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Elektronische Steuererklärung: Ist schlichtes Vergessen grob fahrlässig?

Elektronische Steuererklärung: Ist schlichtes Vergessen grob fahrlässig?

Vergisst der Steuerpflichtige, einen steuermindernden Betrag in seiner Steuererklärung anzugeben, und wird der Steuerbescheid bestandskräftig, kann dieser zwar grundsätzlich geändert werden. Das geht aber nur, wenn das Vergessen nicht grob fahrlässig war.

X war an einer GmbH beteiligt, die in 2007 liquidiert wurde. Der Verlust des X aus der Auflösung der GmbH betrug rund 200.000 EUR. Die vom Steuerberater des X gefertigten Erklärungen zur Einkommensteuer und zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags enthielten keine Angaben zu dem Veräußerungsverlust. Der Berater hatte den Übertrag in das entsprechende Feld des elektronischen DATEV-Formulars „schlicht vergessen“.

X beantragte in 2011, den Verlustfestfeststellungsbescheid zu ändern und den Auflösungsverlust zu berücksichtigen. Die gegen die ablehnende Entscheidung des Finanzamts erhobene Klage wies das Finanzgericht ab. Zwar treffe X selbst kein grobes Verschulden. Jedoch sei ihm das Verschulden seines Beraters zuzurechnen. Das Vergessen der Übertragung des bereits berechneten Verlustbetrags in den elektronischen Vordruck sei grob fahrlässig. Wegen des groben Verschuldens an dem nachträglichen Bekanntwerden der steuermindernden Tatsachen könne die Veranlagung nicht mehr geändert werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof zeigte sich in seiner Entscheidung großzügiger. Er betonte, dass der Begriff des Verschuldens bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen grundsätzlich so auszulegen ist wie bei schriftlich gefertigten Erklärungen. Allerdings ist bei elektronischen Erklärungen besonders zu berücksichtigen, dass die Übersichtlichkeit eingeschränkt sein kann und die ausgefüllten Felder mitunter schwieriger als bei einer Erklärung in Papierform zu überblicken sind.

Fehler und Nachlässigkeiten, die üblicherweise vorkommen und mit denen immer gerechnet werden muss, stellen keine grobe Fahrlässigkeit dar. Insbesondere bei unbewussten Fehlern, die selbst bei sorgfältiger Arbeit nicht zu vermeiden sind, kann grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen sein. Zu solchen unbewussten – rein mechanischen – Versäumnissen zählen bloße Übertragungs- oder Eingabefehler, wie sie selbst bei sorgfältiger Arbeit nicht zu vermeiden sind.

Grobe Fahrlässigkeit liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige oder der Berater in Steuerformularen gestellte Fragen bewusst nicht beantwortet oder klare und ausreichend verständliche Hinweise bewusst unbeachtet lässt.

Kann die Steuererklärung wirksam per Fax übermittelt werden?

Kann die Steuererklärung wirksam per Fax übermittelt werden?

Wer seine Einkommensteuererklärung eigenhändig unterschreibt und dann per Fax an das Finanzamt schickt, hat sie wirksam abgegeben. Die Voraussetzung einer eigenhändigen Unterzeichnung der Erklärung ist damit erfüllt.

A erzielte im Streitjahr 2007 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Ihre Steuerberaterin S erstellte für sie am 28.12.2011 die komprimierte Einkommensteuererklärung und warf sie in den Briefkasten der urlaubsbedingt abwesenden A ein, wo sie von deren Tochter T aufgefunden wurde. T faxte die erste Seite (Deckblatt) der Erklärung an den Urlaubsort der A. Auf diesem Blatt leistete sie ihre Unterschrift und faxte es zurück an T. Diese reichte am 30.12.2011 das Deckblatt zusammen mit der von S erstellten komprimierten Erklärung beim Finanzamt ein. Außerdem übermittelte S die Erklärung über das ELSTER-Portal ohne Zertifizierung an das Finanzamt. Am 24.1.2012 unterschrieb A erneut ein Erklärungs-Deckblatt beim Finanzamt.

Dem Finanzamt genügte die gefaxte Unterschrift jedoch nicht und es lehnte den Antrag der A auf Veranlagung ab, da die Festsetzungsfrist seiner Ansicht nach abgelaufen war. Das Finanzgericht gab dagegen der Klage statt.

Entscheidung

Auch der Bundesfinanzhof entschied zugunsten der Klägerin und sieht das Formerfordernis der eigenhändigen Unterschrift als erfüllt an. Denn es liegt eine Unterschrift „von der Hand“ der A vor. Dass das unterschriebene Deckblatt beim Finanzamt als Faxkopie eingereicht wurde, steht dem nicht entgegen. Denn sowohl die Steuererklärung als auch die Unterschrift des Steuerpflichtigen können per Fax an das Finanzamt übermittelt oder in Faxkopie beim Finanzamt vorgelegt werden.

Das Schriftlichkeitserfordernis soll gewährleisten, dass der Inhalt der Erklärung und die erklärende Person zuverlässig festgestellt werden können. Darüber hinaus soll dadurch sichergestellt werden, dass das Schriftstück mit Wissen und Wollen des Erklärenden an das Gericht gesandt wurde. Außerdem soll gewährleistet werden, dass der Steuerpflichtige die Verantwortung für die Angaben in der Steuererklärung übernimmt. Diese Zwecke werden auch erfüllt, wenn der Steuerpflichtige die Einkommensteuererklärung unterschreibt und sie per Telefax an das Finanzamt schickt.

Steuererklärungsfristen 2013

Gleich lautende Erlasse
der obersten Finanzbehörden der Länder
vom 2. Januar 2014
über Steuererklärungsfristen
1. Steuererklärungen für das Kalenderjahr 2013
2. Fristverlängerung
I. Abgabefrist für Steuererklärungen
(1) Für das Kalenderjahr 2013 sind die Erklärungen
– zur E i n k o m m e n s t e u e r – einschließlich der Erklärungen zur gesonderten sowie zur
gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung
sowie zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags -,
– zur K ö r p e r s c h a f t s t e u e r – einschließlich der Erklärungen zu gesonderten Feststellungen
von Besteuerungsgrundlagen, die in Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerveranlagung
durchzuführen sind, sowie für die Zerlegung der Körperschaftsteuer -,
– zur G e w e r b e s t e u e r – einschließlich der Erklärungen zur gesonderten Feststellung
des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und zur gesonderten Feststellung des Zuwendungsvortrags
sowie für die Zerlegung des Steuermessbetrags -,
– zur U m s a t z s t e u e r sowie
– zur gesonderten oder zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 des Außensteuergesetzes
nach § 149 Absatz 2 der Abgabenordnung (AO)
b i s z u m 3 1. M a i 2 0 1 4
bei den Finanzämtern abzugeben.
(2) Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom
Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des
fünften Monats, der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres 2013/2014 folgt.
II. Fristverlängerung
(1) Sofern die vorbezeichneten Steuererklärungen durch Personen, Gesellschaften, Verbände,
Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 StBerG angefertigt
werden, wird vorbehaltlich des Absatzes 2 die Frist nach § 109 AO allgemein
b i s z u m 3 1. D e z e m b e r 2 0 1 4
verlängert. Bei Steuererklärungen für Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft
nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln (Abschnitt I
Absatz 2), tritt an die Stelle des 31. Dezember 2014 der 31. Mai 2015.
(2) Es bleibt den Finanzämtern vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen
Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern. Von dieser Möglichkeit
soll insbesondere Gebrauch gemacht werden, wenn
– für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum die erforderlichen Erklärungen verspätet
oder nicht abgegeben wurden,
– für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum kurz vor Abgabe der Erklärung bzw. vor
dem Ende der Karenzzeit nach § 233a Absatz 2 Satz 1 AO nachträgliche Vorauszahlungen
festgesetzt wurden,
– sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung
ergeben hat,
– hohe Abschlusszahlungen erwartet werden,
– für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen sind oder
– die Arbeitslage der Finanzämter es erfordert.
Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass die Erklärungen laufend fertig gestellt und unverzüglich
eingereicht werden.
(3) Aufgrund begründeter Einzelanträge kann die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen
bis zum 28. Februar 2015 bzw. in den Fällen des Abschnitts I Absatz 2 bis zum 31. Juli 2015
verlängert werden. Eine weitergehende Fristverlängerung kommt grundsätzlich nicht in Betracht.
(4) Die allgemeine Fristverlängerung gilt nicht für Anträge auf Steuervergütungen. Sie gilt
auch nicht für die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen, wenn die gewerbliche oder berufliche
Tätigkeit mit Ablauf des 31. Dezember 2013 endete. Hat die gewerbliche oder berufliche
Tätigkeit vor dem 31. Dezember 2013 geendet, ist die Umsatzsteuererklärung für das
Kalenderjahr einen Monat nach Beendigung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit abzugeben
(§ 18 Absatz 3 Satz 2 i. V. m. § 16 Absatz 3 des Umsatzsteuergesetzes).
Diese Erlasse ergehen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen.
Ministerium für Finanzen und Wirtschaft
Baden-Württemberg
S 0320/49
Bayerisches Staatsministerium
der Finanzen, für Landesentwicklung
und Heimat
37-S 0320-001-41874/13
Senatsverwaltung für Finanzen
Berlin
S 0320-1/2012
Ministerium der Finanzen
des Landes Brandenburg
33-S 0320/A2013#V002
Die Senatorin für Finanzen der
Freien Hansestadt Bremen
S 0320 – 13-2 – 4542
Finanzbehörde der Freien
und Hansestadt Hamburg
51-S-0320-008/12
Finanzministerium
Mecklenburg-Vorpommern
IV-S 0320-00000-2013/001-012
Niedersächsisches
Finanzministerium
S 0320 – 61 – 33 11
Finanzministerium des Landes
Nordrhein-Westfalen
S 0320 – 1 – VA2
Ministerium der Finanzen
des Landes Rheinland-Pfalz
S 0320 A – 10-005 – 446
Saarland
Ministerium für Finanzen und Europa
S 0320-1#026
Sächsisches Staatsministerium
der Finanzen
31-S 0320/42/1-2013/212351
Ministerium der Finanzen
des Landes Sachsen-Anhalt
44 – S 0320 – 44
Finanzministerium des Landes
Schleswig-Holstein
S 0320-076
Thüringer Finanzministerium
S 0320 A – 1 – 23.1

Umgang mit unleserlichen Steuererklärungen

Steuererklärungen sind grundsätzlich nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck abzugeben (§ 150 Abs. 1 Satz 1 AO ). Die näheren Vorgaben zur Druckqualität bei von Steuerpflichtigen selbst ausgedruckten Erklärungen sind geregelt im  BMF-Schreiben vom 11.03.2011 ( BStBl 2011 I, 247 )

Die OFD Koblenz hat mit Verfügung vom 22.02.2012, S 0321 A – St 35 2, darauf hingewiesen, dass sämtliche Steuererklärungen grundsätzlich gemäß den amtlich vorgeschriebenen Vordrucken abzugeben sind, und verweist diesbezüglich auf § 150 Abs. 1 Satz 1 AO.


In der Praxis werden zunehmend Erklärungen eingereicht, bei denen an der Druckqualität gespart wird, worunter deren Lesbarkeit deutlich leidet. Da die Verarbeitung von Steuererklärungen in einem Massenverfahren zu bewältigen ist, das einen geordneten Geschäftsgang erfordert, ist es den Finanzämtern nicht zuzumuten, derartige Erklärungen anzunehmen. Entsprechende Erklärungen sind daher nach Würdigung der Umstände im Einzelfall und unter Berufung auf o. g. BMF-Schreiben zurück zu weisen. Sie gelten damit als nicht abgegeben.

 

Grundsätze für die Verwendung von Steuererklärungsvordrucken; Amtlich vorgeschriebene Vordrucke

 Bezug: BMF v. 3.4.2012 IV A 5 – O 1000/07/10086-07 IV A 3 – S 0321/07/10004

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

Soweit Steuererklärungen nicht nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung ausschließlich elektronisch übermittelt werden, sind sie nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (§ 150 Abs. 1 AO ). Mehrseitige Vordrucke sind vollständig abzugeben.

 1. Amtlich vorgeschriebene Vordrucke

Amtlich vorgeschriebene Vordrucke sind:

1.1        Vordrucke, die mit den von den zuständigen Finanzbehörden freigegebenen Druckvorlagen hergestellt worden sind (amtliche Vordrucke), einschließlich der Formulare, die auf den Internetseiten der Steuerverwaltungen angeboten werden (Internetformulare);

1.2        Vordrucke, die im Rahmen einer elektronischen Übermittlung von Steuererklärungsdaten nach Nummer 5 des BMF-Schreibens vom 15. Januar 2007 (BStBl 2007 I S. 95 ) erstellt und ausgefüllt worden sind (komprimierte Vordrucke).

1.3.       Vordrucke, die nach dem Muster einer amtlichen Druckvorlage durch Druck, Ablichtung oder mit Hilfe von Datenverarbeitungsanlagen hergestellt worden sind (nichtamtliche Vordrucke).

 2. Verwendung nichtamtlicher Vordrucke

Die Verwendung nichtamtlicher Vordrucke (Tz. 1.3) ist zulässig, wenn diese in der drucktechnischen Ausgestaltung (Layout), in der Papierqualität und in den Abmessungen den amtlichen Vordrucken entsprechen.

Die Vordrucke müssen danach insbesondere

  • im Wortlaut, im Format und in der Seitenzahl sowie Seitenfolge mit den amtlichen Vordrucken übereinstimmen und
  • über einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren haltbar und gut lesbar sein.

Geringfügige Veränderungen der Zeilen- und Schreibabstände sowie des Papierformats sind zugelassen; sofern diese gleichmäßig über die ganze Seite erfolgen und das Seitenverhältnis in Längs- und in Querrichtung beibehalten wird. Der Gründruck muss durch entsprechende Graustufen ersetzt werden.

Ein doppelseitiger Druck ist nicht erforderlich und die Verbindung der Seiten mehrseitiger Vordrucke ist zu vermeiden.

Sofern der amtliche Vordruck einen Barcode enthält, ist dieser in den nichtamtlichen Vordruck nicht aufzunehmen; die Eintragung des entsprechenden Formularschlüssels ist vorzunehmen. Weitere aufzunehmende Unterscheidungsmerkmale (z. B. Kennzahl und Wert) ergeben sich aus dem jeweiligen Vordruck.

Weitere Anforderungen an Vordrucke, die mit Hilfe von Datenverarbeitungsanlagen hergestellt wurden, ergeben sich aus dem als Anlage beigefügten Merkblatt.

 3. Verwendung von Internetformularen und komprimierten Vordrucken

Bei der Verwendung von Internetformularen und komprimierten Vordrucken sind die Anforderungen an die Papierqualität nichtamtlicher Vordrucke (Tz. 2) einzuhalten.

 4. Grundsätze für das maschinelle Ausfüllen von Vordrucken

4.1        Die für die Bearbeitung im Finanzamt erforderlichen Ordnungsangaben sind in dem dafür vorgesehenen Bereich (Vordruckfeld) im Kopf des Vordrucks anzugeben. Die Steuernummern sind nach dem Format aufzubereiten, das für das Land vorgesehen ist, in dem die Steuererklärung abzugeben ist.

4.2        Bei negativen Beträgen ist das Minuszeichen vor den Betrag zu setzen.

4.3.       Feldeinteilungen sind einzuhalten. Es ist zu gewährleisten, dass die maschinell vorgenommenen Eintragungen deutlich erkennbar sind (z. B. Fettdruck), die Zuordnung von Beträgen zu den Kennzahlen eindeutig ist und die Kennzahlen nicht überschrieben werden.

4.4        In der Fußzeile des Vordrucks ist zusätzlich der Name des Herstellers des verwendeten Computerprogramms anzugeben.

 5. Schlussbestimmungen

Dieses Schreiben tritt mit Veröffentlichung im Bundessteuerblatt I an die Stelle des BMF-Schreibens vom 27. Dezember 1999, BStBl 1999 I S. 1049 .

Das BMF-Schreiben vom 11. Mai 2004 (BStBl 2004 I S. 475 ) zur Zulassung von Vordrucken, die von den amtlich vorgeschriebenen Vordrucken im Umsatzsteuer-Voranmeldungs- und Lohnsteuer-Anmeldungsverfahren abweichen, wird aufgehoben.

Anlage:  Technisches Merkblatt für Vordrucke, die mit Hilfe von Datenverarbeitungsanlagen hergestellt werden  

Das technische Merkblatt richtet sich an Hersteller von Steuersoftware und Betreiber von Portalen zum Download von Steuerformularen aus dem Internet. Die nachfolgend aufgeführten Anforderungen sollen eine reibungslose maschinelle Bearbeitung von Steuererklärungen auf nichtamtlichen Vordrucken ermöglichen. Die Anbieter der Softwarepakete bzw. Portaldienste haben diese Vorgaben einzuhalten.

Ausdruck muss im Grauraster erfolgen

Bei der maschinellen Beleglesung im Finanzamt dient die grüne Farbe in den amtlichen Vordrucken als Blindfarbe. Gründruck in nichtamtlichen Vordrucken, insbesondere bei Ausdrucken aus gängigen Bürodruckern, kann diese Anforderung nicht erfüllen.

Die mit einer Steuersoftware oder mit Formularen aus dem Internet erstellten Steuererklärungen müssen daher im Grauraster ausgedruckt werden.

Technische Vorgaben:

Grüner Hintergrund: Graurasterung 15 % Deckung, 40er Auflösung.

Grüne Schrift und grüne Linien sind schwarz zu drucken.

Auf den Ausdrucken benötigte Merkmale

Keinen Barcode aufdrucken

Das für die steuerliche Beleglesung relevante Unterscheidungsmerkmal zwischen amtlichen und nichtamtlichen Vordrucken ist der Barcode, der als Erkennungsmerkmal für amtliche Vordrucke dient. Der Barcode darf nur bei amtlichen Vordrucken, nicht aber bei nichtamtlichen Vordrucken aufgebracht sein.

Formularschlüssel

Bei nichtamtlichen Vordrucken erfolgt die Identifizierung der einzelnen Anlagen über den Formularschlüssel. Bei fehlenden Formularschlüsseln kann der Vordruck nicht maschinell zugeordnet werden und muss personell bearbeitet werden.

Der Zusatz ‚NET‘ im Formularschlüssel ist für die Internetformulare der Steuerverwaltung reserviert und darf nicht von Softwareherstellern und anderen Portalen verwendet werden.

Bei nichtamtlichen Vordrucken ist derselbe Schlüssel zu verwenden wie bei den amtlichen (grünen) Vordrucken. Der Schlüssel muss exakt an der gleichen Position erscheinen wie bei einem amtlichen Formular. Die Schlüssel müssen freistehen. Dies bedeutet, dass die Formularschlüssel keine anderen Objekte berühren dürfen. Der Abstand zur Formular-Begrenzungslinie und allen anderen Objekten muss mindestens 2 mm betragen. Die Vermaßung ist der untenstehenden Skizze „Ankerwinkel” zu entnehmen.

Name des Herstellers bzw. Formularquelle

Die Herstellerbezeichnung in der Fußzeile muss einen hinreichenden Abstand zum Formularschlüssel einhalten. Aufgrund des begrenzten Platzes ist die zusätzliche Angabe der vollständigen Herstelleranschrift nicht erforderlich.

Allgemeine Layout Vorgaben

4 Ankerwinkel auf jeder Formularseite

Die vier Ankerwinkel je Seite müssen vollständig und an der in den amtlichen Vordrucken vorgegebenen Position ausgegeben werden. Die Ankerwinkel müssen freistehen. Dies bedeutet, dass die Winkel keine anderen Objekte berühren dürfen. Der Abstand zur Formular-Begrenzungslinie und allen anderen Objekten muss mindestens 2 mm betragen.

Die Grafik nennt die genauen Maße bei 100 % Skalierung einer ungeraden Seite; sofern das Formular leicht skaliert werden muss, müssen sich die Winkelpositionen entsprechend maßstabsgerecht anpassen. Alle Maßangaben sind in mm und beziehen sich auf den X0/Y0-Punkt.

Bei den Ankerwinkeln handelt es sich um eines der wichtigsten Orientierungsmerkmale für die Beleglesung. Ausdrucke aus Steuersoftware mit fehlerhaften Winkeln können maschinell nicht verarbeitet werden und müssen personell bearbeitet werden.

Verzicht auf doppelseitigen Druck

Ein doppelseitiger Druck ist zu vermeiden. Je nach verwendeter Papierqualität können sonst die Daten der Rückseite auf der Vorderseite sichtbar sein, würden in der Folge von der Beleglesung erkannt und bei der Korrektur erhöhten Arbeits- und Zeitaufwand verursachen.

Skalierung der Ausdrucke

Skalierungsabweichungen gegenüber dem Originallayout dürfen nur geringfügig (Richtwert: unter 5 %) ausfallen. Die Vergrößerung oder Verkleinerung muss gleichmäßig in Längs- und Querrichtung erfolgen. Abweichende Zeilenabstände und abweichende Positionierung von Eintragungsfeldern sind zu vermeiden, da diese zu manueller Nacharbeit führen.

Zeilennummern und Kennzahlenbeschriftung

Fehlende Zeilennummerierung und fehlende Kennzahlenbeschriftung auf nichtamtlichen Formularen verursachen eine fehlerhafte Erkennung der entsprechenden Zeilen bzw. Werte zu Kennzahlen.

Zeilennummerierung und Kennzahlenbeschriftung müssen in vollem Umfang den Vorgaben der amtlichen Vordrucke entsprechen.

Vollständigkeit der Formulare

Die einzelnen Formulare sind vollständig (d. h. einschließlich der Seiten, auf denen keine Eintragungen erfolgt sind) abzugeben. Um zu vermeiden, dass die Steuerbürger insofern unvollständige Erklärungen abgeben, wäre ein Hinweis in der Benutzeranleitung sehr nützlich.

Layout für Feldinhalte

Zur Vermeidung von mangelhafter Datenerkennung und der damit verbundenen aufwändigen personellen Korrektur sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Die  Feldeinteilungen  sind einzuhalten. Die Eintragung mehrerer Werte in ein Eintragungsfeld ist zu vermeiden.
  •   Kammboxen, Feldseparatoren oder Erläuterungstexte  dürfen nicht in Datenfeldern eingedruckt werden. Die Separatorkästchen der amtlichen Vordrucke dürfen auf Ausdrucken nicht erscheinen; vielmehr sind durchgehende weiße Eintragungsfelder zu verwenden. Vorlage sind insofern die Internetvordrucke der Steuerverwaltung.
  • Es soll mindestens eine 10 Punkt große  Schrift  und keine Serifenschrift verwendet werden.
  • Zu verwenden sind ausschließlich die in den amtlichen Papiervordrucken vorgegebenen  Datumsformate ; diese sind ggf. um Punktion innerhalb der Datumsangabe zu ergänzen, z. B. 31.05.2008.

Formatierung von Zahlen

  • Für eine optimale maschinelle Verarbeitung ist das Komma direkt in der Zahlenfolge zu drucken (Beispiel: 123,45). Ein Tausenderpunkt bringt für die maschinelle Verarbeitung keine Vorteile.
  • Bei vorgedrucktem Komma wird die maschinelle Verarbeitung erschwert, da das Komma u.U. nicht dem Wert zugeordnet werden kann.
  • Keinesfalls darf auf das Komma verzichtet werden. Eine solche Eintragung wird bei der maschinellen Verarbeitung als Ganzzahl ohne Nachkommastellen berücksichtigt

Steuererklärung: Aufwendungen vergessen?

Das Nachholen von Aufwendungen in der Steuererklärung ist nur selten möglich. Wer vergessen hat, z.B. die Unterhaltsaufwendungen für die geschiedenen Ehegatten in seiner Steuererklärung anzugeben, kann die Angaben bei einem bestandskräftigen Steuerbescheid nur dann nachholen, wenn es sich bei dem Fehler um eine offenbare Unrichtigkeit handelt.

Finanzgericht Münster, 12 K 1948/11 E

Datum: 05.09.2012
Gericht: Finanzgericht Münster
Spruchkörper: 12. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 12 K 1948/11 E
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:2Der Kläger (Kl) und seine Ehefrau leben seit März 2002 dauernd getrennt. Der Kl leistet an seine Ehefrau seitdem Barunterhalt und machte die Zahlungen als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG)) geltend. Der Beklagte (Bekl) berücksichtigte die Zahlungen in den Vorjahren als Sonderausgaben.

3Die Ehefrau hatte dem Realsplittung zugestimmt, zuletzt mit einer am 30. Dezember 2009 unterzeichneten Anlage U. Die Zustimmungserklärung war durch die Ehefrau nicht widerrufen worden.

4Der steuerlich beratene Kl reichte seine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2007 im März 2010 elektronisch (ELSTER-Verfahren) ein. Dabei wurden mit den elektronisch übermittelten Daten keine Unterhaltszahlungen geltend gemacht. Die dem Bekl postalisch übersandten Unterlagen enthielten keine Anlage U.

5Der Bekl setzte die Einkommensteuer 2007 mit formell bestandskräftigem Bescheid vom 20. April 2010 auf X EUR ohne Ansatz der Unterhaltszahlungen fest. Der Bescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten als Empfangsbevollmächtigtem gegenüber bekannt gegeben.

6Ende August 2010 machte der Kl die Unterhaltszahlungen gegenüber dem Bekl geltend und begehrte die Änderung der Festsetzung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) oder § 129 AO.

7Der Bekl lehnte eine Änderung ab. Der dagegen gerichtete Einspruch war erfolglos.

8Mit seiner Klage begehrte der Kl weiterhin die Änderung des Einkommensteuerbescheids. Die Einkommensteuererklärung sei mit dem Einkommensteuerprogramm für 2007 der DATEV (Version 11.3) erstellt und elektronisch übermittelt worden. In der Bildschirmansicht der bei der Datenübernahme aus 2006 in 2007 erstellten Daten sei der Unterhaltsbetrag von X EUR in der Anlage U im Feld „Barleistungen“ angezeigt worden. Die fertig gestellte Erklärung habe weder im Zeitpunkt der Erstellung noch bei Übermittlung an die Finanzverwaltung Anlass zu einer Überprüfung gegeben, ob die übermittelten Daten von den angezeigten Daten abwichen.

9Eine Änderung sei nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO möglich. Der Antrag sei nicht fristgebunden. Er könne auch nach Bestandskraft gestellt werden. Durch den Antrag und die Zustimmung ändere sich der Rechtscharakter der Zahlungen. Aus der Rechtsprechung des BFH folge nicht, dass der Antrag nur dann ein rückwirkendes Ereignis darstelle, wenn auch die Zustimmung erst nachträglich, nach Bestandskraft, erteilt werde.

10Eine Änderung sei auch nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO möglich. Ein grobes Verschulden liege nicht vor. Ein Abgleich der durch die Finanzverwaltung elektronisch übermittelten Daten mit den bei elektronischer Abgabe der Steuererklärung übermittelten Daten habe keinerlei Abweichungen erkennen lassen. Eine abschließende Kontrolle erfolge heutzutage elektronisch durch Bildschirmansicht. Ein ausgedrucktes Exemplar der Steuererklärung existiere in vielen Fällen nicht mehr. Erst auf Nachfrage bei der DATEV bei Erstellung der Erklärung für 2008 sei das DATEV-Dokument 1015067 bekannt geworden, in dem auf den Fehler hingewiesen worden sei. Die Datenbank enthalte mehrere tausend Dokumente. Keinem Berater sei die Kenntnis einer derartigen Datenbank zuzumuten.

11Der Kl beantragt,

12unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 2. September 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2011 den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 20. April 2010 abzuändern und Sonderausgaben i. H. v. X EUR zu berücksichtigen,

13hilfsweise, im Fall des Unterliegens,

14die Revision zuzulassen.

15Der Bekl beantragt,

16die Klage abzuweisen,

17hilfsweise, im Fall des Unterliegens,

18die Revision zuzulassen.

19Der Bekl macht geltend, die Zustimmung der Ehefrau habe seit 2004 vorgelegen. Eine Änderung nach § 175 AO scheide aus. Der Antrag entfalte keine Rückwirkung. Eine Anwendung von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfolge in Fällen der nachträglich erstrittenen Zustimmung. Ein solcher Fall sei nicht gegeben.

20Einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO stehe ein grobes Verschulden entgegen. Unterhaltszahlungen seien bereits seit 2004 geltend gemacht worden. Insoweit hätte bei routinemäßiger Überprüfung des Steuerbescheids auffallen können und müssen, dass anstelle eines Unterhaltsbetrags von X EUR nur der Sonderausgaben-Pauschbetrag i. H. v. 36 EUR angesetzt worden sei. Zudem obliege es dem steuerlichen Berater, die verwendete Software regelmäßig auf eine eventuelle Fehlerhaftigkeit zu prüfen. Auch hätte dem Kl selbst beim Unterschreiben der Steuererklärung auffallen können, dass eine Eintragung zu den Unterhaltsleistungen nicht erfolgt sei. Unterschreibe ein Steuerpflichtiger die von seinem Steuerberater erstellte Steuererklärung ohne angemessene Prüfung der gemachten Angaben, handele er grob schuldhaft.

21Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

22Der Senat hat in der Sache am 5. September 2012 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

23Entscheidungsgründe:

24Die Klage ist unbegründet. Der Kl hatte keinen Anspruch auf Änderung der bestandskräftigen Festsetzung der ESt 2007 unter Ansatz von Unterhaltszahlungen als Sonder-ausgaben.

251. Änderung nach § 129 AO

26Eine Änderung des Einkommensteuerbescheids nach § 129 AO kommt nicht in Betracht.

27Nach § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Verjährungsfrist) berichtigen. Das setzt grundsätzlich voraus, dass der Fehler in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenden Finanzbehörde entstanden ist.

28Offenbar ist eine Unrichtigkeit, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist. Das Tatbestandsmerkmal „ähnliche offenbare Unrichtigkeiten“ setzt voraus, dass die Unrichtigkeit einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich ist, d.h. dass es sich um einen „mechanischen“ Fehler handelt, der ebenso „mechanisch“, also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden kann (BFH-Urteile vom 12. April 1994 IX R 31/91, BFH/NV 1995, 1, und vom 29. März 1990 V R 27/85, BFH/NV 1992, 711, m.w.N.).

29Nach der Rechtsprechung des BFH, liegt grundsätzlich keine offenbare Unrichtigkeit vor, wenn sie für den zuständigen Sachbearbeiter des FA nur erkennbar gewesen wäre, wenn er die Steuererklärung eines Vorjahres bei der Veranlagung der Streitjahre zugezogen hätte (vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 1995 IX R 101/93, BFH/NV 1995, 1033). Soweit die Finanzbehörde auf Akten des Vorjahres zurückgreifen muss, liegt eine aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderliche, vom Sachbearbeiter jedoch unterlassene Sachverhaltsermittlung vor, die kein mechanisches Versehen ist. In solchen Fällen hat das Finanzamt zwar möglicherweise seine Amtsermittlungspflicht verletzt; diese Pflichtverletzung ist aber nicht mit einer offenbaren Unrichtigkeit gleichzusetzen (BFH-Urteil vom 25. Februar 1972 VIII R 141/71, BFHE 105, 234, BStBl II 1972, 550); sie schließt vielmehr in der Regel eine offenbare Unrichtigkeit aus (BFH-Urteil in BFHE 146, 350, 355, BStBl II 1986, 541, 544).

30Nach diesen Rechtsgrundsätzen kann in dem Nichtansatz von Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben keine offenbare Unrichtigkeit gesehen werden. Die Unrichtigkeit wurde durch einen Übermittlungsfehler verursacht, welcher dazu führte, dass weder der von dem Bekl verarbeitete Datensatz Unterhaltszahlungen enthielt noch der ausgedruckten und übersandten Steuererklärung eine Anlage U mit entsprechenden Angaben beigefügt war. Der Fehler ist – gleich ob er bei der Erfassung oder Übermittlung der Daten erfolgt ist – dem Verantwortungsbereich des Kl oder des von ihm beauftragten Steuerberaters zuzurechnen und nicht der Sphäre des Bekl. Ob der Umstand, dass der Kl in den Vorjahren ebenfalls Barunterhalt i. H. v. X EUR als Sonderausgaben geltend gemacht hat, eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Bekl zu begründen vermag, kann dahin gestellt bleiben, da sich die Unrichtigkeit nicht aus den elektronisch übermittelten Daten oder der im Nachgang übersandten unterschriebenen Steuererklärung ergab. Eine Anlage U, welche eine Unstimmigkeit zwischen den elektronisch übermittelten Daten und den angefallenen und zum Abzug geltend zu machenden Aufwendungen offenbar hätte werden lassen können, ist dem Bekl unstreitig nicht zugegangen. Die Unrichtigkeit hätte erst unter Einbeziehung der Steuerakten der Vorjahre offenbar werden können, was für eine Anwendung des § 129 AO nicht ausreicht (vgl. BFH-Urteile vom 27. Mai 2009 X R 47/08, BFHE 226, 8, BStBl II 2009, 946; vom 25. Februar 1972 VIII R 141/71, BFHE 105, 234, BStBl II 1972, 550M; Seer, in Tipke/Kruse, § 129 AO Rnm. 14 m. w. N.)

312. Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO

32Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).

33Ein rückwirkendes Ereignis im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn sich nach Ergehen eines Steuerbescheids der rechtserhebliche Sachverhalt in der Weise ändert, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist (BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.1.b der Gründe). Ob ein Ereignis ausnahmsweise in die Vergangenheit zurückwirkt, richtet sich nach den Normen des materiellen Steuerrechts (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.1.c der Gründe; BFH-Urteile vom 12. Juli 1989 X R 8/84, BFHE 157, 484, BStBl II 1989, 957; vom 3. März 2005 III R 22/02, BFHE 209, 454, BStBl II 2005, 690).

34Nach dem BFH-Urteil vom 12. Juli 1989 (X R 8/84, BFHE 157, 484, BStBl II 1989, 957) ist ein Einkommensteuerbescheid gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern, wenn erst nach Eintritt der Bestandskraft sowohl die Zustimmung zur Anwendung des Realsplitting erteilt als auch der Antrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gestellt wird. Der X. Senat des BFH führte zur Begründung aus, der Antrag i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sei nicht nur Verfahrenshandlung, sondern –in sachlich untrennbarem Zusammenhang mit der Zustimmung des Unterhaltsempfängers– selbst Merkmal des gesetzlichen Tatbestands. Er wirke rechtsgestaltend auf die Steuerschuld ein, weil er die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Unterhaltsleistungen verändere; Unterhaltsleistungen, die nach § 12 Nr. 2 EStG –vom Ausnahmefall der §§ 33a, 33 EStG abgesehen– unbeachtlich seien, würden bis zu der in § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten Höchstgrenze zu abziehbaren Sonderausgaben. Der Antrag wirke nachträglich auf die Steuerschuld ein, weil er der objektiven Tatbestandsverwirklichung –der Leistungsbewirkung an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten– zeitlich notwendigerweise nachfolge. Die Rückwirkung des rechtsgestaltenden Antrags nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in die Vergangenheit ergebe sich aus der Erwägung, dass die in dieser Vorschrift geforderte Zustimmung des Leistungsempfängers in typischen Fällen erst nachträglich erteilt werde. Das Gesetz sehe für den Antrag keine Frist vor und eine solche ergebe sich auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen. Da sich die Erlangung der für die Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Zustimmung schwierig gestalten könne, würde es eine unzumutbare Schwächung der Position der Unterhaltsleistenden bedeuten, wenn man ihn zur Wahrung der Abzugsmöglichkeit darauf verweisen wollte, einen nicht zurücknehmbaren Antrag (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) beim FA zu stellen, ohne dass die Zustimmung des Empfängers vorliege. Es reiche nicht aus, den Steuerpflichtigen zur Wahrung seiner Rechte darauf zu verweisen, eine teilweise vorläufige Steuerfestsetzung (§ 165 AO) zu beantragen.

35Der XI. Senat des BFH urteilte am 28. Juni 2006 (XI R 32/05, BFHE 214, 314, BStBl II 2007, 5), dass nach Bestandskraft auch ein erweiterter Antrag möglich sei, welcher in Verbindung mit einer erweiterten Zustimmungserklärung der Ehefrau ein rückwirkendes Ereignis darstelle. Dabei berief sich der XI. Senat auch für den Fall der nachträglichen (betragsmäßigen) Erweiterung auf die Erwägungen des X. Senats, da sich die rechtsgestaltende Wirkung des Antrag und der Zustimmung zuvor nur auf einen Teilbetrag erstreckt hätten. Nach Ansicht des XI. Senats sei die Rechtsprechung des X. Senat auch nicht durch die Neuregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus und zur Ergänzung des Steuerreformgesetzes 1990 (Wohnungsbauförderungsgesetz) vom 22. Dezember 1989 (BGBl I 1989, 2408, BStBl I 1989, 505) überholt. Danach bleibt die Zustimmung des Empfängers der Unterhaltsleistungen –mit Ausnahme der nach § 894 Abs. 1  der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden– bis auf Widerruf wirksam; der Widerruf muss nach Satz 4 vor Beginn des Kalenderjahrs gegenüber dem FA erklärt werden. Zwar habe der Gesetzgeber dadurch die Position des Unterhaltsleistenden verbessert, der sich bei Vorliegen einer Zustimmungserklärung nicht jedes Jahr erneut um die Zustimmung bemühen müsse. Jedoch bleibe die Lage eines Unterhaltsleistenden ohne Zustimmungserklärung davon unberührt.

36In der Literatur wird unter Berufung auf die vorgenannten Entscheidungen teilweise vertreten, dass ein nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids gestellter Antrag ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei (Hutter, in Blümich, § 10 EStG Rn. 76; Söhn, in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, § 10 Anm. C 62 m. w. N.). Dies gelte auch in dem hier vorliegenden Fall, dass die Zustimmungserklärung des Unterhaltsempfängers bereits vorlag und nicht nachträglich erwirkt werden musste (Kirchhof/Söhn/Mellinghof, § 10 Anm. C 62 m. w. N.; ebenso FG Köln Urteil vom 27. April 1995 2 K 3854/94, EFG 1995, 893 für die Frage der Änderbarkeit der bestandskräftigen Festsetzung beim Unterhaltsempfänger nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).

37Dagegen wird eingewandt, dass das entscheidende Element der nachträglichen Umgestaltung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nicht der Antrag als Verfahrenshandlung, sondern die Zustimmungserklärung des unterhaltsberechtigten Ehegatten sei, welche in den vom BFH entschiedenen Fällen erst nachträglich erteilt worden sei (von Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 175 Anm. 65 a. E.).

38Der Senat sieht in Fällen einer in der Vergangenheit erteilten und für den Veranlagungszeitraum fortgeltenden Zustimmungserklärung kein Bedürfnis für eine Rückwirkung des erst nach Eintritt der Bestandskraft gestellten Antrags.

39Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Antrag ebenso wie die Zustimmung zum Tatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG zählen. Dieser Umstand rechtfertigt jedoch nur, den Antrag wie die Zustimmung als Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu qualifizieren, ohne die Frage zu beantworten, in welchen Fällen der Antrag als Verfahrenshandlung (Wahlrechtsausübung) steuerliche Rückwirkung entfalten kann und in welchen nicht.

40Der BFH hat in seinen beiden Entscheidungen das aus dem materiellen Recht abzuleitende Bedürfnis für eine Rückwirkung im Wesentlichen aus der Situation eines Unterhaltsverpflichteten bei noch fehlender Zustimmungserklärung abgeleitet, da dieser einen Antrag ohne Anerkennung der Rückwirkung vor Erteilung der Zustimmung des Empfängers hätte stellen müssen. Dies sah der BFH aufgrund der Bindungswirkung zu Recht als nicht zumutbar an und verwarf auch die Möglichkeit, den Steuerpflichtigen auf einen Antrag auf teilweise vorläufige Festsetzung zu verweisen.

41Bei Vorliegen einer wirksamen Zustimmungserklärung kann das Bedürfnis für eine Rückwirkung des Antrags nach der Gesetzesänderung seit dem Jahr 1990 jedoch nicht mit der zutreffenden Argumentation des BFH in Fällen der fehlenden Zustimmungserklärung begründet werden. Vielmehr hat es der Steuerpflichtige bei erteilter Zustimmung selbst in der Hand, die Antragstellung vor Eintritt der Bestandskraft zu bewirken, sei es, dass er den Antrag mit der Steuererklärung stellt oder –sollte dies aus welchen Gründen auch immer nicht geschehen sein– dass er diesen Antrag entweder im Rahmen eines Einspruchsverfahrens oder durch schlichten Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst a AO nachholt. Die Notwendigkeit einer Antragstellung vor Bestandskraft der Festsetzung der Einkommensteuer des betreffenden Jahres stellt insbesondere keine unzumutbare Belastung des Unterhaltsverpflichteten dar.

42Wird der Antrag nicht vor Bestandskraft gestellt, besteht nach materiellem Recht kein Bedürfnis für eine Rückwirkung. Der Umstand, dass Unterhaltszahlungen geleistet wurden, welche bei Antragstellung auch als Sonderausgaben hätten abgesetzt werden müssen, rechtfertig bei wertender Betrachtung keine Rückwirkung des Antrags zur Durchbrechung der Bestandskraft. Bei der wertenden Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Stellung des Unterhaltsleistenden durch die Fortwirkung der einmal erteilten Zustimmung für die Folgejahre entscheidend verbessert hat, so dass es nur noch auf dessen Antrag ankommt. Versäumt er dies, rechtfertigt dies keine heilende Rückwirkung der zuvor versäumten Antragstellung.

433. Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.

44Zuletzt kommt eine Änderung auch nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht.

45Danach sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen und Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen, und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.

46Eine Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO scheitert bereits daran, dass es sich bei dem Antrag als Tatbestandselement des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht um eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache handelt, sondern um eine nachträglich entstandene Tatsache.

47Im Übrigen ist dem Kläger ein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der geleisteten Unterhaltszahlungen als nachträglich bekannt gewordene Tatsache entgegen zu halten.

48Grobes Verschulden i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt (BFH-Urteil vom 3. Februar 1983 IV R 153/80, BFHE 137, 547, BStBl II 1983, 324). Ein grobes Verschulden liegt vor, wenn der Steuerpflichtige seine Erklärungspflicht schlecht erfüllt, indem er unzutreffende oder unvollständige Erklärungen abgibt (BFH-Urteile in BFHE 137, 547, BStBl II 1983, 324; vom 28. Juni 1983 VIII R 37/81, BFHE 139, 8, BStBl II 1984, 2, und vom 29. Juni 1984 VI R 181/80, BFHE 141, 232, BStBl II 1984, 693). Das Verschulden eines steuerlichen Beraters ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 641; Rüsken in Klein, AO, Kommentar, 10. Auflage 2009, § 173 AO Rn. 125).

49Bei der Prüfung der Frage, ob den Steuerpflichtigen oder seinen Berater ein grobes Verschulden daran trifft, dass dem FA Tatsachen i.S. des § 173 Abs.1 Nr. 2 AO erst nachträglich bekanntgeworden sind, ist auch der Zeitraum mit einzubeziehen, in dem ein Einkommensteuerbescheid oder ein den Vorbehalt der Nachprüfung aufhebender Steuerbescheid noch anfechtbar, die Bestandskraft bzw. Rechtskraft des Bescheides also noch nicht eingetreten ist.

50Insoweit kann dahin stehen, ob der Umstand, dass –bei unterstellter korrekter Bedienung der DATEV-Software bei der Datenübernahme aus 2006– die Unterhaltsaufwendungen durch die Software nicht korrekt erfasst oder übermittelt wurden und ob darin nur ein leichtes Verschulden des Steuerberaters gesehen werden kann. Jedenfalls hätte sich bei der von einem Steuerberater zu erwartenden sorgfältigen Prüfung des Steuerbescheids aufdrängen müssen, dass die –bereits in den Vorjahren geltend gemachten– Unterhaltsaufwendungen nicht berücksichtigt wurden.

51Nicht gefolgt werden kann dem Prozessbevollmächtigten, dass eine Prüfung der elek-tronisch bereit gestellten Daten ausreicht, so dass eine unterbliebene Prüfung des Steuerbescheids selbst kein grobes Verschulden begründet. Solange die Festsetzung durch einen Steuerbescheid in Papierform erfolgt und nicht durch einen elektronischen Steuerbescheid, ist auch der Steuerbescheid in Papierform und die darin angesetzten Besteuerungsgrundlagen auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen. Vorliegend hätte ohne Detailprüfung auffallen können und müssen, dass anstelle der bereits in den Vorjahren geltend gemachten Unterhaltsaufwendungen in Höhe des Maximalbetrags nur der Sonderausgaben-Pausbetrag angesetzt worden war.

52

  1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

53

  1. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage einer Rückwirkung eines nach Bestandskraft gestellten Antrags auf Realsplittung bei zuvor bereits vorliegender Zustimmungserklärung des Ehegatten zuzulassen.

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