aber dort, wo die Gläubiger der Altgesellschaft benachteiligt werden. Dies ist der Fall, wenn die Vermögensgegenstände unter Wert übertragen werden, was vorliegend nicht der Fall ist. Dennoch ergibt sich eine Haftung der Beklagten als Geschäftsführer wegen verbotener Zahlungen, denn bei der Prüfung, ob die Gewinnausschüttungen vom Januar 2004 das Stammkapital der Gesellschaft angreifen, sind die Darlehensrückzahlungsansprüche gegen die Gesellschafter und verbundene Unternehmen mit ihrem wahren Wert zu bilanzieren. Diesen Wert hat das Berufungsgericht nun noch zu ermitteln.

Konsequenz

Auch bei einer Veräußerung von existenznotwendigen Vermögenswerten ohne angemessene Gegenleistung an einen Dritten kann dieser für einen existenzvernichtenden Eingriff des Veräußerers im Rahmen der Teilnahme voll haftbar gemacht werden. Dies dann, wenn er den Umstand billigt, den Erwerb ungeachtet dessen weiter betreibt und die veräußerte Gesellschaft aufgrund dessen insolvent werden kann.

Sind Einzahlungen auf ein so genanntes Zeitwertkonto eines Geschäftsführers als Zufluss zu bewerten?

Sind Einzahlungen auf ein so genanntes Zeitwertkonto eines Geschäftsführers als Zufluss zu bewerten?

Kernproblem

Arbeitgeber können mit ihren Arbeitnehmern in der Arbeitsphase die Einrichtung von Zeitwertkonten vereinbaren, die bei einer vollen oder teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung während des noch fortbestehenden Dienstverhältnisses ausgezahlt werden. Erst die Auszahlung des Guthabens während der Freistellung löst Zufluss von Arbeitslohn und damit eine Besteuerung beim Arbeitnehmer aus. In der Zeit der Arbeitsfreistellung ist dabei das angesammelte Guthaben um den Vergütungsanspruch zu vermindern, der dem Arbeitnehmer in der Freistellungsphase gewährt wird. Der steuerliche Begriff des Zeitwertkontos entspricht insoweit dem Begriff der Wertguthabenvereinbarungen im Sinne des Sozialgesetzbuches (sog. Lebensarbeitszeit- bzw. Arbeitszeitkonto). Keine Zeitwertkonten in diesem Sinne sind so genannte Flexi- oder Gleitzeitkonten. Die Finanzverwaltung möchte die nachgelagerte Besteuerung bei Organen von Körperschaften und beherrschenden Anteilseignern für Zuführungen ab dem 1.2.2009 nicht mehr gewähren. Das Bundesfinanzministerium hat hierzu ein Schreiben erlassen. Ist diese Ansicht rechtens?

Sachverhalt

Eine beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführerin hatte mit ihrer GmbH die Ansammlung von Wertguthaben auf einem Zeitwertkonto vereinbart. Alle von der Finanzverwaltung geforderten formalen Voraussetzungen für eine nachgelagerte Besteuerung (z. B. Zeitwertkontengarantie) waren erfüllt, aber die Organstellung lag vor. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer 2009 der Geschäftsführerin auf Basis des BMF-Schreibens unter Besteuerung der Zeitgutschriften fest. Hiergegen klagte die Geschäftsführerin.

Entscheidung

Das Hessische Finanzgericht gab der Klage statt. Trotz ihrer Beherrschung habe die Geschäftsführerin als Arbeitnehmerin nichtselbstständige Einkünfte erzielt, für die das Zuflussprinzip gelte. Die einzelnen Beträge des Zeitwertkontos seien weder bar ausgezahlt, noch einem Bank- oder Verrechnungskonto gutgeschrieben worden. Das gelte unabhängig von einem bilanziellen Verbindlichkeitsausweis der GmbH. Die Geschäftsführerin habe weder frei auf das Zeitwertkonto zugreifen können, noch das wirtschaftliche Risiko eines Verlustes getragen. Vielmehr sei das dortige Guthaben zum vertragsgemäßen Ersatz in Zeiten der Arbeitsfreistellung bestimmt gewesen.

Konsequenz

Das Urteil widerspricht der im BMF-Schreiben verfügten Verwaltungsauffassung. Die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ist bereits eingelegt. Der geschilderte Sachverhalt ist von dem grundsätzlichen Verbot der Überstundenvergütung für Gesellschafter-Geschäftsführer zu unterscheiden, weil das Zeitwertkonto kein Arbeitszeitguthaben, sondern Arbeitsentgelt ansammelt.

Verfassungswidrigkeit eines so genannten „Treaty Override“

Verfassungswidrigkeit eines so genannten „Treaty Override“

Kernproblem

Seit Jahren bereits schwelt die Frage, ob der Gesetzgeber durch ein so genanntes Treaty override gegen Verfassungsrecht verstößt. Unter einem Treaty override versteht man eine Regelung, mit der sich ein Steuergesetzgeber über die bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen aus einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder einem anderen internationalen Vertrag hinwegsetzt. Der deutsche Gesetzgeber hat hiervon vor allem in jüngerer Vergangenheit in erheblichem Umfang Gebrauch gemacht, insbesondere auch, um eine „Keinmalbesteuerung“ zu vermeiden.

Sachverhalt

Kläger war ein Arbeitnehmer und Geschäftsführer einer inländischen GmbH, der für die Gesellschaft in der Türkei gearbeitet hatte. Nach dem DBA-Türkei waren diese Einkünfte in Deutschland freizustellen. Das Finanzamt gewährte die Freistellung indes nicht, da der Kläger – entgegen der nationalen einkommensteuerlichen Vorschrift – nicht nachgewiesen habe, dass er in der Türkei entsprechende Einkommensteuer bezahle oder dass die Türkei auf das ihr zustehende Besteuerungsrecht verzichtet habe. Hiergegen wandte sich der Kläger insbesondere mit dem Argument, dass ein solcher Nachweis nach dem DBA-Türkei nicht gefordert sei. Nach erfolglosem Verfahren vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz konnte er nunmehr vor dem Bundesfinanzhof (BFH) einen Teilerfolg verbuchen.

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH steht die deutsche einkommensteuerliche Vorschrift, auf die sich das Finanzamt berufen hatte, nicht in Einklang mit der verfassungsmäßigen Ordnung sowie dem Gleichheitssatz. Er begründet dies insbesondere mit der zwischenzeitlich geänderten Sicht des Bundesverfassungsgerichts. Die Rechtsprechungsänderung lasse vermuten, dass ein nationales „Überschreiben“ eines Völkerrechtsvertrags nicht (mehr) verfassungskonform sei. Der BFH hat daher die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Vorschrift dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.

Konsequenz

Die Vorlage beim Bundesverfassungsgericht betrifft unmittelbar nur die streitige Einkommensteuervorschrift. Die eigentliche Brisanz des Ersuchens liegt jedoch darin, dass mittelbar eine Vielzahl einschlägiger Regelungen auf dem Prüfstand des Verfassungsgerichts stehen. Sollte das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit entsprechender Normen feststellen, wird dem deutschen Staat letztendlich nichts anderes übrig bleiben, als entsprechende Klauseln zum Rückfall des Besteuerungsrechts an den Wohnsitzstaat im Fall der „Keinmalbesteuerung“ unmittelbar in dem jeweiligen DBA selbst zu verankern oder auch ein DBA zu kündigen.

Wann haben Arbeitnehmer Anspruch auf Vereinbarung eines Versorgungsrechts?

Wann haben Arbeitnehmer Anspruch auf Vereinbarung eines Versorgungsrechts?

Kernfrage

Die sogenannte betriebliche Übung und/oder der grundgesetzliche Gleichbehandlungsgrundsatz führen dazu, dass Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf solche Leistungen erwerben, die er über einen längeren Zeitraum hinweg vergleichbaren Arbeitnehmern beanstandungslos gewährt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob dies auch dazu führen kann, dass Arbeitnehmer den Abschluss eines Versorgungsvertrages mit dem Arbeitgeber verlangen können.

Sachverhalt

Beim Arbeitgeber, einem Kreditinstitut, bestand wegen einer Fusion eine Vereinbarung aus dem Jahr 1972, nach der Arbeitnehmer, die 20 Dienstjahre vorweisen konnte, eine beamtenähnliche Versorgung beanspruchen durften. Hierüber entschied der Vorstand. Bis Ende 2009 wurde diese Praxis beibehalten. Nahezu allen Arbeitnehmern, die 20 Dienstjahre vorweisen konnten, gute Beurteilungen erhielten und bei denen gesundheitlich nicht zu erwarten war, dass sie früh verrentet werden würden, wurde die Versorgung gewährt. Der Kläger, in dessen Person im Übrigen alle Voraussetzung für die Gewährung vorlagen, erfüllte das Dienstzeitkriterium im Jahr 2010 und verlangte die Gewährung der Versorgung, was die Beklagte ablehnte.

Entscheidung

Zuletzt gab auch das Bundesarbeitsgericht dem Kläger recht. Aufgrund der seit 1972 geübten Praxis habe bereits bei Eintritt des Klägers in das Arbeitsverhältnis die betriebliche Übung bestanden, geeigneten und bewährten Arbeitnehmern eine beamtenähnliche Versorgung zu gewähren und mit ihnen entsprechende Versorgungsverträge abzuschließen. Diese betriebliche Übung könne die Beklagte nicht willkürlich zu einem gewissen Zeitpunkt einseitig aufheben.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt das Gefahrenpotential der betrieblichen Übung. Eine einseitige Beendigung des Arbeitgebers ist unzulässig und steht nicht in seinem Direktionsrecht. Vielmehr hätte er mit allen betroffenen Arbeitnehmern Vereinbarungen über die Aufhebung der betrieblichen Übung schließen müssen.

Kündigung einer Schwangeren wegen Kritik über facebook an Kunden des Arbeitgebers zulässig?

Kündigung einer Schwangeren wegen Kritik über facebook an Kunden des Arbeitgebers zulässig?

Rechtslage

Das Mutterschutzgesetz verbietet die Kündigung von Schwangeren. Nur in ganz geringen Ausnahmefällen ist eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund zulässig. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte im Rahmen der Überprüfung der Zustimmung einer Landesbehörde zu einer Kündigung darüber zu entscheiden, ob abfällige Äußerungen einer schwangeren Arbeitnehmerin über den wichtigsten Kunden ihres Arbeitgebers auf einer sozialen Plattform (hier: facebook), eine solche ausnahmsweise fristlose Kündigung rechtfertigen können.

Sachverhalt

Die schwangere Arbeitnehmerin war bei einem Sicherheitsdienst angestellt und mit der Überwachung des Eingangsbereichs eines Mobilfunkanbieters, der zugleich der wichtigste Kunde des Arbeitgebers war, beauftragt. Bei diesem war sie auch Privatkundin. Auf ihrem privaten facebook-Account postete die Klägerin sinngemäß, dass der Mobilfunkanbieter sie „ankotze“, weil er trotz Zahlung ihren Anschluss gesperrt hatte. Außerdem bezeichnete sie die Mitarbeiter des Mobilfunkanbieters als „Penner“. Der Arbeitgeber beantragte darauf hin bei einer Landesbehörde die Zustimmung zur fristlosen Kündigung, die auch beschieden wurde. Gegen diesen Zustimmungsbescheid richtete sich die Klage.

Entscheidung

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gab der Klägerin Recht. Der besondere Fall, der nach dem Mutterschutzgesetz eine fristlose Kündigung rechtfertige, stelle hohe Anforderungen an den wichtigen Grund. Diese Anforderungen würden über die Anforderungen an den wichtigen Grund, der sonst eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne, weit hinaus gehen. Die Grenzen, hier in Form der Schmähkritik, seien nicht überschritten. Wenngleich die Wortwahl rüde sei, sei sie noch vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Hinzu komme, dass sich die Äußerungen konkret auf das reine Privatverhältnis der Klägerin zu ihrem Telefonanbieter beziehe. Schließlich sei bei facebook Postings zwischen öffentlichen, für jedermann zugänglichen Postings und privaten, nur für Freunde einsehbare, zu unterscheiden.

Konsequenz

Soweit sich Arbeitnehmer im privaten Bereich sozialer Netzwerke bewegen und die Grenzen der Schmähkritik nicht überschreiten, können ihre Äußerungen in diesen sozialen Netzwerken über Kunden ihres Arbeitgebers nicht zur Kündigung führen.

Ansprüche der Arbeitnehmer bei Inkrafttreten eines Tarifvertrags nach Betriebsübergang

Ansprüche der Arbeitnehmer bei Inkrafttreten eines Tarifvertrags nach Betriebsübergang

Kernfrage

Tarifverträge können mit Wirkung auf ein zukünftiges Datum des Inkrafttretens abgeschlossen werden. Kommt es zu einem Betriebsübergang, übernimmt der neue Arbeitgeber die Arbeitsverhältnisse zu den Bedingungen, wie sie im Zeitpunkt des Betriebsübergangs gelten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte jetzt darüber zu entscheiden, ob bei einem Betriebsübergang auch ein Tarifvertrag mit übergeht, der erst in der Zukunft in Kraft treten soll bzw. ob dieser Tarifvertrag später Gültigkeit erlangt, wenn Arbeitsverträge nach Betriebsübergang auf die künftigen Tarifverträge Bezug nehmen.

Sachverhalt

Gemeinsam mit einem Haustarifvertrag zur Sanierung des Unternehmens wurde in einem Unternehmen ein Zusatz-Tarifvertrag über Sonderzahlungen abgeschlossen, der aber erst 4 Jahre später in Kraft treten sollte. Nach 2 Jahren kam es zum Betriebsübergang. Mit seiner Klage machte ein Arbeitnehmer gegenüber dem neuen Arbeitgeber Ansprüche mit Rücksicht auf den Zusatz-Tarifvertrag geltend; insbesondere weil sein Arbeitsvertrag eine Bezugnahme auf diesen Tarifvertrag enthielt.

Entscheidung

Das BAG wies die Klage ab und urteilte damit gegen die vorherigen Instanzgerichte. Die gesetzlichen Regelungen zum Betriebsübergang führten nicht dazu, dass Ansprüche aus dem Zusatz-Tarifvertrag auch gegen den neuen Arbeitgeber wirkten. Maßgeblich für den Beginn der Tarifgeltung sei nämlich das Inkrafttreten. Vorher gehöre er noch nicht zu den arbeitsvertraglichen Bedingungen, die mit Betriebsübergang übergehen. Auch die Bezugnahmeklausel ändere daran nichts, weil es mit dem Arbeitgeberwechsel dazu komme, dass diese Bezugnahmeklausel in ein anderes Unternehmen, nämlich das des Betriebserwerbers, eingreife, was unzulässig sei.

Konsequenz

Die Entscheidung ist eine der arbeitgeberfreundlichen Entscheidungen im Bereich des Betriebsübergangs. Tarifverträge, die bei Übergang noch nicht in Kraft getreten sind, gehen regelmäßig somit nicht über. Dies wird insbesondere die Veräußerungsfähigkeit von Unternehmen erhalten.

Ansparrücklagen einer GmbH & Co. KG

Ansparrücklagen einer GmbH & Co. KG

Kernproblem

Im Jahr 2007 wurde die Ansparrücklage durch den Investitionsabzugsbetrag abgelöst und hat seitdem deutlich an Attraktivität verloren. Wer damals eine gewinnmindernde Rücklage für eine geplante Investition geltend machte, durfte den Aufwand auch bei Nichtanschaffung im Antragsjahr belassen und musste die Konsequenzen der gewinnerhöhenden Auflösung erst nach 2 Jahren tragen. Trotz der „Bestrafung“ durch einen Gewinnzuschlag konnten sich unterm Strich Progressionsvorteile ergeben. Der Investitionsabzugsbetrag dagegen fordert eine Korrektur im Abzugsjahr, wenn die Investition scheitert. Eine weitere Förderung erfuhren Existenzgründer, denn diese konnten die Ansparrücklage nicht nur bis zu 5 Jahre stehen lassen, sondern auch auf den Gewinnzuschlag wurde verzichtet. Doch wer sich nicht vorsah, war gar kein Existenzgründer. Insbesondere bei neu gegründeten Kapital- und Personengesellschaften mussten auch die Beteiligten persönliche Voraussetzungen mitbringen.

Sachverhalt

Eine neue gegründete GmbH & Co. KG beantragte im Jahr 2000 eine Existenzgründerrücklage, die auch zunächst gewährt wurde. Anlässlich einer Betriebsprüfung im Jahr 2007 vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Existenzgründerrücklage neben natürlichen Personen nur solchen Personengesellschaften zustehe, deren Mitunternehmer natürliche Personen seien. Zudem war eine Gesellschafterin der nicht am Vermögen und Gewinn beteiligten Komplementär-GmbH bereits mit mehr als 10 % an einer anderen GmbH beteiligt. Einer Kapitalgesellschaft hätte diese Eigenschaft eines Gesellschafters bereits die Existenzgründerrücklage verwehrt. So wendete das Finanzamt die Rechtsfolgen einer „normalen“ Ansparrücklage an und berücksichtigte die gewinnerhöhende Auflösung neben dem Gewinnzuschlag im Feststellungsbescheid 2002. Hiergegen wehrte sich die Gesellschaft bis hin zum Bundesfinanzhof (BFH) mit den Argumenten, dass die einschränkenden Regelungen nicht auf eine GmbH & Co. KG anzuwenden seien. Tatsächlich ist diese Gesellschaftsform auch nicht explizit im Gesetz genannt.

Entscheidung

Der BFH klärte 2 Grundsatzfragen: Eine GmbH & Co. KG kann grundsätzlich eine Rücklage für Existenzgründer bilden. Ist jedoch an der Komplementär-GmbH eine natürliche Person beteiligt, die kein Existenzgründer ist, scheitert ein Abzug. Das gilt unabhängig von einer Vermögens- oder Gewinnbeteiligung. Die zu Unrecht gebildete Ansparrücklage ist in dem Abzugsjahr zu korrigieren. Bei Bestandskraft des Bescheids liegt eine rechtswidrig, aber wirksam gebildete Ansparrücklage vor, die spätestens am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend mit einem Gewinnzuschlag aufzulösen ist.

Konsequenz

Die Existenzgründerrücklage scheiterte hier an der Eigenschaft eines Gesellschafters der Komplementär-GmbH. Da der Streitfall altes Recht betrifft, dürfte die Tragweite überschaubar bleiben.