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Milchlieferungsrechte: Ermittlung des abzuspaltenden Buchwerts

Milchlieferungsrechte: Ermittlung des abzuspaltenden Buchwerts

Kernaussage

Von dem gemäß den Vorschriften des EStG ermittelten Pauschalwert des Grund und Bodens (§ 55 Abs. 1) darf nicht nachträglich im Wege der Bilanzberichtigung en Buchwert für in der Vergangenheit veräußerte Milchlieferrechte erfolgswirksam abgespalten werden. Sind die Milcherzeugnisse mit den Anschaffungskosten bilanziert, ist dagegen eine erfolgswirksame Bilanzberichtigung vorzunehmen, soweit dabei nicht berücksichtigt wurde, dass für in der Vergangenheit veräußerte Milchlieferrechte ein anteiliger Buchwert abzuspalten war.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Landwirt, hatte einen Teil seiner Milchlieferrechte veräußert. Der hierdurch erzielte Gewinn wurde ohne den Abgang des anteiligen Buchwerts, der sich aus der Abspaltung vom Grund und Boden ergab, ausgewiesen. Jahre später nahm der Steuerpflichtige eine Bilanzberichtigung vor. Diese wurde mit der (nachträglichen) Berücksichtigung des Buchwertabgangs erläutert. Der sich hieraus ergebenden Gewinnminderung folgte das beklagte Finanzamt nicht. Die Klage blieb erstinstanzlich erfolglos, der (Bundesfinanzhof (BFH) gab ihr teilweise statt.

Entscheidung

Der BFH trennt in seiner Entscheidung die Sachverhalte der Buchwertermittlung. Hiernach erfahren die pauschal ermittelten Buchwerte eine andere Behandlung als die nach dem 30.6.1970 erworbenen Buchwerte. Im Urteil wird ausdrücklich auf die unstreitige Notwendigkeit der Buchwertabspaltung des Wirtschaftsguts „Milchlieferrechte“ vom Grund und Boden hingewiesen. Dieses Erfordernis wird mit Beginn der Milch-Garantiemengenverordnung vom 25.5.1984 begründet. Hierdurch hat sich bereits eine Wertminderung im Grund und Boden ergeben. Einer darüber hinausgehenden Gewinnminderung durch Buchwertabgang folgt der BFH nicht. Dies auch bereits vor dem Hintergrund des gesetzlichen Verlustverrechnungsverbots. Anders wird der Sachverhalt jedoch für Grundstücke betrachtet, die nach dem 30.6.1970 angeschafft wurden. Denn in diesen Fällen werden die ursprünglichen Anschaffungskosten durch Veräußerung der Milchlieferrechte tatsächlich im Wert gemindert.

Konsequenz

Veräußerungsgewinne, die sich durch den Verkauf von Milchlieferrechten ergeben, können nur bei entgeltlichem Erwerb des Grund und Bodens gemindert werden. Für Milchlieferrechte, die durch die pauschale Abspaltung vom Grund und Boden einen Buchwert erhalten haben, entfällt die Gewinnminderung durch Buchwertabgang im Rahmen eines Verkaufs.

Bezugnahme auf Tarifvertrag bei Branchenwechsel nach Betriebsübergang

Bezugnahme auf Tarifvertrag bei Branchenwechsel nach Betriebsübergang

Kernfrage/Rechtslage

Nach bisheriger Rechtsprechung kann eine im Arbeitsvertrag enthaltene dynamische Verweisung (= „jeweils geltender Tarifvertrag“) auf das Tarifrecht einer bestimmten Branche über ihren Wortlaut hinaus nur dann als Bezugnahme auf den jeweils für den Betrieb fachlich oder betrieblich geltenden Tarifvertrag (so genannte große dynamische Verweisung) ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht trotz Kritik nochmals bestätigt und zugleich festgestellt, dass dies auch gelte, wenn die Bezugnahmeklauseln aus Vertrauensschutz als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen ist.

Sachverhalt

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war im Rahmen eines Betriebsübergangs auf die Beklagte als neuem Arbeitgeber übergegangen. Der Arbeitsvertrag nahm Bezug auf den Tarifvertrag für kommunale Arbeitgeber. Bei der Beklagten galt dagegen ein anderer, für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag. Streitig war daher die Anwendbarkeit der beiden Tarifverträge, wobei das Bundesarbeitsgericht schließlich beide für anwendbar erklärte.

Entscheidung

Das Konkurrenzverhältnis zwischen den beiden Tarifverträgen regelte das Bundesarbeitsgericht dabei nach dem Günstigkeitsprinzip zugunsten des „besseren“ Tarifvertrages. Damit gilt weiterhin, dass bei einem Betriebsübergang eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel mit unveränderter Bedeutung übergeht. Daran ändert auch nichts, dass beim neuen Arbeitgeber ein anderer Tarifvertrag gilt. Der Konflikt zwischen den beiden Tarifregelungen lasse sich auch nicht durch Auslegung der Arbeitsverträge dahingehend lösen, dass der für den Betrieb jeweils geltende Tarifvertrag Anwendung finden solle (dann käme nämlich regelmäßig der beim neuen Arbeitgeber bestehende Tarifvertrag zur Anwendung).

Konsequenz

Die Entscheidung bedeutet weiter Rechtsunsicherheit für einen Betriebserwerber, wenn 2 Tarifverträge aufeinandertreffen. Denn insbesondere muss der Erwerber im Vorfeld überprüfen, welcher Tarifvertrag der günstigere für die übergehenden Arbeitnehmer ist. Erst dann kann er wirtschaftliche Risiken beurteilen.

Einsatz eines Werbemobils: Gemeinde ist Unternehmerin

Einsatz eines Werbemobils: Gemeinde ist Unternehmerin

Kernproblem

Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich hoheitlich tätig. Unternehmerisch tätig sind sie allein mit ihren Betrieben gewerblicher Art. Ein solcher ist eine Einrichtung, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dient. Zudem muss sie sich innerhalb der Gesamtbetätigung wirtschaftlich herausheben. Dies soll aus Sicht der Finanzverwaltung bei einem Jahresumsatz gegeben sein, der größer als 30.678 EUR ist.

Sachverhalt

Ein Werbeunternehmen bietet u. a. Kommunen die Übereignung eines mit Werbeaufschriften versehenen Fahrzeugs an. Im Gegenzug verpflichten sich diese für 5 Jahre, das Fahrzeug in der Öffentlichkeit zu bewegen. Das Werbeunternehmen berechnet für die Lieferung des Fahrzeugs einen Betrag. Denselben Betrag erhält es von der Kommune für die Werbefahrten in Rechnung gestellt. Das beklagte Finanzamt versagte dem klagenden Unternehmen den Vorsteuerabzug, da das Fahrzeug im hoheitlichen Bereich genutzt worden sei. Die Klage war in allen Instanzen erfolgreich.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof – und auch bereits das erstinstanzliche Finanzgericht – haben das Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art bejaht. Mit der Verwendung des Fahrzeugs im Straßenverkehr erbringt die Kommune eine entgeltliche sonstige Leistung im Zuge eines tauschähnlichen Umsatzes. Die Kommune ist Unternehmerin, da sie entgeltliche Leistungen auf privatrechtlicher Grundlage unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie ein privater Wirtschaftsteilnehmer erbringt. Ob das Fahrzeug für hoheitliche Zwecke eingesetzt wird, ist nicht entscheidend. Ebenso ist es nicht erforderlich, bestimmte Umsatzgrenzen zu überschreiten.

Konsequenzen

Die Besteuerung hat immer 2 Seiten: bei einer Umsatzsteuerpflicht dürfen auch die Vorsteuern gezogen werden. Ohne Umsatzsteuerpflicht stellen die Vorsteuern Kosten dar. Im vorliegenden Fall führt eine Umsatzsteuerpflicht zu einem Vorteil für das Werbeunternehmen und zu keinem Nachteil für die Kommune, so dass sie das Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art begehrten. Andere Steuerpflichtige wiederum sind froh über die Umsatzgrenze der Finanzverwaltung, da sie bei darunter liegenden Umsätzen keine steuerlichen Konsequenzen zu ziehen brauchen.

Eintragung eines Haftungsausschlusses bei Fortführung einer GmbH

Eintragung eines Haftungsausschlusses bei Fortführung einer GmbH

Kernaussage

Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, haftet für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers (§ 25 HGB). Für den Eintrag eines diesbezüglichen Haftungsausschlusses (§ 25 Abs. 2 HGB) bedarf es dann keines Nachweises durch Vorlage der Vereinbarung in Gestalt der entsprechenden Vertragsbestandteile, wenn die Anmeldung der Eintragung des Haftungsausschlusses sowohl von dem Geschäftsführer der übernehmenden GmbH als auch von dem der übernommenen GmbH unterschrieben ist.

Sachverhalt

Zur Anmeldung ins Handelsregister wurde angemeldet, dass eine GmbH den Geschäftsbetrieb einer weiteren GmbH übernommen hatte. Weil darin durch das Registergericht möglicherweise eine Geschäftsübernahme i. S. d. HGB (§ 25) gesehen werden könne, wurde vorsorglich auch noch angemeldet, dass eine Haftung in vollem Umfang ausgeschlossen ist. Dies solle insbesondere für die Haftung des Erwerbers für die im Betrieb des Geschäfts der übernommenen GmbH begründeten Verbindlichkeiten gelten. Auch der Übergang der Forderungen wurde ausgeschlossen. Die Anmeldung wurde von den Geschäftsführern der übernehmenden und der übernommenen GmbH unterschrieben. Das Registergericht beanstandete, dass die Voraussetzungen für einen Haftungsausschluss und damit einen Eintragungsgrund nicht hinreichend dargelegt worden seien, weil eine entsprechende Vereinbarung fehle. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.

Entscheidung

Das vom Registergericht beanstandete Vollzugshindernis lag nicht vor. Ein Haftungsausschluss ist grundsätzlich einzutragen, wenn eine Haftung bei Erwerb des Handelsgeschäfts ernsthaft in Betracht kommt. Kann umgekehrt also nicht von vornherein eine Haftung ausgeschlossen werden, ist ein Haftungsausschluss, ebenso wie der Ausschluss eines Forderungsübergangs, eintragungsfähig. Das Registergericht selbst hatte hier das Vorliegen einer Firmenfortführung bejaht und damit die Möglichkeit einer Haftung als nicht ausgeschlossen erachtet. Der diesbezügliche Haftungsausschluss war der Anmeldungsurkunde auch unmittelbar zu entnehmen und hätte vom Gericht eingetragen werden müssen.

Konsequenz

Wenn die Anmeldung eines Haftungsausschlusses durch die Geschäftsführer beider Gesellschaften, d. h. der übernehmenden und der übernommenen, beantragt wird, können keine Zweifel an dem tatsächlichen Abschluss der Vereinbarung bestehen.

Schwerpunkt des Unternehmensgegenstandes muss nach außen erkennbar sein

Schwerpunkt des Unternehmensgegenstandes muss nach außen erkennbar sein

Kernaussage

Der Gesellschaftsvertag einer GmbH oder AG muss den Gegenstand des Unternehmens enthalten(§ 3 GmbHG, § 23 AktG). Das Ziel der Regelungen liegt darin, vor allem nach außen den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Wirtschaftskreise hinreichend erkennbar zu machen. Dementsprechend ist der bei der Eintragung in das Handelsregister anzugebende Unternehmensgegenstand regelmäßig über allgemeine Angaben (z. B. „Handel und Vertrieb von Verbrauchs- und Konsumgütern“) hinaus zu individualisieren.

Sachverhalt

Die beschwerdeführende Gesellschaft hatte eine Anmeldung zum Handelsregister eingereicht, bei der das Registergericht beanstandete, dass der Unternehmensgegenstand teilweise zu weit gefasst sei. Die Eintragung des Gegenstandes „Handel mit Waren aller Art, soweit der Handel nicht einer besonderen behördlichen Erlaubnis bedarf“ wurde abgelehnt. Daraufhin änderte die Gesellschaft den Unternehmensgegenstand in „Handel und Vertrieb von Verbrauchs- und Konsumgütern, soweit der Handel nicht einer besonderen Erlaubnis bedarf“ ab. Den geänderten Eintragungsantrag wies das Gericht erneut unter Hinweis auf die bereits zuvor geäußerten Bedenken zurück. Die hiergegen gerichteten Beschwerden blieben erfolglos.

Entscheidung

Zutreffend ging das Registergericht davon aus, dass eine ungenügende Individualisierung des Unternehmensgegenstandes ein Eintragungshindernis darstellt und zur Zurückweisung der Anmeldung führt. Die Angabe des Unternehmensgegenstandes muss nach ihrer Zielsetzung für Dritte informativ, also entsprechend individualisiert sein. Sie muss den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft in groben Zügen erkennen lassen und ihre Zuordnung zu einem Geschäftszweig ermöglichen. Leerformeln wie „Betrieb eines Kaufmannsgeschäfts“, „Handel mit Waren aller Art“ oder „Produktion und Vertrieb von Waren aller Art“ reichen hierzu nicht aus. Als gerade noch den Anforderungen genügender Grenzfall toleriert die Rechtsprechung die Beschreibung „Verwaltung von Vermögen und Beteiligungen an anderen Unternehmen“. Bei dem Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin handelte es sich um eine nur allgemein gehaltene, fast beliebige Aktivitäten im Handelsverkehr erfassende, Formulierung. Eine Erkennbarkeit des Tätigkeitsbereichs für Dritte war hiermit nicht verbunden und die notwendige Individualisierung nicht gegeben.

Konsequenz

Allgemeine Angaben können bei der Beschreibung des Unternehmensgegenstandes allenfalls genügen, wenn tatsächlich eine nicht näher konkretisierbare Vielfalt von Geschäften getätigt wird. Aber auch dann ist eine Individualisierung nicht ausgeschlossen, sondern kann ohne Weiteres, z. B. als „Handel mit Waren verschiedener Art, insbesondere (…)“ dargestellt werden.

Istbesteuerung steht für viele Freiberufler vor dem Aus

Istbesteuerung steht für viele Freiberufler vor dem Aus

Kernaussage

Das UStG unterscheidet zwischen der Ist- und der Sollversteuerung. Während bei der Sollversteuerung die Umsatzsteuer fällig ist, wenn die Leistung erbracht wurde, ist dies bei der Istbesteuerung erst der Fall, wenn der Kunde zahlt. Hierdurch bietet die Istbesteuerung deutliche Liquiditätsvorteile gegenüber der Sollbesteuerung.

Rechtslage

Zur Istbesteuerung können nach § 20 UStG derzeit Unternehmen optieren, – deren Gesamtumsatz im Vorjahr nicht mehr als 500.000 EUR betragen hat oder – die nicht nach § 148 AO verpflichtet sind, Bücher zu führen und Abschlüsse zu erstellen oder – soweit sie Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehörige eines freien Berufes i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausführen.

Sachverhalt und Entscheidung

Streitig war, ob eine Steuerberatungs-GmbH zur Istbesteuerung optieren kann. Das Finanzamt hatte dies nicht zugelassen, da die GmbH kraft Rechtsform gewerbliche und nicht freiberufliche Einkünfte erzielt. Schließlich entschied der BFH, dass die Klägerin ihre Umsätze nicht nach vereinnahmten Entgelten besteuern kann. Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs liegen nicht vor, wenn der Unternehmer hinsichtlich dieser Umsätze buchführungspflichtig ist. Dies traf auf die Klägerin als GmbH zu. Entgegen dem Wortlaut des § 20 UStG können nach Ansicht des BFH also freiberuflich tätige Unternehmen nur zur Istversteuerung optieren, wenn sie weder zur Buchführung verpflichtet sind, noch freiwillig Bücher führen und ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln. Die Rechtsform ist insoweit unerheblich.

Konsequenz

Das Urteil hat 2 Seiten, eine äußerst negative für Freiberufler und ein positive für alle Unternehmen. Freiberuflern hatte der BFH die Anwendung der Istbesteuerung bisher untersagt, wenn diese sich in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft organisiert hatten. Nun werden alle Freiberufler, die freiwillig Bücher führen, ihre Umsätze der Sollbesteuerung unterwerfen müssen, sofern sie die genannte Umsatzgrenze überschreiten. Sie werden daher zukünftig die Umsatzsteuer vorfinanzieren müssen. Positiv ist, dass der BFH nochmals ausdrücklich darauf hinweist, dass die Sollbesteuerung nur dann keine unzulässige Benachteiligung gegenüber der Istversteuerung darstellt, wenn an eine Korrektur der Umsatzsteuer keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Er verweist insofern auf seine eigene Rechtsprechung, wonach Forderungen umsatzsteuerlich schon ausgebucht werden können, wenn diese von der Gegenseite bestritten werden. Die Umsatzsteuer kann daher regelmäßig wesentlich früher korrigiert werden, als handelsrechtlich bzw. ertragsteuerlich ein Forderungsausfall zu erfassen ist. Dies wird leider in der Praxis viel zu oft übersehen, obwohl die entsprechende BFH-Rechtsprechung bereits von der Finanzverwaltung akzeptiert wird.

Wer Schweine hat, entgeht der Vorsteuerberichtigung

Wer Schweine hat, entgeht der Vorsteuerberichtigung

Kernaussage

Weicht die spätere Nutzung eines Wirtschaftsgutes des Anlage- bzw. Umlaufvermögens von derjenigen ab, die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug ursächlich war, so sieht das UStG einen Korrekturmechanismus vor (§ 15a UStG). Dieser greift jedoch nur, wenn die Vorsteuer, die auf die Anschaffung bzw. Herstellung des betreffenden Wirtschaftsgutes entfällt, 1.000 EUR übersteigt (§ 44 Abs. 1 UStDV).

Sachverhalt

Ein Landwirt erwarb im Jahr 2007 893 Schweine für ca. 39.000 EUR und nahm den Vorsteuerabzug hieraus vor, da er zur Regelbesteuerung optiert hatte. Mit Beginn des Jahres 2008 kehrte er zur Besteuerung nach Durchschnittssätzen zurück. Im gleichen Jahr verkaufte er 350 der in 2007 erworbenen Schweine. Aufgrund des Wechsels zur Durchschnittssatzbesteuerung verlangte das Finanzamt eine Korrektur der Vorsteuer aus der ursprünglichen Anschaffung (§ 15a UStG). Hiergegen wandte der klagende Landwirt ein, dass eine Vorsteuerkorrektur daran scheitere, dass die auf das einzelne Schwein entfallende Vorsteuer nicht 1.000 EUR übersteige. Das beklagte Finanzamt betrachtete die gesamte Partie Schweine als Berichtigungsobjekt, nicht das einzelne Schwein. Die Klage war erfolgreich.

Entscheidung

Das Niedersächsische Finanzgericht folgt der Ansicht des Landwirtes. Demnach ist als Wirtschaftsgut das einzelne Schwein anzusehen und nicht eine Gesamtheit von Schweinen. Da für das einzelne Schwein die genannte Bagatellgrenze nicht überschritten ist, unterbleibt eine Korrektur der Vorsteuer.

Konsequenz

Der Fall mag kurios klingen, ist aber durchaus für andere Sachverhalte von Bedeutung. So wird auch in anderen Fällen genau zu prüfen sein, ob es sich um ein Berichtigungsobjekt in seiner Gesamtheit handelt oder um mehrere einzelne, die unter die Bagatellgrenze des § 44 Abs. 1 UStDV fallen.

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Wohnungsleerstand

Einkünfteerzielungsabsicht bei langjährigem Wohnungsleerstand

Kernaussage
Ein besonders lang andauernder, strukturell bedingter Leerstand einer Wohnimmobilie kann – auch nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung – dazu führen, dass die vom Steuerpflichtigen aufgenommene Einkünfteerzielungsabsicht ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt.

Sachverhalt
Der Kläger erwarb 1997 durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung eine Stadtvilla. Zuvor war der Kläger nach Erbgang Miteigentümer der 1928 erbauten Villa gewesen. Von 1949 bis 1992 war die Villa vermietet; seitdem steht sie leer. Bislang gelang es nicht, das Gebäude mit einer Wohnfläche von 156 qm zu vermieten. Die Stadtvilla bedarf einer grundlegenden Sanierung, die unter Berücksichtigung des hohen Leerstands und der zu erwartenden Mieteinnahmen als unwirtschaftlich einzustufen ist. Dem vom Kläger im Streitjahr 2010 geltend gemachten Werbungskostenüberschuss in Höhe von 2.925 EUR versagte das Finanzamt die Anerkennung. Hiergegen klagte der Kläger vor dem Finanzgericht ohne Erfolg.

Entscheidung
Auch der Bundesfinanzhof (BFH) teilte die Ansicht des Finanzamts. Zu Recht habe die Finanzverwaltung den Werbungskostenüberschuss nicht berücksichtigt. Es mangelte an der Einkünfteerzielungsabsicht. Aufwendungen sind für eine Wohnung, die nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung leer steht, auch für die Zeit des Leerstands abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung nicht endgültig aufgegeben hat. Unbeschadet davon kann ein besonders lang andauernder Leerstand dazu führen, dass eine vom Steuerpflichtigen aufgenommenen Einkünfteerzielungsabsicht ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt. Hiervon ist aber nur dann im Einzelfall auszugehen, wenn absehbar ist, dass das maßgebliche Objekt wegen fehlender oder nur unwirtschaftlich herbeizuführender Marktgängigkeit oder aufgrund anderweitiger struktureller Vermietungshindernisse in absehbarer Zeit nicht vermietbar ist. Dies war hier der Fall, da die Villa seit fast 20 Jahren leer stand, grundsanierungsbedürftig ist und die Hälfte des zur Vermietung angebotenen Wohnraums in der Stadt unvermietet ist.

Konsequenz
Das Urteil liegt auf einer Linie mit den vorangegangenen Entscheidungen zum Wohnungsleerstand. Wenn einem Vermieter über einen längeren Zeitraum die Vermietung nicht gelingt, muss er seine Vermietungsbemühungen nachweisbar intensivieren. Hier sprach jedoch das Scheitern der Vermietung seit fast 20 Jahren für sich.

BStBK begrüßt Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu Erstattungszinsen

Vom Finanzamt geleistete Zinsen auf Einkommensteuererstattungen sind nicht zu versteuern. So lautet die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 15. Juni 2010. Die Bundessteuerberaterkammer begrüßt diese Änderung der Rechtsprechung ausdrücklich, da sie die bisherige Ungleichbehandlung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen schon immer kritisch gesehen hat. Bereits 2002 hat sich die Bundessteuerberaterkammer für eine Gleichbehandlung in ihren 55 Vorschlägen zur Steuervereinfachung ausgesprochen.

Nachzahlungszinsen, die ein Steuerpflichtiger an das Finanzamt zu zahlen hat, können steuerlich nicht geltend gemacht werden. Erstattungszinsen, die er selbst für zuviel entrichtete Steuern vom Finanzamt erhält, waren dagegen stets als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu versteuern. „ Dieses Ungleichgewicht in der Behandlung der Zinsen widerspricht dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden. Wir befürworten ausdrücklich die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, da sie zu einem sachlichen Gleichlauf führt, der für alle betroffenen Steuerzahler nachvollzieh­bar ist“, sagt Dr. Horst Vinken, Präsident der Bundessteuerberaterkammer.

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs betrifft in erster Linie die persönliche Einkommensteuer und die Erbschaftsteuer. Hier werden die Steuerrückerstattung und damit auch die darauf entfallenden Nachzahlungszinsen ausdrücklich dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen. In diesem Fall führen weder die Steuer­erstattung noch die darauf entfallenden Erstattungszinsen beim Steuerpflichtigen zu versteuernden Einnahmen. Grundsätzlich jedoch bleiben Erstattungszinsen steuer­pflichtig. Steuerberater sollten nun prüfen, welche ihrer Mandanten von dieser neuen Rechtsprechung profitieren.

Erhöhte Hundesteuer für American Staffordshire Terrier

BVerwG Beschluss vom 25.03.2010 – 9 B 74.09

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhte Hundesteuer für American Staffordshire Terrier

 

Leitsatz (Sonst)

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 26.03.2009 – 2 S 1619/08 – (Juris), wonach die Regelung in einer Hundesteuersatzung – für Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier eine erhöhte Hundesteuer (600,– EUR anstatt 81,– EUR) zu erheben – nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, weil Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier ein genetisches Potenzial sowohl in Bezug auf körperliche Merkmale – insbesondere Beißkraft – als auch auf Charaktereigenschaften besitzen, aufgrund dessen sie in besonderem Maße, gegenüber dem Deutschen Schäferhund, Rottweiler, Dobermann oder Weimaraner, die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln und diese Einschätzung der Hunderasse American Staffordshire Terrier auch im Hinblick auf aktuelle fachwissenschaftliche Veröffentlichungen keinen Bedenken begegnet, wurde als unbegründet abgewiesen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26. März 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 519 EUR festgesetzt.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a

 

Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen 2 S 1619/08)

 

Gründe

Rz. 1

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

Rz. 2

1. Sämtliche Grundsatzrügen i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bleiben ohne Erfolg.

Rz. 3

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO <n.F.> Nr. 26 S. 14). Dies lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen.

Rz. 4

a) Die Beschwerde hält für grundsätzlich bedeutsam,

ob eine jährliche Hundesteuer in Höhe von 600 EUR noch von der Besteuerungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a GG gedeckt ist oder als formenmissbräuchliche Abgabenregelung erdrosselnde Wirkung hat.

Rz. 5

Die Frage, ab welcher Höhe eine Hundesteuer erdrosselnde Wirkung entfaltet, kann nur aufgrund einer dem Tatrichter vorbehaltenen Feststellung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse beantwortet werden. Es handelt sich daher um eine Tatsachenfrage, die sich einer verbindlichen Klärung im Revisionsverfahren entzieht (§ 137 Abs. 1 und 2 VwGO).

Rz. 6

b) Die Beschwerde hält weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig,

“ob es einen sachlichen Grund im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG gibt, Deutsche Schutz- und Gebrauchshunderassen wie den Deutschen Schäferhund, Rottweiler, Dobermann oder Weimaraner nicht, Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier hingegen schon als gefährliche, höher zu besteuernde Hunde einzustufen”.

Rz. 7

Damit ist keine zu klärende Rechtsfrage aufgeworfen. Vielmehr will die Klägerin im Gewand einer Grundsatzrüge eine tatsächliche Feststellung zur Vergleichbarkeit der genannten Hunderassen erwirken. Zu solchen Feststellungen ist das Revisionsgericht nicht berufen (§ 137 Abs. 1 VwGO).

Rz. 8

c) Des Weiteren hält die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig,

“wie die vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Januar 2000 (NVwZ 2000, 929 <932>) postulierte, spätere Überprüfung bzw. Beobachtung des Sachverhalts im Hinblick auf die Prämisse rassebedingt erhöhter Gefährlichkeit von Hunden konkret auszugestalten ist”,

“ob der Steuerpflichtige, der Satzungsgeber oder ein Gericht für die Durchführung dieser Überprüfungs- und Kontrollpflicht berufen ist”

und

“ob eine Hundesteuersatzung allein durch das Unterlassen jedweder Überprüfung und Beobachtung unwirksam wird”,

sowie

“ob bei der Ausübung der Überprüfungs- bzw. Beobachtungspflicht insbesondere das Beißverhalten sog. Kampfhunde zu erfassen und zu bewerten ist oder ob andere Gesichtspunkte für die Beurteilung ihrer Gefährlichkeit ausschlaggebend sind”.

Rz. 9

Diese Fragen wären in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Die erste und die letzte aufgeworfene Frage stellen keine Rechtsfragen dar, sondern zielen auf tatsächliche Feststellungen, die dem Revisionsgericht verwehrt sind (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die zweite und dritte Frage gehen an den maßgeblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs vorbei. Dieser hat sich zu dem von der Beschwerde in Bezug genommenen Gebot, eine auf unsicherer Tatsachengrundlage erlassene Regelung “unter Kontrolle zu halten” nicht geäußert. Die Beschwerde legt im Übrigen auch nicht dar, dass der vorliegende Fall Anlass zur Fortentwicklung der Rechtsprechung geben könnte. Das ist auch nicht erkennbar. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist die Änderungssatzung der Beklagten, die erstmals einen besonderen Steuersatz für Kampfhunde vorsieht, am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Der streitgegenständliche Steuerbescheid datiert vom 29. Januar 2007 und der Bescheid, mit dem der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen wurde, vom 23. April 2007. Angesichts der kurzen Zeitspanne zwischen Normgebung und Veranlagung liegt auf der Hand, dass hier eine Pflicht zur Beobachtung des Erkenntnisfortschritts nicht zum Tragen kommen konnte.

Rz. 10

2. Eine die Revisionszulassung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigende Abweichung des angefochtenen Beschlusses von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts hat die Beschwerde nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise bezeichnet. Es fehlt eine für die hinreichende Benennung einer Divergenz erforderliche Darlegung divergierender, die jeweilige Entscheidung tragender und auf dieselbe Rechtsvorschrift bezogener abstrakter Rechtssätze.

Rz. 11

a) Soweit die Beschwerde dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 (BVerwG 11 C 8.99 – BVerwGE 110, 265) die – sinngemäße – Aussage entnimmt,

“dass es sich bei der Beurteilung der Gefährlichkeit von Hunden bestimmter Rassen um einen noch nicht endgültig geklärten Sachverhalt handelt, der eine spätere Überprüfung und fortschreitende Differenzierung durch den Satzungsgeber erfordert”,

wird bereits kein abstrakter Rechtssatz benannt.

Rz. 12

Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof den von der Beschwerde bezeichneten Rechtssatz, dass

“den Satzungsgeber keine Überprüfungs- und Kontrollpflicht bzgl. der Beurteilung der Gefährlichkeit von Hunden bestimmter Rasse trifft”,

weder wörtlich noch sinngemäß aufgestellt. Wie bereits ausgeführt, hat er sich zur Frage der späteren Überprüfung einer bereits erlassenen Satzung nicht geäußert, sondern im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf abgestellt, dass ein Satzungsgeber bei der Normsetzung Regelungen eines anderen Normgebers übernehmen kann, sofern es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie offensichtlich falsch bzw. überholt sind (Beschluss vom 28. Juli 2005 – BVerwG 10 B 34.05 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 10 Rn. 9).

Rz. 13

b) Ebenfalls nicht durchgreifen kann die Divergenzrüge, soweit die Beschwerde meint, das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 3. Juli 2002 – BVerwG 6 CN 8.01 – BVerwGE 116, 347 <354>) und das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 16. März 2004 – 1 BvR 1778/01 – BVerfGE 110, 141 <160 f.>) hätten den Rechtssatz aufgestellt,

“dass sich allein aus der Zugehörigkeit zu einer (Hunde-) Rasse, einem Typ oder gar einer entsprechenden Kreuzung nach dem Erkenntnisstand der Fachwissenschaft nicht ableiten lässt, dass von den Hundeindividuen Gefahren ausgehen”.

Rz. 14

Demgegenüber gehe der Verwaltungsgerichtshof davon aus,

“dass es durchaus wissenschaftlicher Erkenntnis entspreche, Hunden bestimmter Rassen aufgrund ihrer genetischen Disposition ein gesteigertes Aggressionsverhalten zuzuschreiben”.

Rz. 15

Entgegen der Auffassung der Beschwerde handelt es sich insoweit nicht um Rechts-, sondern um Tatsachensätze. Außerdem sind die genannten Aussagen nicht zu derselben Rechtsvorschrift erfolgt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit von § 2 Abs. 1 Satz 1 Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz vom 12. April 2001 (BGBl I, S. 530) überprüft, das Bundesverwaltungsgericht §§ 1, 2 Abs. 1 der Niedersächsischen Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere vom 5. Juli 2000 (Nds. GVBl S. 149). Hier geht es um die Rechtmäßigkeit der Hundesteuersatzung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Besteuerungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG.

Rz. 16

3. Sämtliche Verfahrensrügen i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bleiben ebenfalls ohne Erfolg.

Rz. 17

a) Keine der Rügen, mit denen die Beschwerde die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO geltend macht, greift durch.

Rz. 18

Die Beschwerde rügt die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs, weil sich das angegriffene Urteil als Überraschungsentscheidung erweise. Das Urteil verstoße zudem gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot, da die Parteien nicht erst durch das Urteil von einer bis dahin nicht erörterten Fallbewertung erfahren dürften. Der Verwaltungsgerichtshof habe in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen gegeben, auf welche Erkenntnisquellen er seine Entscheidung habe stützen wollen. Eine “Tendenz” sei weder angedeutet worden noch sei eine solche erkennbar gewesen. Die herangezogene Literatur sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Der Senat habe auch nicht zu erkennen gegeben, dass er dem von den Autorinnen der Dissertationen Mittmann und Johann gezogenen Schluss nicht folgen wolle. Der Verwaltungsgerichtshof habe ohne eigene Sachkunde seine Auffassung an diejenige der Wissenschaftlerinnen gesetzt, ohne die Verfahrensbeteiligten darauf hinzuweisen. Damit hat die Beschwerde einen Verfahrensfehler nicht hinreichend dargelegt.

Rz. 19

Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern (vgl. BVerfGE 1, 418 <429>; stRspr). An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde legt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 <182 f.>; 19, 32 <36>; stRspr). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Art. 103 Abs. 1 GG verlangt jedoch grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; ihm ist auch keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters zu entnehmen (BVerfG, Beschlüsse vom 25. Januar 1984 – 1 BvR 272/81 – BVerfGE 66, 116 <147> und vom 5. November 1986 – 1 BvR 706/85 – BVerfGE 74, 1 <6>; BVerwG, Urteil vom 10. April 1991 – BVerwG 8 C 106.89 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235 S. 84; Beschluss vom 7. Mai 2008 – BVerwG 9 B 35.07 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 75 S. 17).

Rz. 20

aa) Gemessen an diesem Maßstab liegt eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht darin, dass der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen gegeben hat, dass er die abstrakte Gefährlichkeit von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier auch mit Blick auf die Dissertationen Mittmann und Johann möglicherweise anders beurteilen würde als die Vorinstanz. Aus Art. 103 Abs. 1 GG lässt sich keine Pflicht des Gerichts ableiten, den Beteiligten stets vorab mitzuteilen, wie es bestimmte Erkenntnismittel in Bezug auf Einzelheiten des Parteivortrags versteht und bewertet. Das folgt schon daraus, dass in aller Regel die Beweiswürdigung, das daraus folgende Beweisergebnis und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen der Schlussberatung vorbehalten bleiben und sich deshalb einer Voraberörterung mit den Beteiligten im Allgemeinen entziehen (vgl. schon Urteil vom 13. Mai 1976 – BVerwG 2 C 26.74 – Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1; Beschluss vom 5. Februar 1999 – BVerwG 9 B 797.98 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 4; ferner auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. April 1987 – 1 BvR 883.86 – DB 1987, 2287). Unzulässig sind nur Überraschungsentscheidungen, die auf Gesichtspunkte gestützt werden, mit denen die Beteiligten nicht rechnen konnten (Beschluss vom 8. August 1994 – BVerwG 6 B 87.93 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 335; BGH, Urteil vom 13. Juni 1989 – VI ZR 216/88 – NJW 1989, 2756). Auf entscheidungserhebliche tatsächliche Gesichtspunkte, die der Klägerin nicht bekannt gewesen wären oder bei denen für sie nicht erkennbar sein konnte, dass es auf sie ankam, hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Bewertung der genannten Dissertationen jedoch nicht abgestellt.

Rz. 21

Eine Überraschungsentscheidung kann insbesondere auch nicht deshalb angenommen werden, weil das Verwaltungsgericht dem zusammenfassenden Ergebnis in der Dissertation Johann gefolgt ist, der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht. Im Berufungsverfahren musste die Klägerin damit rechnen, dass die Bewertung, die das Verwaltungsgericht vorgenommen hat, auf den Prüfstand gestellt wird, zumal die Beklagte für ihren Vortrag zur Gefährlichkeit der Rasse American Staffordshire Terrier ausdrücklich auf die genannten Dissertationen und auf das Qualzuchtgutachten des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft hingewiesen hat.

Rz. 22

bb) Soweit die Beschwerde als Gehörsverstoß ansieht, dass der Verwaltungsgerichtshof aus den Dissertationen Mittmann und Johann einen anderen Schluss zieht als die Verfasserinnen, liegt darin ein Angriff auf die Tatsachenwürdigung durch das Gericht, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist und mit der ein Verfahrensverstoß nicht begründet werden kann (Beschluss vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 12).

Rz. 23

cc) Eine Überraschungsentscheidung liegt auch nicht darin, dass der Verwaltungsgerichtshof die Klägerin nicht darauf hingewiesen hat, dass er davon ausgehe, Schutz- und Gebrauchshunde aus Deutschland gälten “als sozial akzeptiert”. Mit dieser Annahme musste die Klägerin angesichts der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts rechnen. Der Verwaltungsgerichtshof war nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass er den abweichenden Einschätzungen des Oberverwaltungsgerichts Münster sowie der Verwaltungsgerichte Münster, Aachen und Düsseldorf nicht folgen werde.

Rz. 24

dd) Soweit die Beschwerde eine Überraschungsentscheidung darin sieht, dass der Verwaltungsgerichtshof auch darauf abgestellt hat, der Satzungsgeber habe sich bei der Festsetzung der erhöhten Hundesteuer für bestimmte Hunderassen davon leiten lassen dürfen, dass jedenfalls die in erster Linie als Kampfhunde bezeichneten Rassen nicht selten von Personen gehalten würden, die nicht die Gewähr für ein gefahrloses Verhalten der Tiere böten, ist nicht dargelegt, dass diese Erwägung entscheidungserheblich ist. Eine Entscheidungserheblichkeit ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof eine steuerrechtliche Privilegierung bestimmter Hunderassen auch im Hinblick auf deren Gebrauch als Wach- und Gebrauchshunde als gerechtfertigt erachtet, die eine größere soziale Akzeptanz zur Folge habe (“darüber hinaus”).

Rz. 25

ee) Es mag dahinstehen, ob der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch verletzt haben kann, dass er seiner Entscheidung allgemein zugängliche Literatur zur Gefährlichkeit von American Staffordshire Terriern zugrunde gelegt hat, ohne sie vor seiner Entscheidung ausdrücklich in das Verfahren einzuführen und so den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den von dieser Literatur vertretenen tatsächlichen Auffassungen zu äußern. Zur Darlegung eines Gehörsverstoßes gehört nämlich auch, dass der Beschwerdebegründung entnommen werden kann, was die Klägerin bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte. Daran fehlt es hier. Zwar hat die Beschwerde angeführt, welche Personen sie als Sachverständige benannt hätte, wäre ihr die Verwendung der Literatur bekannt gewesen. Jedoch hat sie nicht dargelegt, was die von ihr benannten Personen, die sie als Sachverständige benannt hätte, hätten genau beweisen sollen. Die Klägerin hat insoweit lediglich darauf hingewiesen, dass “der Senat seine Auffassung von der vermeintlich höheren Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen nicht mehr aufrechterhalten können” würde, weil die genannten Personen “diesem falschen Ansatz heutzutage entschieden entgegen” träten. Damit genügt sie angesichts der konkreten Tatsachen, die der Verwaltungsgerichtshof aus der zitierten Literatur entnommen hat, ihrer Darlegungslast nicht.

Rz. 26

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde liegt auch kein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 VwGO vor, weil der Verwaltungsgerichtshof der Schlussfolgerung in der Dissertation Johann nicht gefolgt ist. Er hat sich damit nicht an die Stelle der Verfasserin dieser Dissertation gesetzt, sondern in der Begründung ausgeführt, weshalb er aufgrund der vorgelegten Untersuchungsergebnisse zu einem anderen Schluss gelangt ist. Darin liegt eine Würdigung von Tatsachen. Mit Angriffen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz kann jedoch ein Verfahrensmangel i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht aufgezeigt werden, weil Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung regelmäßig revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen sind (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 19. Oktober 1999 – BVerwG 9 B 407.99 – Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 11 und vom 10. Oktober 2001 a.a.O.).

Rz. 27

c) Die Beschwerde macht weiterhin als Verfahrensmangel geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt, weil er zu den Ergebnissen der Untersuchungen in der Dissertation von Johann keine weitere Sachaufklärung betrieben, insbesondere die Vernehmung der Verfasserin oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterlassen habe. Diese Rüge greift ebenfalls nicht durch. Denn auch insoweit greift sie die Tatsachenwürdigung an. Zudem mussten sich die von der Beschwerde bezeichneten Ermittlungen nicht aufdrängen, weil der Verwaltungsgerichtshof von seinem Standpunkt aus die Untersuchungsergebnisse der Verfasserin seinen Schlussfolgerungen zugrunde gelegt hat und mithin nicht von abweichenden Tatsachen ausgegangen ist.

Rz. 28

d) Die Beschwerde sieht weiterhin eine fehlerhafte Aufklärung des Sachverhalts, § 86 Abs. 1 Abs. 2 VwGO, darin, dass die von ihr gestellten Beweisanträge zu Unrecht abgewiesen worden seien.

Rz. 29

aa) Die Beschwerde rügt die Ablehnung der Beweisanträge, die im Kern das Beweisthema zum Inhalt gehabt hätten, wonach von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier kein höheres abstraktes Gefahrenpotential ausgehe als von einem Hund der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund oder Rottweiler. Hätte der Verwaltungsgerichtshof die beantragte Beweiserhebung durchgeführt, so hätte sich ergeben, dass die Prämisse von der gesteigerten Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen, hier der Rasse American Staffordshire Terrier, falsch sei. Mit der Ablehnung der Beweisanträge nehme der Senat der Klägerin die Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes, da er de facto die Satzung der Beklagten entgegen Art. 19 Abs. 4 GG immunisiere.

Rz. 30

Die Ablehnung eines Beweisantrags kann nur dann einen Verfahrensmangel darstellen, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, hier des Verwaltungsgerichtshofs, für die Entscheidung erheblich war. Über Tatsachen, die für die Entscheidung nicht erheblich sind, muss kein Beweis erhoben werden. So liegt die Sache hier. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zwar eingehend mit der Frage der rassebedingten Gefährlichkeit der American Staffordshire Terrier befasst. Die steuerrechtliche Privilegierung anderer Hunderassen (wie z.B. Deutscher Schäferhund, Dobermann, Rottweiler oder Weimaraner), von denen ebenfalls eine abstrakte Gefahr ausgehe, wird jedoch damit gerechtfertigt, dass diese Hunde als Wach- und Gebrauchshunde größere soziale Akzeptanz genössen. Der Verwaltungsgerichtshof geht mithin davon aus, dass auch andere Hunde, ebenso wie solche der Rasse American Staffordshire Terrier, abstrakt gefährlich im Rechtssinn sind, billigt aber insoweit der Beklagten einen Gestaltungsspielraum zu. Deshalb kam es auf eine Beweiserhebung, die dahin zielt, die Gefährlichkeit von American Staffordshire Terriern und anderen Hunden vergleichend zu betrachten, nicht an.

Rz. 31

bb) Gleiches gilt für die Beweisbehauptung, wonach Beißattacken von Hunden der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund und Rottweiler ebenso schwer wiegen wie solche von Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier. Wegen ihrer Unerheblichkeit ist auch nicht, wie die Beschwerde meint, davon auszugehen, dass mit der Ablehnung der Beweisanträge der Verwaltungsgerichtshof de facto die Satzung der Beklagten immunisiere. Die Klägerin missversteht den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juli 2005 (a.a.O. S. 32 f.). In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht die Ablehnung eines Beweisantrags als unzulässig angesehen, weil die dieser Ablehnung zugrunde liegende Rechtsauffassung die Frage der Beweiserheblichkeit selbst betraf und nicht die prozessuale Folge der materiellen Rechtsauffassung des entscheidenden Gerichts im Übrigen war. Hier beruht die Ablehnung auf der materiellen Rechtsauffassung zur Frage der gerechtfertigten Privilegierung.

Rz. 32

cc) Den Antrag, Beweis zu erheben darüber, dass Hunde der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund und Rottweiler ein höheres abstraktes Gefahrenpotenzial aufwiesen als Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht als unzulässigen Beweisermittlungsantrag abgelehnt. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt vor in Bezug auf Tatsachenbehauptungen, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich “aus der Luft gegriffen”, “aufs Geratewohl” oder “ins Blaue hinein” aufgestellt werden, für die tatsächliche Grundlagen jedoch fehlen (Beschlüsse vom 27. März 2000 – BVerwG 9 B 518.99 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60 S. 6 und vom 30. Januar 2002 – BVerwG 1 B 326.01 – Buchholz 310 § 98 Nr. 69 S. 31). Ausgehend davon hat der Verwaltungsgerichtshof die beantragte Beweiserhebung abgelehnt, weil die Klägerin für die unter Beweis gestellte Tatsache keine tatsächlichen Anhaltspunkte oder fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen benannt hat. Der Hinweis auf die Beißstatistiken ändert hieran nichts, weil die Anzahl der Beißvorfälle in Bezug zum Bestand der betreffenden Hunde gesetzt werden muss (BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 a.a.O. S. 161).

Rz. 33

dd) Mit der weiteren Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Beweisantrag, dass Hunde der Rasse Golden Retriever keine geringere abstrakte Gefährlichkeit als Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier aufwiesen, zu Unrecht als unzulässigen Beweisermittlungsantrag bzw. Ausforschungsbeweisantrag abgelehnt, kann die Klägerin ebenfalls nicht durchdringen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat vor dem Hintergrund seiner Würdigung der Dissertation Johann keinerlei Anhaltspunkte gesehen, die die Beweisbehauptung stützen könnten. Weitere Anhaltspunkte als die Dissertation Johann hat die Klägerin aber nicht dargetan.

Rz. 34

ee) Die Beschwerde rügt weiter, zu Unrecht sei auch ihr Beweisantrag dazu, dass es wahrscheinlicher sei, von einem Hund der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund, Rottweiler oder Golden Retriever als von einem Hund der Rasse American Staffordshire Terrier gebissen zu werden, als unerheblich abgelehnt worden. Das trifft nicht zu. Es liegt auf der Hand, dass für eine Gefahrenprognose bezüglich der genannten Hunderassen auf der Grundlage von Beißvorfällen auf das Verhältnis dieser Zahlen zum Gesamtaufkommen der einzelnen Hunderassen abgestellt werden muss (BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 a.a.O.).

Rz. 35

ff) Nicht durchdringen kann die Beschwerde auch mit der Rüge, ihr Beweisantrag, ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen, dass Hunde der Rasse American Staffordshire Terrier keine rassespezifischen Merkmale wie niedrigere Beißhemmung, herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe, Kampfinstinkt oder einen genetisch bedingten Schutztrieb aufwiesen, die ein im Vergleich zu den Hunden der Rassen Dobermann, Deutscher Schäferhund, Rottweiler und Golden Retriever besonderes Gefährdungspotential begründeten und unter dem Aspekt der vorsorgenden Gefahrenabwehr besondere Anforderungen an die Haltung und den Umgang erforderten, sei ebenfalls zu Unrecht abgelehnt worden. Das Berufungsgericht hat die Ablehnung dieses Beweisantrags nachvollziehbar damit begründet, dass ihm aus allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen ausreichende Erkenntnisse über den American Staffordshire Terrier und insbesondere über die bei ihm vorhandenen körperlichen Merkmale, über seine Charaktereigenschaften sowie über die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Haltung und den Halter der Hunde vorlägen, wonach das Halten eines solchen Hundes eine ganz besondere Verantwortung und Sachkunde verlange, und dass die Klägerin gegen diese allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Erkenntnisse keine detaillierten und substantiierten Beanstandungen erhoben habe. Angesichts der eingehenden Behandlung der herangezogenen Erkenntnismittel im angefochtenen Urteil kann eine fehlerhafte Ausübung des bei der Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung von Sachverständigengutachten bestehenden tatrichterlichen Ermessens (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO in entsprechender Anwendung) nicht festgestellt werden.

Rz. 36

gg) Entsprechendes gilt schließlich für die weitere Rüge der Klägerin, ihr Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens, dass Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier aufgrund ihrer Zuchtgeschichte keine erhöhte Gefährlichkeit zugeschrieben werden kann, sei zu Unrecht abgelehnt worden. Das Berufungsgericht hat die Ablehnung auch dieses Beweisantrags nachvollziehbar damit begründet, dass ihm aus allgemein zugänglichen fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen ausreichende Erkenntnisse über diese Zuchtgeschichte vorlägen, die zur Einschätzung eines erhöhten Gefährdungspotentials wesentlich beitrügen, ohne dass dies von der Klägerin substantiiert beanstandet worden sei. Die in der Klageschrift enthaltenen Hinweise der Klägerin auf Aspekte dieser Zuchtgeschichte, die jenen Beitrag relativieren, stehen dazu nicht in Widerspruch.

Rz. 37

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Storost, Buchberger, Dr. Christ

 

Fundstellen

BFH/NV 2010, 1775